PRK Fall Nr. 77: Kündigung aufgrund schwerer Pflichtverletzung



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Transkript:

PRK Fall Nr. 77: Kündigung aufgrund schwerer Pflichtverletzung Auszug aus dem Entscheid der Personalrekurskommission (PRK) vom 7. November 2007 i.s. C. gegen die vom Amt X. verfügte Kündigung aufgrund einer schweren Pflichtverletzung gemäss 30 Abs. 2 lit. d Personalgesetz (PG). Inhaltsverzeichnis Rechtsprobleme Welche Themen betrifft dieser Entscheid? S. 1 Sachverhalt Kurze Schilderung der Geschehnisse S. 1 Rechtliche Erwägungen Begründung der Personalrekurskommission S. 2 Entscheid u. Rechtskraft Entscheid der Personalrekurskommission S. 5 Schlussfolgerungen d. ZPD Relevante Rechtsnormen Lehren, welche aus dem Entscheid gezogen werden können Auf welche Rechtsnormen stützt sich dieser Entscheid? S. 6 S. 6 I. Rechtsprobleme 1. Treuepflicht beim öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis (E. 3a) 2. Wann liegt ein Kündigungsgrund nach 30 Abs. 2 lit. d PG (schwere Pflichtverletzung) vor (E. 4a)? II. Sachverhalt 1. C. arbeitet seit dem 18. April 2005 beim Amt X. Ihr Beschäftigungsgrad betrug zuerst 90 Prozent, ab 1. November 2005 95 Prozent. Aufgrund einer zufälligen Beobachtung am 21. Februar 2007 durch ihren Vorgesetzten E. unterzogen ihre beiden Vorgesetzten, E. und G., ihre Einhaltung des GLAZ-Reglementes einer genauen Kontrolle. Überprüft wurde der Zeitraum vom 21. Februar 2007 bis 13. März 2007. 2. Am 13. März 2007 wurde C. anlässlich einer Unterredung vorgehalten, zwischen dem 21. Februar und 13. März 2007 in fünf Fällen ihre Arbeitszeiten falsch erfasst zu haben. Es wurde ihr vorgeworfen, ihre Arbeitszeitgutschrift unrechtmässig erhöht zu haben, indem sie an allen Tagen, an welchen sie ganztags anwesend gewesen war, während der Mittagszeit nicht geschäftliche Abwesenheiten als Arbeitszeit deklarierte. Es wurde ihr angeboten, selber die Kündigung einzureichen, und ihr eine Bedenk- 1

frist bis am nächsten Tag eingeräumt. Mit E-Mail vom 14. März 2007 erklärte C., dass sie nicht kündigen werde, da sie korrekt ein- und ausgestempelt habe. 3. Mit Verfügung vom 14. März 2007 kündigte das Amt X. das Arbeitsverhältnis von C. aufgrund schwerer Pflichtverletzung gemäss 30 Abs. 2 lit. d des Personalgesetzes vom 17. November 1999 (PG) auf den 30. Juni 2007 und stellte C. ab Abend desselben Tages für den Rest der Kündigungsfrist frei. 4. Mit Schreiben vom 16. März 2007 meldete C. Rekurs gegen die Verfügung vom 14. März 2007 an. Mit Schreiben vom 2. April 2007 wurde durch Dr. H die Rekursbegründung eingereicht. Dieser beantragte unter o/e-kostenfolge die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Weiterbeschäftigung von C., die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses sowie die Bewilligung der anwaltlichen Vertretung. 5. In der Rekursantwort vom 20. April 2007 beantragte das Amt X. die Abweisung des Rekurses. Es macht geltend, dass C. systematisch und in betrügerischer Absicht nicht geschäftliche Abwesenheiten als Arbeitszeit deklariert habe. 6. 10. [ ] III. Rechtliche Erwägungen 1. 2. [ ] 3. Gemäss PG kann die Anstellungsbehörde ein Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung oder durch eine fristlose Auflösung beenden. Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses hat unter Berücksichtigung der in 28 PG festgelegten Kündigungsfristen zu erfolgen. Zudem müssen die in 30 PG festgelegten Kündigungsvoraussetzungen erfüllt sein, namentlich muss bei Kündigungen nach Ablauf der Probezeit ein in 30 Abs. 2 PG genannter Kündigungsgrund vorliegen. 3a. Gemäss 30 Abs. 2 lit. d PG kann die Anstellungsbehörde das Arbeitsverhältnis kündigen, wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter die vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten wiederholt missachtet oder eine schwere Pflichtverletzung begangen hat. Bei wiederholter Pflichtverletzung kann die Kündigung gemäss Abs. 3 aber nur ausgesprochen werden, wenn vorher eine angemessene Bewährungsfrist eingeräumt worden ist. Das Amt X. hat C. mit Verfügung vom 14. März 2007 gestützt auf 30 Abs. 2 lit. d PG per 30. Juni 2007 aufgrund einer schweren Pflichtverletzung gekündigt. Vorliegendenfalls ist somit zunächst zu prüfen, ob überhaupt eine Pflichtverletzung vorliegt. 2

Gemäss 12 Abs. 2 PG haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die ihnen übertragenen Aufgaben sorgfältig, gewissenhaft und wirtschaftlich auszuführen und dabei die Interessen des Arbeitsgebers zu wahren. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterliegen somit einer Sorgfalts- und Treuepflicht. Fest steht, dass ein Mitarbeiter seine Treuepflichten gegenüber dem Arbeitgeber verletzt, wenn er unwahre Angaben in Arbeitsrapporten und Reiserapporten macht (vgl. Adrian Staehelin, Zürcher Kommentar, Der Einzelarbeitsvertrag, ad Art. 321a OR, S. A 72, N 20; Jürg Brühwiler, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, ad Art. 321a OR, S. 62, N 2 b). Zu dieser Kategorie der Pflichtverletzungen gehört auch die unkorrekte Arbeitszeiterfassung, wenn diese Pflichtwidrigkeit vorsätzlich begangen wird. Denn erfahrungsgemäss kommt es vor, dass selbst äusserst gewissenhafte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Zeit zu Zeit vergessen, ihre Arbeitszeit korrekt zu erfassen bzw. zu stempeln. In der Regel werden solche Fehler von den Betroffenen rasch erkannt und dann entsprechend den jeweiligen Vorschriften oder den jeweiligen technischen Möglichkeiten des Zeiterfassungssystems korrigiert. Daher liegt noch keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Treuepflichten vor, solange Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur aus Versehen und nicht vorsätzlich ihr Arbeitszeitkonto bereichern (Entscheid der Personalrekurskommission vom 18. Juni 2002). Am 21. Februar 2007 sah E., sich beim Empfangsschalter aufhaltend, zufällig, wie C. in Begleitung von N. um 14 Uhr das Amt X. ohne einzustempeln betrat. Das Gerät gab bei N. einen Ton von sich, nicht jedoch bei C. Auf dem GLAZ-Auszug ist eine Mittagspause von 11:48 11:53 Uhr vermerkt. Wann C. ging, sah E. nicht. N. gab anlässlich der Verhandlung zu Protokoll, dass er C. am 21. Februar 2007 beim Zurückkommen von der langen Mittagspause auf ihre fehlende Stempelung aufmerksam gemacht habe, worauf diese antwortete, dass sie die Hände waschen gehe. Ob C. beim Hinausgehen ausgestempelt hat, weiss er nicht, da sie sich in der Eingangshalle trafen. Er hatte in Erinnerung, dass sie eine lange Mittagspause gemacht hatten, von ca. 12-14 Uhr. Ein Korrekturzettel wurde nicht nachgereicht. Belegt ist damit, dass C. am besagten Datum bereits um 11:53 Uhr eingestempelt hat und gemäss den Aussagen der Auskunftspersonen jedoch effektiv viel später aus der Mittagspause zurückgekehrt ist. Am 22. Februar 2007 hat C. gemäss GLAZ-Auszug eine Mittagspause von 11:21 11:43 Uhr bezogen. G. gab zu Protokoll, gesehen zu haben, wie C. um 12 Uhr das Gebäude verliess und um 13:10 Uhr wieder zurückkam. Auf die Frage, wie er wisse, dass sie sich nach aussen begab, antwortete er, dass C. hinaus ging und ihr Büro abgeschlossen war. Es sei zwar möglich, dass sie das Gebäude wieder betreten habe, doch sei sie in Richtung V. spaziert. Um 11:21 Uhr sei sie vorbeispaziert, habe e Guete gewünscht und sei dann ins Büro gegangen. Am 27. Februar 2007 stempelte C. um 11:31 Uhr aus und um 11:59 Uhr ein. G. beobachtete, wie C. um 12 Uhr e Guete wünschte und um 13 Uhr zurück kam. Zu den Zeiten gemäss GLAZ-Auszug sah G. die Rekurrentin nicht. Auf diese zeitliche Diskrepanzen angesprochen erläuterte C., dass sie um 11:31 Uhr das Gebäude verliess und um 11:59 Uhr zurück kam. Um 12 Uhr wünschte sie e Guete. Auf die Frage, was sie um 13 Uhr gemacht habe, erklärte C., dass sie vielleicht eine kurze Schnaufpause gemacht habe, so dass sie hinten das Gebäude verlassen und vorne wieder 3

betreten habe. Sie stemple nicht, wenn sie rasch frische Luft einatmen gehe. Das Verschliessen des Büros sei aufgrund der Akten eine Pflicht. Betreffend den 6. März 2007 erwähnte E. lediglich, C. habe eingestempelt und sei gleich hinausgegangen. Am 13. März 2007 fragte M., ob C. kurz mit ihm hinauskäme, um zu Mittag zu essen. C. antwortete, sie käme nochmals mit. Als sie hinausgingen, stempelte sie nicht. Sie sagte, sie habe vorher schon gestempelt. M. wies sie noch darauf hin, den Korrekturzettel auszufüllen. Beim Verlassen des Gebäudes habe er sie nicht darauf hingewiesen zu stempeln. Sie seien rund 25 Minuten abwesend gewesen. An die genaue Zeit mochte er sich nicht erinnern. Er habe öfters mit ihr zusammen über Mittag Pause gemacht. Sie hätten jeweils den Haupteingang benutzt. M. konnte sich noch gut an das genaue Datum erinnern, weil C. an diesem Tag einen Termin bei ihrem Vorgesetzten hatte und davon ausging, Thema sei die Bewilligung resp. Ablehnung des Urlaubs (Englisch Lernen). Sie sei jedoch über die Kündigung informiert worden. Aufgrund der Aussagen der Auskunftspersonen kann davon ausgegangen werden, dass C. am 21. Februar 2007 und 13. März 2007 die Zeit nicht korrekt erfasste. Für die anderen drei Tage führten G. und E. aus, sich jeweils um die Mittagszeit entweder im Büro oder aber im Eingangsbereich aufgehalten zu haben. Sie hätten die Bürotür offen gelassen, als sie das Kommen und Gehen von C. über Mittag beobachteten. Aufgrund des Augenscheins müssen diese Ausführungen aber in Zweifel gezogen werden. Zwischen der im Eingangsbereich befindlichen Stempeluhr und dem Gang (Rundgang), entlang dessen sich die Büros befinden, befindet sich noch eine Türe. Um den Eingangsbereich effektiv kontrollieren zu können, hätte auch diese Türe immer offen stehen müssen. Es ist also durchaus möglich, dass jemand stempelt, dann aber via Warteraum zum Büro zurückkehrt. Zudem gibt es beim Rundbau mehrere Ein- resp. Ausgänge, welche von den Angestellten benutzt werden können. G. gab zu Protokoll, dass man via Haupteingang das Gebäude verlasse und nur bei Besitz eines Fahrrades oder Autos die Seiteneingänge benutze. E. äusserte sich dahingehend, dass man das Gebäude beispielsweise auch von der Toilette aus verlassen könne. N. selber benutzt nicht immer den Rundgang, sondern wechselt je nach Lust und Laune ab. Es steht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern somit offenbar frei, welche Ein- und Ausgänge sie benutzen resp. wie sie diese erreichen. Von der Bauweise des Gebäudes her muss der Rundgang nicht automatisch benutzt werden, um zum Haupteingang resp. zu den Büros zu gelangen. Die Aussage, C. sei Richtung V. spaziert, bedeutet damit nicht notwendigerweise, dass sie das Gebäude wirklich verlassen hat. Sie konnte ebenso gleich abbiegen und beim Seiteneingang wieder ins Gebäude eintreten. Die Aussagen der Auskunftspersonen lassen aufgrund obiger Ausführungen nicht zweifelsfrei zu, dass C. sich an den drei anderen Tagen absichtlich falsch verhalten hat. 4. Es stellt sich damit die Frage, ob das Verhalten von C. als eine schwere Pflichtverletzung anzusehen ist, die direkt zu einer Kündigung führen muss. Diese Rechtsfrage beurteilt sich unter Würdigung der gesamten Umstände des konkreten Falles. Der Ratschlag und Entwurf zum Personalgesetz (Nr. 8941) vom 7. September 1999 führt zum Kündigungsgrund aufgrund einer schweren Pflichtverletzung Folgendes 4

aus: Lit. d knüpft an die disziplinarische Entlassung gemäss altem Recht an, wobei ein vorwerfbares Verschulden des Betroffenen wohl in den meisten Fällen vorhanden nicht unbedingt erforderlich ist. Damit schon eine einmalige Pflichtverletzung für eine Kündigung genügt, muss sie schwer sein. Dies ist dann der Fall, wenn das Vertrauen des Arbeitgebers in die künftige ordnungsgemässe Aufgabenerfüllung wesentlich beeinträchtigt ist, oder aber der Verbleib der betroffenen Person an der Arbeitsstelle das Vertrauen des Volkes in das ordnungsgemässe Funktionieren des Staates erschüttern würde. Anhaltspunkte, was konkret als schwere Pflichtverletzung zu qualifizieren ist, können aus dem Appellationsgerichtsurteil in Sachen A.S. vom 12. August 2002 entnommen werden. Demnach unterscheidet das Personalgesetz zwischen schweren und anderen Pflichtverletzungen. Als andere bzw. leichte Pflichtverletzungen qualifiziert das Appellationsgericht im zitierten Entscheid beispielsweise normale Vertragsverletzungen, wie Unpünktlichkeit, zu viele private Telefonate, übermässiges privates Internet-Surfen oder Flüchtigkeiten in der Arbeitserledigung. Diese müssen wiederholt vorkommen und führen erst nachdem der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin sein bzw. ihr Verhalten während der zwingend anzusetzenden Bewährungsfrist nicht verbessert hat, zu einer ordentlichen Kündigung. Eine schwere Pflichtverletzung hingegen liegt dann vor, wenn sie geeignet ist, das dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegende Vertrauensverhältnis empfindlich zu stören und eine normale Weiterführung verunmöglicht. Das Appellationsgericht hat in seinem Urteil vom 22. Januar 2003 festgehalten, dass sich die Schwere der Pflichtverletzung in erster Linie aus der Funktion, die der Rekurrent in der Betriebsaufsicht innehatte, ergibt. Gemäss Zwischenzeugnis vom Oktober 2006 zeichnet sich C. durch eine stetige Bereitschaft sowohl zu fachlichen als auch persönlichkeitsbildenden Weiterbildungen aus. Sie ist zuverlässig, kompetent und engagiert und erledigt ihre Arbeiten verantwortungsbewusst, selbständig und speditiv. Auch wird in der Stellungnahme des Amtes X. präzisiert, dass die Kündigung keinen Zusammenhang mit der Arbeitsleistung von C. aufweist. C. übt keine Vorgesetztenfunktion aus, die das Ansetzen eines höheren Massstabes rechtfertigen würde. C. werden fünf Pflichtverletzungen vorgeworfen, wovon lediglich zwei rechtsgenüglich nachgewiesen sind. Die zweimalige Pflichtverletzung bei einer sonst zuverlässigen Mitarbeiterin kann aber nicht als derart schwerwiegend qualifiziert werden, dass eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung als angemessen angesehen werden könnte. Dazu kommt, dass die interne Weisung betreffend die Arbeitszeiterfassung keinen Hinweis enthalten, was die Konsequenzen im Falle der Nichtbefolgung sind. Ihr Verhalten kann somit nur als wiederholte Pflichtverletzung qualifiziert werden, was dazu führt, dass ihr vorgängig eine Bewährungsfrist hätte gesetzt werden müssen. IV. Entscheid u. Rechtskraft Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Kündigung aufgrund einer schweren Pflichtverletzung gemäss 30 Abs. 2 lit. d PG nicht erfüllt sind. Der Rekurs von C., vertreten durch Dr. H., Advokat, gegen die Verfügung des Amtes X. vom 14. März 2007 betreffend die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird gutgeheissen. 5

Der Entscheid ist rechtskräftig. V. Schlussfolgerungen d. ZPD - Bei einer Kündigung aufgrund einer wiederholten Pflichtverletzung gemäss 30 Abs. 2 lit. d PG braucht es eine vorgängige Bewährungsfrist. - Mitarbeitende verletzten ihre Treuepflichten gegenüber dem Arbeitgeber, wenn sie unwahre Angaben in Arbeitsrapporten und Reiserapporten machen. Zu dieser Kategorie der Pflichtverletzungen gehört auch die unkorrekte Arbeitszeiterfassung, wenn diese Pflichtwidrigkeit vorsätzlich begangen wird. - Eine falsche Arbeitszeiterfassung muss bewiesen werden. - Andere bzw. leichte Pflichtverletzungen sind gemäss Praxis des Verwaltungsgerichts normale Vertragsverletzungen, wie Unpünktlichkeit, zu viele private Telefonate, übermässiges privates Internet-Surfen oder Flüchtigkeiten in der Arbeitserledigung. Diese müssen wiederholt vorkommen und führen erst, nachdem der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin sein bzw. ihr Verhalten während der zwingend anzusetzenden Bewährungsfrist nicht verbessert hat, zu einer ordentlichen Kündigung. - Eine schwere Pflichtverletzung liegt dann vor, wenn sie geeignet ist, das dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegende Vertrauensverhältnis empfindlich zu stören und somit eine normale Weiterführung verunmöglicht. - Ob ein Verstoss gegen eine Vorschrift als schwere Pflichtverletzung im Sinne von 30 Abs. 2 lit. d PG zu qualifizieren ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Bei dieser Qualifikation ist insbesondere auch die Stellung der fehlbaren Mitarbeiterin bzw. des fehlbaren Mitarbeiters zu berücksichtigen. VI. Relevante Rechtsnormen 12 Abs. 2 PG 30 Abs. 2 lit. d und Abs. 3 PG 6