Chancen für junge Flüchtlinge Perspektiven für Schule, Ausbildung und Beruf Christine Müller, LAG KJS NRW
Übersicht 1. Sprachvermittlung und Spracherwerb 2. Anerkennung von schulischen Abschlüssen und Möglichkeiten des Schulbesuchs 3. Hochschulzugang und Studium 4. Anerkennung von beruflichen Abschlüssen 5. Möglichkeiten des Arbeitsmarktzugang nach Aufenthaltsstatus Praktikum Freiwilligendienst Ausbildung Arbeitsaufnahme 6. Vorschläge zur Reform des Arbeitsmarktzugangs für Flüchtlinge 7. Aktuelle Änderungen und Perspektiven bezogen auf NRW 8. Schluss / Fazit
Berufliche und Soziale Integration Fach- Praxis Aufenthalt Status Prognose Abschlussprüfung Berufliche Integration Fach- Theorie Schule Soziale Integration Psychische Stabilität Sprache Freizeit Bewerbun gstraining Sprache Wohnen 3
Komplexe Wege zur Anerkennung
1. SPRACHVERMITTLUNG UND SPRACHERWERB
Spracherwerb in Jugendintegrationskursen 900 UE Vorwiegend ab 18 Jahren In Ausnahmen: Ab 16 vorrangig nicht mehr vollzeitschulpflichtige Jugendliche Nicht für jeden möglich (Status!) Lange Wartezeiten Seiteneinstig in Vorbereitungs- und Auffangklassen Internationale Förderklasse / Seiteneinsteigerklasse Teilnahme am Regelunterricht mit (teilweisem Nachhilfeunterricht)
2. ANERKENNUNG VON SCHULISCHEN ABSCHLÜSSEN UND MÖGLICHKEITEN DES SCHULBESUCHS
Seiteneinsteiger_innen Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien, die nach Deutschland neu eingereist, in der Regel in ihrem Heimatland bereits zur Schule gegangen und nach deutschem Schulrecht schulpflichtig sind.
Informationen über das Verfahren zur Beantragung und Anerkennung ausländischer Schulzeugnisse Die Bezirksregierung Köln ist zuständig für die Anerkennung von Abschlüssen bis zum mittleren Schulabschluss, also Hauptschulabschluss und mittlere Reife. Die Anerkennung der Allgemeinen Hochschulreife erfolgt durch die Bezirksregierung Düsseldorf.
Beschulung 1) Geringe Anzahl von neu zuwandernden Kindern/Jugendlichen in Kommunen oder Kreisen: Beschulung in Regelklassen und zusätzliche Deutschförderung in kleinen Fördergruppen 2) Beschulung der großen Anzahl von neuzuwandernden schulpflichtigen Kindern/ Jugendlichen in Kommunen oder Kreisen in: Vorbereitungsklassen (Klassen, die vor Schuljahresbeginn eingerichtet werden) Auffangklassen (Klassen, die unterjährig bei Bedarf eingerichtet werden) Internationale Förderklassen (Klassen an Berufskollegs)
Gesetzliche Rahmenbedingungen Schulpflicht gilt gleichermaßen für alle neu hinzuziehenden Kinder und Jugendlichen: Artikel 8 Absatz 2 der Landesverfassung NRW Paragraphen 34 bis 41 und 125 des Schulgesetzes NRW Überwachung der Schulpflicht: Runderlass Überwachung der Schulpflicht (BASS 12 51 Nr. 5) des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 04.02.2007
Gesetzliche Rahmenbedingungen 1. Beginn der Schulpflicht für Kinder: Vollendung des 6. Lebensjahres bis zum Beginn des 30. Septembers des Vorjahres 2. Dauer der Schulpflicht für Jugendliche ohne Berufsausbildungsverhältnis: Mit Ablauf des Schuljahres, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden 3. Schulpflicht für Asylbewerber-Kinder und unbegleitete Flüchtlinge: Nach Asylantragstellung Zuweisung einer Gemeinde; Schulpflicht solange der Aufenthalt gestattet ist 4. Ausreisepflichtige ausländische Kinder und Jugendliche: Schulpflicht bis zur Erfüllung ihrer Ausreisepflicht
Internationale Förderklasse Rechtlicher Rahmen 34 Abs. 6 SchulG Die Schulpflicht besteht für Kinder und Asylbewerberinnen und Asylbewerber und alleinstehende Kinder und Jugendliche, die einen Asylantrag gestellt haben, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist. Für ausreisepflichtige ausländische Kinder und Jugendliche besteht die Schulpflicht bis zur Erfüllung ihrer Ausreisepflicht. Erlass 13 63 Nr. 3 Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere im Bereich der Sprachen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 21.12.2009 Quelle: MSW NRW 13
Gesetzliche Rahmenbedingungen: Schulpflicht für alle Kinder und Jugendlichen mit Wohnsitz in NRW, unabhängig von dem Aufenthaltstitel Überprüfung der Zuzüge von schulpflichtigen Kindern durch Schulämter und Kommunen Ansprechpartner: jeweils eine hauptverantwortliche Ansprechperson für die kommunale Seite und eine für Schulaufsicht ( Zuständigkeit für Koordinierung und Absprachen)
Beratungssystem: Vermittlung der schulpflichtigen Kinder und Jugendliche über das Kommunale Integrationszentrum (KI) - sofern vorhanden - in Schulen Bildungs- bzw. Ausbildungsangebote für Jugendliche ohne Schulpflicht über Jugendämter (Zuständigkeit: MFKJKS) Vermittlungsarbeit der KI bezieht sich auf alle neu zuwandernden Kinder und Jugendlichen (keine Unterscheidung zwischen Status bzw. Herkunft) 15
Schulische Anerkennung Problem: Über 18jährige haben immer weniger Chancen, in die völlig überfüllten Internationalen Förderklassen aufgenommen zu werden Schulabschlüsse aus Syrien oder Irak werden häufig nicht anerkannt IHK-Vorstoß: Öffnung der Förderklassen bis 21 Jahren Entschlackung der rechtlichen Rahmenbedingungen Möglichkeiten, die vielen Warteschleifen im Bildungssystem zu umgehen IHK: Auch ohne Schulabschluss Möglichkeit, nach Integrationskurs eine Ausbildung zu beginnen
3. HOCHSCHULZUGANG UND STUDIUM
Beratung zur schulischen Anerkennung Bildungsberatung Garantiefonds Hochschule als Unterstützung für Flüchtlinge Weitere Informationen unter http://www.bildungsberatunggfh.de/index.php/aktuell
Für die bundesweite Anerkennung ausländischer Zeugnisse hat die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland eine Datenbank für die Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsnachweise (kurz: ANABIN) erstellt. Diese Datenbank ANABIN ist im Internet unter http://anabin.kmk.org/ öffentlich zugänglich.
Informationen für Flüchtlinge die in NRW studieren möchten http://www.wissenschaft.nrw.de/studium/info rmieren/informationen-fuer-fluechtlinge-diein-nrw-studieren-moechten/
Quelle der folgenden Folien: Global Competences Augsburg und berufliche-anerkennung.de 5. ANERKENNUNG VON BERUFLICHEN ABSCHLÜSSEN
Das Anerkennungsverfahren
Anerkennungsbereiche
Migrantengruppen und ihre Anerkennungsmöglichkeiten
Das deutsche Anerkennungsgesetz (Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen) Art. 1: Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) Grundsätzlicher Verfahrensanspruch Kriterien für Anerkennungsverfahren: Prüfung der Gleichwertigkeit anhand Qualifikation und Berufserfahrung Form der Entscheidung: Bescheid enthält Begründung und Darstellung der vorhandenen Kompetenzen Ausgleichsmaßnahmen: Wahlrecht zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung Alternative Verfahren für dokumentenlose Flüchtlinge Erstmals Antragstellung aus dem Ausland möglich Statistik und Evaluation
Das Anerkennungsverfahren
Praktikum Freiwilligendienst Ausbildung Arbeitsaufnahme 5. MÖGLICHKEITEN DES ARBEITSMARKT-ZUGANGS NACH AUFENTHALTSSTATUS
Arbeitshilfe der GGUA zu Praktikum mit Duldung und Aufenthaltsgestattung Am 1. August 2015 sind einige wichtige Änderungen auch in der Beschäftigungsverordnung in Kraft getreten: So ist es nun für Personen mit einer Duldung und einer Aufenthaltsgestattung möglich, unter erleichterten Bedingungen ein Praktikum - etwa zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung oder im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung - auszuüben. Die Regelungen sind dennoch relativ komplex und für die unterschiedlichen Konstellationen von Praktika gelten weiterhin sehr differenzierte Voraussetzungen. Ein Überblick in Tabellenform wurde von der GGUA erarbeitet. Quelle: http://ggua.de/fileadmin/downloads/tabellen_und_uebersichten/erfordernis_ einer_arbeitserlaubnis_bzw.pdf
Ein Praktikum oder auch die Aufnahme einer Berufsausbildung haben fast nie unmittelbar ein Bleiberecht zur Folge. Aber die Praxis zeigt: Durch alle Aktivitäten, die eine Arbeitsmarktintegration fördern und diese Integrationsbemühungen dokumentieren, steigt die Chance, früher oder später ein Aufenthaltsrecht zu erhalten. Hierfür gibt es eine Vielzahl rechtlicher Möglichkeiten, die manchmal erst nach langem Kampf durchgesetzt werden können. Ein Praktikum kann jedoch der erste Schritt sein! Es ist vielleicht unbezahlt aber selten umsonst.
Erwerbstätigkeit Aufenthaltsgestattung Grundsätzlich gilt: 3 Monate Arbeitsverbot danach: nachrangiger Arbeitsmarktzugang (mit Vorrangprüfung; Zustimmung der BA) nach 15 Monaten: Arbeitsmarktzugang ohne Vorrangprüfung (Zustimmung der BA) nach 48 Monaten: unbeschränkter Arbeitsmarktzugang (Zustimmung der BA nicht erforderlich) Duldung Grundsätzlich gilt: 3 Monate Arbeitsverbot danach: nachrangiger Arbeitsmarktzugang (mit Vorrangprüfung; Zustimmung der BA) nach 15 Monaten: Arbeitsmarktzugang ohne Vorrangprüfung (Zustimmung der BA) nach 48 Monaten: unbeschränkter Arbeitsmarktzugang (Zustimmung der BA nicht erforderlich) Aber: Arbeitsverbot nach 33 BeschVO möglich
Es gibt allerdings eine Reihe von Ausnahmen z.b. Betriebliche Ausbildung Aufenthaltsgestattung nach den ersten drei Monaten des Aufenthalts kann eine betriebliche Ausbildung aufgenommen werden Zustimmung der BA nicht erforderlich Für eine schulische Berufsausbildung ist in der Regel ohnehin keine Erlaubnis erforderlich. Duldung ab dem ersten Tag des Aufenthalts eine kann eine betriebliche Ausbildung ohne Zustimmung der BA aufgenommen werden Erlaubnis der AHB erforderlich Erlaubnis der AHB erforderlich
6. VORSCHLÄGE ZUR REFORM DES ARBEITSMARKTZUGANGS FÜR FLÜCHTLINGE
Arbeitsagentur: Modelle und Instrumente Asylbewerber Anerkennungsberatung Ausschöpfen der Fördermöglich -keiten nach SGBIII Modellprojekt Early Intervention Projekt Beratung und Arbeitsmarktvermittlung für Flüchtlinge und Bleibeberechtigte Flankierende Maßnahmen
Vorschläge des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Entlastung des Asylrechtes durch die Möglichkeit eines Spurwechsels (Option der Arbeitsmigration) Abbau der bestehenden Hürden für den Arbeitsmarktzugang Abschaffung des Kriteriums der Gleichwertigkeit Verteilung auf EU-Staaten und in Deutschland neu regeln Verbindliche Einführung von Sprach- und Integrationskursen bzw. Zugang zu bestehenden Angeboten
7. AKTUELLE ÄNDERUNGEN UND PERSPEKTIVEN BEZOGEN AUF NRW
NRW MIK Erlass v. 25.06.2015 In Anwendung von 60a II S.3 AufenthG ist auch schon die Aufnahme einer Berufsausbildung als dringender persönlicher Grund anzusehen für die Erteilung einer Duldung. Gegen die Erteilung und Verlängerung von Duldungen ggf. sogar für die gesamte Dauer der Ausbildung bestünden keine Bedenken.
8. SCHLUSS / FAZIT
Warteschleifen für Flüchtlinge in allen Bereichen des beruflichen und sozialen Lebens Hohes Eigenengagement erforderlich Förderketten sind bislang nicht befriedigend umgesetzt
Bundesagentur für Arbeit Ministerium für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.v. (GGUA) Bezirksregierung Köln Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW Global Competences Augsburg RA Dieckmann Bonn QUELLEN