Telefסּn: 0 233-48219 Telefax: 0 233-21115 Sozialreferat Seite 1 von 5 Amt für Soziale Sicherung S-I-WH 1 Abzweigung des Kindergeldes bei behinderten Kindern Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 08029 2 Anlagen Beschluss des Sozialausschusses vom 01.12.2011 (SB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag der Referentin Abzweigung des Kindergeldes bei behinderten Kindern Das von der Familienkasse gezahlte Kindergeld hat den Zweck, die finanzielle Belastung des Kindergeldberechtigen auszugleichen, die sich aus dem Unterhalt eines Kindes ergibt. Das Kindergeld gilt daher als Einkommen des Kindergeldberechtigen, wenn es nicht nachweisbar an das Kind weitergegeben wird. Bei behinderten Kindern wird das Kindergeld auch nach deren Volljährigkeit ausgezahlt. Zweck einer Kindergeldabzweigung ist es, das Kindergeld dem Leistungsträger auszuzahlen, der anstelle des Kindergeldberechtigen die Kosten des Unterhalts eines Kindes trägt. Die Kindergeldabzweigung ist gemäß 74 Abs. 1 Satz 4 i.v.m. Satz 1 und 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) möglich, sofern der Kindergeldberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommt, mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe des Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld. Diese Rechtsprechung ist auch in den Sozialhilferichtlinien (SHR) Nr. 82.09 Abs. 5 i.v. m. Nr. 94.67 Abs.1, Abs. 5 und 6 SHR festgehalten. Danach ist unter den Voraussetzungen des 74 EStG eine Auszahlung des Kindergeldes an das Kind oder Dritte möglich. Im Dezember 2009 wurde zwischen den örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträgern, dem Bayerischen Prüfungsverband, dem Verband der Bayerischen Bezirke und dem Bayerischen Landkreistag im Bayerischen Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vereinbart, dass in ausgewählten Fällen eine Kindergeldabzweigung veranlasst wird. Diese Vereinbarung sollte bayernweit einheitlich umgesetzt und die Sozialhilferichtlinien entsprechend geändert werden.
Seite 2 von 5 Auch die Landeshauptstadt München ist der Empfehlung des Bayerischen Städtetags vom 16.06.2010 gefolgt. Ab Februar 2011 wurden die Eltern behinderter Kinder in folgenden Fällen über die geplante Abzweigung informiert und angehört: - wenn die volljährigen behinderten Kinder im Haushalt des nicht hilfebedürftigen Kindergeldberechtigten leben und einen Anteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung tragen müssen (wobei der Regelsatz und die Kosten der Unterkunft vom Sozialhilfeträger übernommen werden) - wenn die volljährigen behinderten Kinder im Haushalt des Kindergeldberechtigen leben, soweit diese selbst SGB II-SGB XII-Leistungen beziehen und das Kindergeld bei den Eltern/Kindergeldberechtigten im SGB II bzw. SGB XII bedarfsmindernd berücksichtigt wird - wenn die volljährigen behinderten Kinder in einem eigenen Haushalt leben, keinen Unterhalt in Höhe des Kindergeldes erhalten und ihre Kosten der Unterkunft und Heizung vom Sozialhilfeträger übernommen werden Die Eltern wurden informiert, dass von der Abzweigung abgesehen wird, wenn das Kindergeld an das leistungsberechtigte volljährige Kind weitergegeben wird oder die Kosten der Unterkunft für das Kind übernommen werden, wenn das Kind im Haushalt der Eltern wohnt. Nur wenn das Kindergeld nicht an das volljährige behinderte Kind weitergegeben wurde oder die Kosten der Unterkunft nicht von den Eltern übernommen wurden, hat der Sozialhilfeträger die Abzweigung des Kindergeldes bei der Familienkasse beantragt. Da dieses Vorgehen der Sozialhilfeträger, die Kindergeldabzweigung bei der Familienkasse zu beantragen, vom Behindertenbeirat, den Behindertenverbänden und im sozialpolitischen Ausschuss im Bayerischen Landtag kritisiert wurde, wurde o.g. Verfahren noch im Februar 2011 wieder ausgesetzt. Es werden derzeit keine Schreiben an Kindergeldberechtigte versandt oder Abzweigungsanträge bei der Familienkasse eingereicht. Der Bayerische Städtetag, der Bayerische Landkreistag und der Kommunale Prüfungsverband wiesen danach noch mehrfach darauf hin, dass die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit beachtet und alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden sollen, die Einnahmen zu verwirklichen (Anlage 1). Dabei ist insbesondere davon auszugehen, dass der Bund als künftiger Finanzier der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auf diesen Einnahmen bestehen wird. In Bayern ist bezüglich der Kindergeldabzweigungen keine einheitliche Praxis erkennbar. Manche Kommunen haben noch keine Abzweigungsanträge gestellt, andere beabsichtigen, in nächster Zeit damit zu beginnen. Bundesweit ist die Praxis ebenfalls unterschiedlich.
Seite 3 von 5 Sowohl das Bundesministerium der Finanzen als auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben nun mitgeteilt, dass eine Abzweigung des Kindergeldes nur in begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommt, beispielsweise dann, wenn der Kindergeldberechtigte selbst Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezieht und dadurch deutlich ist, dass er zu jeglichen Unterhaltsleistungen außer Stande ist (Anlage 2). Frau Sozialministerin Haderthauer unterstützt die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und hat bei den Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden nachhaltig appelliert, bei der Abzweigung des Kindergeldes mit Augenmaß vorzugehen. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Landeshauptstadt München nur in den Fällen Abzweigungsanträge zu stellen, in denen die Eltern selbst Leistungen nach dem SGB II erhalten und ihre behinderten Kinder selbst nicht finanziell unterstützen können. Das an die Eltern geleistete Kindergeld wird vom Jobcenter als Einkommen angerechnet. Das Kindergeld kommt so dem Bund zugute, obwohl der SGB XII-Träger die Regelleistung und die Kosten der Unterkunft für das Kind trägt. Dies kann nur mit einer Abzweigung vermieden werden, die dazu führt, dass das Kindergeld auch dem Sozialhilfeträger zugute kommt, der anstelle der kindergeldberechtigen Eltern die Kosten für den Lebensunterhalt des Kindes trägt. Bei Eltern, die ihrerseits SGB XII-Leistungen durch denselben Sozialhilfeträger beziehen, kommt das Kindergeld durch die Anrechnung als Einkommen bei den Eltern schon jetzt dem SGB XII-Träger zugute, der auch den Sozialhilfebedarf des Kindes deckt. In allen anderen Fällen unterbleibt eine Kindergeldabzweigung, weil die Eltern von behinderten Kindern sowohl in materieller, in psychischer als auch in organisatorischer Hinsicht großen Herausforderungen ausgesetzt sind und in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass sie ihren Kindern weitere Leistungen zukommen lassen und Aufwendungen in erheblicher Höhe tragen (z.b. für Urlaubsaufenthalte, Geschenke, Ausflüge), die zwar nicht zu den Kosten des Lebensunterhaltes zählen, aber Unterhalt im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind. Bereits erfolgte Abzweigungen von Kindergeld werden - mit Ausnahme der Fälle, in denen die Eltern SGB II- oder SGB XII-Leistungen beziehen - zurückgenommen. Das Kindergeld wird in diesen Fällen rückwirkend an die betroffenen Eltern nachgezahlt werden.
Seite 4 von 5 Auch die Fälle, in denen die Eltern aufgrund der Information zur beabsichtigten Abzweigung die Kosten der Unterkunft für ihre Kinder übernommen haben oder das Kindergeld weitergegeben haben und der Sozialhilfeträger so keine Miete gezahlt hat, werden umgerechnet und nachgezahlt. Anhörung des Bezirksausschusses In dieser Beratungsangelegenheit ist die Anhörung eines Bezirksausschusses nicht vorgesehen (vgl. Anlage 1 der BA-Satzung). Dem Korreferenten, Herrn Stadtrat Benker, dem Verwaltungsbeirat, Herrn Stadtrat Dr. Babor, der Stadtkämmerei, der Frauengleichstellungsstelle, dem Direktorium/Rechtsabteilung, dem Seniorenbeirat, dem Behindertenbeauftragten, dem Behindertenbeirat und dem Sozialreferat/Stelle für interkulturelle Arbeit ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden. II. Antrag der Referentin 1. Das Sozialreferat wird beauftragt, Kindergeldabzweigungen nur in den Fällen zu stellen, in denen die Eltern selbst SGB II-Leistungen beziehen. 2. Mit Ausnahme der Fälle, in denen die Eltern SGB II-Leistungen beziehen, wird das Sozialreferat beauftragt, bereits gestellte Abzweigungsanträge zurückzunehmen, das Kindergeld nachzuzahlen und die Fälle umzustellen und nachzuzahlen, in denen die Eltern die Kosten der Unterkunft für ihr Kind übernommen haben oder das Kindergeld weitergegeben haben. 3. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle.
Seite 5 von 5 III. Beschluss nach Antrag. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Die Vorsitzende Die Referentin Christine Strobl Bürgermeisterin Brigitte Meier Berufsm. Stadträtin IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenographischen Sitzungsdienst an das Direktorium Dokumentationsstelle an die Stadtkämmerei an das Revisionsamt z.k. V. Wv. Sozialreferat 1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das Sozialreferat, S-III-M An die Frauengleichstellungsstelle An den Ausländerbeirat An den Behindertenbeauftragten An den Behindertenbeirat z.k. Am I.A.