Elektrosmog, Handys, Solarien etc.



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IMW - Institutsmitteilung Nr. 37 (2012) 79

Transkript:

Elektrosmog, Handys, Solarien etc. Gesundheitsrisiken durch nichtionisierende Strahlen R. Matthes Bundesamt für Strahlenschutz www.bfs.de

Inhalt Nichtionisierende Strahlung Mobilfunktechnik Gesundheitliche Wirkungen Zusammenfassende Risikobewertung Schutzkonzepte und Vorsorge (Gesundheitliche Bewertung und Verbraucherschutz bei Solarien)

Nichtionisierende Strahlung Niederfrequente Felder: bis 100 khz ELF: bis 300 Hz Hochfrequente Felder: 100 khz bis 300 GHz Radiowellen: bis 300 MHz Mikrowellen: bis 300 GHz (bzw.? > 1mm) Optische Strahlung: 1mm - 100 nm Infrarote Strahlung: 780 nm - 1 mm Sichtbares Licht: 380-780 nm Ultraviolette Strahlung: 380 nm - 100 nm

Mobilfunk-Netze Makrozellen Mikrozellen Pikozellen Eine Basisstation pro Zelle; max. Leistung: einige 10 W BCCH Kanal 100 m 20 km Leistung max. 0,25 W (D-Netz) bzw. 0,125 W (E-Netz)

Mobilfunk-Nutzer

Gesundheitliche Beeinträchtigungen? World Health Organization: Health = State of complete physical, mental, and social well-being International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection: An adverse health effect causes detectable impairment of the health of the exposed individual or of his or her offspring.

Physikalische Einwirkung Elektromagnetische Welle ØLeistung pro Fläche [W/m²] (elektromagnetische Energie) Schädigung möglich Temperaturerhöhung Absorption im Körper ØLeistung pro Masse [W/kg] (Wärmeenergie)

Bestätigte Wirkungen Thermoregulation ab +1 C Verhaltensänderungen, Stressreaktionen Einfluss auf temperaturempfindliche Organe (Hoden, Augenlin Missbildungsrate erhöht Erwärmung über +1 C kann gesundheitliche Schäden verursachen ab 41 C Kreislaufkollaps, Hirnschäden, schwere Krämpfe 44-45 C Tod durch Hitzschlag

Spezifische Endpunkte Zelluläre und subzelluläre Strukturen - Keine Ionisierung von Atomen und Molekülen - Hypothetische nichtthermische Mechanismen oder nichtlineare Interaktionen in thermodynamischen Prozessen sowie Resonanzphänomene bisher nicht nachgewiesen - Ältere Befunde zum Kalziumgleichgewicht mit neuen Methoden nicht bestätigt Nichtthermische Wirkungen nicht belegt, widersprüchliche Befunde zum Kalziumgleichgewicht rechtfertigen weitere Forschung

Spezifische Endpunkte Laborstudien an Tier und Mensch - EEG: Ergebnisse widersprüchlich, einzelne Hinweise auf mögliche Beeinflussung neurophysiologischer Prozesse - Schlaf: Bestenfalls unbestätigte Hinweise - Kognitive Funktionen: Ergebnisse widersprüchlich, bzw. durch minimalen Temperaturanstieg erklärbar - Blut-Hirn Schranke: einzelne Hinweise, Ergebnisse jedoch nicht konsistent - Melatonin: Hypothese durch Befunde nicht gestützt - Blutparameter/Immunsystem: Einzelne Hinweise - Reproduktion/Entwicklung: im nichtthermischen Bereich keine belastbaren Hinweise Bestehende Hinweise erfordern weitere Forschung

Spezifische Endpunkte Krebs - Direkte mutagene Wirkungen auf Grund der geringen Energie nicht möglich - Ergebnisse genotoxischer Studien trotz einzelner Hinweise mehrheitlich negativ - Einzelne in vitro Hinweise auf Änderung der Genexpression (heat shock Proteine), biologische Bedeutung unklar - Studien zur Tumorinitiation negativ, zur Tumorpromotion widersprüchlich Einzelne Hinweise erfordern weitere Forschung

Spezifische Endpunkte Krebs (epidemiologische Studien) - Bisher nur wenige Studien mit geringer Fallzahl - Bisherige Studien weisen dosimetrische Mängel auf - Confounder z.t. unzureichend erfasst Aussagekraft der Studien eingeschränkt Belastbare Ergebnisse werden von einer derzeit laufenden multinationalen Studie der WHO erwartet 1.Teilbericht zu Hörnervtumoren negativ Bisherige Ergebnisse liefern keinen Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Mobiltelefon und Hirnkrebs

Sind Kinder empfindlicher? Hypothese: Kinder sind elektromagnetischen Feldern gegenüber empfindlicher als Erwachsene - Nerven- und teilweise Immunsystem noch in Entwicklung - Höhere Absorption im Kopf? - Vom Erwachsenen unterschiedliche Organproportionen - Höhere Lebenserwartung (evtl. Akkumulation der Wirkung) Bisher keine wissenschaftlichen Belege

Sind Kinder empfindlicher? Kopfwachstum -Primär in der ersten Lebensdekade -Umfang 84% (1Jahr), 93% (7 Jahre) 9 8 Schädelknochen -Dicke bis etwa 18 Jahren -Kalzifikation -Leitfähigkeit -Schrankenfunktion Skull thickness (mm) 7 6 5 4 3 2 1 0 Skull thickness 0 5 10 15 20 25 Age (years)

Sind Kinder empfindlicher? lastische postnatale Entwicklung des ZNS Myelinisierung Bei Geburt nicht abgeschlossen Fortgeschrittene subkortikale Myelinisierung mit 2 Jahren Synapsenbildung Ausformung der synaptischen Verbindungen bis in die Pubertät T1 (ms) 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 T1 relaxation values grey matter white matter 0 5 10 15 age (years)

Sind Kinder empfindlicher? SAR-Berechnungen - bisher nur Downscaling von adulten Modellen - Unterschiede in den dielektrischen Parametern unberücksichtigt - Unterschiede < Variabilität der Berechnung

Zusammenfassende Bewertung Insgesamt Dominanz thermischer Effekte Kein wissenschaftlicher Nachweis gesundheitlich relevanter athermischer Wirkungen Hinweise auf Wirkungen bei schwacher Exposition - oft widersprüchlich - nicht reproduziert - gesundheitliche Relevanz unklar

Schutzkonzept und Vorsorge Grenzwerte zum Schutz vor nachgewiesenen Gefahren - Vermeidung von Temperaturerhöhung im Körper - 26. BImSchV, ICNIRP, Rat der Europäischen Union Vorsorgemaßnahmen berücksichtigen wissenschaftliche Unsicherheiten und Hinweise - Minimierung potentieller Risiken (Expositionen) - Verringerung wissenschaftlicher Unsicherheiten (Forschung) - Information der Bevölkerung über mögliche Risiken - Maßnahmen zum vorsorglichen Verbraucherschutz