Über die Kompetenzen und Befugnisse von Kaufhausdetektiven im Rahmen ihrer Tätigkeit von Referendar Michael Meyer, Fröndenberg Am Anfang des Jahres ging bei dem kleinen Amtsgericht in K. folgendes Gesuch von der in K. ansässigen Polizeibehörde ein: Herrn Direktor des Amtsgericht K. Herrn T. Betr.: Vertretung in der Antragstellung/Wirkung von Hausverboten durch Detektive Bezug: Diebstahlsanzeige zum Nachteil der Firma X in K. vom 23. 03. 1998 Sehr geehrter Herr T., ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie oder ein anderer Herr Ihres Hauses zu dem beigefügten Problem eine kurze Stellungnahme abgeben könnte. Dabei ist zu erwähnen, dass, nach Auskunft der Firma X, allen Detektiven mündlich die Anordnungskompetenz im Sinne des 123 StGB (Hausfriedensbruch) erteilt wird. Am gestrigen Tage wurde durch den durch die Firma X beauftragten Detektiv ein Ladendieb gestellt. Routinemäßig wurde durch den mit Werkvertrag eingebundenen Mitarbeiter der Detektei eine Anzeige und ein Vernehmungsbogen gefertigt. Der Detektiv stellte nach eigenen Angaben im Auftrag der Firma X Strafantrag. Handelt es sich hierbei um eine rechtmäßige Vertretung in der Erklärung oder Vertretung im Willen des Verletzten oder ist eine derartige rechtsverbindliche Vertretung eines Unternehmens bzw. eines einzelnen Unternehmers (Detektei) überhaupt nicht verfassungsrelevant. Ebenso von Interesse ist, ob diesen Personen bzw. Unternehmen das Hausrecht übertragen ist und dadurch die von diesen ausgesprochenen Hausverbote ggfls. strafrechtliche Folgen für den vormaligen Kunden haben. Sind die Detektive rechtsgeschäftliche Vertreter des Konzerns, der Filiale bzw. des Leiters der Filiale? Führt eine Missachtung des Hausverbotes, das allein durch diesen Detektiv Seite 1/5
ausgesprochen wurde, zu einem strafrechtlichen Vorwurf des»verweilens«bzw.»widerrechtlichen Eindringens«in Geschäftsräume im Sinne des 123 StGB? Sind diese Detektive unter Umständen autorisiert, den durch sie gestellten Strafantrag zurückzunehmen? Mit freundlichen Grüßen Müller EKHK (Name geändert) Bzgl. der von der Polizei gestellten Fragen ist seitens des Amtsgerichts in K. wie folgt Stellung genommen worden: Sehr geehrter Herr Müller, zunächst ist anzumerken, dass die von Ihnen gestellten Fragen nicht allgemeingültig beantwortet werden können. Maßgeblich ist immer der Einzelfall. Die Befugnisse der Detektive dürften im allgemeinen über den zwischen diesen und dem Konzern geschlossenen Arbeitsbzw. Anstellungsvertrag geregelt sein. Weiterhin kommt es darauf an, welche internen Absprachen zwischen Konzern- bzw. Filialleiter und den Detektiven im Innenverhältnis bestehen. Bei der von der Firma X an die Detektive mündlich erteilten Anordnungskompetenz im Sinne des 123 StGB ist eine Übertragung des Hausrechts des Konzernleiters zu sehen, der dieses Hausrecht z. B. über die jeweiligen Filialleiter auf die Detektive im Rahmen von Anstellungsverträgen überträgt. Diese Vorgehensweise ist gesetzlich legitimiert, denn eine Vertretung in der Ausübung des Hausrechts ist möglich u. a. auch durch rechtsgeschäftliche Vertreter, z. B. die Handlungsgehilfen des Geschäftsinhabers. Hausrechtsinhaber ist derjenige, dem die Verfügung über die Räume zusteht, wobei dieser nicht der Eigentümer zu sein braucht. Ob Detektive rechtsgeschäftliche Vertreter bzw. Boten des Hausrechtsinhabers (hier des Konzernleiters der Firma X) sind, oder ob Detektive keinerlei Befugnisse in dieser Richtung besitzen, bestimmt der Einzelfall. Maßgeblich ist, welche Absprachen im Innenverhältnis zwischen dem Konzern- bzw. Filialleiter und dem Detektiv bestehen, bzw. welche Kompetenzen der Anstellungsvertrag beinhaltet. Zur Abgrenzung von Vertretern und Boten gilt folgendes: Der Vertreter gibt eine eigene Willenserklärung ab, der Bote überbringt eine fremde Willenserklärung. Der Vertreter, der eine eigene Willenserklärung abgeben muss, formuliert die Erklärung selbständig und entscheidet im Regelfall über das»ob«und das»wie«des Rechtsgeschäftes. Dabei gibt er nach Außen zu erkennen, dass er die Willenserklärung für einen anderen abgibt. Der Bote hingegen überbringt eine fremde, vom Geschäftsherrn vorformulierte Seite 2/5
Erklärung. Er hat hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsgeschäftes keinerlei Befugnisse. Probleme können hier allerdings in den Fällen der»vorgegebenen Marschroute«entstehen. Wenn der Geschäftsherr jemanden damit beauftragt, ein Rechtsgeschäft mit einem bestimmten Inhalt zu tätigen, und der für den Geschäftsherrn Handelnde dieses Rechtsgeschäft mit entsprechendem Inhalt abschließt, so kann zweifelhaft sein, ob der Handelnde Vertreter oder Bote ist. Nach h. M. ist hierbei auf das äußere Auftreten des Handelnden gegenüber dem Erklärungsgegner abzustellen. Bote ist demnach derjenige, von dem der Geschäftspartner den Eindruck haben muss, er nehme nur eine Übermittlungsfunktion wahr. Gibt der Handelnde dagegen zu erkennen, dass er eine eigene, selbständig formulierte Willenserklärung abgibt, so liegt Vertretung selbst dann vor, wenn dem Vertreter diese Willenserklärung im Innenverhältnis in allen Einzelheiten vorgegeben war. Entscheidend ist, wie der Handelnde tatsächlich aufgetreten ist. Bzgl. der Frage, ob es sich um eine Vertretung in der Erklärung oder um eine Vertretung im Willen des Verletzten handelt, wenn der Detektiv im Auftrag der Firma X Strafantrag stellt, ist zu sagen, dass es sich hierbei um eine Vertretung im Willen des Verletzten handelt, welche allerdings nur bei Verletzungen vermögenswerter Rechtsgüter, wie z. B. bei 5 123 StGB zulässig ist. Voraussetzung für diese Vertretung ist es aber wiederum, dass der Vertretene den Vertreter mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat, oder innerhalb der Strafantragsfrist dem Antrag zugestimmt hat. Zu der Rechtsfigur des Vertreters in der Erklärung ist anzumerken, dass früher Adoptionsverträge nur höchstpersönlich abgeschlossen werden konnten. Um gleichwohl einen Vertragsschluß durch einen Vertreter zu ermöglichen, hat die Rechtsprechung die Rechtsfigur des Vertreters in der Erklärung entwickelt. Dieser bilde keinen eigenen Willen, sondern gebe nur die vom Vertretenen inhaltlich festgelegte Erklärung an dessen Stelle ab; Vertretung in der Erklärung sei daher auch bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften zulässig. Durch die Reform des Adoptionsrechts ist das Bedürfnis für die Zwischenstufe zwischen Vertretung und Botenschaft weggefallen. Diese Rechtsfigur lässt sich auch nicht mit den Grundsätzen der Stellvertretung ( 164 ff. BGB) vereinbaren. Wenn nun, bezogen auf den jeweiligen Einzelfall, der Detektiv rechtsgeschäftlicher Vertreter oder Bote des Konzernleiters ist und durch ihn ein wirksames Hausverbot erteilt worden ist, hat dieses Hausverbot gegen denjenigen, gegen den es ausgesprochen worden ist, verbindliche Wirkung. Das bedeutet, dass sich der Kunde, der sich diesem Hausverbot widersetzt, ggf. einen Hausfriedensbruch begeht. Ob eine Missachtung des Hausverbots, das durch den Detektiv ausgesprochen Seite 3/5
wurde, zu einem strafrechtlichen Vorwurf des Verweilens bzw. des widerrechtlichen Eindringens in Geschäftsräume im Sinne des 5 123 StGB führt, ist davon abhängig, wie sich die Missachtung des Hausverbots durch den Kunden im einzelnen darstellt. Zur Tathandlung des Eindringens: Eindringen bedeutet, dass der Täter mindestens mit einem Teil des Körpers in die befriedete Räumlichkeit gelangt ist, und zwar gegen den Willen des Hausrechtsinhabers. 5 123 StGB ist daher z. B. bereits dann gegeben, wenn der Täter den Fuß zwischen die Tür stellt. Bloßes Schlagen gegen die Tür ist kein Hausfriedensbruch. Die Überwindung eines äußeren Widerstandes usw. ist für den Begriff des Eindringens nicht erforderlich. Es genügt das Sichhinwegsetzen über den sich ausdrücklich (Hausverbot) oder sich aus den Umständen ergebenden entgegenstehenden Willen des Hausrechtsinhabers. Da im Tatbestand»Eindringen< begrifflich bereits ein Handeln gegen den Willen des Hausrechtsinhabers liegt, entfällt der Tatbestand, wenn der Hausrechtsinhaber mit dem Betreten der Räume durch den Täter einverstanden ist (tatbestandausschließendes Einverständnis). Die zweite Alternative (Verweilen) liegt vor, wenn der Täter sich nicht entfernt, obwohl er vom Berechtigten dazu aufgefordert wird. Bei dieser Alternative handelt es sich um ein unechtes Unterlassungsdelikt. Im Verhältnis zur ersten Alternative (Eindringen) ist folgendes zu beachten: Die erste Alternative (Begehungstatbestand) kann auch als unechtes Unterlassungsdelikt begangen werden. Da der Hausfriedensbruch Dauerdelikt ist, also bei entgegenstehendem Willen des Hausrechtsinhabers während der ganzen Zeit des Aufenthaltes in den geschützten Räumlichkeiten andauert, besteht für jemanden, der zu nächst berechtigt oder ohne Kenntnis des entgegenstehenden Willens des Hausrechtsinhabers die Räumlichkeiten etc. betreten hat, die Verpflichtung, den Raum zu verlassen, sobald er die Berechtigung verloren hat oder den entgegenstehenden Willen des Hausrechtsinhabers erkannt hat. Einer Aufforderung durch den Hausrechtsinhaber bedarf es in diesem Falle nicht. Wer den Raum in diesen Fällen nicht verlässt, begeht die erste Alternative (Eindringen) durch Unterlassen. Die Zweite Alternative hat danach nur Bedeutung für die Fälle insoweit ist der Wortlaut missverständlich, in denen der Täter zunächst berechtigt verweilt und seine Befugnis zum Aufenthalt erst durch die Aufforderung zum Verlassen der Räume verliert. Diese zweite Alternative ist der ersten subsidiär. Zu der Frage, ob Detektive autorisiert sind, den durch sie gestellten Strafantrag zurückzunehmen, ist wie folgt Stellung zu nehmen: Gern. 77 d I StGB kann der Antrag zurückgenommen werden. Seite 4/5
Rücknahmeberechtigt ist grundsätzlich der Antragsteller selbst. Hieraus geht hervor, dass der Detektiv, wenn er den Strafantrag aufgrund seiner Bevollmächtigung gestellt hat, diesen auch grundsätzlich wieder zurücknehmen kann. In diesen Fällen gilt genau wie bei der Antragstellung auch, dass eine Stellvertretung grundsätzlich möglich ist. Es dürfen sich allerdings bei der Vertretung im Willen des Verletzten nicht aus dem Inhalt der Vollmacht Bedenken gegen die Rücknahmebefugnis ergeben, da diese eingeschränkt werden kann. Letztlich ist auch hier wieder auf den Einzelfall abzustellen, nämlich auf die Befugnisse des Detektivs aus dem Anstellungsvertrag bzw. auf die Absprachen im Innenverhältnis zwischen Detektiv und Konzern- bzw. Filialleiter. Seite 5/5