Wirtschaftlichkeit verschiedener Luftführungssysteme in Industriehallen Dipl.-Ing. Detlef Makulla Leiter Forschung & Entwicklung der Caverion Deutschland GmbH, Aachen Auswirkungen auf Energiekosten und Investitionen In Produktionshallen mit hoher Wärmebelastung ist es von großer Bedeutung, die Zuluft energetisch effektiv dem Aufenthaltsbereich zuzuführen. Es handelt sich oft um hohe Hallen, und man neigt dazu, die Luftdurchlässe in einigen Metern Höhe anzuordnen. Wenn dabei noch Luftdurchlässe angewandt werden, die hochturbulente Luftstrahlen erzeugen, wird zwar die gesamte Halle gleichmäßig durchspült, allerdings ist die Auswirkung im Aufenthaltsbereich geringer, als wenn die Zuluft turbulenzarm in Art der Verdrängungsströmung direkt in den Aufenthaltsbereich ausgeblasen wird. Mit der turbulenzarmen Verdrängungsströmung wird die Luftqualität verbessert, aber auch die Energie- und Gesamtkosten werden reduziert.
Abluft Drallauslass Zuluft Abluft Decke Maschine Diffuse Raumluftströmung Boden Luftauslass Wärmequelle Boden 1 Turbulente Mischlüftung 2 Turbulenzarme Verdrängungsströmung vom Boden (Schichtlüftung) Problemstellung Turbulente Luftstrahlen oberhalb des Aufenthaltsbereiches induzieren die aufsteigende, warme Raumluft und führen sie teilweise wieder in den Aufenthaltsbereich zurück 1. In der gesamten Halle herrscht annähernd die gleiche Temperatur. Der Wärmebelastungsgrad [1], der den Anteil der Wärmelast angibt, welche im Aufenthaltsbereich wirksam wird, ist annähernd 1. Wird dagegen die Zuluft turbulenzarm durch Verdrängungsströmung dem Aufenthaltsbereich zugeführt, so wird die erwärmte Raumluft nach oben verdrängt 2. Der Anteil der im Aufenthaltsbereich wirksamen Wärmelast und damit der Wärmebelastungsgrad reduzieren sich. Auf diese Weise wird zur Einhaltung der gleichen Raumtemperatur im Aufenthaltsbereich ein geringerer Zuluftvolumenstrom benötigt. Damit wird die RLT-Anlage kleiner und deren Betriebskosten geringer. Der wirtschaftliche Vergleich der verschiedenen Luftführungssysteme wird für eine Industriehalle mit einer spezifischen Kühllast von 120 W/m 2 durchgeführt. Die Halle hat eine Höhe von 8 m. Im Aufenthaltsbereich soll eine Raumlufttemperatur von 26 C eingehalten werden. Die Zuluft ist mit 18 C einzublasen. Es stehen alternativ drei verschiedene Luftführungssysteme zur Wahl. Literatur [1] VDI 3802-1: Raumlufttechnische Anlagen für Fertigungsstätten. Entwurf 2013. 2
3 Turbulente Mischlüftung aus 4 m Höhe 4 Turbulenzarme Verdrängungsströmung aus 3 m Höhe 5 Turbulenzarme Verdrängungsströmung am Boden (Schichtlüftung) 3 verschiedene Luftführungssysteme stehen zur Wahl 3 Turbulente Mischlüftung mit waagerecht ausblasenden, turbulenten Luftstrahlen, aus 4 m Höhe 4 Turbulenzarme Verdrängungsströmung mit waagerecht ausblasenden, turbulenzarmen Luftstrahlen, aus 3 m Höhe 5 Turbulenzarme Verdrängungsströmung mit waagerecht ausblasenden, turbulenzarmen Luftstrahlen direkt im Aufenthaltsbereich (Schichtlüftung) 3
6 Wärmebelastungsgrade für die drei Luftführungssysteme im Vergleich Zuluft-Volumenstrom Für den Wärmebelastungsgrad μ W können nachfolgende [2] Richtwerte zugrunde gelegt werden: μ W = 1,00 μ W = 0,65 μ W = 0,45 Aufgrund dieser Belastungsgrade kann man auch den benötigten Zuluft- Volumenstrom bei gleicher Raumlufttemperatur im Aufenthaltsbereich errechnen. V. = 45 m 3 /(h m 2 ) V. = 29 m 3 /(h m 2 ) V. = 20 m 3 /(h m 2 ) Die Verdrängungsströmung benötigt einen deutlich geringeren Luft-Volumenstrom als die turbulente Mischlüftung, um 26 C Raumlufttemperatur im Aufenthaltsbereich einzuhalten. Am günstigsten ist es, wenn die Zuluft direkt im Aufenthaltsbereich ausgeblasen wird (). Benötigter Zuluft-Volumenstrom zur Kühllastabfuhr V. = V. μ w 3 600 μ W q. ρ c p (J r J z ) = Spezifischer Luft-Volumenstrom in m 3 /(h m 2 ) = Wärmebelastungsgrad q. = Spezifische Kühllast W/m 2 ρ = Dichte der Luft in kg/m 3 ; ca. 1,2 kg/m 3 c p J r = Spezifische Wärmekapazität der Luft in J/(kg K) ca. 1 000 J/(kg K) = Raumlufttemperatur im Aufenthaltsbereich in C J z = Zulufttemperatur in C 7 Gleichung 1 Literatur [2] Detzer, R., Dittes, W: Gezielte Belüftung der Arbeitsbereiche in Produktionshallen zum Abbau der Schadstoffbelastung. BMFT-Bericht HLK 1 92,1992. 4
Ermittelte Kosten Luftförderung Energieverbrauch Luftkühlung Seite Energie Luftförderung 5 Luftkühlung 5 Lufterwärmung 6 Investition 6 Wartung und Instandhaltung 7 RLT-Anlage und Kälte (Gesamt, jährlich) 7 8 Übersicht der ermittelten Kosten Q f = Q f V. p η t V. p t 3 600 000 η = Energieverbrauch in kwh/(m 2 a) = Luft-Volumenstrom in m 3 /(h m 2 ) = Gesamtdruckverlust (Zu- und Abluft) in Pa = Ventilatorwirkungsgrad = Betriebszeit in h/jahr 9 Gleichung 2 Q k = Q k V. p (h au h k ) t m 3 600 = Energieverbrauch für Luftkühlung in kwh/(m 2 Monat) Q el = Q k /COP Q el = Stromverbrauch der Kältemaschine COP = Leistungszahl der Kältemaschine h au = Außenluftenthalpie in kj/kg h k t m = Zuluftenthalpie nach dem Kühler in kj/kg, entsprechend Prozessablauf bei 15 C = Betriebszeit in h/monat 10 Gleichung 3 Energiekosten der Luftförderung Multipliziert man den Energieverbrauch mit dem Strompreis, so erhält man die Energiekosten für die Luftförderung 9. Jahreskosten für den Aussenluftbetrieb mit Wärmerückgewinnung Mit den Daten: p = 900 Pa Zuluft / 500 Pa Abluft η = 0,80 t = 3120 h/a Strompreis = 0,14 /kwh folgt für die Energiekosten der Luftförderung: 68,3 kwh/(m 2 a) 9,50 /(m 2 a) 44,0 kwh/(m 2 a) 6,15 /(m 2 a) 30,3 kwh/(m 2 a) 4,25 /(m 2 a) Energiekosten der Luftkühlung Dies sind die Kosten für die Kühlung der Außenluft auf die Zulufttemperatur von ca. 15 C hinter dem Luftkühler. Dabei wurde eine Temperaturerhöhung durch den Ventilator und das Kanalnetz berücksichtigt. Es wird davon ausgegangen, dass die Kühlung 5 Monate im Jahr erforderlich ist (von Mai bis September), und dies 22 Tage pro Monat und 10 Stunden pro Tag (von 8 h bis 18 h). Entsprechend den meteorologischen Daten für den Standort Mannheim ist der monatliche Kühlenergiebedarf berechnet worden. Der Energieverbrauch 10 wurde zunächst für jeden Monat einzeln berechnet und dann über 5 Monate addiert. Die Ergebnisse sind: Q k = 82 kwh/(m 2 a) Dividiert man durch einen COP von 3 (Leistungszahl der Kältemaschine) und berücksichtigt einen Strompreis von 0,14 /kwh, so erhält man: Q el = 27,3 kwh/(m 2 a) 3,80 /(m 2 a) Ähnlich folgt für die Systeme 2 und 3: Q el = 17,5 kwh/(m 2 a) 2,45 /(m 2 a) Q el = 12,1 kwh/(m 2 a) 1,70 /(m 2 a) 5
Energieverbrauch Lufterwärmung Q h = V. (ϑ z ϑ wrg ) c p ρ t 3600 Q h = Energieverbrauch für die Lufterwärmung in kwh/(m 2 a) ϑ z = Zulufttemperatur in C ϑ wrg = Lufttemperatur nach der Wärmerückgewinnung in C c p = Wärmekapazität der Luft in kj/kg ρ = Dichte der Luft in kg/m 3 t = Betriebszeit in h/a Jährliche Kosten in /(m 2 a) 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Kälte Wärme Luftförderung Spezifische Investitionskosten Investition Luftbehandlungsgerät mit Wärmerückgewinnung MSR Kanalsystem mit Installation Summe Kosten 3,90 /(m³/h) 0,80 /(m³/h) 1,60 /(m³/h) 6,30 /(m³/h) 11 Gleichung 4 12 Jährliche Gesamtkosten für Energie 13 Investitionskosten Jahreskosten für den Aussenluftbetrieb mit Wärmerückgewinnung Energiekosten der Lufterwärmung Für die Monate Oktober bis April wird aufgrund der ganzjährig angenommenen Kühllast vereinfacht angenommen, dass die Zuluft während der Betriebszeit immer bis auf 18 C erwärmt werden muss. Berücksichtigt man eine Lufterwärmung über den Ventilator, eine Ablufttemperatur von ungünstigenfalls 22 C sowie eine Rückwärmezahl der Wärmerückgewinnung von 70 %, so ist bis zu einer Außenlufttemperatur von 5 C keine zusätzliche Heizleistung erforderlich. Multipliziert man den Energieverbrauch mit dem Wärmepreis von 0,07 /kwh, so erhält man die jährlichen Energiekosten zur Lufterwärmung 11. 41,4 kwh/(m 2 a) 2,90 /(m 2 a) 26,6 kwh/(m 2 a) 1,85 /(m 2 a) 18,4 kwh/(m 2 a) 1,30 /(m 2 a) Die gesamten jährlichen Energiekosten für die Luftförderung, Luftkühlung und Lufterwärmung betragen 12. 16,20 /(m 2 a) 10,45 /(m 2 a) 7,25 /(m 2 a) Investitionskosten Die Investitionskosten 13 setzen sich aus der RLT-Anlage und der Kälteerzeugung zusammen. Für wurden die Kosten für die Montage der Kanäle und der Luftdurchlässe wegen der längeren Kanäle um 5 % und für um 10 % gegenüber erhöht. Somit sind folgende Kosten (ohne Luftdurchlässe) zugrunde gelegt worden: 6,30 /(m 3 /h) 6,38 /(m 3 /h) 6,46 /(m 3 /h) Die Luftdurchlässe inkl. Stellmotor sind separat, abhängig vom System, berechnet worden: 0,25 /(m 3 /h) 0,26 /(m 3 /h) 0,29 /(m 3 /h) Die spezifischen Kosten für die Kälteerzeugung wurden mit 500 /kw Kälteleistung zugrunde gelegt. Bei einer max. Außenluftenthalpie von 62 kj/kg betragen die Investitionskosten für die Kälteerzeugung 3,50 /(m³/h). Multipliziert man die Kosten in /(m³/h) mit dem spezifischen Zuluft-Volumenstrom, so erhält man folgende Investitionskosten pro m 2 Grundfläche: 452 /m 2 295 /m 2 206 /m 2 6
Annuität AN = K i (1 + i) n (1 + i) n -1 AN = Annuität in /(m 2 a) K = Kapitaleinsatz bzw. Investitionskosten in /m 2 i = Zinssatz in %/100 n = Nutzungsdauer der RLT-Anlage in Jahren Jährliche Kosten in /(m 2 a) 90 80 70 60 50 40 30 20 Wartung / Instandhaltung Energie Investition 10 0 Jahreskosten für den Aussenluftbetrieb mit Wärmerückgewinnung 14 Jährliche Investitionskosten (Annuität) Kosten für die Wartung und Instandhaltung Entsprechend den Richtlinien können die jährlichen Kosten für Wartung und Instandhaltung mit 2 % der Investitionskosten eingesetzt werden. 452 /(m 2 a) 0,02 = 9,04 /(m 2 a) 295 /(m 2 a) 0,02 = 5,90 /(m 2 a) 206 /(m 2 a) 0,02 = 4,12 /(m 2 a) 15 Jährliche Gesamtkosten für RLT, Kälte und Wärme Jährliche Gesamtkosten für die RLT-Anlage und Kälte Die jährlichen Gesamtkosten erfassen die jährlichen durchschnittlichen Investitionskosten (Annuität 14 ), die Energiekosten 12 sowie die Kosten für Wartung und Instandhaltung. Unter Annahme einer Nutzungsdauer von 15 Jahren und eines Zinssatzes von 2,5 % erhält man für die Annuität: AN = 36,20 /(m 2 a) AN = 23,60 /(m 2 a) AN = 16,50 /(m 2 a) Die Gesamtkosten 15 für die turbulenzarme Verdrängungsströmung sind bei gleicher Temperatur im Aufenthaltsbereich und bei gleicher Zulufttemperatur deutlich niedriger als bei der turbulenten Mischlüftung. 61,45 /(m 2 a) 39,95 /(m 2 a) 27,85 /(m 2 a) Die Annuitätskosten betragen bei allen drei Systemen 59 %, die Energiekosten 26 % und die Kosten für Wartung und Instandhaltung 15 % der Gesamtkosten. 7
16 Kegelförmige Verdrängungsauslässe in einer Flugzeug-Lackierhalle Zusammenfassung In einer Fallstudie wurde die Wirtschaftlichkeit von drei verschiedenen Luftführungssystemen für Industriehallen gegenübergestellt. Die turbulenzarme Verdrängungsströmung ist in den Energiekosten und in der Investition günstiger als die turbulente Mischlüftung, wenn bei gleicher Zulufttemperatur die gleiche Raumlufttemperatur im Aufenthaltsbereich einzuhalten ist. Man benötigt einen geringeren Luft- Volumenstrom, was sich in den jährlichen Gesamtkosten positiv auswirkt. Darüber hinaus verbessert sich bei der Nutzung der Verdrängungsströmung die Luftqualität im Aufenthaltsbereich, weil die emittierten Schadstoffe effektiver aus dem Aufenthaltsbereich verdrängt werden. Weitere Informationen zu Verdrängungs- Luftdurchlässen für den Industriebereich finden Sie hier! Dipl.-Ing. Detlef Makulla 18.07.2014 Caverion Deutschland GmbH Krantz Komponenten Uersfeld 24, 52072 Aachen Tel.: +49 241 441-1 Fax: +49 241 441-555 info.komponenten@krantz.de Eine Marke der Caverion