Studie. Handlungsempfehlungen für einen wirtschaftlichen Messstellenbetrieb. Anforderungen an Energieversorger aus Regulierung und Markt



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Transkript:

Handlungsempfehlungen für einen wirtschaftlichen Messstellenbetrieb Anforderungen an Energieversorger aus Regulierung und Markt Studie LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009

Ansprechpartner: Andreas Gnilka Geschäftsführer andreas.gnilka@lbd.de Tel.: +49(0)30.617 85 315 Jonna Meyer-Spasche Unternehmensberaterin jonna.meyer-spasche@lbd.de Tel.: +49(0)30.617 85 348 Adresse: LBD-Beratungsgesellschaft mbh Stralauer Platz 34 EnergieForum (D) 10243 Berlin Tel.: +49(0)30.617 85 310 Fax: +49(0)30.617 85 330 www.lbd.de LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 2/48

Inhaltsverzeichnis Seite 1 Zusammenfassung...5 2 Ausgangslage... 9 2.1 Auftrag der Studie... 10 2.2 Vorgehen der Studie... 11 3 Direkte Konsequenzen aus EnWG und MessZV... 12 3.1 Änderungen mit Wirkung ab sofort...12 3.2 Änderungen mit Wirkung ab 01.01.2010: Einbau elektronischer Zähler...14 3.3 Änderungen mit Wirkung ab 01.04.2010: elektronischer Datenaustausch...14 3.4 Änderungen mit Wirkung bis spätestens 30.12.2010: Anreiztarife im Strom...14 4 Festlegungen durch die Bundesnetzagentur... 15 4.1 Konsultationsverfahren zu Rahmenverträgen und Geschäftsprozessen...15 4.2 Aufteilung und Anerkennung der Kosten... 16 5 Stand der Technologie... 17 6 Entwicklung des Marktes und der Marktrollen in Messstellen- und Messbetrieb... 19 6.1 Die aktuelle Marktentwicklung: getrieben von den gesetzlichen Anforderungen... 19 6.2 Die Marktakteure: Entwicklung neuer Rollen und Aufgaben... 21 7 Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung der Anforderungen aus Gesetz und Verordnung... 24 7.1 Kosten für Investition, Implementierung und Betrieb...24 7.2 Deckungsbeiträge aus Effizienzpotenzialen und neuen Produkten... 27 7.3 Zusammenfassung der Kostenabschätzung... 31 7.4 Vorschlag zur Kostenverteilung: elektronische Zähler als Kuppelprodukt...32 7.5 Mindestgröße zur effizienten Leistungserstellung... 33 8 Konsequenzen der Anforderungen und Entwicklungen für kleine und mittlere EVU... 37 9 Ausblick auf die weitere Entwicklung...41 10 Handlungsempfehlung für kleine und mittlere EVU...42 10.1 Zusammenfassung der Kernerkenntnisse der Studie...42 10.2 Vorgehen bei der Strategiefindung...44 10.3 Konkrete Handlungsempfehlungen für kleine und mittlere EVU... 45 11 Anhang: Quellenangaben... 48 LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 3/48

Tabellenverzeichnis Seite Tabelle 1: Zusammenfassung der Handlungsoptionen für Netzbetreiber... 8 Tabelle 2: Abschätzung von Kostenintervallen für Investition und Implementierung elektronischer Zählersysteme... 25 Tabelle 3: Abschätzung von Kostenintervallen für Messstellenbetrieb und Messung bei elektronischen Zählersystemen...26 Tabelle 4: Abschätzung des Einsparpotenzials in Mess- und Vertriebsprozessen durch die Einführung von elektronischen Zählern... 29 Tabelle 5: Zusammenfassung der Abschätzung der Kosten und Deckungsbeiträge für elektronische Zähler... 31 Tabelle 6: Gegenüberstellung der relativen Kosten für die Einrichtung einer eingeschränkten Anzahl elektronischer Zähler gegenüber einem Rollout Quelle: Dienstleister-Angaben, Stand: 01/2009...35 Tabelle 7: Zusammenfassung der Handlungsoptionen für einen gesetzeskonformen und wirtschaftlichen Messstellen- und Messbetrieb und der Handlungsempfehlungen für kleine und mittlere EVU... 47 Abbildungsverzeichnis Seite Abbildung 1: Zeitschiene der verpflichtenden Umsetzungen aus EnWG und MessZV Quelle: EnWG, MessZV, Einschätzung LBD, Stand: 01/2009... 13 Abbildung 2: Schematische Darstellung der Funktionsweise von elektronischen Zählersystemen Quelle: LBD, Stand: 01/2009...18 Abbildung 3: Zeitschiene der verpflichtenden Umsetzungen und der Konsequenzen für die Marktteilnehmer Quelle: EnWG, MessZV, Einschätzung LBD; Stand: 01/2009... 22 Abbildung 4: Schematische Darstellung der Generierung von Deckungsbeiträgen für elektronische Zähler Quelle: Markteinschätzung der LBD, Stand: 01/2009... 28 LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 4/48

1 Zusammenfassung Ausgangslage: Konsequenzen der EnWG-Novelle und der MessZV Mit der Novellierung des EnWG und der Einführung der Messzugangsverordnung (MessZV) werden neue Anforderungen an Energieversorgungsunternehmen (EVU) gestellt. Es entstehen wirtschaftliche Risiken für Netzbetreiber, die nicht über das Netzentgelt gedeckt werden. Daraus ergibt sich für alle EVU Handlungsbedarf: Sie müssen eigene Strategien zu elektronischen Zählern in einem Multi-Utility-Ansatz entwickeln. Netzbetreiber müssen die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, die Vertriebe in Bezug auf die Umsetzung lastabhängiger oder zeitvariabler Tarife einfordern werden. Keine eigene Strategie zu elektronischen Zählern zu entwickeln schützt nicht vor der Entstehung von Kosten. 5 der Anreizregulierungsverordnung ist dahingehend ergänzt worden, dass Änderungen in den Kosten des Messstellen- und Messbetriebs, die auf Maßnahmen gemäß der EnWG-Novellierung zurückzuführen sind, über das Regulierungskonto ausgeglichen werden können. Dies steht allerdings unter dem Vorbehalt einer Effizienzprüfung. Unserer Einschätzung nach wird über das Regulierungskonto kein signifikanter Anteil der Kosten anerkannt. Einschätzung zur Marktentwicklung Es entwickelt sich ein Markt für Messstellenbetrieb und Messung. Dieser ist derzeit von der Regulierung getrieben: Anforderung an die Netzbetreiber, die gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben zu erfüllen. Der Fokus liegt auf den Mindestanforderungen. Für die Umsetzung der Anforderungen müssen Lösungen ausgewählt werden, die technisch funktionieren und wirtschaftlich zu implementieren und zu betreiben sind. Mittelfristig wird der Markt von Vertrieb und Wettbewerb getrieben: Der Netzbetrieb erfüllt die ihm gemäß Gesetz und Verordnung auferlegten Aufgaben, beauftragt jedoch Dienstleister mit der Leistungserstellung für Messstellen- und Messbetrieb. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 5/48

Die Leistung des Messdienstleisters ist optimiertes Datenmanagement zur technischen und kommunikationsseitigen Umsetzung der von Vertrieben entwickelten, differenzierten Produkte. Technologische Entwicklung hin zu Home Automation, Mikro- KWK und Smart Grids sowie innovative Produktentwicklung treiben sich gegenseitig. Erfolgsfaktoren: Kosten, Deckungsbeiträge und Mindestgrößen Für kleine und mittlere Netzbetreiber bestehen signifikante wirtschaftliche Risiken: Durch die Liberalisierung in Messstellen- und Messbetrieb entstehen Kundenverluste, die die Deckungsbeiträge reduzieren. Die notwendigen Größen und Skalen zur Erreichung von Prozesseffizienz werden nicht erreicht. Risiken in der Verrechnung der Kosten und Erlöse zwischen Netzbetreiber, Messstellenbetreibern und Vertrieben. Mit Einführung elektronischer Zähler entstehen zusätzliche Investitionen und Betriebskosten: Diese Kosten können wahrscheinlich nicht oder nur zum Teil über die Netzentgelte gedeckt werden. Die spezifischen Kosten je Zähler sinken mit steigender Anzahl betreuter Zähler. Durch den Einsatz elektronischer Zähler kann insbesondere in Vertriebsprozessen die Effizienz so gesteigert werden, dass ausreichende Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden. Einige Deckungsbeiträge entstehen erst durch einen flächendeckenden Rollout (z.b. Beschaffungsoptimierung). Die Effizienzsteigerung für den Vertrieb ermöglicht die Verrechnung der Kosten als Kuppelprodukt. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 6/48

Ab einer kritischen Größe an auszutauschenden Zählern ist es wirtschaftlicher, einen flächendeckenden Rollout zu unternehmen. In der Organisation und Durchführung des Rollouts bestehen weitere Kompetenzanforderungen und Risiken. Handlungsempfehlungen für Netzbetreiber Die erforderlichen Skalen und Größen für den wirtschaftlichen Messstellen- und Messbetrieb auch unter Einführung elektronischer Zähler können über verschiedene Varianten erreicht werden: Eigene Leistungserstellung unter Ausgründung einer Tochtergesellschaft, sofern eine kritische Größe bereits besteht oder durch eine Wachstumsstrategie erreicht werden kann, Eingehen einer Kooperation, sofern eine kritische Größe in der Kooperation erreicht werden kann und die Kooperation im Zeitplan der gesetzlichen Vorgaben erfolgreich umgesetzt werden kann, Beauftragung eines Dienstleisters mit umfangreichem Leistungsspektrum, der durch seine Kunden die kritische Größe erreicht. Insbesondere für kleine und mittlere EVU hat die Outsourcing-Variante die größten Vorteile für den Netzbetreiber. Bei der Rollout-Variante wäre von allen EVU zu prüfen, ob diese für sie die wirtschaftlichste sein kann. Zusammengefasst sind die Optionen in Tabelle 1. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 7/48

Handlungsoption Was wird erreicht Risiken Eigene Leistungserstellung, gegebenenfalls unter Ausgründung einer Tochtergesellschaft Eingehen einer Kooperation mit anderen EVU Vorbereitung auf Umsetzung von Einzelanfragen für elektronische Zähler durch Beauftragung eines Dienstleisters Outsourcing sämtlicher Leistungen des Messstellenund Messbetriebes an einen kompetenten Full-Service- Dienstleister Flächendeckender Rollout elektronischer Zähler im Versorgungsgebiet, Durchführung sämtlicher Leistungen im Zusammenhang durch einen Full-Service- Dienstleister Erfüllung der gesetzlichen Pflichten Eigene Wertschöpfung Ggf. Angebot von Dienstleistungen für Dritte Erfüllung der gesetzlichen Pflichten Ggf. Erreichung der nötigen Skalen und Größen Erfüllung der gesetzlichen Pflichten Geringere wirtschaftliche Risiken bei Beauftragung eines Dienstleisters Erfüllung der gesetzlichen Pflichten Vermeidung wirtschaftlicher Risiken Erfüllung der gesetzlichen Pflichten Erreichung der nötigen Größen und Skalen für optimale Realisierung der Potenziale für Prozesseffizienz, besonders bei Multi-Utility-Ansatz Erreichung der notwendigen Skalen und Größen für wirtschaftliche Leistungserbringung Erreichung der nötigen Skalen und Größen für wirtschaftliche Leistungserbringung Umsetzung der Kooperation im gesetzlichen Zeitplan Hohe Kosten für Mindestinvestition werden nicht durch wenige Zähler gedeckt Keine Prozesseffizienz Abwanderung von Kunden, die mehr Leistungen wollen Tabelle 1: Zusammenfassung der Handlungsoptionen für Netzbetreiber Keine wesentlichen Risiken, abhängig vom Umfang der Beauftragung des Dienstleisters Abhängig vom Umfang der Beauftragung des Dienstleisters LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 8/48

2 Ausgangslage Die Vorgaben aus der Anreizregulierung und der sich intensivierende Wettbewerb stellen die Energieversorgungsunternehmen (EVU) vor drängende Herausforderungen. Ergebnisverluste müssen kompensiert werden. Wesentliche Beiträge können nur durch Effizienzsteigerung und Wachstum entstehen. Mit der Novellierung des EnWG im September 2008 und der Einführung der Messzugangsverordnung (MessZV) im Oktober 2008 ergeben sich zusätzliche Anforderungen an Netzbetreiber, Messstellenbetreiber und Energievertriebe: der Messstellenbetrieb und die Messung können auf Wunsch des Anschlussnutzers von Dritten durchgeführt werden, Messstellenbetreiber müssen ab 2010 Messeinrichtungen anbieten und einbauen, die den tatsächlichen Verbrauch und die Nutzungsdauer anzeigen, Energieversorger müssen auf Wunsch des Kunden kürzere Abrechnungszeiträume anbieten, ab 2011 müssen Energieversorger zusätzlich Stromtarife anbieten, die Anreize zur Energieeinsparung und Verbrauchssteuerung setzen. Zahlreiche Fragen der Ausgestaltung, etwa zu den Vertragsinhalten, Fristen, Datenformaten, Mindestanforderungen an technische Funktionalität sowie zur Kostenverteilung sind noch offen. Die Bundesnetzagentur führt derzeit Konsultationen zu einigen dieser Fragen durch und wird gegebenenfalls Festlegungen dazu treffen. Ausgelöst durch Anreizregulierung, Wettbewerb und MessZV wird sich ein dynamischer Markt für Messen und Zählen entwickeln, der alle Akteure vor neue Aufgaben und Herausforderungen stellen und der durch den Eintritt neuer Marktteilnehmer gekennzeichnet sein wird. Für die EVU besteht nun Handlungsdruck: Sie sind gefordert, als Antwort auf die Herausforderungen aus Regulierung und Markt eine eigene Strategie zu entwickeln, die es ihnen ermöglicht, die Potenziale zu nutzen und die Risiken zu begrenzen. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 9/48

2.1 Auftrag der Studie Die EVB Energie AG und Diehl Energy Solutions haben die LBD- Beratungsgesellschaft mbh (LBD) damit beauftragt, aufbauend auf einer Markteinschätzung eine Handlungsempfehlung für kleine und mittlere EVU im Geschäftsfeld Messstellenbetrieb und Messung zu entwickeln. Besonderer Fokus soll dabei auf den Kosten und Einspar- bzw. Erlöspotenzialen liegen, die durch den Einsatz elektronischer Mess- und Zählsysteme entstehen. Es sollen Handlungsoptionen geprüft werden, wie sich die Kosten und Erlöspotenziale durch Kooperationen oder den Einsatz von Dienstleistern beeinflussen lassen. Grundsätzlich wird im Weiteren von einem Multi-Utility-Ansatz ausgegangen. Begriffsklärung Für»Smart Metering«,»intelligente«Zähler oder elektronische Zähler besteht noch keine marktgültige Definition. In dieser Studie wird der Begriff des»elektronischen Zählers«im Sinne der MessZV verwendet. Darunter verstehen wir: die Erfassung von Energieverbrauchsdaten in elektronischen Messeinrichtungen, die diese Daten vollständig systemunterstützt darstellen, verarbeiten und an die berechtigten Akteure weiterleiten, so dass die Daten vollautomatisch weiterverarbeitet werden können. Weitergehende Funktionalitäten in Richtung»Home Automation«, das heißt die Steuerung von Großgeräten beim Anschlussnutzer über den Zähler, sind gesondert zu betrachten. Die Begriffe Messstellenbetrieb und Messung sowie Messstellenbetreiber und Messdienstleister werden im Sinne des EnWG und der MessZV verwendet. Der Begriff»kleine und mittlere Energieversorgungsunternehmen«wird in dieser Studie verwendet, um diese von den»großen Versorgern«abzugrenzen. Die Grenze zwischen den beiden Gruppen ist unscharf; für diese Studie wird sie bei rund 500.000 betreuten Zählpunkten gezogen. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 10/48

2.2 Vorgehen der Studie Ziel der Studie ist es, eine Handlungsempfehlung für kleine und mittlere EVU zu entwickeln. Dabei wurde in folgenden Schritten vorgegangen: Herausarbeiten der Auswirkungen der Gesetze und Verordnungen auf Markt und Marktteilnehmer, Einschätzung der Marktentwicklung im Bereich Messen und Zählen auf einer Zeitschiene sowie zu den Treibern, Produkten und Rollen der Marktakteure, Analyse des aktuellen Standes der Technologie, Abschätzung der Kosten und Deckungsbeiträge, die im Zusammenhang mit elektronischen Zählern potenziell entstehen, Untersuchung verschiedener Einflussfaktoren auf die Höhe der entstehenden Kosten und die erzielbaren Deckungsbeiträge, Herausarbeitung der Kernaussagen und Konsequenzen für kleine und mittlere EVU, Erarbeitung einer Handlungsempfehlung. Die Erkenntnisse sind im Folgenden in Form von Themenfeldern aufbereitet. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 11/48

3 Direkte Konsequenzen aus EnWG und MessZV Mit der Verabschiedung des»gesetzes zur Öffnung des Messwesens bei Strom und Gas für Wettbewerb«am 09.09.2008 ist das EnWG novelliert worden. Die Messzugangsverordnung (MessZV), in Kraft getreten mit dem 23.10.2008, gestaltet einige der neuen Vorgaben weiter aus. Dadurch kommen nun im Messstellen- und Messbetrieb neue Anforderungen auf Netzbetreiber, Messstellenbetreiber und Energielieferanten zu (siehe Abbildung 1). 3.1 Änderungen mit Wirkung ab sofort Gemäß 21b Abs. 2 EnWG können der Messstellenbetrieb und die Messung ab sofort»auf Wunsch des betroffenen Anschlussnutzers«von Dritten durchgeführt werden. 9 MessZV führt aus, dass der Messstellenbetrieb bei elektronisch ausgelesenen Zählern vom selben Akteur durchzuführen ist wie die Messung. Der Netzbetreiber ist Grund- und Rückfalldienstleister für Messstellen- und Messbetrieb ( 21b Abs. 1 EnWG und 7 Abs. 1 MessZV). Mit der MessZV wurde ebenfalls 5 Abs. 1 Anreizregulierungsverordnung ergänzt: In das Regulierungskonto einbezogen werden kann nun die Differenz aus den effizienten tatsächlichen Kosten des Messstellenbetriebs und der Messung und den in der Erlösobergrenze angesetzten Kosten. Dies unter der Bedingung, dass die Differenz durch Änderung der Anzahl der Kunden oder durch Maßnahmen nach 21b Abs. 3a und 3b EnWG (siehe unten Abschnitt 3.2) verursacht wurde. Gemäß dem neu eingefügten 40 EnWG müssen Lieferanten ab sofort auf Wunsch des Kunden kürzere Abrechnungszeiträume als einmal jährlich anbieten (z.b. monatlich oder vierteljährlich) und zudem das Entgelt für Messung und Messstellenbetrieb in der Rechnung gesondert ausweisen. Diese Änderungen bedeuten, dass für den Netzbetreiber ab sofort Risiken entstehen, da er Kunden in Messstellenbetrieb und Messung verlieren kann. Derartige Verluste reduzieren die Deckungsbeiträge, da damit keine proportionale Reduzierung der Kosten für Messstellenbetrieb und Messung verbunden ist. Regulierungsbedingt stehen diesen Risiken für Netzbetreiber keine Chancen auf zusätzliche Deckungsbeiträge gegenüber. Es besteht die Möglichkeit, diese Kostendifferenz über das Regulierungskonto in Ansatz zu bringen, jedoch steht die Anerkennung unter dem Vorbehalt der effizienten Leistungserstellung. Der Ausgleich der Differenz würde frühestens in der zweiten Regulierungsperiode erfolgen, und auch nur für die Zähler, die 2011 kostenwirksam sind. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 12/48

Abbildung 1: Zeitschiene der verpflichtenden Umsetzungen aus EnWG und MessZV Quelle: EnWG, MessZV, Einschätzung LBD, Stand: 01/2009 LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 13/48

3.2 Änderungen mit Wirkung ab 01.01.2010: Einbau elektronischer Zähler Messstellenbetreiber müssen gemäß 21b Abs. 3a und 3b EnWG,»soweit dies technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar ist«, ab dem 01.01.2010 Messeinrichtungen für Strom und Gas verbauen, die»den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln«. Diese Regel gilt für Neuanschlüsse und bei Kernsanierungen verpflichtend; allen anderen Kunden sind die Messeinrichtungen zum Einbau anzubieten. Das bedeutet, dass ab diesem Datum Netzbetreiber als Grund- und Rückfallversorger für Messstellenbetrieb sowie andere Messstellenbetreiber in der Lage sein müssen, elektronische Zähler für Strom und Gas zu verbauen und die Werte gesetzeskonform auszulesen. Die Häufigkeit der Auslesung der Messwerte hängt von dem Energieliefervertrag des Anschlussnutzers ab. 3.3 Änderungen mit Wirkung ab 01.04.2010: elektronischer Datenaustausch Gemäß 12 MessZV hat der Netzbetreiber»einen elektronischen Datenaustausch in einem einheitlichen Format zu ermöglichen. Soweit Messund Stammdaten betroffen sind, muss das Format die vollautomatische Weiterverarbeitung im Rahmen der Prozesse für den Datenaustausch zwischen den Beteiligten ermöglichen«. Für die Umsetzung wurde eine Übergangsfrist bis zum 01.04.2010 gewährt. Bis zu diesem Datum müssen die betroffenen Marktakteure ihre Prozesse und IT- Landschaft so angepasst haben, dass der Datenaustausch verordnungskonform ablaufen kann. 3.4 Änderungen mit Wirkung bis spätestens 30.12.2010: Anreiztarife im Strom 40 EnWG regelt in Abs. 3, dass Energieversorgungsunternehmen (das heißt hier: Lieferanten),»soweit technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar«, bis spätestens 30.12.2010 für Letztverbraucher zusätzlich einen Stromtarif anbieten müssen, der einen»anreiz zur Energieeinsparung oder Steuerung des Verbrauchs setzt«. Genannt werden insbesondere lastvariable oder zeitabhängige Tarife. Die Formulierung»bis spätestens«bedeutet jedoch, dass die Messdienstleister schon ab dem 01.04.2010 in der Lage sein müssen, Messdaten von elektronischen Zählern auszulesen und so aufzubereiten und weiterzuleiten, LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 14/48

dass sie den Anforderungen des vom Lieferanten entwickelten Tarifes entsprechen. Auswirkung ist weiter, dass einige Lieferanten bereits ab dem 01.04.2010 derartige Tarife vertreiben werden, die vom Messstellen- und Messbetreiber entsprechend gesetzeskonform umzusetzen sind. Hier ist zu erwarten, dass Lieferanten Anforderungen nur bis zu einem gewissen Komplexitätsgrad stellen können, in Abhängigkeit der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit sowie einer eventuellen Festlegung der Bundesnetzagentur zu technischen Mindeststandards. 4 Festlegungen durch die Bundesnetzagentur 4.1 Konsultationsverfahren zu Rahmenverträgen und Geschäftsprozessen 13 der MessZV bestimmt, dass die Bundesnetzagentur zur Förderung des Wettbewerbs sowie zur bundesweiten Vereinheitlichung der Bedingungen für Messstellen- und Messbetrieb Festlegungen treffen darf zu: Inhalten der Messstellen- und Messverträge, einschließlich personeller, wirtschaftlicher oder technischer Mindestanforderungen an die Durchführung von Messstellen- und Messbetrieb, Zeiträumen und Fristen für Wechselprozesse, Vertragsannahmen und Datenübermittlungen, Geschäftsprozessen zur Förderung von Automatisierung, um einheitlichen Datenaustausch und Datenkonsistenz zu ermöglichen. Die Bundesnetzagentur hat zu diesen Fragen bereits Ende 2008 Konsultationsverfahren mit den betroffenen Verbänden (bne, BDEW, DVGW, GEODE, VKU und ARGE HEIWAKO) eingeleitet: Bis 16.02.2009 sind die Verbände gebeten, einen untereinander abgestimmten Entwurf zu den Dokumenten Messrahmenvertrag, Messstellenrahmenvertrag und Messstellenrahmenvertrag bei einheitlicher Erbringung von Messung und Messstellenbetrieb vorzulegen. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 15/48

Bis zum 02.03.2009 sind die Verbände gebeten, der Bundesnetzagentur untereinander abgestimmte Prozessbeschreibungen und Datenformate zu übermitteln, einschließlich notwendiger Änderungen der GPKE/GeLi- Prozesse. Ob die Bundesnetzagentur Festlegungen dazu treffen wird, hängt vom Ausgang der Konsultationsverfahren ab: Verständigt sich die Branche auf einheitliche Standards, so ist keine Festlegung zu erwarten. Kann die Branche sich in grundsätzlichen Fragen nicht einigen, so ist anzunehmen, dass die Bundesnetzagentur eine Entscheidung in Form einer Festlegung treffen wird. 4.2 Aufteilung und Anerkennung der Kosten Es ist unstrittig, dass bei der Einführung von elektronischen Zählern Kosten in Messstellenbetrieb und Messung entstehen, die über die mit herkömmlichen Zählern verbundenen Kosten hinausgehen. Zentrale Frage der Netzbetreiber und Messstellenbetreiber ist nun, wer die Kosten zu tragen hat und ob die Erlösobergrenze und Netzentgelte entsprechend angepasst werden könnten. Mit 14, Artikel 2, Abs. 8 der MessZV wurde die Anreizregulierungsverordnung in 5 zum Regulierungskonto um die Möglichkeit ergänzt, Kosten in das Regulierungskonto einzubeziehen, die dem Messstellenbetreiber durch den Einbau und Betrieb neuer Messeinrichtungen entstehen werden. Die Anerkennung dieser Kosten steht unter dem Vorbehalt der effizienten Leistungserbringung, die demnach im Rahmen der Kostenprüfung für die zweite Regulierungsperiode zu prüfen wäre. Die Bundesnetzagentur könnte, entsprechend der derzeit geltenden Entgeltobergrenzen für Messstellenbetrieb, Messung und Abrechnung, einen maximal zulässigen Zuschlag für die Erbringung von Messstellenbetrieb und Messung bei elektronischen Zählern definieren. Nach diesem Vorgehen würde ein Ergebnis möglicherweise erst 2014 feststehen. Es beinhaltet zudem signifikante Risiken für die Netzbetreiber als Messstellenbetreiber, da sie bis 2014 möglicherweise erhebliche Kosten für Investition, Implementierung und Betrieb akkumulieren, die letztlich nicht als vollständig effizient anerkannt werden, nur die Kosten in der zweiten Regulierungsperiode verrechnet werden können, die im Kostenprüfungsjahr 2011 anfallen, LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 16/48

insgesamt womöglich nur ein Teil der insgesamt für Messstellenbetrieb und Messung anfallenden Kosten in den Entgelten anerkannt wird und der Rest der Kosten durch andere Akteure zu tragen wäre. Ebenfalls denkbar wäre, dass die Bundesnetzagentur bei den Kosten, die durch elektronische Zähler entstehen, so vorgeht wie bei GPKE und GeLi Gas: Die Anpassung wird ohne Ausgleichszahlung verlangt. In dem Fall müssten Messstellenbetreiber Strategien finden, wie die Kosten an anderer Stelle erlöst werden können. Da die Kosten im regulierten Bereich des Messstellenbetriebes und der Messung entstehen, die zusätzlichen Deckungsbeiträge dagegen großteils im Vertrieb, ist im entflochtenen Energiemarkt eine Lösung für die Aufteilung der Kosten und Erlöse zu finden, die möglichst im Einklang mit der geltenden Regulierung steht. Eine denkbare Lösung, die ohne eine Änderung der Entgeltregulierung funktioniert, wäre die Behandlung des Messstellenbetriebs und Messens mit elektronischen Zählern als Kuppelprodukt, bei dem die Kosten und Erlöse auf Messstellenbetreiber und Vertrieb aufgeteilt werden (siehe unten Abschnitt 7.4). 5 Stand der Technologie Aktuell ist der Markt durch eine dynamische Technologieentwicklung gekennzeichnet. Die grundsätzliche Funktionsweise der sich entwickelnden Lösungen lässt sich schematisch wie in Abbildung 2 darstellen. Die Technologie erlaubt bisher vor allem die elektronische Verarbeitung der Messdaten des Letztverbrauchers sowie die Generierung von Prozesseffizienz vor allem in Mess- und Vertriebsprozessen (siehe dazu unten Abschnitt 7.2). Für den Letztverbraucher ergibt sich daraus noch kein signifikanter Mehrwert, abgesehen von größerer Transparenz über den eigenen Verbrauch. Für die Technologie, die zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen erforderlich ist, ist bisher noch kein Mindeststandard definiert worden, und es hat sich noch kein einheitlicher Standard im Markt entwickelt. Es bestehen aber bereits Lösungen im Markt, die die derzeitigen Anforderungen weitgehend erfüllen und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Einige Marktteilnehmer sehen die Investition in eine der derzeit entwickelten Zähler- und Systemtechnologien als riskant an, solange die Bundesnetzagentur keine eindeutige Festlegung dazu getroffen hat. Eine solche ist jedoch nicht zwingend erforderlich, solange sich im Markt ein Standard entwickelt, der die Interaktion zwischen verschiedenen Lösungen verschiedener Anbieter regelt. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 17/48

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Funktionsweise von elektronischen Zählersystemen Quelle: LBD, Stand: 01/2009 Für die Interaktion ist eine Standardisierung der Datenformate und der Funktionalitäten an den Schnittstellen erforderlich. Der Standard sollte im Sinne von Effizienz und einfachen Wechselprozessen folgende Eigenschaften haben: herstellerunabhängig, spartenübergreifend (Strom, Gas, Wasser, Wärme, Heizkostenverteiler), diverse Abrechnungszeiträume (basierend auf Viertelstunden-, Tages- oder Wochenmesswerten etc.) ermöglichen, flexibel sowohl Power-Line-Communication(PLC)- als auch Funktechnik-Zähler oder elektronische Haushaltszähler einbinden können, einen Übergang der Messeinrichtung auf neue»herren«zulassen, wenn der Anschlussnutzer den Messstellenbetreiber oder Lieferanten wechselt. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 18/48

Weitere Anforderungen, besonders um das Vertrauen der Anschlussnutzer in diese Technologie zu stärken, könnten folgende sein: Die erzeugten Daten sollten eindeutig, nachprüfbar und manipulationssicher sein. Die Datenspeicherung und -übertragung sowie die im System verwendete Software und Kommunikationstechnologie sollten zuverlässig funktionieren und insgesamt in ein robustes System eingebettet sein. Bildet sich im Markt kein Standard heraus, der Anforderungen dieser Art erfüllt, könnte die Bundesnetzagentur tätig werden und eine Festlegung zu einem Mindeststandard treffen. Im Bereich der Funk-Zähler wurde in den einschlägigen Gremien der Hersteller und EVUs (SMIQ/MUC, figawa, ZVEI, DVGW) bereits der»open Metering Standard«beschlossen und für den Normsetzungsprozess an die entsprechenden EU-Institutionen weitergeleitet. 6 Entwicklung des Marktes und der Marktrollen in Messstellen- und Messbetrieb 6.1 Die aktuelle Marktentwicklung: getrieben von den gesetzlichen Anforderungen Die aktuelle Marktphase hat mit der Änderung des EnWG und der Einführung der MessZV begonnen. Sie ist dadurch charakterisiert, dass sie vor allem gesetzes- bzw. regulierungsgetrieben ist. Ziele, die die Politik mit den Gesetzen und Verordnungen verfolgt, sind insbesondere die Ermöglichung eines bewussteren Umgangs der Verbraucher mit ihrem Energieverbrauch, um Energiesparen zu fördern, die Reduzierung der CO 2 -Emissionen in der Energieerzeugung, die Förderung des Wettbewerbs im Bereich Messstellen- und Messbetrieb. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 19/48

Der Wettbewerb im Messstellen- und Messbetrieb entwickelt sich dadurch, dass aus EVUs ausgegliederte Messdienstleistungstöchter sowie unabhängige Messdienstleister Geschäftsideen und Lösungen entwickeln, die sie EVUs anbieten. Der Effizienz- und Kostendruck auf die Netzbetreiber fördert deren Bereitschaft, diese Leistungen teilweise oder komplett an Dienstleister zu vergeben. Die Rollen der verschiedenen Marktakteure bilden sich in dieser Phase dynamisch heraus. Für Verbraucher bietet diese Marktphase noch keine Produkte mit einem signifikanten Mehrwert, der auf breiter Ebene Anreize zum Energiesparen bzw. zum Kostensparen bietet. Ein Thema, das die Marktteilnehmer derzeit beschäftigt, ist neben Festlegungen der Bundesnetzagentur zu Standards und Kosten sowie der Entwicklung der Technologie die Gewährleistung des Datenschutzes. Sicherstellung des Datenschutzes Verbraucher und Datenschützer werden die Einführung von elektronischen Zählern stets darauf prüfen, welche Vorkehrungen im Sinne des Datenschutzes getroffen wurden. Befürchtet wird der»gläserne Kunde«, über dessen Messdaten die Energielieferanten und Messdienstleister Rückschlüsse über Tagesabläufe, Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten des Kunden ziehen könnten. Der Bundesrat formulierte in einer Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes zur Öffnung des Messwesens ähnliche Bedenken. Messdienstleister haben durch ihre Kenntnis sensibler Informationen eine besondere Datenschutzverpflichtung. Hersteller und Messstellenbetreiber sowie Lieferanten werden Maßnahmen zur Vorsorge treffen müssen, die die Datenschutzbedürfnisse der Verbraucher erfüllen. Nur so kann bei den Kunden Vertrauen für die neue Technologie geschaffen werden. Die Landesbeauftragte für Datenschutz in NRW hat im Juli 2008 erste Anhaltspunkte für Datenschutz-Richtlinien in Bezug auf elektronische Zähler gegeben (siehe: http://www.muelheim-zaehlt.de/datenschutz). Demnach dürfen Messwerte in dem Maße erhoben und ausgewertet werden, das nicht dazu geeignet ist, Verbrauchsprofile zu erheben, und/oder das für die Erfüllung des Vertrages erforderlich ist, sofern der Kunde der Datenerhebung und -auswertung ausdrücklich zugestimmt hat. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 20/48

6.2 Die Marktakteure: Entwicklung neuer Rollen und Aufgaben Aus den Anforderungen, die Gesetze und Verordnungen an die Marktakteure stellen, bilden sich ihre neuen Rollen und Aufgaben heraus. Die Anforderungen sind in Abbildung 3 schematisch dargestellt. Netzbetreiber werden zu Messstellenkoordinatoren Netzbetreiber werden zu Messstellenkoordinatoren: Sie erfüllen die Aufgaben gemäß MessZV wie Rahmenverträge abschließen und Zählpunkte verwalten. Mit der Erbringung aller Leistungen des Messstellenbetriebs und der Messdienstleistung sollten sie jedoch Dienstleister beauftragen, da mit der Liberalisierung dieser Leistungen unternehmerische Risiken entstehen, die Netzbetreiber als regulierte Objekte nicht über die Netzentgelte decken können. Sie sollten ihr Risikoprofil so gestalten, dass keine Risiken getragen werden, denen keine entsprechenden Chancen gegenüberstehen. Messstellenbetreiber werden zu Full-Service-Messdienstleistern Messstellenbetreiber werden zu Messdienstleistern mit Full-Service-Angebot: Unabhängige oder aus großen EVUs ausgegründete Messdienstleister übernehmen für ihre Kunden die Leistungen des Messstellenbetriebs. In Kooperation mit Herstellern oder auf Basis von deren Produkten entwickeln sie Systemlösungen vom Zähler bis zur Anwendungsschnittstelle. In einem Verdrängungswettbewerb werden sich aufgrund der Effizienzanforderungen nur Anbieter durchsetzen, die Skaleneffekte realisieren können und die über umfangreiche Kompetenzen verfügen: Marketing, Beschaffung, Logistik, Messstellenbetrieb und Messung sowie IT. Besonders anspruchsvoll ist dabei die Beherrschung der komplexen Kommunikations- und Datenmanagementsysteme. Auch branchenfremde Unternehmen, die finanzstark und in der Fläche aktiv sind, werden in diesem Markt auftreten. Diese werden insbesondere aus dem Bereich Telekommunikation kommen. Sie können einen Vorteil daraus generieren, dass sie bereits bundesweit verbreitet Infrastruktur besitzen und dadurch Skaleneffekte nutzen können. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 21/48

Abbildung 3: Zeitschiene der verpflichtenden Umsetzungen und der Konsequenzen für die Marktteilnehmer Quelle: EnWG, MessZV, Einschätzung LBD; Stand: 01/2009 LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 22/48

Energievertriebe entwickeln innovative Produkte Vertriebe sind gefordert, Produkte zu entwickeln, die technologisch umsetzbar sind und Marge generieren. Ab dem 01.04.2010, das heißt sobald die Datenformate für den elektronischen Austausch feststehen, können sie ihre neuen Anreiztarife im Strom fertig kalkulieren und vertreiben. Spätestens bis zum 30.12.2010 müssen sie einen solchen Tarif anbieten. Einige Vertriebe werden diese bereits ab dem 01.04.2010 vertreiben und bei ihren Kunden einführen. Daneben müssen Vertriebe in dieser Phase ihre Strategie für die Bedienung verschiedener Kundensegmente entwickeln. Zwar gewinnt der Vertrieb durch die Einführung von elektronischen Zählern in seinen Kundenprozessen Prozesseffizienz, doch wird zugleich ein Teil der Kosten der Zähler vom Vertrieb zu tragen sein. Insbesondere Vertriebe von Ökostrom werden zu den ersten gehören, die ihren Kunden lastabhängige Tarife anbieten werden und ihnen elektronische Zähler einbauen lassen. Da die Einführung dieser Zähler den Energieverbrauch potenziell ökologischer gestaltet, indem CO 2 -Emissionen reduziert werden können, werden Ökostromanbieter die Zähler schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit als neuen Standard einführen müssen. Dies werden sie zuerst in Testgebieten tun und anschließend deutschlandweit. Für Vertriebe in integrierten EVU stellt sich ebenfalls die Frage nach der eigenen Strategie: Sehen sie eine unternehmerische Chance in der Einführung von Produkten, die elektronische Zähler nutzen, so müssen sie eigene Produkte entwickeln und sich Partner für eine effiziente Umsetzung suchen. Anderenfalls müssten sie die Abwanderung von Kunden in Kauf nehmen, die einen derartigen Tarif wünschen. Endkunden unterscheiden sich in ihren Interessen Endkunden werden sich in Bezug auf ihre Anforderungen an elektronische Zähler in mindestens drei Segmente teilen: Kunden mit Minimal-Anforderungen: Kein Interesse an elektronischen Zählern; Anforderung an die Erfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen, ohne dass Zusatzkosten für den Kunden entstehen. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 23/48

Kunden mit Normal-Anforderungen: Geringes Interesse; für dieses Segment werden sich Standardpakete als Massenlösung entwickeln. Gegebenenfalls entstehen geringe Mehrkosten für enthaltene Zusatzleistungen wie transparentere Rechnung, Angabe von Verbrauchsstatistiken etc. Kunden mit Premium-Anforderungen: Hohes Interesse an Zusatzleistungen wie Displays mit laufender Anzeige des Verbrauchs, aktiven Steuerungsmöglichkeiten bei Home Automation, Anbindung an Mikro-KWK oder Starkwindzeiten. In der aktuellen Marktphase existieren noch kaum Produkte, die das Bedürfnis der meisten Kunden bedienen wird: Kostenersparnis. Nur wenige Hochinteressierte werden sich selbst darum bemühen, einen neuen Zähler einbauen zu lassen, um allein anhand größerer Transparenz und durch aktives, gegensteuerndes Verhalten den Energieverbrauch zu steuern. Die Zahlungsbereitschaft für die Zähler wird in dieser Phase bei den meisten Anschlussnutzern gegen Null tendieren. 7 Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung der Anforderungen aus Gesetz und Verordnung Die Anforderungen aus EnWG und MessZV können wirtschaftlich nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn die entstehenden Kosten durch zusätzliche Erlöse und die Realisierung größerer Prozesseffizienz gedeckt werden können. Dazu sind nicht nur Deckungsbeiträge aus anderen Bereichen als dem Messstellen- und Messbetrieb erforderlich, sondern auch eine kritische Größe in der Leistungserstellung. 7.1 Kosten für Investition, Implementierung und Betrieb Mit der Einführung elektronischer Zähler und entsprechender Datenverarbeitungssysteme sind Kosten für Investition, Implementierung und Betrieb verbunden. Für die Abschätzung der Kosten für Investition und Implementierung der elektronischen Zähler gibt es Beispielrechnungen. Diese beziehen jedoch in der Regel unterschiedliche Kostenbestandteile in die Rechnung ein und sind dadurch nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. Zudem sind sie oft nicht vollständig. So reichen etwa die meisten Beispielrechnungen für Investition und Implementierung nur bis zur Schnittstelle der Datenauswertung (Middleware) zu LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 24/48

den Anwendungen. Die Kosten für die Anpassung der Anwendungen sind hingegen noch nicht einbezogen, da sie je nach vorhandener Software- Landschaft und Preisstrategie der Software-Anbieter stark variieren. Ohne eine Investition in die Anpassung der Anwendungen sind jedoch die Prozesseffizienz-Potenziale nicht zu heben. Um eine Einschätzung zu den Investitions- und Implementierungskosten zu erhalten, wurden aus aktuellen öffentlich zugänglichen Studien, Hersteller- und Dienstleisterangaben Kostenintervalle abgeleitet (siehe Tabelle 2). Mit diesem Vorgehen sind Ungenauigkeiten verbunden, was den Umfang der enthaltenen Leistungen und Kostenbestandteile angeht. Die Kosten für eine Anpassung der IT-Systeme beim EVU sind dabei aufgrund der starken Variabilität nicht mit abgeschätzt worden. Kostenbestandteil Minimum (EUR/Zähler) Maximum (EUR/Zähler) Mittelwert (EUR/Zähler) Zähler 80 120 100 Datenkonzentrator 1 10 6 Montage 10 20 15 Lizenzen und Implementierung des Systems Mindestinvestition (EUR) 15 30 23 30.000 Projektkosten 3 7 5 15.000 Summe 109 187 149 45.000 Tabelle 2: Abschätzung von Kostenintervallen für Investition und Implementierung elektronischer Zählersysteme Die Mindestinvestition beträgt rund 45.000 EUR, das heißt bei einer geringen Anzahl an Zählern übersteigen die spezifischen Kosten je Zähler die in der Maximum-Spalte angegebenen Werte noch. Die spezifischen Zählerkosten, die als Maximum angegeben sind, werden ab einer Anzahl von ca. 1.500 Zählern erreicht. Die Kostenunterschiede, die sich in den Intervallen in Tabelle 2 zeigen, entstehen aus mehreren Faktoren: Unterschiedliche Funktionalitäten der Messeinrichtung, Unterschiedliche Referenzzahl an Zählern (z.b. 10.000 vs. 100.000), Unterschiedliche Preispolitik der Hersteller und Dienstleister. Die deutlichsten Kostenunterschiede resultieren aus Skaleneffekten: Beschaffungskosten der Zähler sinken mit wachsenden Bestellchargen, LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 25/48

Einmalinvestitionen wie die in die Prozess- und IT-Anpassung entfallen in geringerem Maße auf den einzelnen Zähler, auf je mehr Zähler die Kosten umgelegt werden, Sprungfixe Kosten entstehen bei Datenkonzentratoren und Implementierung der Zähler und Systeme hier sinken die Kosten je Zähler, je stärker die Kapazität der Einheiten ausgenutzt wird. In den Einbaukosten entstehen bei einem flächendeckenden Rollout elektronischer Zähler Skaleneffekte gegenüber der Ad-hoc-Installation einzelner Zähler. Diese Skaleneffekte sind, ähnlich den sprungfixen Kosten, relativ am größten bei flächendeckender Versorgung der Anschlüsse an einer Trafostation oder in einem Stadtteil. Im Betrieb der elektronischen Zähler werden sich ebenfalls Mehrkosten einstellen. Diese entstehen vor allem in den folgenden Positionen: Abschreibung und Zinsen: höhere Investitionskosten und teilweise kürzere Standzeiten der Zähler aufgrund der Eichfristen und der technischen Lebenserwartung, IT-Kosten: größerer Umfang in Betreuung und Betrieb der IT, einschließlich zusätzlich benötigtem Personal. Eine grobe Abschätzung der Betriebskosten für Messstellenbetrieb und Messung insgesamt wird in Tabelle 3 gegeben. Für die Berechnung der Abschreibungen und Zinsen auf die Investitions- und Implementierungskosten wurden der Minimum- (109 EUR) und der Maximumwert (187 EUR) aus Tabelle 2 angenommen. Es wurde der von der Bundesnetzagentur aktuell anerkannte kalkulatorische Mischzins von 6,25% verwendet. Kostenbestandteil Abschreibung und Zinsen für Investition und Implementierung (8 Jahre Nutzungsdauer) Minimum (EUR/Zähler) Maximum (EUR/Zähler) Mittelwert (EUR/Zähler) 17,00 29,20 23,10 IT-Kosten (inkl. Personal) 12,00 20,00 16,00 Außendienst (Wartung, Instandhaltung etc.) Management Messstellenund Messbetrieb 4,00 7,00 5,50 1,50 2,00 1,80 Summe 34,50 58,20 46,40 Tabelle 3: Abschätzung von Kostenintervallen für Messstellenbetrieb und Messung bei elektronischen Zählersystemen LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 26/48

Im Ergebnis ist mit Betriebskosten in Messstellenbetrieb und Messung von rund 46 EUR pro Zähler und Jahr zu rechnen. Hinzuzurechnen sind die Kosten für die Integration in die Fachanwendungen. 7.2 Deckungsbeiträge aus Effizienzpotenzialen und neuen Produkten Mit der Einführung elektronischer Zähler sind unstrittig höhere Kosten gegenüber den bisherigen Kosten für Messstellenbetrieb und Messung verbunden. Diese lassen sich jedoch durch Deckungsbeiträge an anderer Stelle kompensieren oder gar übertreffen. Potenziale zur Steigerung von Prozesseffizienz Konkrete Rechnungen absoluter Kosteneinsparungen, die durch die Einführung von elektronischen Zählern entstehen, kann diese Studie nicht leisten, da das Kostensenkungspotenzial in einzelnen Prozessen stark von der Ausgangssituation im einzelnen EVU abhängt. Im Folgenden sollen daher einige Prozesse identifiziert werden, in denen durchschnittlich signifikante Hebel für die Gewinnung von Prozesseffizienz liegen. Deckungsbeiträge für die Investitions- und Betriebskosten, die durch die Einführung von Smart Metering entstehen, können in mehreren Bereichen erzielt werden (siehe schematische Darstellung in Abbildung 4): Netzentgelt: BNetzA-genehmigtes Entgelt für Messstellenbetrieb und Messung Steigerung der Effizienz in diversen Teilprozessen, vor allem im Vertrieb, durch Automatisierung: Ablesung, Plausibilisierung und Aufbereitung der Messwerte Wechselprozesse, Kundenservice, Erstellung der Abrechnung Forderungsmanagement, Sperrung/Entsperrung LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 27/48

Optimierung der Beschaffung ohne Weitergabe eines Teils des wirtschaftlichen Vorteils an den Kunden Zusätzliche Deckungsbeiträge aus neuen Vertriebsprodukten, neu erschlossenen Dienstleistungen etc. Abbildung 4: Schematische Darstellung der Generierung von Deckungsbeiträgen für elektronische Zähler Quelle: Markteinschätzung der LBD, Stand: 01/2009 Das Einsparpotenzial aus der Einführung elektronischer Zähler wird nun, wie im obigen Abschnitt, anhand der aus öffentlich zugänglichen Daten, Studien und Dienstleister-Angaben entnommenen Einschätzungen in Intervallen abgeschätzt (siehe Tabelle 4). Mit diesem Vorgehen sind Ungenauigkeiten verbunden, insbesondere was die Abgrenzung und Zuordnung der Teilprozesse angeht. Die genauen Kosten und Potenziale hängen stark ab von der jeweiligen Ausgangssituation der Unternehmen. Beispiel Leerstandsmanagement: Einige EVU haben kaum Forderungsausfälle im Zusammenhang mit Leerständen, wozu beispielsweise eine starke Präsenz von Wohnungsgesellschaften im Versorgungsgebiet beitragen kann. Mit einer anderen Wohnungsstruktur im Versorgungsgebiet kann für ein EVU dagegen ein signifikantes Volumen im Bereich Leerstandsmanagement entstehen. So ergibt sich für manche EVUs in Bezug auf Verluste aus Leerständen ein Potenzial aus Smart Metering, für andere nicht. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 28/48

Prozess Ablesung und Aufbereitung Messwerte Wechselprozesse, Kundenservice, Abrechnung Forderungsmanagement, Sperrung/Entsperrung Optimierung der Beschaffung Vermeidung Rundsteuerung HT/NT Erschließung weiterer Dienstleistungen Minimum (EUR/Zähler/a) Maximum (EUR/Zähler/a) Mittelwert (EUR/Zähler/a) 3 10 7 2 6 4 1 5 3 10 40 25 kein Potenzial 9 5 kein Potenzial 15 8 Summe 16 85 52 Tabelle 4: Abschätzung des Einsparpotenzials in Mess- und Vertriebsprozessen durch die Einführung von elektronischen Zählern Die in Tabelle 4 aufgeführten Einsparpotenziale sind nicht in jedem Fall voll realisierbar, sondern hängen unter anderem von folgenden Faktoren ab: Ausnutzung der Vorteile des Multi-Utility-Ansatzes, Ausgangssituation und spezifische Situation des EVU, Umfang des Zähleraustausches (in Bezug auf Rollout und Multi-Utility- Ansatz), Möglichkeit, auf das Verbrauchsverhalten der Letztverbrauchers Einfluss zu nehmen, um Demand Side Management zu betreiben. Die aufgeführten Effizienzpotenziale in den Prozessen können nur bei einem flächendeckenden Rollout ausgeschöpft werden. Ansonsten bleiben die alten Prozesse neben den neuen bestehen und verursachen damit höhere Kosten. Die Effekte aus der Beschaffungsoptimierung durch Demand Side Management können erst mit einer signifikanten Anzahl ausgetauschter Zähler entstehen, idealerweise in einem kompletten Rollout. Dieses Potenzial wird überdies erst langfristig voll genutzt werden können, wenn über die entsprechende Home- Automation-Technologie der Verbrauch der Letztverbraucher auch durch Signale von außen aktiv gesteuert werden kann. Voraussetzung ist die Bereitschaft der Kunden, umfangreiche Messdaten auswerten zu lassen. Einige Einsparungspotenziale können sich in Multi-Utility-Ansätzen noch verstärken oder entstehen dadurch erst. So entfaltet sich das Prozesseffizienz- Potenzial aus automatisierter Ablesung erst bei einem solchen Ansatz: Wird nur der Stromzähler durch einen elektronischen Zähler ersetzt, müssen die Zähler LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 29/48

für Gas, Wasser und Wärme nach wie vor manuell ausgelesen werden und es fallen dafür die gleichen Prozesskosten an wie bisher. Potenziale aus neuen Vertriebsprodukten Mittelfristig können weitere Deckungsbeiträge mit der Entwicklung neuer Vertriebsprodukte generiert werden. Diese Chance wird sich insbesondere mit der Entwicklung von Smart Grids und Home-Automation-Technologie ergeben. Vertriebe können mit elektronischen Zählern in Verbindung mit Home Automation verschiedene Arten von Mehrwert für verschiedene Kundengruppen generieren: Kostenersparnis: dies wird der Hauptmehrwert für den Großteil der Kunden sein Bequemlichkeit durch automatische Steuerung auf Basis von einmal geäußerten Präferenzen Energieersparnis und ökologischer Mehrwert: dies wird in einer Nische nachgefragt werden, beispielsweise im Zusammenhang mit lokaler Versorgung und dezentraler Einspeisung. Die Konsequenz aus Produkten, die für die Kunden kostensenkend wirken, ist, dass die Vertriebe sinkenden Umsatz generieren werden. Die Produkte sind daher so zu gestalten, dass zugleich die Marge steigt. Dies kann erreicht werden durch: hohe Zahlungsbereitschaft des Kunden für Mehrleistung hohe Einsparungen für den Vertrieb durch erreichte Prozesseffizienz und Skalen. Die Anforderungen der Kunden in Bezug auf elektronische Zähler beeinflussen dabei die Produktpolitik. Das heißt, welche Zusatzleistungen erbracht und ob Einsparungen aus Prozesseffizienz oder Beschaffungsoptimierung an die Kunden weitergegeben werden, hängt unter anderem ab von den Anforderungen der Kunden und ihre Zahlungsbereitschaft für Zusatzleistungen. Dabei werden verschiedene Kundensegmente mit unterschiedlichen Leistungen zu bedienen sein (siehe oben Abschnitt 6.2). LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 30/48

7.3 Zusammenfassung der Kostenabschätzung Die Kostenschätzungen der vorangegangenen Abschnitte sollen nun zusammengeführt werden, damit die Wirtschaftlichkeit insgesamt eingeschätzt werden kann. Dazu werden in Tabelle 5 die Mittelwerte der vorangegangenen Tabellen gegeneinander verrechnet. Betrag (EUR/Zähler/a) Betriebskosten Messstellenbetrieb und Messung - 46,40 Abschreibung und Zinsen für Investition/Implementierung - 23,10 IT-Kosten (inkl. Personal) - 16,00 Außendienst (Wartung, Instandhaltung etc.) - 5,50 Management Messstellen- und Messbetrieb - 1,80 Entgelt (BNetzA-Entgeltobergrenzen 2008) 14,20 Messstellenbetrieb (Strom, SLP) 9,04 Messung (Strom, SLP) 5,16 Einsparpotenzial 52,00 Ablesung und Aufbereitung Messwerte 7 Wechselprozesse, Kundenservice, Abrechnung 4 Forderungsmanagement, Sperrung/Entsperrung 3 Optimierung der Beschaffung 25 Vermeidung Rundsteuerung HT/NT 5 Erschließung weiterer Dienstleistungen 8 Ergebnis 19,80 Tabelle 5: Zusammenfassung der Abschätzung der Kosten und Deckungsbeiträge für elektronische Zähler Es ergibt sich ein potenzielles Ergebnis von 20 EUR pro Zähler und Jahr, das an den Kunden weitergegeben werden kann. Diese Schätzung bezieht sich nicht auf einen bestimmten Fall und stellt keine genaue Kalkulation dar. Aufgrund der verfügbaren Datenlage sind mit dieser Schätzung Ungenauigkeiten verbunden. Hinzuzurechnen sind insbesondere die Kosten für die Anpassung der IT-Anwendungen, die die Messwerte weiterverwerten. Darüber hinaus sind die Kosten und Einsparpotenziale von der Effizienz der Leistungserstellung sowie erreichten Skalen und Größen abhängig. LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 31/48

7.4 Vorschlag zur Kostenverteilung: elektronische Zähler als Kuppelprodukt Da die Kosten im regulierten Bereich des Messstellenbetriebes und der Messung entstehen, die zusätzlichen Deckungsbeiträge dagegen großteils im Vertrieb, ist im entflochtenen Energiemarkt eine Lösung für die Aufteilung der Kosten und Erlöse zu finden, die möglichst im Einklang mit der geltenden Regulierung steht. Die Behandlung als Kuppelprodukt wäre eine mögliche Variante. Eigenschaft eines Kuppelproduktes ist es, dass die Kosten nicht verursachungsgerecht zugeordnet werden können. Es ist ein anlegbarer Preis zu bilden. Unter der Annahme, dass das Entgelt für Messstellenbetrieb und Messung seitens der BNetzA nicht angepasst wird, ergibt sich für die Aufteilung der Kosten und Erlöse auf Messstellenbetrieb und Vertrieb: Der Netzbetreiber kann Messstellenbetrieb und Messung nur zu diesem genehmigten Entgelt erbringen, höhere Kosten bekäme er nicht erstattet. Dies wäre der für den Netzbetreiber anlegbare Preis. Die darüber hinausgehenden Kosten wären entsprechend vom Vertrieb oder anderen zu tragen. In Summe scheint das Kuppelprodukt elektronischer Zähler wirtschaftlich zu sein: Die Kosten- und Erlöspotenzialschätzungen aus den vorangegangenen Abschnitten zeigen, dass den Betriebskosten von rund 46 Euro ein Erlöspotenzial von rund 52 EUR gegenübersteht. Hinzu kommt das von der Bundesnetzagentur genehmigte Entgelt für Messstellenbetrieb und Messung, in Summe 14,20 EUR für 2008 (Strom, SLP). Es ergibt sich ein zusätzlicher potenzieller Deckungsbeitrag von rund 20 EUR pro Zähler und Jahr. Anzeichen dafür, dass diese Rechnung realistisch ist, sind Äußerungen von EVUs wie Rheinenergie, die einen Rollout elektronischer Zähler planen und zugleich ankündigen, dass dies im Rahmen der bisherigen Kosten möglich sei (entsprechend wird Luc Schetters, Leiter Netzwesen, Rheinenergie, in Energiespektrum, Ausgabe 01/08 zitiert). Erbringt der Netzbetreiber die Funktion des MSB/Messdienstleisters selbst, so muss er die Verrechnung dieses Kuppelproduktes selbst mit seinem unternehmensinternen Vertrieb sowie mit Drittvertrieben aushandeln. Hier bietet sich die Beauftragung eines Dienstleisters mit der Durchführung aller mit dem Messstellenbetrieb und der Messung zusammenhängenden Leistungen an, da diese den anlegbaren Preis darstellen könnten. Es wäre dann Aufgabe des Dienstleisters, die Leistungen so zu kalkulieren, dass er die Anforderungen des Netzbetreibers zum Preis des genehmigten Entgeltes erbringen und die für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderlichen LBD-Beratungsgesellschaft mbh 10.02.2009 32/48