Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes für Wohngebäude des Anlagevermögens



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GdW Standard Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes für Wohngebäude des Anlagevermögens Rechnungslegungsstandard der Konferenz der Prüfungsdirektoren des GdW Juni 2008

Herausgeber: GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.v. Mecklenburgische Straße 57 14197 Berlin Telefon: +49 (0)30 82403-0 Telefax: +49 (0)30 82403-199 Brüsseler Büro des GdW 47-51, rue du Luxembourg 1050 Bruxelles BELGIEN Telefon: +32 2 5 50 16 11 Telefax: +32 2 5 03 56 07 E-Mail: mail@gdw.de Internet: http://www.gdw.de GdW 2008

Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes für Wohngebäude des Anlagevermögens Rechnungslegungsstandard der Konferenz der Prüfungsdirektoren des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.v.

Inhalt Seite 1 Gesetzliche Grundlagen 1 2 Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes 3 2.1 Allgemeine Grundsätze 3 2.2 Ermittlung des Ertragswertes bei Wohngebäuden des Anlagevermögens 4 2.3 Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes bei zum Abriss vorgesehenen Gebäuden 6 2.4 Bewertung bei Rückbaumaßnahmen 7 2.5 Zum Verkauf vorgesehene Gebäude 7 2.6 Berücksichtigung der Vorteile der öffentlichen Förderung bei der Bewertung 8 3 Besonderheiten bei neu errichteten und umfassend modernisierten Gebäuden 9

1 Gesetzliche Grundlagen (1) Nach 253 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Vermögensgegenstände höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um Abschreibungen anzusetzen. Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten gemäß 253 Abs. 2 Satz 1 HGB um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- und Herstellungskosten auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Vermögensgegenstandes verteilen. Die voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer von Wohngebäuden ist dabei vorsichtig zu schätzen und liegt bei Massivbauten in der Regel nicht unter 50 Jahren, von Ausnahmefällen abgesehen, aber auch nicht über 80 Jahren. 1 (2) Gemäß 253 Abs. 2 Satz 3 HGB besteht für alle Kaufleute eine Abschreibungspflicht auf den niedrigeren beizulegenden Wert zum Abschlussstichtag, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung des Vermögensgegenstandes vorliegt. (3) Ein niedrigerer beizulegender Wert kann sich aus objektbezogenen Mängeln ergeben, wie z. B. einem schlechten Erhaltungszustand, oder auf außerhalb des Objektes liegenden Veränderungen beruhen, wie z. B. einer nachhaltigen Verschlechterung der Wohnlage oder dauerhaften strukturellen Marktveränderungen und dadurch bedingtem Wertverfall des Objektes. 2 (4) Bei der Frage, wann bei abnutzbaren Anlagegütern eine dauernde Wertminderung vorliegt, gelten folgende Kriterien: - Der beizulegende Stichtagswert liegt erheblich unter dem Buchwert und - dieser beizulegende Stichtagswert ist nicht nur vorübergehend. 3 Nach IDW RS WFA 1 4 ist von einer vorübergehenden Wertminderung nur dann auszugehen, wenn aufgrund nachweisbarer Umstände erwartet werden kann, dass zumindest mittelfristig, d. h. innerhalb eines Zeitraumes von 3 bis 5 Jahren, der niedrigere beizulegende Wert den Buchwert, der sich bei planmäßiger Abschreibung ergibt, wieder erreichen wird. Dieser Zeitraum erscheint bei Wohngebäuden als Beurteilungskriterium für eine dauernde Wertminderung zunächst zu kurz zu sein. Wird berücksichtigt, dass der niedrigere beizulegende Wert für Wohngebäude als Ertragswert zu ermitteln ist (vgl. 1 vgl. WFA 1/1993, Abschreibungen auf Wohngebäude des Anlagevermögens in der Handelsbilanz von Wohnungsunternehmen 2 vgl. WFA 1/1993, a. a. O. 3 vgl. Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, zu 253 HGB Tz. 154; IDW RS WFA 1, IDW-Fachnachrichten 2002, Nr. 6, S. 268 ff., Tz. 11 4 vgl. IDW RS WFA 1, a. a. O., Tz. 11 1

Tz. 12 ff.), wird deutlich, dass die Ertragserwartung für das Objekt einen wesentlichen längeren Betrachtungszeitraum abdeckt, in der Regel die gesamte Nutzungsdauer des Objektes. Insoweit werden mögliche künftige Veränderungen bereits im Ertragswert berücksichtigt. (5) Entfällt der Grund für eine außerplanmäßige Abschreibung nach 253 Abs. 2 Satz 3 HGB, so besteht ein Wertaufholungsgebot. Wenn sich in späteren Geschäftsjahren also herausstellt, dass die Gründe für die Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung nicht mehr bestehen, ist eine Zuschreibung auf den Wert vorzunehmen, der sich bei planmäßiger Abschreibung ergeben würde. (6) Steuerrechtlich handelt es sich bei Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert um Teilwertabschreibungen. Teilwertabschreibungen sind gemäß 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nur zulässig, wenn es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt. Insoweit stimmen die Anforderungen mit denen des HGB überein. (7) Der BFH hat mit Urteil vom 14.03.2006 5 entschieden, dass eine Teilwertabschreibung bei einem abnutzbaren Wirtschaftsgut nur möglich ist, wenn der Teilwert des Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag voraussichtlich mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt. 6 (8) Nach Auffassung des HFA des IDW besteht keine Notwendigkeit die in IDW RS WFA 1 genannte Zeitspanne von 3 bis 5 Jahren bei Wohngebäuden aufgrund der aktuellen BFH-Rechtsprechung anzupassen. Dies wird vor allem mit dem handelsrechtlichen Vorsichtsprinzip begründet 7. Unabhängig von der IDW-Meinung wird aber auch in der handelsrechtlichen Literatur zum Teil die Meinung vertreten, dass von einer dauerhaften Wertminderung nur dann auszugehen ist, wenn der beizulegende Wert zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt. Wegen der eindeutigen Auslegung des HFA ist zunächst im Handelsrecht aber weiterhin von dem Grundsatz des IDW RS WFA 1 auszugehen. 5 vgl. (I R 22/05) BStBl. II 2006, S. 680 ff. 6 vgl. BMF-Schreiben vom 25.02.2000, BStBl. I 2000, S. 372 ff. 7 vgl. Protokoll der 205. Sitzung des HFA vom 28. und 29.11.2006 2

2 Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes 2.1 Allgemeine Grundsätze (9) Die Bestimmung des niedrigeren beizulegenden Werts nach 253 Abs. 2 Satz 3 HGB ist nicht unproblematisch, da eine ausdrückliche Regelung zur Ermittlung dieses Wertes im Gesetz fehlt. Nach herrschender Lehre ist der niedrigere beizulegende Wert kein bestimmter Wert, sondern der Wert, der nach dem Zweck der Bestimmung (Verhütung eines zu hohen Bilanzansatzes) unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles der sinnvollste ist. Zur Bestimmung des beizulegenden Wertes können verschiedene Hilfswerte herangezogen werden, wie z. B. der Wiederbeschaffungswert am Abschlussstichtag, der Einzelveräußerungswert oder der Ertragswert. 8 (10) Da Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, und damit auch zur Vermietung vorgesehene Wohngebäude, in der Regel nicht zum Verkauf bestimmt sind, ist der Einzelveräußerungswert nicht sachgerecht. (11) Zur Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes ist bei zur Vermietung vorgesehenen Wohngebäuden nach herrschender Meinung auf den Ertragswert abzustellen. 9 Der Wiederbeschaffungswert bei ausgeglichenen Marktverhältnissen wird in der Regel aus Ertragsgesichtspunkten abgeleitet, so dass sich keine Wertunterschiede zum Ertragswert ergeben werden. Bei nicht ausgeglichenen Marktverhältnissen, z. B. wegen erheblicher struktureller Leerstände, kommt der Wiederbeschaffungswert nicht in Betracht, weil er Ertragswertgesichtspunkte nicht berücksichtigt. 8 9 vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, zu 253 HGB Tz. 455 mit weiteren Nachweisen; Beckscher Bilanzkommentar, zu 253 HGB Tz. 288 vgl. IDW RS WFA 1, a. a. O., Tz. 12 3

2.2 Ermittlung des Ertragswertes bei Wohngebäuden des Anlagevermögens (12) Bei der Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes eines Wohngebäudes ist auf den Ertragswert (vgl. Tz. 11) abzustellen. Grund und Boden und das aufstehende Gebäude sind bilanziell zwei Vermögensgegenstände, solange sie dem Anlagevermögen zuzurechnen sind. 10 (13) Nachfolgend wird ein geeignetes Ertragswertverfahren in seinen Grundsätzen dargestellt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch andere Verfahren angewendet werden können, wenn sie den handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen entsprechen. Ertragswertverfahren (14) Die Anwendung des Ertragswertverfahrens nach Wertermittlungsverordnung erscheint wegen systemimmanenter Besonderheiten ohne Modifikation nicht sachgerecht: 1 Es handelt sich um ein statisches Verfahren, d. h. es wird nur das Ergebnis einer ausgewählten Periode berücksichtigt. 2 Der Vervielfältiger ermittelt sich i. d. R. aufgrund einer Nutzungsdauer von 100 Jahren. Die handelsrechtliche maximal zulässige Nutzungsdauer liegt zwischen 50 und 80 Jahren. 11 (15) Deshalb wird im Nachfolgenden ein angepasstes Ertragswertverfahren dargestellt, das in seinen wesentlichen Grundzügen einem vereinfachten DCF-Verfahren entspricht. (16) Bei der Ermittlung des Ertragswertes ist auf wirtschaftliche Größen abzustellen. Es sind also die Erträge und Aufwendungen zu berücksichtigen. (17) Bei Mietwohngebäuden kommen danach insbesondere in Betracht: Erträge: Mieterträge, Umlagenerträge, Mietzuschüsse, Aufwendungszuschüsse, Zinszuschüsse, Investitionszulagen 10 vgl. IDW RS WFA 1, a. a. O., Tz. 12 11 vgl. WFA 1/1993, Abschreibungen auf Wohngebäude des Anlagevermögens in der Handelsbilanz von Wohnungsunternehmen 4

Aufwendungen: Betriebskosten, Instandhaltungskosten, sonstige Aufwendungen für die Hausbewirtschaftung, Verwaltungskosten (18) Die künftige Entwicklung von Erträgen und Aufwendungen (z. B. wegen Veränderungen der Marktsituation, Auslaufen von Miet- und Belegungsbindungen) ist zu berücksichtigen. (19) Insbesondere in den neuen Ländern sind künftige Entwicklungen aus der Marktbereinigung einzubeziehen, wenn sie aufgrund städtebaulicher Konzepte quantitativ, bezüglich der Objekte und des Zeitablaufes, näher konkretisiert sind. (20) Bei der Berücksichtigung von Instandhaltungskosten ist von den voraussichtlich anfallenden Aufwendungen auszugehen, die auch vom bisherigen Kostenverlauf beeinflusst werden. Gegebenenfalls ist auf empirische Erhebungen zur Höhe der Instandhaltungskosten bei vergleichbaren Wohngebäuden zurückzugreifen. (21) Zinsen, für die der Finanzierung der Wohngebäude des Anlagevermögens dienenden Fremdmittel, sind bei der Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes nicht zu berücksichtigen, da die Finanzierung ohne Einfluss auf den Wert des Gebäudes ist. (22) Der Ansatz von Abschreibungen kommt aus systematischen Gründen nicht in Frage. 5

(23) Beispiel zur Ermittlung des beizulegenden Wertes: t 1 t 2 t n * EUR EUR EUR EUR Sollmiete einschließlich Umlagen + Miet- und Aufwendungszuschüsse./. Miet- und Umlagenausfälle./. Verwaltungskosten./. Instandhaltungskosten + Investitionszulagen für Instandhaltungskosten./. Betriebskosten./. sonstige Aufwendungen Ergebnis Ertragswert = Barwert der Ergebnisse t 1 - t n * t n = voraussichtliches Ende der Nutzung (24) Als Zinssatz werden bei der Barwertermittlung zur Zeit 4 % bis 6 % je nach Kapitalmarktverhältnissen und Risikosituation als angemessen erachtet (vgl. dazu auch Punkt 3). (25) Je nach voraussichtlicher Restnutzungsdauer des Gebäudes kann es sinnvoll sein, ähnlich wie bei der Unternehmensbewertung, zwei Phasen zu bilden. Wobei die Phase zwei ein konstantes Ergebnis für die entferntere Zukunft unterstellt. 2.3 Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes bei zum Abriss vorgesehenen Gebäuden (26) Bei einem zum Abriss vorgesehenen Gebäude ist eine Wertkorrektur erforderlich, wenn der Abrisszeitpunkt und das voraussichtliche Ende der ursprünglichen planmäßigen Nutzung auseinanderfallen. (27) Auf die Ausführungen zur Ermittlung des beizulegenden Wertes wird verwiesen. 6

(28) Die Ertragswertermittlung berücksichtigt die Erträge und Aufwendungen bis zum Zeitpunkt des Abrisses. Der so ermittelte beizulegende Wert, ist auf die verbleibende Nutzungsdauer zu verteilen. (29) Die Abbruchkosten des Gebäudes sind grundsätzlich Aufwand der Periode des Abrisses. Besteht eine rechtliche Verpflichtung zum Abbruch, ist für die Abbruchkosten eine Rückstellung nach 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zu bilden, andernfalls kommt eine Aufwandsrückstellung nach 249 Abs. 2 HGB in Betracht. 12 2.4 Bewertung bei Rückbaumaßnahmen (30) Als Rückbaumaßnahme wird der Teilabriss einzelner Geschosse definiert. Im Fall von Rückbaumaßnahmen ist zu prüfen, ob diese Substanzminderung durch eine außerplanmäßige Abschreibung zu berücksichtigen ist. (31) Rückbaumaßnahmen können nach IDW RS WFA 1 13 zu einer wirtschaftlich verbesserten Nutzungsmöglichkeit eines Wohngebäudes führen, so dass eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Vermögensgegenstandes nach 255 Abs. 2 Satz 1 HGB eintritt. Wenn dies der Fall ist, können auch Abbruchkosten zu den nachträglichen Herstellungskosten gehören, wenn diese in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Verbesserung der verbleibenden Gebäudesubstanz stehen. (32) Führt die Aktivierung von Herstellungsaufwand zu einem Buchwert, der dauerhaft über dem beizulegenden Wert des Gebäudes liegt, sind nach IDW RS WFA 1 außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert vorzunehmen. 2.5 Zum Verkauf vorgesehene Gebäude (33) Sind Wohngebäude des Anlagevermögens für einen Verkauf vorgesehen, so sind sie nach 253 Abs. 3 HGB zu bewerten. In diesen Fällen ist der niedrigere beizulegende Wert für das bebaute Grundstück aus dem Marktpreis am Abschlussstichtag abzuleiten. Grund und Boden und das aufstehende Wohngebäude bilden einen Vermögensgegenstand. 14 (34) Die Wohngebäude des Anlagevermögens, die für den Verkauf vorgesehen sind, können weiterhin dem Anlagevermögen zugeordnet werden, solange die Nutzung als Wohngebäude fortgesetzt wird. Für die Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes am Abschlussstichtag sind aber die Grundsätze 12 vgl. IDW RS WFA 1, a. a. O., Tz. 19 und 23 13 vgl. IDW RS WFA 1, a. a. O., Tz. 16 14 vgl. IDW RS WFA 1, a. a. O., Tz. 24 und Tz. 12 7

des 253 Abs. 3 HGB entsprechend anzuwenden, d. h. in der Regel ist der niedrigere beizulegende Wert für das bebaute Grundstück aus dem Marktpreis am Abschlussstichtag abzuleiten. 15 Insofern ist für die Bewertung davon auszugehen, dass Grund und Boden und das aufstehende Wohngebäude einen Vermögensgegenstand bilden. 2.6 Berücksichtigung der Vorteile der öffentlichen Förderung bei der Bewertung (35) Grundsätzlich ist die Art der Finanzierung des Gebäudes bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen. 16 (36) Allerdings ist mit der Gewährung von öffentlicher Förderung i. d. R. eine Mietpreisbindung vorgesehen, die wertbeeinflussend sein könnte, soweit diese Fördermiete unter der nachhaltig erzielbaren Marktmiete liegt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Vorteil der öffentlichen Förderung, also i. d. R. die Zinsverbilligung der öffentlichen Baudarlehen, nur einen Ersatz des Unterschieds zwischen der marktüblichen und der subventionierten Miete darstellt. Insoweit ist es nicht gerechtfertigt, den öffentlich geförderten Mietwohnbesitz niedriger zu bewerten als freifinanzierten Wohnungsbau. 17 (37) Die Berücksichtigung der Vorteile der öffentlichen Förderung (Förderdarlehen) bei der Bewertung ist sachgerecht, wenn die Förderung untrennbar mit dem Objekt verbunden ist. (38) Daraus ergeben sich folgende Möglichkeiten der Ertragswertberechnung unter Berücksichtigung der Förderung: - Ansatz einer nachhaltigen Marktmiete und Abzug der Mindermiete für den Zeitraum der Mietpreisbindung - Hinzurechnung des Zinsvorteils aus Förderung (Vergleich Marktdarlehen mit Förderdarlehen) zum Ertragswert - Wertermittlung auf Grundlage der Fördermiete und Anpassung des Liegenschaftszinssatzes (Risikoabschlag, da das Objektrisiko aufgrund der niedrigen Miete geringer ist) 15 16 17 vgl. IDW RS WFA 1, a. a. O., Tz. 24 vgl. Simon / Kleiber, Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten, 7. Auflage, Tz. 4.139 unter Verweis auf Urteil des OLG Köln vom 16.09.1960 vgl. Simon / Kleiber, a. a. O., Tz. 4.139 8

3 Besonderheiten bei neu errichteten und umfassend modernisierten Gebäuden (39) Bei neu errichteten oder umfassend modernisierten Gebäuden kann es vorkommen, dass die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten den vorläufig ermittelten Ertragswert überschreiten. In diesem Zusammenhang sind die Ursachen der Überschreitung genauer zu analysieren. (40) Geht man davon aus, dass das Gebäude zu marktgerechten Preisen errichtet wurde und der Investitionsentscheidung eine Investitionsrechnung zu Grunde gelegt wurde, deren Prämissen auch eintreten, so muss es auch zulässig sein, dass der Verkehrswert unter Berücksichtigung der Anschaffungs- und Herstellungskosten ermittelt wird. (41) Liegen die Anschaffungs- und Herstellungskosten zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes im Rahmen der gewöhnlichen Herstellungskosten werden sie in der Regel auch dem Sachwert entsprechen. (42) Mögliche Differenzen zwischen Sachwert und vorläufig ermittelten Ertragswert können daraus resultieren, dass der Liegenschaftszinssatz den Neubauzustand und die Restnutzungsdauer der baulichen Anlage im Rahmen des Ertragswertverfahrens nicht angemessen berücksichtigt. (43) Die Höhe des Liegenschaftszinssatzes ist von dem mit der Immobilie verbundenen Risiko abhängig und dieses Risiko ist im Allgemeinen bei neu errichteten Gebäuden geringer als bei älteren Gebäuden, insbesondere weil neu errichtete Gebäude i. d. R. marktgängig sind und dem technischen Fortschritt entsprechen, während mit zunehmenden Alter der Immobilie diese in Bauweise, Ausstattung, Grundriss und vielem mehr hinter den sich wandelnden Anforderungen zurückfällt und die Reparaturanfälligkeit wächst. 18 (44) Eine außerplanmäßige Abschreibung kommt demnach nur in Betracht, wenn die angefallenen Anschaffungs- und Herstellungskosten in einem ungewöhnlich hohen Missverhältnis zu dem unter Anwendung des Ertragswertverfahrens ermittelten Verkehrswert stehen. Dabei ist allerdings der Zeitraum zu berücksichtigen, in dem der Ertragswert den Buchwert nach planmäßiger Abschreibung erreicht. 19 18 19 vgl. auch Gutachterliche Stellungnahme für den GdW von Prof. Kleiber vom 10.11.2007, S. 11 vgl. auch Gutachterliche Stellungnahme für den GdW von Prof. Kleiber vom 10.11.2007, S. 28 ff 9

Prüfschema dauerhafte Wertminderung im Anlagevermögen Liegen Indizien für eine Wertminderung vor? Indizien können abgeleitet werden aus: - der Entwicklung des nationalen und regionalen Immobilienmarktes - der Standortattraktivität - des Ertragsausfallrisikos - Mietausfälle - eingeschränkte Wiedervermietbarkeit - Instandhaltungsstau - schlechter energetischer Standard - umfassend durchgeführte und aktivierte Modernisierung - überhöhter Mietenmultiplikator (>10) Nein keine weitere Betrachtung Ja Ermittlung des a) Buchwertes (AHK abzüglich Abschreibungen) und b) beizulegenden Werts (Ertragswert) zum Stichtag und Prüfung: Nei Buchwert beizulegenden Wert Ja Ja Dauerhaftigkeit der Wertminderung? Kriterien: a) innerhalb eines Zeitraumes von 3 5 Jahren, erreicht der niedrigere beizulegende Wert den Buchwert, der sich bei planmäßiger Abschreibung ergibt (handelsrechtlich) b) innerhalb eines Zeitraumes der halben Restnutzungsdauer, erreicht der niedrigere beizulegende Wert den Buchwert, der sich bei planmäßiger Abschreibung ergibt (steuerrechtlich) außerplanmäßige Abschreibung in Höhe der Differenz zwischen Ertragswert und Buchwert zum Stichtag Ja Ja Nein Nein keine weitere Betrachtung keine außerplanmäßige Abschreibung 10

GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.v. Mecklenburgische Str. 57 14197 Berlin Telefon: +49 (0)30 82403-0 Telefax: +49 (0)30 82403-199 Brüsseler Büro des GdW 47-51, rue du Luxembourg 1050 Bruxelles BELGIEN Telefon: +32 2 5 50 16 11 Telefax: +32 2 5 03 56 07 E-Mail: mail@gdw.de Internet: http://www.gdw.de