Ausgelobte Fangprämien, die dazu bestimmt sind, Personen für deren Hinweis auf einen Warendieb eine Geldprämie zu bezahlen, sind grundsätzlich rechtmäßig. Die Prämie kann daher vom Dieb unter den im nachstehenden BGH-Urteil genannten Voraussetzungen verlangt und nötigenfalls auch eingeklagt werden. Allerdings muss diese erhobene Prämie direkt und ohne jeden Abzug an die Person ausbezahlt werden, die den Hinweis auf den Dieb gegeben hat. Alle anderen Formen der Erhebung von Geldbeträgen von Warendieben sind unzulässig. Dabei ist es ohne Bedeutung, wie man die Forderung bezeichnet (z. B. als»vertragsstrafe«,»bearbeitungsgebührunkostenpauschale«,»verwaltungskosten«oder»schadenersatz«). Die Fangprämie wird in erster Linie an Kunden ausbezahlt werden, aber auch eigenes Personal des Handelsunternehmens hat Anspruch auf eine Fangprämie, wenn der Hinweis auf den Warendieb eben durch einen Mitarbeiter erfolgte. Lediglich solche Mitarbeiter, zu deren Aufgaben die Bekämpfung des Ladendiebstahls gehört, dürfen keine Fangprämie beanspruchen. Achtung: Wird von einem Warendieb eine Fangprämie oder eine Art von Bearbeitungsgebühr verlangt und sogar erhoben, ohne dass ein Kunde oder ein Verkäufer Anspruch den Hinweis auf den Täter gegeben hat und diese Fangprämie anschließend auch erhält, besteht die Gefahr, dass der Sicherheitsverantwortliche sich selbst wegen eines Betruges zum Nachteil des ertappten Ladendiebes schuldig macht. Und zwar deshalb, weil er dem Täter rechtswidrig vortäuscht, dass er in diesem Fall eine Fangprämie zu entrichten habe, obwohl die Voraussetzungen dafür gar nicht gegeben sind! Man sollte daher im eigenen Interesse nur dann eine Fangprämie von einem Ladendieb erheben, wenn ein Kunde oder ein Angestellter den Hinweis auf den Täter gegeben hat und die Prämie anschließend auch ausbezahlt erhält!
BGH-Urteil vom 06.11.79 In seinem Urteil vom 06.11.79, Az.: VI ZR 254/77, abgedruckt in der NJW 1980, Seite 119, hat der BGH (Bundesgerichtshof) zur Fangprämie in Kaufhäusern bestimmt: Basierend auf der Bestimmung des 249 BGB, der auch den Schadenersatz regelt im Zusammenhang mit durch Diebstahl verursachten Personalaufwendungen, erging folgendes Urteil, das bindend für die gesamte Rechtsprechung ist: 1. Der Warendieb ist nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen auch dann nicht zum Ersatz von Personalkosten für die Bearbeitung des Diebstahls verpflichtet, wenn diese einer besonderen Abteilung übertragen ist. 2. Eine vor dem Diebstahl ausgesetzte Fangprämie ist vom Warendieb in angemessenem Umfang zu erstatten; angemessen ist angesichts der Durchschnittskriminalität in einem Lebensmittelmarkt (zum Zeitpunkt der Entscheidung) eine pauschalierte Prämie bis zu 50 DM [der heutigen durchschnittlichen Schadenssumme angepasst erscheint eine Fangprämie von 50 Euro verhältnismäßig]. Ersatzfähig kann auch eine höhere Prämie sein, die für besonders umfangreiche Entwendungen verhältnismäßig zugesagt ist. In Bagatellfällen kann die Erhebung der Pauschale unzulässig sein. Unter einem Bagatellfall ist ein Fall zu verstehen, bei dem der Wert der entwendeten Waren unter einer DM liegt [angepasst sollte man heute diese Bagatellfallgrenze auf einen Euro festlegen]. In der Ausführung zu der Entscheidung erklärt der Senat, dass dort, wo der Schaden regelmäßig mindestens 50 DM (diese nach wie vor gültige Entscheidung stammt aus dem Jahr 1977, also umgerechnet jetzt 25 Euro) beträgt und darüber (z. B. im Bereich Uhren/Schmuck) auch eine höhere Fangprämie zulässig ist. Bei höherwertigem Diebesgut kann als Prämie zehn Prozent des Warenwertes als Fangprämie ausgelobt werden. Die Auslobung der Fangprämie muss vorab und deutlich erkennbar erfolgen.
Bezüglich dieser Passage der genannten BGH-Entscheidung dürfte es zukünftig allerdings neuen Entscheidungsbedarf geben, da mit Wegfall des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen kurz AGB-Gesetz Anfang Januar 2002 die Bestimmung des 308 Nr. 5 BGB Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit greift, die im Zuge der Besserstellung von Verbraucherrechten am 02.01.2002 in Kraft getreten ist. Darin heißt es, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere das Folgende unwirksam ist: 308 Nr. 5 BGB Fingierte Erklärungen [ ] eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass a. dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und b. der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen [...] Die mögliche Auswirkung dieser Neuregelung auf die Zulässigkeit der Erhebung von Fangprämien ist bis dato (August 2011) noch nicht abschließend geregelt. Es wird empfohlen, die entsprechende Rechtsprechung aufmerksam zu verfolgen! Immer wieder haben sich Gerichte mit der Frage auseinandergesetzt, ob es zulässig ist, wenn Detektive Fangprämien erheben und für sich verwenden. Dazu wird stellvertretend nachstehende Entscheidung des AG Offenbach aus dem Jahre 1985 bis heute durch keine obergerichtliche Entscheidung aufgehoben erläutert.
Urteil des AG Offenbach, Az.: 35 C 5145/85 zur Fangprämie Gegenstand dieser Entscheidung war die Beschwerde eines ertappten Ladendiebes, der sich dagegen zur Wehr setzte, dass er die Fangprämie an einen Detektiv bezahlen musste, der diese Fangprämie selbst behielt. Das Gericht entschied, dass dies nicht zulässig sei. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt:»[...] die Fangprämie darf nicht verlangt werden, wenn Detektive den Dieb überführt haben. Beim Kaufhausdetektiv dient nämlich das Aussetzen der Prämie nicht dazu, ihn überhaupt zu veranlassen, seine Wachsamkeit in die entsprechende Richtung zu lenken. Das ist vielmehr der Hauptinhalt seiner Tätigkeit als solcher [...] der Detektiv würde vielmehr seine ihm vertraglich obliegenden Verpflichtungen verletzen, wenn er dies nicht täte [ ]«! Urteil des Arbeitsgerichtes Regensburg zur Fangprämie bei Personaldiebstählen Az.: Ca 883/83 Nachdem ein Mitarbeiter nach jahrelangen Diebstählen in seinem Unternehmen ertappt wurde, legte er ein umfassendes Geständnis ab. Das Unternehmen forderte nunmehr eine Fangprämie in Höhe von zehn Prozent des gesamten Warenwertes, den der Mitarbeiter entwendet hatte. Obwohl der Gesamtschaden nur aufgrund des Geständnisses festgestellt worden war, bestätigte das Arbeitsgericht in Regensburg, dass die Fangprämie von der gesamten Summe zu entrichten sei und nicht nur von dem Wert des Gegenstandes, bei dessen Diebstahl der Mitarbeiter ertappt worden war. Bis zu einer anders lautenden Entscheidung eines übergeordneten Gerichtes ist damit die Erhebung einer Fangprämie auch von diebischen Mitarbeitern zulässig. Wiederum ausgenommen sind Fälle, die durch einen eigenen Kaufhausdetektiv festgestellt worden sind e (siehe 3.3.2.1).
Begründet wird dies folgendermaßen: Durch den Hinweis auf die Erhebung einer Fangprämie von ertappten Ladendieben macht der Einzelhändler seinen Kunden ein Vertragsangebot, das der Kunde durch das Betreten des Geschäftes annimmt ( konkludentes Handeln aber strittig nach Wegfall des Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen AGBG! siehe oben). Dabei würde dieser Vertrag auch dann Bestand haben, wenn der Kunde einen geheimen Vorbehalt gegen diese Vertragsannahme hätte ( 116 BGB). Allerdings erfordert das rechtskräftige Zustandekommen dieses Vertrages, dass beide Parteien geschäftsfähig sind. Dies ist bei Kindern bis zum vollendeten siebten Lebensjahr nicht der Fall, da sie geschäftsunfähig sind ( 104/ I BGB). Minderjährige, die das siebte Lebensjahr vollendet haben, aber noch nicht das siebzehnte, sind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. Für sie gelten die 107 bis 113 BGB, d. h., solange die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nicht vorliegt, ist der Vertrag schwebend unwirksam. Wenn also der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung verweigert, kommt der Vertrag nicht zustande. Es besteht damit für den Sicherheitsverantwortlichen die Gefahr, dass er wenn er dennoch bei Jugendlichen eine Fangprämie erhebt leicht in den Bereich der Nötigung ( 240 StGB), des Betruges ( 263 StGB) oder gar der Erpressung ( 253 StGB) gerät und sich damit selbst strafbar macht! Daher empfiehlt es sich immer, von Jugendlichen und von Kindern kein Geld anzunehmen, sondern allenfalls die Forderung einer Fangprämie an die gesetzlichen Vertreter mit der Bitte um Zustimmung zu richten. Und natürlich darf die Erstattung einer Strafanzeige bei Jugendlichen unter keinen Umständen davon abhängig gemacht werden, ob die Fangprämie bezahlt wird oder nicht! Aber auch hier gilt, was oben schon zur neuen Bestimmung des 308 Nr. 5 BGB ausgeführt wurde.