17. Wahlperiode Drucksache 17/0547 21.09.2012 Mitteilung zur Kenntnisnahme Berlin begrüßt kritische Prüfung des ACTA-Abkommens und schließt sich Kritik an Drucksachen 17/0190, 12/0190-1 und 17/0363
Abgeordnetenhaus von Berlin 17. Wahlperiode Seite 2 Drucksache 17/0547
Der Regierende Bürgermeister Senatskanzlei Büro des Landes Berlin bei der EU I C/ A 1 Tel.: 0032 2 738 00 78 Fax: 0032 2 732 47 46 An das Abgeordnetenhaus von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Mitteilung - zur Kenntnisnahme - über Berlin begrüßt kritische Prüfung des ACTA-Abkommens und schließt sich Kritik an - Drucksachen Nr. 17/0190, 12/0190-1 und 17/0363 - ---------------------------------------------------------------------------------------------------------- Der Regierende Bürgermeister legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor: Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 14.06.2012 Folgendes beschlossen: Berlin begrüßt kritische Prüfung des ACTA-Abkommens und schließt sich Kritik an Das Abgeordnetenhaus von Berlin steht internationalen Handelsabkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie offen gegenüber. Ziel muss es sein, funktionierende europäische Regelungen international als Grundkonsens zur Geltung zu bringen, ohne den Zugang zu Medikamenten, insbesondere in den Entwicklungsländern, zu erschweren. Anpassungen des Urheberrechts müssen einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern schaffen. Bei der Durchsetzung sind Rechte wie freie Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren, Schutz der Privatsphäre und freier Zugang zum Internet zu berücksichtigen. Es bestehen Zweifel, ob das derzeit vorliegende ACTA-Abkommen diese Voraussetzungen erfüllt. Bereits der Bundesrat hat im Mai 2010 Bedenken geäußert, die wir nach wie vor nicht ausgeräumt sehen. Den Verhandlungen über das Abkommen mangelte es an Transparenz und die im Rahmen der WIPO und der WTO bereit stehenden Strukturen für die Information der Öffentlichkeit und die Durchführung von Konsultationen kamen nicht zum Tragen. Außerdem enthält das Abkommen viele unbestimmte Rechtsbegriffe.
Daher wird die Prüfung des Abkommens durch den EuGH auf Vereinbarkeit mit europäischem Recht begrüßt. Ohne dass sämtliche Zweifel ausgeräumt werden, wird eine Ratifizierung des ACTA in der derzeitigen Form durch das Abgeordnetenhaus abgelehnt und ad acta gelegt. Hierzu wird berichtet: Nachdem das Europäische Parlament am 04.07.2012 das ACTA abgelehnt hat, ist dessen Ratifizierung für die EU gescheitert. Das ACTA muss als gemischtes Abkommen, um in der EU zu gelten, sowohl von der EU als auch von den 27 Mitgliedstaaten unterzeichnet und ratifiziert werden. International kann das ACTA in Kraft treten, wenn mindestens sechs Staaten die entsprechende Ratifikationsurkunde hinterlegt haben. Die EU-Kommission hält nach Aussage des zuständigen Handelskommissars De Gucht an der Prüfung des Abkommens auf seine Vereinbarkeit mit den Europäischen Verträgen durch den EuGH fest, dessen Anrufung die Kommission am 04.04.2012 beschlossen hatte. Eine Entscheidung dürfte 2013 zu erwarten sein. Verhandlungen zu einem neuen multilateralen Abkommen sind derzeit nicht ersichtlich und werden von der Kommission nach deren Angaben derzeit nicht angestrebt. Ein auf die Bereiche Produkt- und Markenpiraterie beschränktes Abkommen, wie es von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nach der Abstimmung im Europäischen Parlament am 04.07.2012 ins Spiel gebracht wurde, könnte auf EU-Ebene nach der Sommerpause weiter diskutiert werden. Die Kommission dürfte aber vor einem entsprechenden Abkommensentwurf die Entscheidung des EuGH abwarten. Ein seit 2008 in Verhandlungen befindliches Abkommen zwischen der EU und Kanada, das Comprehensive Economic and Trade Agreement CETA, soll in Teilen den Schutz des geistigen Eigentums regeln. Kritik daran, ACTA werde durch die Hintertür eingeführt, wies die Kommission zurück. Der Sprecher von Handelskommissar De Gucht erklärte, dass Passagen zur verstärkten Kooperation zwischen Internetprovidern und Rechteinhabern sowie zum zivilrechtlichen Auskunftsanspruch zu IP-Adressen nicht mehr Teil des aktuellen Entwurfs seien. Der aktuelle Entwurf ist derzeit nicht verfügbar, soll aber laut Zeitplan noch bis Ende des Jahres dem Rat und dem Europäischen Parlament vorgelegt werden. Auch in Folge der Diskussion um das ACTA-Abkommen hat die Kommission angekündigte EU-Gesetzesvorhaben im Urheberrecht verschoben. So wurde erst am 11.07.2012 der Vorschlag für eine Richtlinie zur kollektiven Rechteverwertung vorgelegt, mit dem europaweit Mindestanforderungen an Verwertungsgesellschaften aufgestellt werden sollen. Der ursprünglich für das 1. Halbjahr 2012 angekündigte Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, in dem nach Ankündigungen des zuständigen Binnenmarktkommissars Barnier im Jahr 2011 u.a. auch die stärkere Zusammenarbeit zwischen Rechteinhabern und Providern geregelt werden sollte, wird nun für Ende 2012/ Anfang 2013 erwartet.
Voraussichtlich zum Jahresende 2012 will die Kommission ferner einen Vorschlag zur Überarbeitung der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG vorlegen, in dem vor allem die Folgen von Mitteilungen an Internet-Provider über illegale Internet-Inhalte geregelt werden sollen. Ich bitte, den Beschluss damit als erledigt anzusehen. Berlin, den 17. August 2012 Klaus W o w e r e i t... Der Regierende Bürgermeister