18.08.2011 Multiplex-Teste in der Virologie neue Antworten, aber auch neue Fragen Jürgen Rissland Institut für Virologie/Staatliche Medizinaluntersuchungsstelle
Struktur Multiplex-Verfahren: Technik und Anwendung ( die Basis ) Multiplex-Verfahren: Vorteile und Limitationen 2
Multiplex -Verfahren: Multiplex-PCR ist eine Variante der PCR, bei der zwei oder mehr Zielsequenzen simultan amplifiziert werden Werden erfolgreich eingesetzt bei vielen Genom-Testungen einschließlich der molekularbiologischen Analyse von Infektionskrankheiten Viele Faktoren können die Ergebnisse von Multiplex-Analysen beeinflussen Die Amplifikation der verschiedenen Zielsequenzen kann mit verschiedenen Methoden detektiert werden Konventionelle PCR: Real-Time PCR: - Agarose-Gel-Elektrophorese - Festphasen-Hybridisierung und Farbnachweis - Fluoreszenzproben 3
Real-Time PCR: Basislinie, Schwellenwert und Threshold cycle (C T ) Becker-Follman J, Baas D: Biospektrum 1/2004 (10) 4
Fluoreszenz-Detektionsprinzipien Multiplexfähig SYBR-Green Bindung an dsdna Fluroreszenz TaqMan 5 -Exonuklease-Aktivität Fluroreszenz FRET Fluroreszenz-Resonanz-Energie- Transfer Fluroreszenz Qiagen: Critical Factors for Successful Real-Time PCR, Stand: 07/2010 5
Multiplex ist beschränkt auf eine gewisse Anzahl von Farbstoffen je nach Geräteplattform 3 bis 6 Qiagen: Critical Factors for Successful Real-Time PCR, Stand: 07/2010 6
Vorteile der Multiplex-PCR (aus Laborsicht) Weniger Tests Höhere Probenrestvolumina Reduzierte Testzeit Reduzierte Personalbindung Höhere Durchsetzungsrate Niedrigere Kosten Faustregel der Reduktion / Verbesserung 50% Je nach Ausgangsituation 1-2 Tage Je nach Ausgangssituation Je nach Ausgangsituation und Automatisierungsgrad 50% Adaptiert nach Gunson R (2010): Multiplex Real-Time PCR: The Good, The Bad and The Downright Ugly 7
Vorteile der Multiplex-PCR (aus Kliniksicht) Zeitersparnis bei der Diagnosefindung adäquate Behandlung (Vermeidung unnötiger Antibiotikagaben) angemessenes Hygienemanagement Klärung der regionalen Epidemiologie 8
Anwendungen der Multiplex-PCR in der Virologie Probe Anzahl der Multiplextubes Gesuchte Pathogene Blut Liquor Augenabstrich Stuhl Nasen-/ Rachenabstrich 1 2 2 2 5 CMV Adenovirus - EBV Entero Parecho HSV1/2 - VZV HSV1/2 VZV Adeno Chlamydia trachomatis Norovirus G1/G2 Astrovirus Rotavirus - Adenovirus Influenza A/B - H1N1 Coronavirus HKU/229/43/69 Parainfluenza 1/2/3/4 Humanes Metapneumovirus A/B Rhinovirus RSV A/B Entero Parecho Bocavirus Adenovirus Mykoplasma pneumoniae Quelle: Fast Track Diagnostics (FTD), Luxemburg 9
Limitationen der Multiplex-PCR A. Technische Probleme Alles, was die normale PCR auch hat (z. B. Kontamination, Reagenzienqualität) und zusätzlich: Konzeption (Design) Kompetition Falsch-positive Falsch-negative Ergebnisse 10
Konzeptions- (Design-)probleme bei Multiplex-PCR Primerdesign Partielle Homologien Primer-Dimere Primer- und Probenstabilität (Aufbewahrung) Degradierung Backgroundfluoreszenz Inhibition und poor reaction efficiency Unterschiedliche Amplifikationseffizienz Softwareeinstellungen Sensitivitätsverlust Inkorrekte(r) Basislinie, Schwellenwert, Referenzfarbstoff (ROX) Inkonsistente Plots Hardwareeinstellungen Emmissionsverhalten der Fluorophoren Crosstalk Adaptiert nach invitrogen TM (2008): Real-Time PCR: From theory to practise 11
Crosstalk = spektrale Überlappung Quellen: Olinger (2008) und invitrogentm (2008): Real-Time PCR: From theory to practise 12
Kompetition bei Multiplex-PCR Kompetition um PCR-Mastermix zwischen zwei oder mehr Komponenten eines Multiplex-Testes: IC und Zielsequenz Proben mit > 1 Zielsequenz Teste, die gleichzeitig amplifizieren und typisieren Die stärkere Zielsequenz kann bevorzugt amplifiziert werden zulasten der anderen schwächeren Zielsequenz(en) Kompetition hat zahlreiche Effekte auf die Testleistung, u.a.: reduzierte Sensitivität/Linearität, IC-Interpretation, Adaptiert nach Gunson R (2010): Multiplex Real-Time PCR: The Good, The Bad and The Downright Ugly 13
Limitationen der Multiplex-PCR A. Technische Probleme Alles, was die normale PCR auch hat (z. B. Kontamination, Reagenzienqualität) und zusätzlich: Konzeption (Design) Kompetition Falsch-positive Falsch-negative Ergebnisse B. Interpretationsschwierigkeiten 14
Ergebnisse einer epidemiologischen Studie Fragestellung: Folgewellen nach der Influenzapandemie? prospektive Erfassung der pandemischen/saisonalen Influenza zwischen KW 6 17 (2010) in einer pädiatrischen Schwerpunktklinik in der Pfalz Population: alle Neuaufnahmen zwischen 0 und 14 Jahren mit ARE/ILI 175/426 (41,1 %) Kindern/Jugendlichen nahmen teil; Alters-Median: 1,5 y Ergebnis 1: kein einziger Influenzanachweis mittels PCR Ergebnis 2: 77/175 (44 %) mind. Einfachnachweis (HMPV A/B!) Ergebnis 3: 15/77 (19,4%) Zweifachnachweise (HMPV A/B!), 3/77 (3,8%) Dreifachnachweise (HMPV A/B) 15
Zusammenfassung Aktuelle Multiplex-PCR-Verfahren haben viele Vorteile, sowohl aus labortechnischer als auch aus klinischer Sicht. Zunehmende Anwendung = Neue Antworten Ihre Entwicklung benötigt einen extensiven Optimierungsprozess, speziell mit Blick auf Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung. [NB: die aktuellen Regelwerke (z. B. CE-Markierung, NPAAC, ) machen keine speziellen Vorgaben bzgl. Multiplex-Verfahren!] Neue Fragen I Mehrfachnachweise bereiten Interpretationsschwierigkeiten. Neue Fragen II 16