Zuhause in der Einwanderungsgesellschaft Aktuelle Forschungen zum Verhältnis von Migration und städtischem Wohnungsmarkt



Ähnliche Dokumente
Zur Diskriminierung im Wohnungsmarkt

Wie löscht man soziale Brennpunkte? Köln-Chorweiler und -Kalk

Bevölkerung mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung 2012

MigrantInnen werden älter: Wer pflegt sie?

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe

Welche Staatsangehörigkeit(en) haben Sie?... Mutter geboren?...

Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten

Statistische Materialien zu Existenzgründung und Selbstständigkeit der Wohnbevölkerung mit Migrationshintergrund

Schnelle Antwort, gute klare Beratung. Ich bin wirklich sehr zufrieden. Auswertung der Mandantenbefragung 2007

Wahrnehmung der Internetnutzung in Deutschland

Wohnstudie 2016 Bundeslandbericht Salzburg

1) Wohnen und Wohnumfeld

Lebenserwartung nach Sterbetafel 2003/2005

Resultate GfS-Umfrage November Wie bekannt ist das Phänomen Illettrismus bei der Schweizer Bevölkerung?

Umweltbewusstseinsstudie 2014 Fact Sheet

Wohnsituation in Baden-Württemberg

Repräsentative Umfrage zur Beratungsqualität im deutschen Einzelhandel (Auszug)

meinungsraum.at Oktober 2013 Radio Wien Armut

Migration in der Bundesrepublik

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Deutscher Bürgerpreis. Jetzt bewerben: Deutschland 2016 Integration gemeinsam leben

Arbeitsmarkt Perspektive der Arbeitnehmer. Stories für Journalisten

Information zum Projekt. Mitwirkung von Menschen mit Demenz in ihrem Stadtteil oder Quartier

Kinder in der Postmoderne? Befunde der World Vision Kinderstudie 2010

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Anzeige von eingescannten Rechnungen

Insiderwissen Hintergrund

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Segregierte Armut in der Stadt

ZART KEIMT DIE HOFFNUNG FÜR 2005

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Die KommTech-Typen 2012

Aussage: Das Seminar ist hilfreich für meine berufliche Entwicklung

I N S T I T U T F Ü R D E M O S K O P I E A L L E N S B A C H

Kulturelle Evolution 12

Pflegedossier für die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder)

Gemeinsame Erklärung zur inter-kulturellen Öffnung und zur kultur-sensiblen Arbeit für und mit Menschen mit Behinderung und Migrations-Hintergrund.

Einstellungen der Deutschen gegenüber dem Beruf der Putzfrau

Markus Demary / Michael Voigtländer

Allensbach: Das Elterngeld im Urteil der jungen Eltern

15.3 Bedingte Wahrscheinlichkeit und Unabhängigkeit

Fremdwährungsanteil bei Tilgungsträgerkrediten bei 86 % eine Analyse der Fremdwährungskreditstatistik 1

Feiertage in Marvin hinterlegen

Forderungsausfälle - Ergebnisse einer repräsentativen Studie von Forsa - September 2009

Lehrer: Einschreibemethoden

Befragung zur Beratungs- und Vermittlungsleistung

Wir machen uns stark! Parlament der Ausgegrenzten

Vermögensbildung: Sparen und Wertsteigerung bei Immobilien liegen vorn

Der Vortrag besteht aus 27 Seiten! Ich habe 15 Minuten. + 1 Minute Diskussion Passt!

50 Fragen, um Dir das Rauchen abzugewöhnen 1/6

Die Mehrheit der deutschen Erwerbstätigen sieht Defizite im Hinblick auf die soziale Gerechtigkeit

Kinderarmut bei unter Dreijährigen: Große regionale Unterschiede Nordrhein-Westfalen hat höchste Armutsquote unter den westdeutschen Flächenländern

Statistik Augsburg interaktiv

AUFGABE 1 - INTERAKTION AUFGABENSATZ 1

Outlook. sysplus.ch outlook - mail-grundlagen Seite 1/8. Mail-Grundlagen. Posteingang

Mobile Intranet in Unternehmen

Krankenkassenwahl: Nicht nur eine Frage des Beitragssatzes

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

an die Hochschule und ihre Studierenden. Er gibt auch inhaltlich eine Linie vor: Um ihr gerecht zu werden, muss sie innovative Studiengänge anbieten.

S P E C T R A K T U E L L UNVERÄNDERTES "JA" ZU FLEXIBLEN ARBEITSZEITEN. JEDOCH "NEIN" ZU SONNTAGS- ÖFFNUNGSZEITEN GROSSER LEBENSMITTELMÄRKTEN 11/99

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Energetische Klassen von Gebäuden

allensbacher berichte

Gemeindedatenblatt: Bruchköbel, St. (435006)

Südbaden-Cup. Ausstieg Champions

Vermögensverteilung. Vermögensverteilung. Zehntel mit dem höchsten Vermögen. Prozent 61,1 57,9 19,9 19,0 11,8 11,1 5 0,0 0,0 1,3 2,8 7,0 2,8 6,0

Frauen in MINT-Berufen

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

PRESSEINFORMATION vom 15. Juni 2011

Mit dem Tool Stundenverwaltung von Hanno Kniebel erhalten Sie die Möglichkeit zur effizienten Verwaltung von Montagezeiten Ihrer Mitarbeiter.

Handbuch. NAFI Online-Spezial. Kunden- / Datenverwaltung. 1. Auflage. (Stand: )

allensbacher berichte

Datenblatt: Frankfurt am Main, St. (412)

EINE UNI FÜR ALLE. Universität Luzern, Montag, 5. Mai Uhr

Indikatoren-Erläuterung

Behandlung und Beratung von Alkoholabhängigen

Sei dabei und schau nicht nur zu! -Freiwillige an die Schulen

Organische Photovoltaik: Auf dem Weg zum energieautarken Haus. Referat von Dr. Gerhard Felten. Geschäftsleiter Zentralbereich Forschung und

Der Fachkräftemangel ist kein Mythos. Konjunkturell und strukturell ist (und bleibt) er ein Problem.

Zahlenwinkel: Forscherkarte 1. alleine. Zahlenwinkel: Forschertipp 1

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

Konzeption & Umsetzung eines länderübergreifenden IKZM - Prozesses

Online-Befragung der Promovierenden zur Betreuungssituation an der Universität Potsdam

Statistische Auswertung:

HOTEL BÄREN. Familie Sauter Beobachtungen & Problembereiche. Interview mit Stefan Sauter (Miteigentümer)

Gemeindedatenblatt: Bad Soden am Taunus, St. (436001)

NEET - Jugendliche: Problemausmaß, Charakteristika und Handlungsstrategien

Informationen für den Wahlkreis. 15. Wahlperiode / Wohin mit dem Elektroschrott?

Jeder zweite Selbstständige in Vollzeit mit überlanger Arbeitszeit

Was ist das Budget für Arbeit?

Sehr geehrte Damen und Herren

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Die Zahl der Kinder mit Förderbedarf an Regelschulen hat sich in den letzten vier Jahren verdoppelt

Vortrag beim SSB Duisburg am Prof. Dr. Christa Kleindienst-Cachay Universität Bielefeld Abt. Sportwissenschaft

Personal der Frankfurter Pflegeeinrichtungen 2005

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Studie: Wohnungsmangel in Deutschland?

Transkript:

Zuhause in der Einwanderungsgesellschaft Aktuelle Forschungen zum Verhältnis von Migration und städtischem Wohnungsmarkt PD Dr. Felicitas Hillmann, FU Berlin, Anthropogeographie Die Wohnsituation von Flüchtlingen in Deutschland und Europa Veränderte Wohnkonzepte durch neue Mobilitäten

Felder, Indikatoren, Gradmesser der Integration Arbeit Bildung Wohnen

Definitionen? Es existiert keine allgemeingültige Definition von Integration. Am ehesten: Eingliederung von Minderheiten in eine Mehrheit mit dem Ziel einer wieder zu erlangenden Integrität. Schwierige Differenzierung von Ethnischer vs. Sozialer Integration

Sehr beliebt: Begriffspärchen Desintegration Integration & Assimilation Segregation Inklusion Multikulturalismus Partizipation

Vortragslogik: Begriffspärchen Wissenschaftliches Zuhause Wohnen Mini-State-of-the-art Panel 1 und 2

Begriffspärchen Wissenschaftliches Zuhause Wohnen Integration und Desintegration Integration und Assimilation Integration und Segregation Integration und Inklusion Integration vs. Partizipation, Diversität USA, spätes 19. JH (Sozialreformen) und 20er Jahre, Chicago School, D: Homogenität als Ideal USA: Einwanderer als Teil des nationalen Selbstverständnisses, Americanization D:./. Ab 1980, Übernahme US-Konzepte Polarisierung der Städte, Umstrukturierung der Städte, Errechnung von Schwellenwerten Abkehr von einer klar definierten Mehrheitsgesellschaft, Institutionalisierung von Integration Annäherung an die Multi-Kulti-Debatte Transnationalismus, bilokale Lebensformen, Milieuforschung, Postmigrantische Lebenswelten Natural areas, Invasion und Sukzession, communities, neighborhoods, Hobos Kolonien als Eingliederungsschleuse, Wohnort ist mit einem Sozialstatus verbunden, Wohnheime, soziale Aufwärtsmoblität in die Mehrheitsgesellschaft, Zuzugssperre Segregierte Wohnstandorte, Migranten wohnen mit einem geringeren Standard, Vorstellung einer sozialen Mischung, kleinräumige (lokale) Aktionsräume, Erlahmen der Stadt als Integrationsmaschine Insgesamt Anregung neuer Wohnformen für benachteiligte Gruppen, z.b. Wohngenossenschaften, Stärkung der Position im Stadtteil, internationale Bauten, Migranten als Kunden Transitäre Wohnformen wie z.b. für Flüchtlinge, Hochqualifzierte, Fernpendler

Migration ist ein ortsgebundener Prozess Innerstädtische Segregation Wohnsituation

- Innerstädtische Segregation widersprüchlich und komplex. Foto: Hillmann 2014 Bis heute verwenden Stadtforscher mangels anderer Daten den Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung als kleinräumigen Armutsindikator, denn die Stadtteile mit einer in der Regel älteren und sozial etablierten einheimischen Bevölkerung haben fast immer niedrige Ausländeranteile. Die soziale und demographische Segregation in den Städten Nordrheinwestfalens hat in den letzten drei Jahrzehnten stetig zugenommen (STADT ESSEN 2013:19f) Die Studie hat gezeigt, hier nur am Beispiel Kölns dokumentiert, dass die ethnische Segregation zwischen 1990 und 2004 abgenommen, hingegen die soziale Segregation, also die Trennung von Arm und Reich, im gleichen Zeitraum zugenommen hat. Die Erklärung dieser Entwicklungen erweist sich jedoch als kompliziert, denn die Effekte der erklärenden Variablen sind von Stadt zu Stadt unterschiedlich hoch. (Friedrichs 2011: 59)

Unterschiede existieren, Benachteiligungen auch 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% Wohnfläche je Person in qm in Mietwohnungen nach Migrationshintergrund, Mikrozensus 2006 Ohne MH Miete Wohneigentum Mit MH 0% Personen ohne Migrationshintergrund Presonen mit Migrationshintergrund unter 20 qm 20-30 qm 30-40 qm 40-50 qm 50-75 qm über 75 qm Quelle: Statistisches Bundesamt 2008, in: BAMF Integrationsreport 2008

Wissenschaftliche Literatur Fragestellung: An welchen subjektiven und gesellschaftlichen Faktoren entscheiden sich Prozesse der Integration resp. Ausgrenzung? Methoden: Qualitative Interviews (Hannover) mit 60 Interviews mit Migranten türkischer Herkunft, 40 Interviews mit Gatekeepern des Arbeits- und Wohnungsmarkts

Ergebnisse Nach den gängigen Indikatoren (Ausstattung, Wohnfläche, Eigentümeranteil, Mietpreise) hat sich die Wohnsituation von Migrantinnen und Migranten seit den 1990er Jahren verbessert. Allerdings gibt es nach wie vor Probleme der Unterversorgung und Benachteiligung (Wohnfläche, Mieten pro m2). Bei den interviewten türkischen Migranten dominierte eine Integration auf niedrigem Niveau.

Erklärungsversuche Eine Integration im Sinne einer vollständigen Angleichung von Migranten an die nicht-migrantische Bevölkerung ist nicht wahrscheinlich. Der Prozess der Integration im Bereich Wohnen hängt in hohem Maße von der sozioökonomischen Situation der Migranten ab. Migranten haben eine andere Altersstruktur als Herkunftsdeutsche und eine andere regionale Verteilung: Sie sind jünger und wohnen häufiger in Großstädten. 4.Der Prozess der Integration wird beeinträchtigt durch eine Verknappung des Angebots im Segment der preiswerten Mietwohnungen, und. 5. durch Diskriminierung.

Ergebnisse bezüglich Diskriminierung:.Bevorzugung von Herkunftsdeutschen bei qualitativ hochwertigen Wohnungsbeständen. Quotierung der Mietshäuser nach ethnischer Zugehörigkeit, d.h. der Anteil von Migrantenhaushalten soll einen bestimmten Wert nicht überschreiten. Ein häufiger Wert ist eine Quotierung von 1/3 Migranten- zu 2/3 deutschen Haushalten. Die Chance, die Quoten durchzusetzen sind abhängig von der Attraktivität der Bestände und der konjunkturellen Lage auf dem Wohnungsmarkt. Ausweitung der Quotierung auf ganze Stadtviertel ist ein Sonderfall. Zit. Nach: Norbert Gestring, Zur Diskriminierung im Wohnungsmarkt Integrations- und Ausgrenzungsprozesse bei türkischen Migranten der zweiten Generation, Vortrag: Freiwillige Selbstverpflichtungen in der Wohnungswirtschaft im Sinne des Nationalen Integrationsplans Experten-Workshop des Planerladens, Dortmund, 19.04.2013

Schlussfolgerungen Integration ist gekoppelt an gesellschaftliche Vorstellungen des Zusammenlebens Bestimmte Stadtteile dienen als Integrationsstadtteile Studien belegen Verbesserung der Wohnsituation für die MigrantInnen Studien belegen eine strukturelle Diskriminierung (durch Einkommen oder durch Hierarchisierung durch die Gatekeeper), ebenfalls durch den Namen (Studie Kaas und Manger 2010). Einige Wohnformen lassen sich durch die Vorstellungen von Integration nicht mehr fassen um die geht es heute: flüchtig, multilokal.

Forschung an den *Extremen* der neuen Geographien der Migration SEIT KNAPP DREI MONATEN CAMPEN DIE FLÜCHTLINGE AUF DEM ORANIENPLATZ IN BERLIN-KREUZBERG ://www.morgenpost.de/berlin/article112416758/protest -Camp-am-Kreuzberger-Oranienplatz-darfbleiben.html&h, Abruf am 3.10.2014 http://timesofap.com/immigration/joi n-the-eu-blue-card-network.html&h, Abruf am 3.10.214