Politisches Positionspapier des KV Schweiz



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Transkript:

Politisches Positionspapier des KV Schweiz -einstimmig verabschiedet an der Delegiertenversammlung vom 1.Juni 2013- Ausgangslage Wir streben eine zukunftsgerichtete Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialpolitik für die Angestellten des Mittelstandes im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Berufsumfeld an. Im Folgenden finden sich 11 Grundsätze, an denen sich unsere politische Arbeit orientiert. Dabei sind die Interessen der Mitglieder handlungsleitend. Neben der Vertretung ihrer Interessen auf dem Arbeitsmarkt steht für uns als Bildungsverband und Bildungsanbieter die Unterstützung bei der beruflichen Laufbahnentwicklung im Zentrum. Im Rahmen der Sozialpartnerschaft leisten wir einen Beitrag zu einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft mit fairen Arbeitsbedingungen, gerechten Löhnen und zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Unsere politische Arbeit soll im Einklang mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen erfolgen. Die Grundsätze orientieren sich grob am Ablauf des Berufslebens; d.h. sie sind zeitlich und nicht hierarchisch geordnet. Grundsatz 1: Für ein starkes duales Berufsbildungssystem mit praxisnaher Ausbildung. Für eine Gleichbehandlung der verschiedenen Bildungswege und Durchlässigkeit zwischen den Bildungsbereichen. Das schweizerische Bildungssystem mit seiner umfangreichen dualen Berufsbildung ist ein grundlegender Erfolgsfaktor des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Der starke Arbeitsmarktbezug ist ein Erfolgsfaktor sowohl für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes wie auch für die Integration der Arbeitnehmenden in den Arbeitsmarkt. Nur ein transparentes Bildungssystem mit vielfältigen, aber klar profilierten Bildungswegen bietet Durchlässigkeit. Dies ist Voraussetzung, um den Absolventinnen und Absolventen die grösstmögliche Mobilität und eine individuell erfolgreiche Laufbahngestaltung zu ermöglichen. Wissenschaftliche und praxisnahe Bildungswege ergänzen sich und tragen zur hohen Innovationskraft der Schweiz bei; ein Ausspielen der verschiedenen Bildungswege gegeneinander ist nicht zielführend. Wir setzen uns dafür ein, das duale, am Arbeitsmarkt orientierte Berufsbildungssystem weiter zu stärken und zu entwickeln; der Nachwuchs für die Berufsbildung muss sichergestellt sein. Wir arbeiten darauf hin, dass Abschlüsse aus dem Hochschulbereich (Tertiär-A) und der höheren Berufsbildung (Tertiär-B) als gleichwertig anerkannt werden. Wir streben eine verbesserte und klar geregelte Durchlässigkeit zwischen dem Tertiär-A- und demtertiär-b-bereich an. Kaufmännischer Verband Schweiz Zentralsekretariat Hans-Huber-Strasse 4 Postfach 1853 CH-8027 Zürich Telefon 044 283 45 45 Telefax 044 283 45 65 info@kvschweiz.ch www.kvschweiz.ch

Grundsatz 2: Für Fairness auf dem Lehrstellenmarkt und freien Zugang zu Aus- und Weiterbildung für alle Bildungswilligen. Wir unterstützen Chancengerechtigkeit, indem wir uns für den Abbau von Zugangsbarrieren einsetzen. Alle Bildungswilligen sollen Zugang zu Bildung haben, um sich so ihren Bedürfnissen entsprechend zu entwickeln und erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Vermeidung von Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit im Besonderen ist eine wichtige gesellschafts- und verbandspolitische Aufgabe. Wir sorgen für Fairness auf dem Lehrstellenmarkt (Lehrstellenvergabe ungeachtet der sozialen und kulturellen Herkunft, Zeitpunkt der Lehrstellenvergabe, Qualität der betrieblichen Ausbildung, Höhe der Entlöhnung der Lernenden, bezahlter Jugendurlaub usw.). Wir stehen zum Ziel, dass mind. 95% aller 25-Jährigen über einen Abschluss auf Sekundarstufe II verfügen. Grundsatz 3: Für private und staatlich getragene Bildungseinrichtungen, welche im Bereich der Berufsbildung und der höheren Berufsbildung qualitativ gute Bildungsinhalte anbieten und sich im freien Wettbewerb behaupten. Die Attraktivität der Berufsbildung allgemein und der kaufmännischen Grundbildung im Speziellen hängt zu einem wesentlichen Teil von den Weiterbildungsmöglichkeiten und den beruflichen Entwicklungschancen ab. Die berufliche Grundbildung entspricht heute mehrheitlich einer Grundlage, auf welcher lebenslanges Lernen und Spezialisierung erfolgt, um die berufliche Sicherheit und Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten. Aus- und Weiterbildung müssen von hoher Qualität und an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes angepasst sein. Wir sind und bleiben im Interesse unserer Mitglieder Eigentümer von Bildungseinrichtungen, welche auch zukünftig qualitativ gute und auf dem Arbeitsmarkt anerkannte Bildungsgänge anbieten. Wir setzen uns ein für eine konsequente Wettbewerbsorientierung im Weiterbildungssystem und stehen dabei zu einer subjektorientierten Finanzierung (z.b. durch Bildungsgutscheine oder Pauschalen). Grundsatz 4: Für existenzsichernde Löhne, Lohngleichheit für Mann und Frau und klare Spielregeln bei der Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen. Am Arbeitsplatz verbringen wir rund einen Drittel unseres Berufslebens. Es ist klar, dass sich diese lange Dauer auf unsere Befindlichkeit auswirkt. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bedingungen am Arbeitsplatz fair geregelt sind. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind auch für die Beschäftigten im Büro durchzusetzen. Gleichzeitig stellen sich durch die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt sowohl in Bezug auf Arbeitszeiten wie Arbeitsort neue Herausforderungen. Wir sind bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit die Stimme der Angestellten und setzen uns für klare Spielregeln ein (Vorankündigung, keine Arbeit auf Abruf, planbare Freitage, maximale tägliche Höchstarbeitszeit, Beibehaltung einer zweckmässigen Form der Arbeitszeiterfassung). Seite 2

Wir setzen uns ein für existenzsichernde Löhne; an den Errungenschaften des technologischen Fortschrittes und dem damit verbundenen Produktivitätszuwachs müssen alle Angestellten beteiligt werden. Zum Schutz vor Lohndumping vereinbaren wir mit den Sozialpartnern Mindestlöhne, abgestuft nach Berufsausbildung. Wir ergreifen Massnahmen zur Durchsetzung der Lohngleichheit für Mann und Frau in den Unternehmen (z.b. durch periodisch durchgeführte, anerkannte statistische Prüfverfahren). Grundsatz 5: Für eine bessere Vereinbarkeit von Privatleben, Beruf, Weiterbildung und gemeinnütziger Arbeit. Eine bessere Vereinbarkeit von Privatleben, Beruf, Weiterbildung und gemeinnütziger Arbeit bringt Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und ermöglicht ein volkswirtschaftlich optimales Ausschöpfen des Arbeitskräftepotenzials. Die Möglichkeiten von familienfreundlichen und flexiblen Arbeitszeitmodellen sind zu nutzen. Wir setzen uns dafür ein, dass auch Männer und Angehörige des Kaders Teilzeit arbeiten können. Wir fordern sowohl Infrastrukturen für die Kinderbetreuung als auch qualifikationserhaltende Weiterbildungsmöglichkeiten zur Unterstützung von Angestellten in der Familienphase. Wer seine Berufslaufbahn wegen Betreuungs- und Erziehungsaufgaben unterbricht, darf dafür nicht bestraft werden: Wir fordern, dass diese beim Wiedereinstieg als Qualifikationskriterium anerkannt werden und dass der Wiedereinstieg nach Wunsch zu reduziertem Pensum möglich ist. Als Bildungsanbieter und im politischen Dialog setzen wir uns für die Modularisierung und Flexibilisierung der Weiterbildungsgänge ein, um eine bessere Vereinbarkeit von Privatleben, Beruf, Weiterbildung und gemeinnütziger Arbeit zu ermöglichen. Grundsatz 6: Für ein engmaschiges, lückenloses Netz von Sozialversicherungen als Schutz vor den Risiken eines Erwerbsausfalls und zur Sicherung der beruflichen Laufbahnmobilität. In der Schweiz besteht ein engmaschiges Netz von Sozialversicherungen, das den hier lebenden und arbeitenden Menschen und ihren Angehörigen einen weitreichenden Schutz vor Risiken bietet, deren finanzielle Folgen sie nicht allein bewältigen können. Bei Erwerbsausfall durch Mutterschaft, Krankheit, Unfall oder Arbeitsverlust müssen Leistungen entsprechend dem versicherten Einkommen erbracht werden. Wir fordern, dass die Arbeitslosenversicherung (ALV) effizient und ausreichend finanziert wird; wobei der höchstversicherte Verdienst anzuheben und ansonsten das Leistungsniveau beizubehalten ist. Wir setzen uns dafür ein, dass die Lücken bei der Krankentaggeldversicherung geschlossen werden mit dem Ziel eines Obligatoriums für alle Branchen. Wir fordern langfristig Gutschriften für gemeinnützige Arbeit und Familienarbeit, wobei die Finanzierung gesichert werden muss. Seite 3

Im Sinne der Gleichstellung von Mann und Frau arbeiten wir darauf hin, dass die Leistungsberechtigung bei der Mutterschaftsversicherung ausgebaut und auf ein System mit Vaterschaftsurlaub resp. Elternzeit ausgeweitet wird. Grundsatz 7: Für eine ausgewogene Sozialpartnerschaft und den Grundsatz Vertrag vor Gesetz. Mit Gesamtarbeitsverträgen (GAV) und anderen Vereinbarungen sollen gute Arbeitsbedingungen für die Angestellten ausgehandelt und die Interessenvertretung der Mitglieder wahrgenommen werden. Damit beeinflussen wir gesetzliche Minimalbestimmungen und neue Rechtssetzungen. Wir streben eine Vertragspartnerschaft an, die auf gegenseitiger Wertschätzung und dem Grundsatz von Treu und Glauben beruht und so ein Kräftegleichgewicht zwischen Arbeitgeberschaft und Angestellten ermöglicht. Der Abschluss von kollektiven Abkommen ermöglicht bessere Anstellungsbedingungen, als die gesetzlichen Vorschriften. Wir setzen uns dafür ein, dass bei Umstrukturierungen die Anzahl Kündigungen minimiert (z.b. mit beschäftigungswirksamen Arbeitszeitmodellen) und die menschlichen und sozialen Härten gemildert (z.b. durch Abgangsentschädigungen, Verlängerung von Kündigungsfristen) werden. Die Betroffenen müssen bei der beruflichen Neuorientierung (z.b. Outplacement, Laufbahnberatung) unterstützt werden. Als Massnahme gegen Lohndumping und für einheitliche Spielregeln für die Arbeitgebenden fordern wir, dass die Allgemeinverbindlicherklärung von GAV erleichtert und deren Vollzug weiter optimiert wird (z.b. mit.der Harmonisierung von kantonalen Unterschieden im Vollzug). Grundsatz 8: Für Personenfreizügigkeit und Schutz der Anstellungsbedingungen durch flankierende Massnahmen. Die Internationalisierung der Wirtschaft hat auf den Arbeitsmarkt einen grossen Einfluss. Der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt und die Personenfreizügigkeit erfordern eine erhöhte Mobilität und ständige Höherqualifizierung der Arbeitnehmenden. Wir erachten die bilateralen Verträge als Erfolgsgarant für die Schweizer Wirtschaft - Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand basieren nicht zuletzt auf dem freien Personenverkehr. Gleichzeitig sind für uns die flankierenden Massnahmen als Schutz vor Lohn- und Sozialdumping unabdingbar. Wir fordern, dass die flankierenden Massnahmen an die verstärkte Zuwanderung von qualifizierten Arbeitnehmenden angepasst werden; die Personenfreizügigkeit führt auch in diesen Berufsfeldern zu Lohndruck. Grundsatz 9: Für eine Förderung von lebenslangem Lernen und Höherqualifizierung, um die individuelle Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten und das volkswirtschaftliche Fachkräftepotenzial auszuschöpfen. Technologischer Wandel und eine kürzere Halbwertszeit des Wissens zeichnen den Strukturwandel innerhalb der Wirtschaftssektoren aus. Dieser Modernisierungsschub in Richtung zukunftsorientierte Dienstleistungsgesellschaft führt zu sich schnell verändernden Berufsbildern und einer steigenden Anzahl Berufe, welche einen tertiären Abschluss verlangen. Der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit und das Ausschöpfen des Fachkräftepotenzials für die Volkswirtschaft erfordern eine ständige Höherqualifizierung der Beschäftigten im Sinne des lebenslangen Lernens. Seite 4

Wir wollen das Arbeitskräftepotential von Arbeitnehmenden ohne formalen Bildungsabschluss über die Nachholbildung konsequent fördern und in das Aus- und Weiterbildungssystem integrieren. Die sur dossier -Zulassung (Zulassung zu Bildungsgängen aufgrund der individuellen Berufs- und Bildungserfahrungen, ohne dass die formalen Voraussetzungen erfüllt sind) ist zu fördern und zu erleichtern. Die Vereinbarkeit von Privatleben, Beruf, Weiterbildung und gemeinnütziger Arbeit erfordert eine gemeinsame Verantwortung von Arbeitnehmenden, Arbeitgebenden und Staat bei der Bereitstellung der dazu notwendigen materiellen und zeitlichen Ressourcen. Wir wollen diesen Dialog fördern. Zur Förderung der Weiterbildung setzen wir uns ein für die Verbesserung der steuerlichen Abzugsfähigkeit individueller Weiterbildungskosten; weiter sind Instrumente wie Bildungsurlaub, Bildungssparen, Bildungszeitkonti usw. zu entwickeln. Grundsatz 10: Für eine Stärkung der höheren Berufsbildung und eine verbesserte Transparenz und Anerkennung dieser Abschlüsse. Im schweizerischen Bildungssystem schliesst an die berufliche Grundbildung die höhere Berufsbildung an. Diese stellt im europäischen Kontext eine Besonderheit dar, welche zunehmend unter Positionierungsdruck gerät - einerseits durch die zunehmende Internationalisierung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt und andererseits durch die hochschuldominierten Bildungssysteme der meisten europäischen Staaten. Der europäische Hochschulraum wurde mit der Bologna-Reform vollendet und die dadurch standardisierten Bachelor- und Master-Abschlüsse geniessen eine hohe Anerkennung. In dieser Situation muss die höhere Berufsbildung mit ihren Abschlüssen um Transparenz und Anerkennung kämpfen, um nicht marginalisiert zu werden und den Wert der Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten. Wir fordern eine aktive Beteiligung der Schweiz an den Bestrebungen der EU zur Weiterentwicklung der Berufsbildungssysteme (Kopenhagen-Prozess) und eine rasche Umsetzung und Implementierung eines nationalen Qualifikationsrahmens (NQR), welcher eine internationale Vergleichbarkeit der Berufsbildungsabschlüsse erlaubt. Die Titelsystematik des schweizerischen Bildungssystems muss sich an den veränderten Bedingungen des europäischen Umfelds orientieren; wir setzen uns dafür ein, dass Schutz und Transparenz für die CH-Berufsbildungsabschlüsse dabei im Zentrum stehen. Grundsatz 11: Für eine optimale Nutzung des beruflichen Know-hows und der Erfahrung älterer Arbeitnehmenden und ein voll ausfinanziertes System der Altersvorsorge mit flexiblen Lösungen. Der drohende Fachkräftemangel und die Vielfalt an individuellen Berufsbiografien erfordern im Interesse aller Beteiligten eine Flexibilisierung des Systems der Altersvorsorge. Wir setzen uns ein für Rahmenbedingungen, welche die Erwerbstätigkeit von älteren Arbeitnehmenden sichern und fördern. Wir stehen zum verfassungsmässigen Ziel der beruflichen Vorsorge, wonach aus der 1. und 2. Säule ein Rentenanspruch entstehen soll, welcher erlaubt den bisherigen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Wir setzen uns dafür ein, dass das Leistungsniveau von AHV und BVG gesichert bleibt. Wir erachten eine Angleichung des Rentenalters von Mann und Frau als sinnvoll, fordern allerdings eine Flexibilisierung desselben. Seite 5

Wir fordern Anreize für eine Arbeitstätigkeit über das gesetzliche AHV-Alter hinaus; daraus erzielte Einkommen sollen rentenbildend bleiben. Wir setzen uns im Sozialpartnerdialog für flexible Lösungen ein, welche sowohl Bedürfnisse der älteren Arbeitnehmenden als auch der Wirtschaft berücksichtigen. Wir wollen transparente BVG-Rahmenbedingungen, damit die zentralen Kostentreiber (Verwaltungskosten, Legal Quote) gebremst werden können; danach ist der Umwandlungssatz an die demografische Entwicklung und die Realitäten an den Finanzmärkten anzupassen. Seite 6