Vorlesung. Rechtsfragen der Unternehmenskrise und - sanierung C. Pflichten und Haftung. WS 2013/2014 Dr. Ulla Reisch



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Transkript:

Vorlesung Rechtsfragen der Unternehmenskrise und - sanierung C. Pflichten und Haftung WS 2013/2014 Dr. Ulla Reisch 1

1. Pflichten und Haftung des Unternehmers / der geschäftsführenden Organe - Allgemein Die Haftung des GF/Vorstandsmitglieds kann gegenüber Gesellschaft (Innenverhältnis) Dritten (im Außenverhältnis) bestehen. Unternehmerrisiko trägt Gesellschaft; der GF haftet grundsätzlich nicht für Schulden der Gesellschaft, kann jedoch zur Haftung herangezogen werden, wenn er seine Sorgfaltspflicht vernachlässigt. Haftung setzt zunächst das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen nach 1295 ABGB voraus: Schaden, Kausalität, Rechtswidrigkeit und Verschulden. 2

1.1. Haftung gegenüber der Gesellschaft Haftungstatbestände: - Nichteinhaltung der gebotenen Sorgfalt; Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen Geschäftsmannes ( 25 GmbHG; 84 AktG) Durch sein Einverständnis zur Bestellung als Geschäftsführer der GmbH bestätigt der Geschäftsführer auch die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, die für den jeweiligen Geschäftszweig aber auch Größe des Unternehmens notwendig sind, zu besitzen. Der Gf ist verpflichtet, so zu handeln, wie es von einem Verwalter fremden Vermögens erwartet wird. Wenn sich der Gf in der Erfüllung seiner Pflichten als Gf behindert sieht, hat er als Gf zurückzutreten. 3

- Verteilung von Gesellschaftsvermögen; Verbot der Einlagenrückgewähr ( 25 Abs 3 Z 1, 82 GmbHG) an Gesellschafter dürfen nur Gewinnen ausbezahlt und keine Stammeinlagen rückgewährt werden. Das betrifft auch eigenkapitalersetzende Darlehen. Bei Verstößen sind GF ersatzpflichtig. Mit Ausnahme eines gutgläubig bezogenen Gewinnanteils haben Gesellschafter, die unter Verletzung der Bestimmungen des Gesetzes, des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses von der Gesellschaft Zahlungen erhalten haben, diese zurückzuerstatten. Vergleiche im Detail Anhang - Leistung von Zahlungen nach dem Zeitpunkt, in dem Eröffnung der Insolvenz beantragt hätte werden müssen ( 25 Abs 3 Z 2 GmbHG) - Insichgeschäfte ohne Zustimmung des AR oder sämtlicher anderer Geschäftsführer( 25 Abs 4 GmbHG) oder keine Gefährdung der GmbH 4

- wenn bei der Gründung der Gesellschaft oder bei einer Kapitalerhöhung durch falsche Angaben ein Schaden verursacht wurde ( 10 Abs 4 GmbHG, 6a Abs 4 ivm 41 AktG, 52 GmbHG) - Wettbewerbsverbot ( 24 GmbHG, 79 AktG) Gf dürfen ohne Einwilligung der Gesellschaft weder Geschäfte in deren Geschäftszweig für eigene oder fremde Rechnung machen, noch bei einer Gesellschaft des gleichen Geschäftszweigs als persönlich haftende Gesellschafter sich beteiligen oder eine Stelle im Vorstand oder AR oder als GF bekleiden. 5

- bei Verletzung der Pflicht, alle außerordentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen oder im Gesellschaftsvertrag der Beschlussfassung durch GV oder HV vorbehaltenen Geschäftsführungsmaßnahmen den Gesellschaftern zur Beschlussfassung zu unterbreiten - Haftung aus Delikt bei Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter der Gesellschaft 6

Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch die Gesellschaft setzt zwingend einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss voraus; MV in der Insolvenz muss Gesellschafterbeschluss nicht herbeiführen Vertretung der Ges. im Schadenersatzprozess durch AR, anderen GF oder von den Gesellschaftern bestellten Prozessvertreter ( 35 Aus 1 Z 6 GmbHG) bei der AG ist für die Schadensgeltendmachung wahlweise der Vorstand oder AR (aufgrund eines in 97 AktG vorgesehenen HV- Beschlusses) zuständig Schadenersatzansprüche der Gesellschaft geg. Gesellschafter verjähren in 5 Jahren ab rechtwidrigem Verhalten; deliktische Ansprüche in 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger DHG ist nach hrsp für GF nicht anwendbar (OGH JBl 2000, 530) 7

Haftungsbefreiung durch Weisungsbeschluss: bei der GmbH steht der GV Weisungsbefugnis zu rechtmäßige Weisungen führen zur Haftungsbefreiung soweit Befriedigung bei der GmbH möglich ist ( 25 Abs 5 GmbHG) Rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse sind anzufechten ( 41 Abs 3 GmbHG) Haftungsbefreiung durch Entlastung: Verzicht auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen abhängig von Erkennbarkeit von Verstößen GF haben keinen Anspruch auf Entlastung; allenfalls neg. Feststellungsklage Vgl. dazu zuletzt OGH 16.2.2011, 7 Ob 143/10w 8

Haftungsbeschränkung durch Ressortverteilung? Die aufgrund gesetzl. Bestimmungen gegebene Gesamtverantwortung kann nicht eingeschränkt werden. Diese besteht etwa bei grundsätzlichen Fragen der Geschäftspolitik, Vornahme von Anmeldungen zu Firmenbucheintragungen, Einberufung von GV bei Verlust des halben Stammkapitals, rechtzeitiger Anmeldung eines Insolvenzverfahrens, Aufstellung des Jahresabschlusses) In Teilbereichen kann die Haftung durch genaue Aufteilung der Aufgaben eingeschränkt werden, sofern die Gf ihrer Überwachungspflicht nachkommen; dann besteht eine primäre Haftung des Ressortverantwortlichen (vgl. dazu etwa OGH 8.8.2002, 8 ObA 78/02g). 9

1.2. Haftung gegenüber Gesellschaftern Grundsätzlich besteht eine Haftung nur gegenüber der Gesellschaft Haftung gegenüber Gesellschaftern kann aber etwa in folgenden Fällen bestehen: - bei Verletzung der Pflicht zur Rechnungslegung ( 22 GmbHG) - bei Verletzung der Auskunftspflicht und Verwehrung des Bucheinsichtsrechts ( 22 GmbHG) - bei Verletzung der Pflicht, keine Zahlungen entgegen 82 GmbHG vorzunehmen - bei Verletzung der Gleichbehandlungspflicht (etwa bei der Gewinnausschüttung) - bei Verletzung der Verpflichtung, bei Verlust des halben Stammkapitals eine Generalversammlung einzuberufen ( 36 GmbHG, 83 AktG) 10

1.3. Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern Haftungstatbestände: im GmbHG nur in 3 Bestimmungen angeordnet: - 56 Abs 3: Haftung für Schädigung aus falschen Nachweisen oder Erklärungen anlässlich der Herabsetzung des Stammkapitals Bei Herabsetzung des Stammkapitals können Gläubiger auf ihr Verlangen hin Befriedigung od. Sicherstellung ihrer Forderung begehren, wenn der GF einen falschen Nachweis über die Befriedigung od. Sicherstellung von Gläubigern oder eine falsche Erklärung über das Ergebnis des Aufgebotsverfahrens abgibt. - 64: Haftung für unrichtige Anmeldungen izm Einforderungen auf das ausständige Stammkapital. Zu ersetzen ist der Schaden, der Gläubiger in Vertrauen auf Firmenbucheintragung erleidet. 11

- 26 Abs 2: bei falschen Angaben izm dem Übergang eines Geschäftsanteils, bei Änderung des Namens, der für die Zustellung maßgeblichen Anschrift sowie bei Änderung einer Stammeinlage oder der geleisteten Zahlungen eines Gesellschafters. bei Schutzgesetzverletzungen (zb 1311, 1489 ABGB, 255 AktG 69 IO, 153c, 159 StGB, 255 AktG, 122 GmbHG) Verletzen GF zwingende gesetzliche Vorschriften, die dem Gläubigerschutz dienen, so haften diese direkt den Gesellschaftsgläubigern, die von der GmbH die Forderungen nicht erhalten konnten (Ausfallshaftung). Schutzgesetzrechtliche Bestimmungen, bei deren schuldhafter Verletzung Haftungsfolgen gegeben sind, finden sich in 69 IO, 153c StGB und 159 StGB) 12

vorsätzliche sittenwidrige Schädigung Dritter etwa vorsätzliches Tätigen verlustreicher Geschäfte oder Gründung einer GmbH in Absicht der Gläubigerschädigung. Eine bloß fahrlässige Vermögensschädigung außerhalb einer vertraglichen Sonderrechtsbeziehung begründet für sich noch keine Haftung gegenüber Gläubigern, sofern kein Schutzgesetz zu Gunsten von Gläubigern verletzt wird (OGH ecolex 1992, 707; ecolex 1995, 90; HS 16.262/7). Rechtsscheinhaftung Gem. 18 Abs 2 GmbHG hat die Zeichnung so zu erfolgen, dass der GF der Firma der Gesellschaft seinen Namen zur Unterschrift beifügt. Eine persönliche Haftung des GF kommt in Betracht, wenn er für die GmbH einen Geschäftsabschluss tätigt, ohne die beschränkte Haftung offen zu legen. bei Vertretung ohne Vertretungsmacht 13

Haftung wegen Verletzung vertraglicher und vorvertraglicher Pflichten GF trifft bei Inanspruchnahme von Kredit iws grundsätzlich die Pflicht zur Aufklärung über die schlechte wirtschaftl. Lage der Gesellschaft, wenn damit zu rechnen ist, dass diese bei Fälligkeit zahlungsunfähig sein wird oder bereits Insolvenzantrag gestellt werden müsste (OGH RdW 1994, 278) Weiters kommt eine Haftung des GF gegenüber Dritten in Betracht, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich selbst in Anspruch genommen und die Vertragsverhandlungen dadurch beeinflusst hat (OGH ecolex 1990, 289) 84 Abs 5 AktG Dritte können Ansprüche der Gesellschaft gegen den Vorstand auch im eigenen Namen geltend machen, wenn sie von der Gesellschaft keinen Ersatz erlangen können und die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt gröblich verletzt haben (in den in 84 Abs 3 aufgezählten Fällen reicht leichte Fahrlässigkeit); nur für AG relevant 14

Haftung bei Wettbewerbsverstößen ( 17ff UWG) GF können sich Dritten gegenüber ebenso durch Wettbewerbsverstöße wie durch Verletzung von Immaterialgüterrechten verantwortlich machen. Die GF haften für Wettbewerbsverletzungen der Gesellschaft grundsätzlich nur, wenn sie diese selbst begangen haben oder daran beteiligt waren. Aus der Stellung des GF allein folgt also noch nicht die Haftung für Verstöße der Gesellschaft. bei Verletzung der Deckungsvorsorgepflicht ( 16 PHG) Hersteller und Importeure von Produkten sind verpflichtet, durch das Eingehen einer Versicherung dafür Vorsorge zu treffen, dass Schadenersatzverpflichtungen nach PHG befriedigt werden können. Wurde der Deckungsvorsorgepflicht nicht entsprochen, haftet der GF, da er seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist, zunächst direkt der Gesellschaft. Führt die fehlende Deckungsvorsorge zur ZU, kann es zu einer Haftung gegenüber den Gläubigern kommen, da die ZU fahrlässig herbeigeführt wurde. Prospekthaftung 15

1.4. Abgabenrechtliche Haftung Grundsätzlich haftet die Gesellschaft für Abgabeschulden. Eine Haftung der Vertretungsorgane in abgabenrechtlicher Hinsicht besteht: für die Abgabenverpflichtung, wenn die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können ( 9 Abs 1 ivm 80 BAO) Voraussetzungen für die Haftung: Uneinbringlichkeit der Abgabe bei der Gesellschaft 9 BAO sieht eines Ausfallshaftung vor; schlechte wirtschaftliche Lage oder Zahlungsstockung reichen für eine Haftungsbegründung idr nicht aus. Stellung als Vertreter isd 9 und 80 BAO zur Vertretung der Gesellschaft als Abgabenpflichtige befugte Personen 16

schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten isd 9 und 80 BAO Die Vertreter haben alle Pflichten zu erfüllen, die den Vertretenen obliegen, dazu zählen: - abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten ( 119f BAO) - Buchführungspflichten ( 124ff BAO) - Aufbewahrungspflicht ( 132 BAO) - Verpflichtung zur Entrichtung der Abgaben aus den verwalteten Mitteln der Gesellschaft, insb Verpflichtung, Abgabenschulden nicht schlechter zu behandeln als sonstige Verbindlichkeiten (Gleichbehandlungsgebot); betrifft alle Abgaben außer LSt. und KESt. Achtung: Auch Bezahlung von Gütern in Form von Zug-um-Zug Geschäften kann eine derartige Ungleichbehandlung darstellen (VwGH 26.1.2011, 2007/13/0063). - bei den im Abzugsweg einzubehaltenden und abzuführenden Abgaben (LSt, KESt) deren Abzug und Abführung an das FA ( 78, 82, 95f EStG) 17

in Bezug auf die schuldhafte Pflichtverletzung genügt leichte Fahrlässigkeit; das Verschulden kann sich auch aus einer Rechtsunkenntnis ergeben Uneinbringlichkeit der Abgabe lässt sich auf die schuldhafte Pflichtverletzung zurückführen (Kausalität, Rechtswidrigkeitszusammenhang) Zeitlicher Umfang der Haftung: Haftung kommt nur für solche Abgaben in Frage, die in jenem Zeitraum zu entrichten sind, in dem der in Anspruch Genommene tatsächlich Gf od. Vorstand war. Bei Zustandekommen einer Rückzahlungsvereinbarung mit der Finanzverwaltung: Keine Haftung der Geschäftsführung für Abgaben, die von der Rückzahlungsvereinbarung umfasst sind, sofern ex ante von einer Erfüllbarkeit der Rückzahlungsvereinbarung ausgegangen werden konnte und die Finanzverwaltung nicht über die Voraussetzungen für eine Ratenvereinbarung getäuscht wurde (VwGH 24.10.1990, 90/13/0087). Dies wird bei Vorliegen einer positiven Fortbestehensprognose anzunehmen sein. 18

Abgesehen von 9 ivm 80 BAO bestehen folgende weitere Haftungstatbestände: Haftung für die Verletzung einer Steuererklärungspflicht des GF- Vorgängers ( 15 BAO) Abgabenerklärungen der Vergangenheit waren falsch oder wurden unterlassen; keine Haftung, wenn Anzeige binnen 3 Monaten ab Kenntnis erfolgt; keine Prüfungspflicht der Erklärungen; Haftung für vorenthaltene Abgaben (keine Ausfallshaftung) bei vorsätzlichen Finanzvergehen ( 11 BAO) Voraussetzung ist die rechtskräftige Verurteilung; Haftung für Abgabenverkürzung (keine Ausfallshaftung) Haftung für Kommunalsteuern und Dienstgeberabgabe nach den Landesabgabeordnungen es gilt das zur Haftung nach 9 ivm 80 BAO ausgeführte; insb entfällt auch hier die Haftung bei erwiesener Gläubigergleichbehandlung. 19

1.5. Sozialversicherungsrechtliche Haftung Gem 67 Abs 10 ASVG haften die zur Vertretung jur. Personen oder Personenhandelsgesellschaften berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vor Inkrafttreten des BGBl. I 62/2011 bestand nach der Judikatur des VwGH (VwGH 12.12.2000, Zl. 98/08/0191) eine Verpflichtungsverletzung nur im Fall der Verletzung von Meldeund Auskunftspflichten sowie bei Verletzung der Verpflichtung zur Abfuhr von Dienstnehmerbeiträgen. 20

Durch das BGBl. I 62/2011 wurde die Geschäftsführerhaftung nach dem ASVG der Haftung von Geschäftsführern nach der BAO (s.dazu oben) inhaltlich angeglichen ( 58 Abs 5 ASVG). Nach dieser Neuregelung ist daher auch von einer sozialversicherungsrechtlichen Gleichbehandlungspflicht auf Seiten der Geschäftsführung auszugehen, deren Verletzung bei Uneinbringlichkeit von Beiträgen zu einer persönlichen Haftung führt. Das vorsätzliche Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung ist auch nach 153c StGB strafbar. Haftungsverpflichtung wird bescheidmäßig ausgesprochen. Recht zur Feststellung der Haftungsverpflichtung verjährt auch gegenüber GF (Vorstandsmitglied) erst binnen 3 Jahren, bei unzureichenden Angaben einer meldepflichtigen Person binnen 5 Jahren. 21

1.6. Haftung für andere öffentlichrechtliche Verpflichtungen Die GF/Vorstandsmitglieder haben auch für die Erfüllung sämtlicher öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen der GmbH Sorge zu tragen. Dazu gehört insb. die Einhaltung von bau-, gewerbe-arbeitnehmerschutzund umweltrechtlichen Bestimmungen. Derartigen Bestimmungen kommt oft (insb. im Bereich des Umweltrechts) Schutzgesetzcharakter gem. 1311 ABGB zu. Eine Haftung für Einhaltung gewerberechtlicher Bestimmungen besteht neben dem gewerberechtlichen GF bei wissentlicher Duldung einer Verwaltungsübertretung (denkbar bei rechtswidrigen Dauerzuständen wie Aufnahme gewerblicher Tätigkeit ohne Gewerbeberechtigung oder Änderung einer Betriebsanlage ohne entsprechender Bewilligung) 22

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der GF/Vorstandsmitglieder für Verwaltungsbestimmungen ergibt sich aus 9 VStG: Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch jur. Personen ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist ( 9 Abs 2 VStG). Bestellung verantwortlicher Beauftragter: aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen Beispiele für einzuhaltende öffentlichrechtl. Vorschriften: arbeitnehmerschutzrechtliche Bestimmungen des AZG, ARG FrNArbG und ASchG; ArbeitsinspektionsG oder das AuslBG 23

2. Strafrechtliche Verantwortlichkeit von GF/Vorstandsmitgliedern Strafbestimmung des 122 GmbHG Geld- oder Freiheitsstrafe (360 TS bzw 1 J), wenn GF die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen oder erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt, verschleiert oder verschweigt. in den zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft oder der Eintragung der Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals nach den 10 Abs. 3 oder 56 Abs. 2 abzugebenden Erklärungen falsche Angaben macht oder erhebliche Umstände verschweigt, bei Angaben nach 26 die Vermögenslage unrichtig wiedergibt oder erhebliche Umstände verschweigt oder einen gem 28a Abs 1 angesichts einer drohenden Gefährdung der Liquidität der Gesellschaft gebotenen Sonderbericht nicht erstattet. 24

2. Strafrechtliche Verantwortlichkeit von GF/Vorstandsmitgliedern Strafbestimmung des 255 AktG: Geld- oder Freiheitsstrafe (360 TS bzw 1 J), wenn Vorstand, Aufsichtsrat, Beauftragter oder Abwickler in Berichten, Darstellungen und Übersichten betreffend die Gesellschaft oder mit ihr verbundene Unternehmen, die an die Öffentlichkeit oder an die Gesellschafter gerichtet sind, wie insbesondere Jahresabschluss (Konzernabschluss) und Lagebericht (Konzernlagebericht), in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an der Gesellschaft, in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung, in Auskünften, die nach 272 UGB einem Abschlussprüfer oder die sonstigen Prüfern der Gesellschaft zu geben sind, oder in Berichten, Darstellungen und Übersichten an den Aufsichtsrat oder seinen Vorsitzenden die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen oder erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt, verschleiert oder verschweigt. Ebenso ist zu bestrafen, wer als Mitglied des Vorstandes oder als Abwickler einen gemäß 81 Abs 1 AktG angesichts einer drohenden Gefährdung der Liquidität der Gesellschaft gebotenen Sonderbericht nicht erstattet. 25

Kridadelikte des StGB; hierzu zählen: betrügerische Krida ( 156) 156. (1) Wer einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht, beiseite schafft, veräußert oder beschädigt, eine nicht bestehende Verbindlichkeit vorschützt oder anerkennt oder sonst sein Vermögen wirklich oder zum Schein verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Schädigung fremder Gläubiger ( 157) 157. Ebenso ist zu bestrafen, wer ohne Einverständnis mit dem Schuldner einen Bestandteil des Vermögens des Schuldners verheimlicht, beiseite schafft, veräußert oder beschädigt oder ein nicht bestehendes Recht gegen das Vermögen des Schuldners geltend macht und dadurch die Befriedigung der Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert. 26

Begünstigung eines Gläubigers ( 158) 158. (1) Wer nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einen Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. (2) Der Gläubiger, der den Schuldner zur Sicherstellung oder Zahlung einer ihm zustehenden Forderung verleitet oder die Sicherstellung oder Zahlung annimmt, ist nach Abs. 1 nicht zu bestrafen. grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen ( 159) 159. (1) Wer grob fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit dadurch herbeiführt, dass er kridaträchtig handelt (Abs. 5), ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen. (2) Ebenso ist zu bestrafen, wer in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines seiner Gläubiger dadurch vereitelt oder schmälert, dass er nach Abs. 5 kridaträchtig handelt. (3) Ebenso ist zu bestrafen, wer grob fahrlässig seine wirtschaftliche Lage durch kridaträchtiges Handeln (Abs. 5) derart beeinträchtigt, dass Zahlungsunfähigkeit eingetreten wäre, wenn nicht von einer oder mehreren Gebietskörperschaften ohne Verpflichtung hiezu unmittelbar oder mittelbar Zuwendungen erbracht,vergleichbare Maßnahmen getroffen oder Zuwendungen oder vergleichbare Maßnahmen anderer veranlasst worden wären. 27

(5) Kridaträchtig handelt, wer entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens 1. einen bedeutenden Bestandteil seines Vermögens zerstört, beschädigt, unbrauchbar macht, verschleudert oder verschenkt, 2. durch ein außergewöhnlich gewagtes Geschäft, das nicht zu seinem gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb gehört, durch Spiel oder Wette übermäßig hohe Beträge ausgibt, 3. übermäßigen, mit seinen Vermögensverhältnissen oder seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand treibt, 4. Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen zu führen unterlässt oder so führt, dass ein zeitnaher Überblick über seine wahre Vermögens-, Finanzund Ertragslage erheblich erschwert wird, oder sonstige geeignete und erforderliche Kontrollmaßnahmen, die ihm einen solchen Überblick verschaffen, unterlässt oder 5. Jahresabschlüsse, zu deren Erstellung er verpflichtet ist, zu erstellen unterlässt oder auf eine solche Weise oder so spät erstellt, dass ein zeitnaher Überblick über seine wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert wird. 28

Umtriebe während einer Geschäftsaufsicht (sei es im Sanierungs- oder Insolvenzverfahren), 160 160. (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr ist zu bestrafen: 1. wer eine nicht zu Recht bestehende Forderung oder eine Forderung in einem nicht zu Recht bestehenden Umfang oder Rang geltend macht, um dadurch einen ihm nicht zustehenden Einfluß im Konkurs- oder Ausgleichsverfahren zu erlangen; 2. ein Gläubiger, der für die Ausübung seines Stimmrechts in einem bestimmten Sinn oder für das Unterlassen der Ausübung seines Stimmrechts für sich oder einen Dritten einen Vermögensvorteil annimmt oder sich versprechen läßt, und auch wer einem Gläubiger zu diesem Zweck einen Vermögensvorteil gewährt oder verspricht; 3. ein Gläubiger, der für die Zustimmung zu einem Ausgleich im Ausgleichsverfahren oder zu einem Zwangsausgleich ohne Zustimmung der übrigen Gläubiger für sich oder einen Dritten einen Sondervorteil annimmt oder sich versprechen läßt, und auch wer einem Gläubiger zu diesem Zweck einen Sondervorteil gewährt oder verspricht. 29

161. (1) Nach den 156, 158, 159 und 162 ist gleich einem Schuldner, nach 160 gleich einem Gläubiger zu bestrafen, wer eine der dort genannten Handlungen als leitender Angestellter ( 309) einer juristischen Person oder einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit begeht. Ebenso ist nach den genannten Bestimmungen zu bestrafen, wer zwar ohne Einverständnis mit dem Schuldner oder Gläubiger, aber als dessen leitender Angestellter ( 309) handelt. Unter die leitenden Angestellten isd 161 StGB fallen insb auch GF und Vorstandsmitglieder 30

Diese Straftatbestände enthalten primär Gläubigerschutzbestimmungen, die den Schuldner strafrechtlich dafür verantwortlich machen, dass er vorsätzlich/fahrlässig zum Nachteil seiner Gläubiger handelt oder schuldhaft seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt oder die Folgen seiner Zahlungsunfähigkeit verschärft. Beim strafwürdigen Verhalten eines Schuldners wird nicht nur auf den Eintritt einer wirtschaftlichen Krise bzw. Insolvenz abgestellt, sondern es wird schon die Schädigung von Gläubigerinteressen unabhängig von einer solchen Krisensituation erfasst ( 156, 157). 31

Untreue: 153 StGB: Wer die ihm durch Gesetzt, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen (bei höherem Schaden besteht höherer Strafrahmen; z.b. bei Schaden über 50.000,-- besteht Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren). Strafbarkeit wegen Untreue ist z.b. bei wissentlich nachteiligen Geschäften für die Gesellschaft (z.b. bei Zahlungen ohne entsprechende Gegenleistungen) oder bei wissentlich zu riskanten Geschäften gegeben. 32

Zu den weiteren relevanten Straftatbeständen zählen etwa 153 Untreue 153c Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur SV 153d Betrügerisches Vorenthalten von SV-beiträgen und Zuschlägen nach dem BUAG 146 Betrug 33

3. Exkurs: Haftung des gewerberechtlichen GF Gewerberechtlicher GF Verantwortlicher für die fachlich einwandfreie Gewerbeausübung ggü Gesellschaft und Behörde Allgemeine Voraussetzungen (volljährig, keine Vorstrafen, Insolvenzfreiheit, Wohnsitz im Inland außer Vollstreckungsübereinkommen von Verwaltungsstrafen oder EWR-Staat) Besondere Voraussetzungen: Befähigungsnachweis 34

Entweder handelsrechtlicher GF oder: Mind. zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit beschäftigt (voll versicherungspflichtig) Anzeige von Bestellung/ Ausscheidung bei der Bezirksverwaltungsbehörde Haftung und Strafbarkeit beginnt mit der Anzeige der Bestellung und endet mit tatsächlicher Beendigung (nicht Abmeldung!) Tipp: bei Ausscheidung eigene Meldung an Behörde Ordnungsgemäße Bestellung befreit GmbH von der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung nach dem Gewerberecht 35

Vermeidung der Haftung des gewerberechtl. GF Kenntnis aller gewerberechtlicher Vorschriften für das ausgeübte Gewerbe (laufende Information) Einhaltung aller Auflagen e. Betriebsanlagengenehmigungsbescheides sowie sonstiger Vorschriften Nachweisliche Meldung an Gewerbeinhaber (GmbH) bei Nichtverbesserung von Mängeln Bestellung von Filial-GF ( 47 GewO) Vorsicht: Haftungsausschluss ggü der Behörde nicht rechtswirksam! 36

Die Insolvenzöffnung bewirkt nicht den Verlust der Gewerbeberechtigung; der Masseverwalter hat ein Fortbetriebsrecht und hat den Fortbetrieb der Gewerbebehörde gegenüber anzuzeigen ( 41 und 44 GewO). Die Insolvenzabweisung mangels Masse bildet einen Gewerbeausschluss- bzw. entziehungsgrund ( 13 GewO) 37

4. Exkurs: Haftung des faktischen Geschäftsführers Faktischer GF: Person, die das Unternehmen tatsächlich leitet, ohne wirksam zum GF bestellt worden zu sein; muss nicht nur im Innenverhältnis, sondern nach dem Gesamterscheinungsbild auch im Außenverhältnis die Gesellschaft leiten Gesellschafterstellung ist irrelevant (vgl OGH 8 Ob 124/07d, 8 Ob 108/08b) Haftung gegenüber der Gesellschaft: wird in der Lit bejaht, zumindest soweit jemand bei Nichtvorhandensein von GF oder diese verdrängend ersatzweise und umfassend Geschäftsführeraufgaben wahrnimmt 38

besteht nach hl und Rsp im deliktischen Bereich bei Verletzung eines Schutzgesetzes Vgl OGH 7 Ob 2339/96p, 8 Ob 124/07d und jüngst 8 Ob 108/08b jeweils zur Insolvenzverschleppungshaftung ( 69 Abs 2 IO - Pflicht zur Insolvenzantragstellung): OGH bejaht Pflicht des faktischen GF zur Insolvenzantragstellung und bei deren Verletzung eine direkte Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern Weitere denkbare Haftungstatbestände: Strafbestimmung des 122 GmbHG (vgl Folie 24) 58 Abs 5 und 67 Abs 10 ASVG (vgl Folie 20) 9 ivm 80 BAO (vgl Folie 16 ff.) 39

5. Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern vor/in der Krise 5.1 Pflichten/Haftung in der Krise vor Eintritt der materiellen Insolvenz Eine Pflicht zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen ergibt sich aus allgemeinen Sorgfaltsanforderungen ( 25 GmbHG, 70, 84 AktG): Die ordnungsgemäße Unternehmensleitung umfasst auch strategische Maßnahmen und Planungen Pflicht der Gf und Vorstandsmitglieder, einen Sanierungsbedarf rechtzeitig zu erkennen (durch entspr Organisation des Rechnungswesens: Monatsabschlüsse, Cash Flow Rechnung, Geschäfts- bzw Finanzplan) und geeignete Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen. laufende Verschaffung eines Überblicks über die Vermögens-, Liquiditäts- und Ertragslage (OGH GesRZ 1986,97) 40

Maßnahmen für einen Weg aus der Krise: - betriebswirtschaftliche Maßnahmen - Gesellschafterdarlehen (Achtung Eigenkapitalersatz) - Kapitalzufluss durch finanzstarken Partner - außergerichtlicher Ausgleich (Schuldennachlass) - Einberufung der Generalversammlung (GmbH) bzw. der Hauptversammlung (AG) bei Verlust des halben Nennkapitals gemäß 225 Abs 1UGB Erläuterungspflicht im Anhang bei negativem Eigenkapital; im Lagebericht ist auf die kritische Situation hinzuweisen ( 243 UGB) Werden im Lagebericht, im Anhang od geg dem Abschlussprüfer unrichtige Angaben gemacht od erhebliche Umstände verschwiegen, ist das ein Straftatbestand ( 122 GmbHG, 255 AktG, 272 UGB) Einleitung eines Reorganisationsverfahrens 41

Haftung nach 22 URG verschuldensunabhängige solidarische Haftung der Organe aller jur. Personen für die durch die Insolvenzmasse nicht gedeckten Verbindlichkeiten Haftungsbeschränkung von 100.000,-- je Person d. Organs Haftungsanspruch kann ausschließlich vom MV für die Insolvenzmasse geltend gemacht werden. Ein Verzicht der Gesellschaft auf diesen Anspruch ist ausgeschlossen. Haftungsvoraussetzungen: jur. Person muss ein Unternehmen betreiben jur. Person muss prüfpflichtig sein 42

die Organe haben innerhalb der letzten 2 Jahre vor Insolvenz - antrag - einen Bericht des Abschlussprüfers erhalten, wonach die Eigenmittelquote < 8% und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre beträgt und haben nicht unverzüglich ein Reorganisationsverfahren beantragt oder nicht gehörig fortgesetzt oder - einen Jahresabschluss nicht od. nicht rechtzeitig aufgestellt od. nicht unverzüglich den Abschlussprüfer mit dessen Prüfung beauftragt. Das haftungsbegründende Verhalten muss kausal für die Insolvenzeröffnung geworden sein. 43

5.2 Pflichten/Haftung nach Eintritt der materiellen Insolvenz 5.2.1. Insolvenzantragspflicht ( 69 IO) Bei Vorliegen der Voraussetzungen (Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung) ohne schuldhaftes Zögern spätestens 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung (Maximalfrist!) Insolvenzantrag gilt als nicht schuldhaft verzögert, wenn die Eröffnung eines Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung oder Sanierungsbemühungen sorgfältig betrieben werden. Sollte aufgrund der Sanierungsbemühungen eine positive Fortbestehensprognose möglich sein, so entfällt der Insolvenzgrund der Überschuldung. 44

Verpflichtung trifft bei juristischen Personen organschaftlichen Vertreter (Geschäftsführer, Vorstand, Liquidator, Notgeschäftsführer). Insolvenzantragspflicht trifft jeden Vertreter einzeln, auch bei kollektiver Zeichnungsberechtigung Antragspflicht ist unabhängig vom Vorhandensein kostendeckenden Vermögens (dieses ist jedoch Voraussetzung für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens) 45