Schwarz-gelbe Landesregierungen betreiben laxen Steuervollzug - und nehmen Ungerechtigkeit und höhere Schulden in Kauf



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Transkript:

März 2011 Schwarz-gelbe Landesregierungen betreiben laxen Steuervollzug - und nehmen Ungerechtigkeit und höhere Schulden in Kauf Steuervollzug ist Ländersache. Doch manche Länder nutzen ihre Kompetenz nicht im Sinne aller Steuerzahler, sondern für ungerechte Standortpolitik. Insbesondere Baden-Württemberg und Bayern dünnen ihre Steuerverwaltung offenbar bewusst aus, um Unternehmen und reiche Privatpersonen anzulocken. Das zeigen Antworten auf koordiniert gestellte Kleine Anfragen von elf Grünen Landtagsfraktionen. 1 Was ist der Hintergrund? Diverse Studien haben ergeben, dass die Zersplitterung der Steuerverwaltung auf die Länder zu erheblichen Effizienzverlusten führt und die Steuergerechtigkeit untergräbt denn die Länder erhalten einen Anreiz, mit laxem Steuervollzug Standortpolitik zu machen. In einem Bericht des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2007 wird festgestellt, dass der Steuervollzug auf Landesebene nicht vereinbar ist mit der Verpflichtung, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen. Eine Studie der Beratungsfirma Kienbaum aus dem Jahr 2006 kommt zum Schluss, dass mit der Einführung einer Bundessteuerverwaltung bis zu 11 Mrd. Euro jährlichen Steuermehreinnahmen zu erzielen seien. Seit 2004 fordern wir Grüne deshalb die Einführung einer Bundessteuerverwaltung (vgl. Grüne Forderungen am Schluss des Papiers). Genau quantifizieren lassen sich die fiskalischen Effekte einer Bundessteuerverwaltung sicher nicht klar ist aber: Der Steuervollzug auf Landesebene ist ineffizient und ungerecht. Gewollter Personalmangel und Durchwinkwochen führen zu starken Schwankungen bei der Prüfung etwa von großen Betrieben und Einkommensmillionären. Aber wie sieht das Verhältnis der Länder untereinander genau aus? Wo werden Stellen abgebaut und wo nicht? Welche Länder haben eine besonders geringe Prüfdichte? Bundesweite Vergleichszahlen dazu gab es bisher nicht. Offenbar auf Druck derjenigen Länder, die etwas zu verbergen haben, hat es die Bundesregierung bislang verweigert, vergleichende Zahlen herauszugeben. Aufgrund einer koordinierten Abfrage durch die Grünen Landtagsfraktionen liegen nun erstmals vergleichbare Zahlen zum Steuervollzug der Länder für die Jahre 2005 bis 2009 vor. Und es zeigt sich: Die Befürchtungen werden bestätigt. Einige Länder betreiben schamlos Standortpolitik besonders Baden-Württemberg und Bayern stechen heraus. 1 Baden-Württemberg (BW), Bayern (BY), Berlin (BE), Brandenburg (BB), Hamburg (HH), Hessen (HE), Niedersachsen (NI), Nordrhein-Westfalen (NRW), Sachsen (SN), Schleswig-Holstein (SH), Thüringen (TH). Nicht immer wurden von den Landesregierungen jedoch alle Fragen beantwortet. 1

Gesamtes Personal der Finanzverwaltung In fast allen Ländern ist das gesamte Personal der Finanzverwaltung seit 2005 zurückgegangen. Der Spitzenreiter ist hier Baden-Württemberg, dessen Finanzverwaltungspersonal um über 5% zurückgegangen ist. Auch die in den letzten Jahren unter CDU-Führung regierten Länder Sachsen, Thüringen und Niedersachsen verzeichnen einen Personalrückgang. Bayern hat sein Personal um 3,7% abgebaut. Der Durchschnitt der elf untersuchten Länder liegt - auch das ist bereits eine erschreckende Zahl bei gut zwei Prozent Rückgang. Positivbeispiele sind Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Das ist umso bemerkenswerter, als Schleswig-Holstein unter den genannten Ländern am stärksten unter Überschuldung leidet und als Nehmerland kaum von zusätzlichen Steuereinnahmen profitiert. Betrachtet man das Personal pro 10.000 Einwohner, sind Bayern und Baden- Württemberg die Schlusslichter. Sie kommen beide mit rund zwölf Finanzbeamten bzw. -angestellten aus. Zum Vergleich: Niedersachsen liegt bei knapp 30, der Durchschnittswert der elf Länder liegt bei etwa 17. Ausgaben für die Finanzverwaltung Auch bei den Ausgaben für die Finanzverwaltung schneiden Baden-Württemberg und Bayern am schlechtesten ab: Sie geben nur 0,16% bzw. 0,2% ihrer Wirtschaftsleistung für die Finanzverwaltung aus. Der Durchschnitt liegt hier bei 0,27%. Spitzenreiter ist Nordrhein-Westfalen mit einem Anteil von ca. 0,36%. Damit gibt der Spitzenreiter gemessen an seiner Wirtschaftskraft und damit auch am Steuereinnahmepotential mehr als doppelt so viel für die Steuerverwaltung aus wie das Schlusslicht Baden-Württemberg. Die Unterschiede sind also gewaltig. 2

Personalentwicklung in der Betriebsprüfung Bei der für den gerechten Steuerentwicklung wichtigen Betriebsprüfung ist in vielen Ländern Personal aufgebaut worden. So gab es etwa in Schleswig Holstein 2009 21,5% mehr Betriebsprüfer als noch 2005. Der Bundesdurchschnitt liegt bei einem Zuwachs von etwa sechs Prozent. Wiederum bildet Baden-Württemberg das negative Gegenbeispiel mit einem Rückgang der Zahl der Betriebsprüfer um 8,2%. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl hat Hamburg mit 32 Betriebsprüfern auf 100.000 Einwohner einen Spitzenwert. Der Durchschnitt liegt bei etwa 18 Prüfern pro 100.000 Einwohner. Erneut liegen Thüringen, Bayern und Sachsen unter dem Durchschnitt. Betrachtet man die Anzahl der Betriebsprüfer im Verhältnis zur Wirtschaftskraft, wird der Unterschied noch deutlicher: Dann hat Berlin mit 8,1 Betriebsprüfern pro einer Milliarde BIP den höchsten Wert, der Durchschnitt liegt bei 6,2 Prüfern pro einer Milliarde BIP. Wiederum nimmt Bayern den schlechtesten Platz mit 4,2 Prüfern pro 1 Mrd. BIP ein. Bayern unterschreitet den Bundesdurchschnitt damit immerhin um fast 25%, während Berlin ihn um etwa 40% überbietet. Die Unterschiede sind eklatant. 3

Prüfung von Einkommensmillionären Unter Einkommensmillionären versteht man, etwas irreführenderweise, Einzelpersonen mit einem Einkommen von über 500.000 Euro der Begriff Einkommensmillionäre stammt noch aus DM-Zeiten und wurde danach mit gleicher Bedeutung übernommen. Die Prüfungsquote von Einkommensmillionären ist ein wichtiger Indikator dafür, wie ernst die Landesregierung die Durchsetzung des Steuerrechts betreibt denn gerade hier sind hohe Mehrergebnisse bei spezifischen Prüfungen zu erwarten, gleichzeitig ist gerade dieser Bereich anfällig für Standortpolitik, da Einzelpersonen mit hohem Einkommen häufig auch eine herausgehobene Bedeutung im Wirtschaftsleben einnehmen. So unterscheidet sich auch die Prüfungsquote von Einkommensmillionären stark zwischen den Bundesländern. Die Spanne reicht von einer Prüfungsquote von 38,7% in Sachsen bis zu einer Quote von unter 5% gerade in der deutschen Millionärshauptstadt Hamburg. Der Durchschnitt der untersuchten Länder liegt hier bei etwa 19%. Ausnahmsweise nehmen Baden-Württemberg und Sachsen einmal einen Spitzenplatz ein mit einer Prüfungsquote von 37,9%. Bayern und Thüringen hingegen schneiden auch hier erneut schlecht ab. Will man das Engagement der Landesregierungen bei der Prüfung von Einkommensmillionären messen, bietet sich ein Blick auf die Entwicklung der Prüfungsquote zwischen 2005 und 2009 an. Hier ist gerade in Thüringen und Baden-Württemberg ein bewusster Rückbau der Steuerverwaltung von Schwarz-Gelb festzustellen. Innerhalb von nur fünf Jahren ging die Prüfungsquote in Thüringen um etwa 85% und in Baden- Württemberg um 45% zurück. Das ist eine skandalöse Entwicklung, die keinen anderen Schluss zulässt, als dass es die Intention der jeweiligen Landesregierung ist, die Gutverdiener im eigenen Land zu schonen auf Kosten der Steuereinahmen und damit aller Menschen. 4

Entwicklung der Steuerfahndung Eine gut ausgestattete Steuerfahndung, die Steuerstraftaten aufspürt und Ermittlungen einleitet, ist elementare Voraussetzung für einen konsequenten Steuervollzug. Erneut fallen Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg unter die Länder, die offenbar genau daran kein Interesse haben. Denn den Durchschnitt der untersuchten Länder von etwa 36 Steuerfahndern pro eine Million Einwohner unterschreiten sie deutlich: Sie kommen mit nur rund 27 (Bayern und Thüringen) bzw. 29 (Baden-Württemberg) Steuerfahndern auf eine Million Einwohner aus. Spitzenreiter ist hier erneut Hamburg mit 52 Steuerfahndern. Im Durchschnitt der elf Länder wurde die Steuerfahndung in den Jahren 2005 bis 2009 um knapp acht Prozent ausgebaut. Gegen diesen Trend stehen vor allem Sachsen, aber erneut auch Thüringen und Bayern, die Personal abgebaut haben. Im Vergleich etwa mit Schleswig-Holstein, das im gleichen Zeitraum seine Steuerfahndung um rund 40% ausbaute, kommen auch hier die lange Unionsgeführten Bundesländer in Erklärungsnöte. Bei der Steuerfahndung kommt es aber nicht nur auf das Personal selbst an, sondern auch auf die Zahl der durchgeführten Prüfungen. Hier schneidet erneut Bayern am schlechtesten ab mit nur rund zwölf Prüfungen pro 100.000 Einwohner. Der Durchschnitt der untersuchten Ländern liegt hier bei etwa 40. Deutlich unterschritten wird dieser Durchschnitt erneut auch von Thüringen mit knapp 20 Prüfungen pro 100.000 Einwohner. 5

Umsatzsteuersonderprüfungen Der Umsatzsteuerbetrug war in den letzten Jahren immer wieder in der Diskussion. Nach neuesten Schätzungen der EU wird in Deutschland 12 bis 14% der Umsatzsteuer hinterzogen. Umso wichtiger ist ein Umsatzsteuervollzug, der kein Auge zudrückt. In diesem Bereich ist Sachsen Spitzenreiter mit 46 Umsatzsteuersonderprüfern pro eine Million Einwohner. Der Bundesdurchschnitt liegt bei etwa 31. Und wie schon so oft ist auch hier Bayern erneut das Schlusslicht: das Land hat nur knapp 20 Umsatzsteuersonderprüfer pro eine Million Einwohner. Was sind die Grünen Forderungen? Die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen 2004 in Kiel hat die Forderung nach Einführung einer Bundessteuerverwaltung beschlossen. Die Begründung von damals wird durch die Ergebnisse unserer Kleinen Anfragen deutlich bestätigt: Landesregierungen haben einen Anreiz, bei ihrer eigenen Steuerverwaltung nicht so genau hinzuschauen. Dieses Problem lässt sich nur durch eine Verlagerung der Zuständigkeit für die Steuerverwaltung auf den Bund dauerhaft lösen. Denn dann besteht ein gemeinsames Interesse des Bundes und der Länder an einem konsequenten Steuervollzug und der Wettbewerb um die schwächste Steuerverwaltung findet ein Ende. Das sorgt nicht nur für höhere Steuereinnahmen, mit denen wichtige öffentliche Ausgaben finanziert werden können, sondern ist auch sozial gerecht, weil bislang gerade bei Spitzenverdienern weggeschaut wird, denen viele steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten offen stehen. Im Rahmen der Föderalismuskommission II ist die Diskussion um eine Bundessteuerverwaltung jedoch gescheitert, da keine Mehrheit innerhalb der Länder für die Einführung erkennbar war. Da der Bundesrat einer solchen Änderung der Steuerverwaltung aber zustimmen müsste, besteht zurzeit keine konkrete Perspektive einer Umsetzung der Bundessteuerverwaltung. Aus diesem Grund findet sich in der Mehrzahl unserer Landtagswahlprogramme die Forderung nach einem zügigen Ausbau der personellen und finanziellen Mittel für den Steuervollzug auf Landesebene. Hier muss Steuergerechtigkeit über Standortpolitik gehen. Um einen Anreiz dafür zu liefern, wollen wir einen Benchmarking-Prozess einführen, der die Länder jährlich dazu verpflichtet, die finanzielle und personelle Ausstattung ihrer Steuerverwaltungen offenzulegen. Die Daten werden dann in vergleichender Form veröffentlicht. So kann sich jede und jeder darüber informieren, welche Landesregierung die Steuergerechtigkeit ernst nimmt und welche nicht. 6