Leitungsvorgänge in Metallen und Halbleitern



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Transkript:

Technische Universität Dresden Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften Fachrichtung Physik Professur für Didaktik der Physik Leitungsvorgänge in Metallen und Halbleitern Eine Auswertung im Rahmen der Lehrveranstaltung Physikalische Schulexperimente 2 Tom Köhler Peter Ptzenreiter Matrikel: 3304879 Matrikel: 3350002 Tom.Koehler@mailbox.tu-dresden.de Peter.Ptzenreiter@mailbox.tu-dresden.de 21. Juli 2009

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 3 2 Fachlicher Hintergrund 4 2.1 Das Bändermodell............................ 4 2.2 Leitung im Bändermodell........................ 5 2.2.1 Elektronenleitung im Leitungsband............... 5 2.2.2 Löcherleitung........................... 6 2.3 Dotierte Halbleiter............................ 7 2.4 Temperaturverhalten........................... 8 2.4.1 Metalle............................... 8 2.4.2 Halbleiter............................. 8 2.5 Leitung durch Photoeekt........................ 8 3 Didaktische Überlegungen 9 3.1 Leitung im Lehrplan........................... 9 3.2 Didaktische Reduktion.......................... 10 3.2.1 Erstes Niveau: Elektronengas-Modell.............. 10 3.2.2 Zweites Niveau: Löcherleitung.................. 11 3.2.3 Grenzen der Modelle....................... 13 3.2.4 Ausblick.............................. 14 4 Experimente 15 4.1 Freihandversuch.............................. 15 4.2 Qualitativer Versuch: Leitfähigkeit von Metallen, Halbleitern und Isolatoren................................... 15 4.3 Quantitativer Versuch: Ohmscher Widerstand............. 15 4.3.1 Ziele des Versuchs......................... 15 4.3.2 Aufbau und Durchführung.................... 15 4.3.3 Beobachtung und Messwerte................... 16 4.3.4 Auswertung............................ 17 4.3.5 Einordnung in den Unterrichtsgang............... 17 4.4 Rechnergestützter Versuch........................ 17 5 Quellenverzeichnis 18

1 Einleitung Leitungsvorgänge in Metallen und Halbleitern sind Prozesse, die in unserer inationär wachsenden Elektroindustrie eine immense Rolle spielen. Doch nicht nur die Ingenieure hinter ihren Schreibtischen interessiert, was bei der elektrischen Stromleitung in den Stoen vor sich geht, auch für einen Groÿteil der Heranwachsenden besteht ein grundlegendes Interesse und ein Wille zum Verständnis für die Vorgänge in den Leitern und Halbleitern. Immerhin werden sie heutzutage schon sehr früh in den Bann der Anwendungen von Leitungsvorgängen gezogen, seien es die unheimlich anmutenden Reaktionen eines Computers nach dem Einschalten, das ultimative Entertainment-Werkzeug der Neuzeit das Handy oder aber auch Trivialitäten wie eine Taschenlampe oder die Türklingel. Überall spielen Leitungsvorgänge eine groÿe Rolle. Irgend etwas passiert da im Verborgenen, sodass die Lampe zu leuchten beginnt, sobald ich einen (räumlich entfernten) Schalter betätigt habe. Um den Schülern eine anfängliche Vorstellung von Leitung in Stromkreisen zu geben, wird in der 6. (oder erst später in der 7.) Klasse gerne die Analogie zu einem Wasserstromkreis gebracht, wo Wasser, angetrieben durch eine Pumpe (entspricht der Spannungsquelle), entlang eines Wasserkanals (Stromkabel) ieÿen und dabei verschiedene Dinge antreiben kann (z.b. Lampe). Ein groÿes Problem dieses Modells ist schnell gefunden: Wenn der Wasserkanal ein Leck hat, läuft das Wasser aus. Kann Strom auch auslaufen, wenn das Kabel eine Bruchstelle aufweist? Im Allgemeinen nein. Dieses erste Stromleitungsmodell kann in den Schülern ein intuitives Verständis für Wirkungen des Stromusses hervorrufen. Doch es erklärt immernoch nicht, was sich da in den Leitern abspielt. Erst in Klasse 7 sieht der Lehrplan einen Einblick in diese inneren Vorgänge vor. Der Leitungsvorgang in Metallen wird mittels der Elektronenleitung erklärt. Dieses Modell ist jedoch für Halbleiter noch nicht ausreichend, weswegen ein weiteres hinzugezogen werden muss, die Löcherleitung. Beide Modelle können auch zum sogenannten Bänder-Modell zusammengefasst werden, was in der Schule jedoch wenn überhaupt nur in der Oberstufe vorkommt. 3

2 Fachlicher Hintergrund 2.1 Das Bändermodell Um das Bändermodell zu beschreiben sind Ausüge in die Quantenmechanik unumgänglich. Da der Grad der Komplexität nicht unnötig in die Höhe geschraubt werden soll, wird bereits an dieser Stelle eine leicht vereinfachte Darstellung gewählt. Betrachten wir zunächst das Bohrsche Atommodell, angewendet auf ein einzelnes, freies Atom. Dem Modell zufolge können sich die Elektronen nicht beliebig im Coulombpotential des Atomkerns aufhalten, sondern nur auf bestimmten Bahnen (Schalen) mit klar denierten Energiewerten. Erhält ein Elektron beispielsweise durch thermische Anregung mehr Energie, so kann es in eine Schale höherer Energie gelangen, sofern diese Schale noch einen freien Zustand bereit hält. Wird das Elektron gar auf eine Energie E > 0 angeregt, so hat es das Coulombpotential des Kerns verlassen und kann sich auÿerhalb frei bewegen. Abbildung 1: Erlaubte Energieniveaus im Coulombpotential eines Wasserstokerns Metalle und Halbleiter sind Festkörper mit einer symmetrischen Gitterstruktur. Die Atome besitzen ihren festen Platz in diesem Atomgitter und können diesen Platz im Allgemeinen nicht verlassen. Im Unterschied zum einzelnen, isolierten Atom treten nun vorrangig zwei Eekte auf, die unsere gerade geschaene Anschauung etwas abändern. Erstens spalten sich die zulässigen Energieniveaus durch die gegenseitige Beeinussung der Elektronen der verschiedenen Atome auf. Die Zahl der Aufspal- 4

tungen ist proportional zur Zahl der zusammenkommenden Atome. Im Fall unserer Gitterstrukturen, d.h. bei sehr vielen Atomen, entstehen damit mehrere getrennte, selbst aber quasi-kontinuierliche Energiebänder 1. Abbildung 2: Aufspaltung der Energieniveaus in Energiebänder Der zweite Eekt ist, dass das Coulombpotential der einzelnen Atome nun nicht mehr asymptotisch gegen 0 ansteigt, sondern vorher zum nächsten Nachbarn wieder abbiegt. Eine Folge dieses Eektes liegt auf der Hand: Die Elektronen können sich nun schon ab einer bestimmten Energie E < 0 frei von Atom zu Atom bewegen. Lediglich an der Oberäche des Gitters verläuft das Potential gegen den Wert 0, sodass die Elektronen zumindest dort gebunden sind. Wie soeben beschrieben, besitzt das Coulombpotential zwischen jedem Gitteratom ein lokales Maximum V max < 0. Elektronen, die sich in Energiebändern mit E < V max benden, sind an den jeweiligen Kern gebunden. Das letzte mit Elektronen besetze Band ist das sogenannte Valenzband. Das nächst energiereichere Band nennt man das Leitungsband, das in Energiebereichen von E > V max liegt. 2.2 Leitung im Bändermodell 2.2.1 Elektronenleitung im Leitungsband Da Elektronen im Leitungsband so viel Energie besitzen, dass sie nicht im Potential der Gitteratome gefangen sind, können sie sich also auÿerhalb frei bewegen. Sobald 1 In diesen dicht gepackten Atomgittern sind die einzelnen Atome und ihre zugehörigen Elektronen ununterscheidbar. In der Quantentheorie werden die Elektronen daher als ein einziger, gebundener Zustand betrachtet und mit Wellenfunktionen (Schrödingergleichung) beschrieben, wobei sie im gesamten Kristall stehende Wellen bilden. Über die de-broglie-beziehung p = h λ wird den Wellen ein Impuls und damit eine kinetische Energie zugeordnet. Am Boden eines jeden Bandes besitzen die Wellen den minimalen Impuls p min, der bis zur oberen Grenze des jeweiligen Bandes zum maximalen Impuls p max ansteigt. 5

ein elektrisches Feld im Gitter vorliegt, zum Beispiel durch Anlegen einer elektrischen Spannung, wird die stochastisch ungeordnete, thermische Bewegung (brownsche Bewegung) der Elektronen durch eine entlang des Feldes gerichtete Bewegung mit der sogenannten Driftgeschwindigkeit überlagert. Es kommt zum Stromuss. Es wurde bereits gesagt, dass das Valenzband das letzte mit Elektronen besetzte Band ist. Wie gelangen die Elektronen nun in das Leitungsband? Bei metallischen Leitern zeigt sich, dass sich das Valenz- und das Leitungsband berühren oder gar überlappen. Damit sind die Valenzelektronen (also diejenigen im Valenzband) von Metallen immer auch schwach gebundene Leitungselektronen, was die gute elektrische Leitfähigkeit von Metallen erklärt. Bei Halbleitern (und Isolatoren) liegt eine gewisse Energielücke zwischen Valenzund Leitungsband vor. Da Elektronen nicht ohne Anregung in ein höheres Energieniveau gelangen können, ist die Leitfähigkeit sehr gering oder verschwindet sogar. Wenn die Elektronen allerdings durch thermische Energie oder elektromagnetische Strahlung angeregt werden, so kann zumindest bei Halbleitern eine Elektronenleitung im Leitungsband erfolgen (bei Isolatoren ist die Energielücke so groÿ, dass es unter normalen Bedingungen unmöglich ist eine Leitfähigkeit hervorzurufen). 2.2.2 Löcherleitung Wenn, wie gerade beschrieben, ein Elektron durch Anregung in das Leitungsband gelangt (und dadurch frei wird), so hinterlässt es an seinem alten Platz einen freien Zustand, den man sich bildlich als ein Loch im Energieniveau vorstellen kann man spricht von der Erzeugung eines Elektron-Loch-Paares. Dieses Loch kann nun von einem anderen Elektron wieder gefüllt werden, entweder von einem aus dem Leitungsband, das an Energie verliert, oder aber von einem gebundenen Elektron eines benachbarten Atoms, was durch den quantenmechanischen Tunneleekt ermöglicht wird. Liegt ein elektrisches Feld an, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr groÿ, dass ein Elektron gegen das Feld durch den Potentialwall tunnelt, den freien Zustand einnimmt und damit in Feldrichtung ein Atom weiter ein Loch entsteht. Dieser Effekt wird als Löcherleitung bezeichnet. Da die gelöcherten Atome ein Elektron ins Leitungsband verabschiedet haben (wo sich die Elektronen ungebunden und frei bewegen können), herrscht nun ein Elektronenmangel. Das Atom wurde ionisiert und ist jetzt einfach positiv geladen. Daher sieht es bei der Löcherleitung von auÿen betrachtet auch so aus, als würde eine positive Ladung durch das Gitter wandern. 6

Abbildung 3: Modellhafte Vorstellung der Löcherleitung 2.3 Dotierte Halbleiter Reine Halbleiter (z.b. Silizium, Germanium, etc.) sind unter Normalbedingungen nahezu nicht leitfähig, da zwischen ihrem (voll besetzten) Valenzband und dem Leitungsband eine Energielücke besteht. Um dennoch Einuss auf ihre Leitfähigkeit zu nehmen, werden Halbleiter in der Technik häug dotiert. Dabei werden in das Gitter einige wenige Fremdatome eingebracht, die in ihrem vollen Valenzband entweder ein Elektron mehr (Donatoren) oder eines weniger (Akzeptoren) haben. Ein mit Donatoren dotierter Halbleiter besitzt also Fremdatome mit einem Valenzelektron mehr. Dieses zusätzliche Elektron wird zur Bindung mit den Nachbaratomen nicht benötigt und ist daher leicht ablösbar, d.h. es kann einfacher in das Leitungsband gelangen als die restlichen Valenzelektronen. Da Elektronen negativ geladen sind, spricht man in diesem Fall von n-dotierten Halbleitern. N-dotierte Halbleiter werden also durch Elektronenleitung (hier: n-leitung) leitfähig. Wird der Halbleiter mit Akzeptoren dotiert, so fehlt ein Elektron zur stabilen Bindung mit den Nachbaratomen, weshalb das Fremdatom nun doch noch ein Valenzelektron mehr aufnehmen kann. Dieses Loch ermöglicht wieder die oben beschriebene Löcherleitung. Da das Loch nach auÿen hin wie eine positive Ladung wirkt, bezeichnet man diese Halbleiter auch als p-dotiert und die Löcherleitung in diesem Fall als p-leitung. 7

2.4 Temperaturverhalten Wie bereits mehrach erwähnt, können Elektronen durch Zufügen von thermischer Energie in das Leitungsband gehoben werden. Dadurch entsteht ein Elektron-Loch- Paar, sodass sowohl Elektronen- als auch Löcherleitung möglich wird. Das lässt den naiven Schluss zu, dass die Leitfähigkeit mit steigender Temperatur zunehmen sollte. Doch diese Annahme ist etwas voreilig. 2.4.1 Metalle Die gute Leitfähigkeit von Metallen wird hauptsächlich durch ihre frei beweglichen Valenzelektronen bestimmt, also durch Elektronenleitung. Die Löcherleitung spielt hier nahezu keine Rolle. Steigt nun die Temperatur, so nimmt zwar der Anteil der Löcherleitung minimal zu, jedoch wächst auch die thermische Geschwindigkeit der freien Elektronen. Dies führt zu gröÿeren Reibungsverlusten auf Grund stärkerer Stoÿprozesse mit den Gitteratomen und anderen Elektronen. Bei Metallen nimmt die Leitfähigkeit mit steigender Temperatur also ab, der Widerstand wird demzufolge gröÿer. 2.4.2 Halbleiter Die elektrische Leitung in Halbleitern wird dagegen fast ausschlieÿlich durch die Erzeugung von Elektron-Loch-Paaren verursacht. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Paar-Erzeugung steigt mit zunehmender Temperatur an. Die Zunahme der Leitfähigkeit durch diesen Prozess ist dabei stärker als die Zunahme des Widerstandes, der durch die nun vorhandenen freien Elektronen verursacht wird. Bei Halbleitern steigt die Leitfähgikeit also mit der Temperatur an, der Widerstand wird geringer. 2.5 Leitung durch Photoeekt Eine weitere Möglichkeit zur Erzeugung von Elektron-Loch-Paaren ist der (innere) Photoeekt, bei dem die gebundenen Elektronen die Energie von einfallenden elektromagnetischen Wellen (Photonen, Licht) aufnehmen, somit in das Leitungsband gelangen und ein Loch hinterlassen. Die Energie des Lichtquants muss dabei natürlich gröÿer sein als die Energielücke zwischen Valenz- und Leitungsband. Dieser Eekt ist auch die Grundlange für Photodioden und Solarzellen. 8

3 Didaktische Überlegungen 3.1 Leitung im Lehrplan Leitungsvorgänge in Metallen und/oder Halbleitern spielen in vielen Lernbereichen eine Rolle mit Ausnahme der Klasstenstufe 10 und 12 sogar mindestens einmal pro Schuljahr. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Lernbereiche, in denen auch auch auf Leitungsvorgänge eingegangen wird 2 : Klassenstufe Lernbereich 6 Elektrische Stromkreise 7 Stromstärke und Spannung in Stromkreisen 8 Eigenschaften elektrische Bauelemente 9 Grundlagen der Elektronik 11 Elektromagnetische Induktion (mehrere Lernbereiche) 11, nur LK Wahlpicht 2: Leitungsvorgänge in Halbleitern Dabei soll laut Lehrplan in der 6. Klasse noch keine Beschreibung der inneren Vorgänge beim elektrischen Stromuss erfolgen, es wird mehr die aektive Dimension (Wirkungen, Gefahren von Strom) angesprochen. Diese Beschreibung beginnt erstmals in der 7. Klasse, wobei der Lehrplan direkt vorsieht: Deuten mit Modell der Elektronenleitung für metallische Leiter. Es muss also ein Weg gefunden werden, das komplizierte (quantenmechanische) Bändermodell soweit zu vereinfachen, dass ein Siebtklässler damit Leitungsvorgänge in Metallen beschreiben kann. Wir werden später sehen, dass eine Beschränkung auf die Elektronenleitung im Leitungsband eine gute Möglichkeit darstellt. Diese Vereinfachung sollte aber noch in der Lage sein, den elektrischen (ohmschen) Widerstand in der 8. Klasse zu erklären. In der Klassenstufe 9 muss dann das bisherige Modell erweitert werden, um auch die Leitungsvorgänge in Halbleitern zu beschreiben. Diese Erweiterung reicht dann eigentlich bis zum Ende ihrer schulischen Laufbahn aus, insbesondere auch für Effekte der elektromagnetischen Induktion (Lorentz-Kraft auf Ladungen in Leitern, Hall-Eekt usw.). An dieser Stelle möchte ich noch auf eine kleine logische Inkonsequenz des Lehrplans eingehen: Den ersten Kontakt mit Halbleitern haben die Schüler im genannten Lernbereich in Klasse 8, und zwar beim Einuss der Temperatur auf den elektrischen Widerstand von Metallen und Halbleitern. Unmittelbar vorher haben sie gerade einmal gelernt, den Widerstand mit dem (für die Leitung in Metallen!) vereinfachten 2 Grundlage ist der Lehrplan Physik von 2007 für Gymnasien in Sachsen 9

Elektronenleitungsmodell zu erklären, und nun sollen sie damit das Widerstandverhalten von ihnen bis dahin unbekannten Materialien (eben den Halbleitern) deuten. Dazu ist jedoch das Konzept der Elektron-Loch-Paarbildung erforderlich, das erst in Klasse 9 behandelt wird! Ebenso ist eine sinnvolle Beschreibung der I(U)-Kennlinien von Halbleitern an dieser Stelle ziemlich aussichtslos. Die neuen Erkenntnisse an den Halbleitern zeigen natürlich Grenzen der bisherigen Betrachtungsweisen auf und könnten damit motivierend für ein neues Modell sein. Doch warum kommt dieses Modell dann erst ein Jahr später? 3.2 Didaktische Reduktion 3.2.1 Erstes Niveau: Elektronengas-Modell In Klasse 7 wird also erstmals ein Modell eingeführt, um die inneren Vorgänge beim Stromuss in metallischen Leitern zu beschreiben. In Kapitel 2 wurde erklärt, warum die Elektronenleitung bei Leitungsvorgängen in Metallen die dominante Rolle spielt, also kann man sich für Siebtklässler auf diesen Anteil beschränken. Dennoch ist es wenig sinnvoll, an dieser Stelle von Leitungsbändern, Energiespektren und solchen Feinheiten zu sprechen. Ich schlage deshalb ein Elektronengas-Modell vor: Die äuÿeren Elektronen von Metallatomen sind relativ schwach gebunden und können sich nahezu frei im Gitter bewegen. Deswegen ist eine Zuordnung eines Elektrons zu einem bestimmten Gitteratom sinnlos, man kann sich die Gitteratome getrost auch wegdenken. Übrig bleiben die frei beweglichen Elektronen, die im Normalfall ihre ungeordnete, thermische Bewegung ausführen. Beim Anlegen einer Spannung wird diese Bewegung von einer entlang des elektrischen Feldes gerichteten Driftgeschwindigkeit überlagert es kommt zum Stromuss. Es bewegt sich also das Elektronengas gerichtet im Leiter, ebenso wie ein richtiges Gas durch ein Rohr strömen würde. Es gibt meines Erachtens zwei entscheidende Vorteile dieses Modells. Erstens: Es ist einfach und anschaulich. Zweitens: Man kann dieses Modell gut durch Experimente oder Appletts veranschaulichen, z.b. mit Magneten, die auf einem geneigten Luftkissen auf dem Polylux schweben. Dieser klassische Versuch wird ja ohnehin gerne zur Demonstration des Teilchenmodells verwendet. Damit können die Schüler sich selbst wunderbar ein eigenes, intuitives Verständnis von Stromuss (sogar von allgemeinen Stromüssen) konstruieren. Die Frage ist nur: Sind die Siebtklässler reif für dieses Modell? Ich behaupte: Ja. Denn wir benötigen folgendes Vorwissen für das Modell: 1. Kenntnis des Aggregatzustandes gasförmig und seiner Eigenschaften sowie 10

das Teilchenmodell zu dessen Deutung 2. Kenntnis über den prinzipiellen Aufbau von Atomen (zumindest ein Modell, das den positiv geladenen Atomkern und die negativ geladenene Elektronenhülle getrennt beschreibt) Und wir haben Glück: Beide Voraussetzungen sind dem Lehrplan nach bereits erfüllt. Im Lernbereich 3 der Klasse 6, Temperatur und Zustand von Körpern, lernen die Schüler die verschiedenen Aggregatzustände und das Teilchenmodell kennen. In der Klassenstufe 7 im Lernbereich 1, Kräfte, den der Lehrer ja als erstes behandeln kann, wird auf die elektrostatische Ladung, das Kern-Hülle-Modell des Atoms und auf das Elektron als Ladungsträger eingegangen. Dadurch ndet der Lernbereich 2 (Spannung und Stromstärke in Stromkreisen), in dem es eben um Leitungsvorgänge in Metallen geht, einen wunderbaren Anschluss. Zudem wird damit eine lernbereichsund sogar jahrgangsübergreifende Wissensvernetzung ermöglicht, die meines Erachtens von entscheidender Bedeutung für die Konstruktion eines Weltverständnisses in den Köpfen der Schüler ist. 3.2.2 Zweites Niveau: Löcherleitung Nachdem in Klasse 8 die Halbleiter so nebenbei beim Vergleich des Widerstandsverhaltens von Metallen mit dem von Halbleitern erwähnt wurden (was meiner Meinung nach wie dargelegt ungünstig ist), werden sie in Klasse 9 erstmals richtig eingeführt. Hier lernen sie verschiedene elektrische Bauelemente kennen, ihre Anwendungen und ihr spezisches Verhalten. Da sich herausstellen wird, dass die Halbleiterbauelemente andere Eigenschaften als die Bauelemente mit metallischen Leitern haben, wird an dieser Stelle ein erweitertes Leitungsmodell benötigt. Im allgemeinen Bändermodell wurde der Stromuss ja durch Elektronenleitung und Löcherleitung verursacht. Bei Metallen konnten wir die Eekte der Löcherleitung vernachlässigen, bei den Halbleitern nun nicht mehr. Auch an dieser Stelle halte ich es aber für wenig ergiebig, auf die Energiebänder einzugehen. Der Lehrer muss den Schülern nun verdeutlichen, dass die äuÿeren Elektronen von Halbleiteratomen viel stärker gebunden sind als die von Metallen. Dies ist der Grund für das schlechte Leitungsverhalten von reinen Halbleitern bei Normalbedingungen. Durch thermische Erregung kann es nun (mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit) geschehen, dass doch ein Elektron seinen gebundenen Platz verlässt und frei wird. Zurück bleibt ein positiv geladenes Halbleiterion ein positives 11

Loch. Das Elektron kann nun ganz normal an der Elektronenleitung (n-leitung) teilnehmen, die mit dem Elektronengasmodell erklärt wird, das positive Loch führt zur Löcherleitung (p-leitung), welche z.b. mit Abbildung 3 auf Seite 7 gut veranschaulicht werden kann. Dabei ist darauf zu achten, dass nicht ein bestimmtes Loch selbst wandert, sondern dass es von auÿen nur so scheint, als würde das Loch wandern. Leitungsvorgänge in (reinen) Halbleitern sind also zu annähernd gleichen Teilen durch n-leitung und p-leitung bestimmt. Der Knackpunkt liegt nun in der Frage, warum ein Elektron bei thermischer Erregung frei werden kann. In Wirklichkeit ist es so, dass es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen höheren Energiezustand einnimmt und damit der Bindung an das Coulombpotential entieht. Doch diese wissenschaftliche Erklärung soll hier nicht angebracht werden. Nun, bei thermischer Erregung schwingen auch die Gitteratome heftiger. Wenn wir einem Halbleiter Wärme zuführen, treten also zwei Eekte ein: Die Wahrscheinlichkeit einer Elektron-Loch-Paarbildung steigt und die Gitteratome schwingen heftiger. Das sind zwei korellierte, aber unabhängige Eekte. Trotz der Unabhängikeit ist es meines Erachtens keine groÿe Schande den fachlich nicht ganz korrekten Satz zu formulieren, dass die heftigere Bewegung der Halbleiteratome dazu führt, dass einige Elektronen aus ihrer Bindung herausgeschlagen werden, da man mit dieser Erklärung auch gute Analogien zur Mechanik anbringen kann. Ebenso kann die erhöhte Wahrscheinlichkeit des Tunneleekts, der für die Löcherleitung benötigt wird, mit dieser Korellation angedeutet werden: Durch die Schwingung der Atome schaen die äuÿeren Elektronen es auch leichter, ein Atom weiter zu springen, wenn sich dort ein Loch bendet. Die etwas notdürftige Erklärung des letztes Absatzes entfällt natürlich, wenn dotierte Halbleiter betrachtet werden. Die Elektron-Loch-Paarbildung durch thermische Anregung ndet natürlich auch dann statt, aber sie ist für die Erklärung der Leitfähigkeit nicht unbedingt erforderlich, da je nach Dotierung n- oder p-leitung vorliegt. Schwierig wird allenfalls noch eine Begründung für die Leitung durch den Photoeekt. Da den Schülern die Quanteneigenschaft des Lichts noch fremd sein sollte, kann man nicht mit dem Herausschlagen eines Elektrons durch ein Photon argumentieren. Es ist jedoch möglich, einfach zu sagen, dass das Licht Elektronen aus ihrer Bindung lösen, also Elektron-Loch-Paare bilden kann, und dies dann unmittelbar mit einer Photodiode zu rechtfertigen wie sonst sollte im Stromkreis auf einmal Strom ieÿen, sobald das Licht auf die Diode trit? Wichtig: Thermische Anregung und Photoeekt sind zwei verschiedene Ursachen für die Leitung in Halb- 12

leitern. Als Abschluss kann ein Merksatz für die Schüler gebracht werden: Die Leitfähigkeit von Halbleitern kann durch Erwärmung, Dotierung oder durch Lichteinstrahlung verbessert werden. 3.2.3 Grenzen der Modelle Zu einer vernünftigen Modellnutzung gehört immer auch das Aufzeigen der Grenzen des Modells dazu. Davon sind auch das Elektronengasmodell sowie die Löcherleitung nicht ausgenommen. Beide Modelle können prinzipiell alle in der Schule genauer behandelten Erscheinungen qualitativ erklären. Doch dem Lehrer ist es nicht untersagt (es ist sogar erwünscht) auch Ausblicke auf spezielle Eekte zu geben. So ist beispielsweise die Supraleitung, also die Beobachtung, dass der ohmsche Widerstand unterhalb einer (sehr tiefen) materialspezischen Temperatur nahezu verschwindet, weder mit der Elektronen- noch mit der Löcherleitung erklärbar. Zudem kann das Elektronengasmodell für sich allein genommen nur die Leitung in Metallen verständlich machen. Die Löcherleitung ist dagegen für Halbleiter nicht allein nutzbar, hier werden beide Leitungsmodelle benötigt (die letztlich als eine geschlossene Vorstellung aufgefasst werden können, da das Vorhandensein eines Elektron-Loch-Paares immer Elektronen- und Löcherleitung ermöglicht). Zudem können beide Modelle nur qualitative Aussagen machen, z.b. über I(U)- Kennlinien, den Zusammenhang zwischen Temperatur und Widerstand und so weiter. In Lehrer- wie Schülerexperimente können dazu aber auch quantitative Aussagen gewonnen werden, die von den theoretischen Modellen nicht vorhergesagt werden können 3. Auÿerdem ist die benötigten Energie für eine einzelne Elektron-Loch- Paarbildung oder für eine globale, signikante Änderung der Leitfähigkeit nicht berechenbar, was aber nicht verwunderlich ist, da ich von vornherein die Energiebänder aus den vereinfachten Modellen ausgeschlossen habe. 3 Die einzige mir bekannte Ausnahme ist die Strom- und Spannungsteilerregel in verzweigten Stromkreisen, wo die Modelle durch rein geometrische Leiterquerschnittsbetrachtungen die Verhältnisse der Aufteilung liefern. 13

3.2.4 Ausblick Es mag einen wissenschaftlich interessierten Lehrer fast schon wehmütig stimmen, dass im Normalfall mit den genannten Modellen die Erklärung der Leitungsvorgänge in Metallen und Halbleitern endet. Ein Wermutstropfen allerdings bleibt: Der Wahlbereich im Leistungskurs 11. Für einen Leistungskurs würde ich prinzipiell ein Bänder-Modell benutzen und so sieht es auch der Lehrplan. Samt Energiebändern und Bandlücken. Laut Lehrplan soll auch auf die Aufspaltung der Energieniveaus eingegangen werden, doch ist auch hier einmal mehr fraglich, woher die Schüler von Energieniveaus wissen sollen, wenn diese erst in Klasse 12 bei den Grundlagen der Atomphysik behandelt werden. Also muss der Lehrer in diesem Fall auf das Wissen der Schüler aus dem Fach Chemie zurückgreifen, wo das Bohrsche Atommodell vereinfacht behandelt wird und damit den Schülern zumindest Elektronenbahnen bekannt sind. Das tut der weiteren Behandlung aber keinen Abbruch. Mit diesem Vorwissen kann (und sollte!) das Bändermodell auf dem Niveau des fachlichen Teils aus Kapitel 2 behandelt werden, wobei mögliche Energiewerte als mögliche Elektronenbahnen zu interpretieren sind. Aus den quasi-kontinuierlichen Energiebändern werden dann breite Elektronenbahnen das Elektron ist nicht mehr an eine Schiene gebunden, es kann nun auf einer Straÿe eine beliebige Position einnehmen. Es ist natürlich schade, dass dieses interessante und vor allem für technische Anwendungen so wichtige Thema in der Nische der Wahlbereiche untergeht. Wünschenswert wäre eine feste Integration in Klasse 12, wo nach den Grundlagen der Atom- und Quantenphysik eine wirklich sinnvolle Behandlung dieses Themas möglich wäre. 14

4 Experimente 4.1 Freihandversuch Trotz längerer Überlegung und Suche ist mir kein sinnvolles Freihandexperiment bekannt. Vor einigen Jahren mag eine einfache Anwendung einer Solarzelle vielleicht noch Staunen bei den Schülern hervorgerufen haben, doch mittlerweile sind Solarzellen etwas alltägliches und als Freihandversuch nur noch bedingt zu gebrauchen. 4.2 Qualitativer Versuch: Leitfähigkeit von Metallen, Halbleitern und Isolatoren Zur qualitativen Untersuchung der Leitfähigkeit verschiedener Materialien (metallische Leiter, Halbleiter, Isolatoren) können diese in Reihe mit einer Glühlampe nacheinander in einen Stromkreis gebracht werden. Beim metallischen Leiter wird auf Grund seiner guten Leitfähigkeit das Leuchten der Glühlampe deutlich sichtbar sein, beim Halbleiter kaum oder gar nicht und beim Isolator ohnehin nicht. Mittels eines zusätzlichen Strommessers kann jedoch beim Halbleiter ein sehr geringer Strom beobachtet werden. 4.3 Quantitativer Versuch: Ohmscher Widerstand 4.3.1 Ziele des Versuchs Bei diesem quantitativen Schülerversuch sollen die Schüler lernen, wie sich der Ohmsche Widerstand eines Leiters verändert, wenn a) die Länge des Leiters und b) der Querschnitt des Leiters verändert wird. Es steht also die Formel zur Berechnung des Widerstandes eines metallischen Leiters, auf dem Prüfstand. R = ρ l A l A 4.3.2 Aufbau und Durchführung Da ein Leiter nicht ohne weiteres in seiner Länge und seinem Querschnitt variiert werden kann, folgt hier eine clevere Alternative. Ausgangspunkt ist ein 1m langer Konstantandraht mit einem Querschnitt von 0, 3mm 2. Um seine Länge zu verdoppeln, wird einfach ein weiterer Draht gleicher Beschaung in Reihe geschaltet, um 15

die Querschnittsäche zu verdoppeln, wird der zweite Draht parallel geschaltet. Abbildung 4: Reihenschaltung der beiden Drähte Der Versuch kann natürlich mit einer beliebigen Zahl von Drähten erweitert werden, ich beschränke mich hier auf zwei. Der Vorteil von Konstantandraht ist auch, dass sein ohmscher Widerstand mit der Temperatur nur schwach zunimmt (und die Temperatur steigt bei längerer Versuchsdurchführung zwangsläug an). Es werden dann jeweils Strom und Spannung gemessen und daraus der Widerstand nach bestimmt. R = U I 4.3.3 Beobachtung und Messwerte Bei der Parallelschaltung zeigte sich tatsächlich ein geringerer Widerstand als bei der Reihenschaltung, allerdings anders als erwartet: 2 Drähte U I R in Reihe 6V 0, 39A 15Ω parallel 6, 1V 1, 6A 10Ω 16

4.3.4 Auswertung Der Theorie nach hätte der Widerstand in Parallelschaltung nur ein Viertel des Wertes der Reihenschaltung betragen dürfen, da bei Parallelschaltung (im Vergleich zur Reihenschaltung!) die Länge halbiert und die Fläche verdoppelt wurde. Unsere Werte sprechen aber eine andere Sprache. Stimmt die Theorie nicht? Sie stimmt schon. Nur ist mir ein sehr grober, elementarer Messfehler unterlaufen: Da ich die Stromkreisarten geändert habe, hätte ich auf eine strom- bzw. spannungsrichtige Messung achten sollen. Das habe ich vergessen und somit haben sich die Messgeräte gegenseitig beeinusst. Ein Fehler, der einem als Lehrer besser nicht passieren sollte, doch ich habe aus ihm gelernt. 4.3.5 Einordnung in den Unterrichtsgang Das Widerstandsgesetz wird in Klasse 8 im Lernbereich Eigenschaften elektrischer Bauelemente behandelt. Dieses Experiment ist bei richtiger Messung 4 und Verwendung mehrerer Konstantandrähte gut geeignet ist, um dieses Gesetz einzuführen. Es führt unmittelbar auf die Beziehungen R l und R 1, sodass nur noch A ein Proportionalitätsfaktor übrig bleibt, der anschlieÿend als spezischer elektrischer Widerstand ρ bezeichnet wird. 4.4 Rechnergestützter Versuch Mit Hilfe des CASSY-Lab ist eine qualitative Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Temperatur und Widerstand eines metallischen Leiters oder Halbleiters besonders anschaulich. Dazu wird ein Leiter (möglichst vertikal ausgerichtet) bzw. ein Halbleiter in einen Stromkreis gebracht und die Stromstärke sowie die Spannung über dem (Halb-)Leiter mit dem Computer gemessen. Aus der Beziehung R = U ergibt sich der Widerstand, der über der Zeit gemessen wird. Die Versuchsanordnung I sollte so gestaltet werden, dass unter das zu untersuchende Objekt ein Gasbrenner gestellt werden kann, der für die Erwärmung sorgt. Bei den Metallen sollte der Widerstand mit der Zeit zunehmen, beim Halbleiter dagegen abnehmen. Besitzt man zwei CASSYs, so kann auch eine simultane Untersuchung von zwei Stromkreisen einmal mit Leiter, einmal mit Halbleiter vorgenommen werden, sodass im Diagramm sofort ein unmittelbarer Vergleich möglich ist. 4 In einem heimischen Nachversuch konnte ich zeigen, dass die Abweichung von den theoretischen Werten tatsächlich an der falschen Messung lag. 17

5 Quellenverzeichnis Vorlesung Quantenmechanik (Lehramt), Sommersemester 2009, gehalten von Dr. D. Lehmann W. Nolting: Grundkurs Theoretische Physik 5/1. Quantenmechanik - Grundlagen, 2002 E.W. Otten: Repetitorium Experimentalphysik, 2003 H.-J. Wilke: Physikalische Schulexperimente. Band 2, 1999 Was der Autor noch sagen wollte... Ich weiÿ, dass der Kommentar hier völlig unangebracht ist, aber ich hatte es auf dem Evaluationsbogen zur Lehrveranstaltung vergessen: Die zeitliche Frist von 2 Wochen zur Anfertigung dieses Belegs behindert die sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Thema. In 2 Wochen ist (semesterbegleitend!) kaum Zeit, sich ausführlich Gedanken über didaktische Möglichkeiten zu machen, worunter nicht nur die Qualität des Beleges an sich leidet, sondern auch unsere eigene Ausbildung. Diese Bachelor-Studiengangs-Methoden haben wir meines Erachtens nicht nötig. Natürlich könnte man jetzt dagegen argumentieren, dass man ja schon eher damit anfangen kann, also bevor das Thema in der Lehrveranstaltung behandelt wird. Doch dann wird einem die Möglichkeit versperrt, sich mit den ersten Themen des jeweiligen Semesters auseinanderzusetzen. q= x 2 18