Bei der Aufnahme in die psychiatrische Klinik wurde bei beiden Untersuchungsgruppen eine



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2. Ablauf und Methodik Im Folgenden wird der Ablauf der Untersuchung dargestellt und anschließend werden die verwendeten Methoden beschrieben. Wir verglichen 13 Opiatabhängige, die mit der UROD-Methode behandelt wurden mit einer konventionellen Behandlungsgruppe. Letztere bestand aus 24 Patienten, die mit mit Trizyklika (als CTD bezeichnet) entzogen wurden. Beide Gruppen wurden prospektiv behandelt. Die Patienten wurden sowohl zur CTD wie zur UROD-Behandlung von ambulanten Allgemeinärzten, Neurologen oder Psychiatern über die Suchtambulanz der psychiatrischen Klinik der Freien Universität Berlin eingewiesen, sodass keine Randomisierung stattfand. Patienten mit einer schweren Herz- oder Lungenerkrankung wurden nicht in die Studie aufgenommen, ansonsten fand keine Vorselektion statt. Wir griffen zur Durchführung dieser Studie auf die Patientenakten zurück, in denen detailliert unter der Vorstellung einer späteren Analyse, die Daten anhand von Fragebögen erhoben worden waren. Es handelte sich um ein Teilprojekt der Klinischen Forschergruppe Gemeinsame neurobiologische Mechanismen der Abhängigkeit, für das ein Votum der zuständigen Ethik-Kommssion vorlag. Alle Patienten hatten zugestimmt. Der Arbeitsanteil des Doktoranden bestand darin, aus den Patientenakten die relevanten Daten zu entnehmen, diese in eine statistisch auswertbare Form zu bringen, die Daten auszuwerten und die eigenen Ergebnisse in den Stand der Forschung einzuordnen. 2.1. Einschluss- und Ausschlusskriterien Einschlusskriterien Ausschlusskriterien diagnostizierte Opiatabhängigkeit stationäre Mindestaufenthaltsdauer: 4 Tage Opiat- oder Benzodiazepinkonsum auf Station stationäre Aufenthaltsdauer < 4 Tage Schwere Herz- oder Lungenerkrankung Tabelle 1: Ein- und Ausschlusskriterien der Untersuchung 2.2. Ablauf der Untersuchung Bei der Aufnahme in die psychiatrische Klinik wurde bei beiden Untersuchungsgruppen eine 23

ausführliche Krankengeschichte erhoben und eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Zudem wurden folgende Labor- bzw. technischen Untersuchungen durchgeführt: Röntgenbild des Thorax, EKG, Routine-Labor, HIV-Status, Hepatitis-Serologie, Urinuntersuchung auf Drogen. Durch diese Voruntersuchungen sollten risikoträchtige Patienten, z. B. mit einer Lungen- oder Herzerkrankung, identifiziert werden, um sie gegebenenfalls von der Behandlung auszuschließen. 2.2.1. Ablauf des Entzugs unter Narkosebedingungen (UROD) Am Aufnahmetag wurde um 20.00 Uhr eine Methadondosis von 50 mg oral verabreicht, um den Entzug noch nicht einzuleiten. Nach Beendigung der Voruntersuchungen, am zweiten Tag nach Aufnahme in die psychiatrische Klinik, wurden die Patienten auf die Intensivstation der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin Campus Benjamin Franklin verlegt. Neben einem peripheren venösen Zugang, einem zentralen Venenkatheter und einem Blasenkatheter wurde eine Magensonde gelegt. Nach Narkoseeinleitung mit Propofol wurde intubiert. Während der Narkose wurde der Opiatantagonist Naltrexon über die Magensonde zugeführt sowie das Muskelrelaxans (Pancuronium oder Succinylbischolin) verabreicht. Die Patienten erhielten Cefotiam als Infektionsprophylaxe und Clonidin im Falle von vegetativen Symptomen. Flüssigkeit, Natrium und Magnesium wurden entsprechend dauernden Überprüfungen substituiert. Nach ca. 6-8- stündiger Dauer wurde die Kurzentgiftung beendet. Es erfolgte keine weitere Propofolgabe, sodass die Patienten aus der Narkose erwachten. Sie wurden daraufhin extubiert und kehrten am gleichen Tag in die psychiatrische Klinik der FU Berlin zurück, wo die erste Einschätzung der Entzugssymptomatik über die OWS (Bradley et al. 1987, siehe Anlage Abbildung 4) erfolgte. In den folgenden Tagen wurden die Patienten engmaschig klinisch beobachtet. Bis zur Opiatfreiheit des Urins erhielten sie den Opiatantagonisten Naltrexon. Die Entzugssymptomatik, die sich bei den UROD-Patienten einstellte, wurde mit dem Trizyklikum Doxepin und dem Benzodiazepin Diazepam behandelt. Die Entzugssymptomatik der Patienten wurde täglich durch die OWS-Skala (Bradley et al. 1987) quantifiziert. Circa fünf bis zehn Tage nach der Kurzentgiftung, konnten die Patienten entlassen werden. 24

2.2.2. Ablauf des Entzuges mit Trizyklika (CTD) Der Entzug wurde durch Opiatfreiheit eingeleitet. Entzugserscheinungen wurden durch die Gabe von trizyklischen Antidepressiva (Doxepin oder Trimipramin) behandelt. Nach klinischer Einschätzung wurde bei Schlaflosigkeit oder starker innerer Unruhe auch Diazepam verabreicht. Die Entzugssymptomatik der Patienten wurde täglich anhand von OWS-Scores (Bradley et al. 1987) dokumentiert. 2.3. Behandlungsprotokoll von CTD und UROD Tag 0 : Ambulante Diagnosestellung und Einweisung zum Entzug Tag 1 : Aufnahme auf die psychiatrische Station -CTD: 20 Uhr: erstes OWS-Rating: ca. 7 Stunden nach der letzten Opiateinnahme -UROD: 20 Uhr: Gabe von 50 mg L-Methadon Tag 2 : Einleitung des Entzugs -CTD: durch Abstinenz 20 Uhr: zweites OWS-Rating: ca. 31 Stunden nach der letzten Opiateinnahme -UROD: durch Gabe von Naltrexon Transfer auf die Intensivstation 12.30 Uhr: Beginn der Narkose 19.30 Uhr: Beendigung der Narkose Rücktransport auf die psychiatrische Station 20.00 Uhr: erstes OWS-Rating: ca. 31 Stunden nach der letzten Opiateinnahme Tage 3-8 : Nachentzugszeitraum mit täglicher Einschätzung des OWS 2.4. Nachbetreuung Nach Entlassung sollten sich die Patienten wöchentlich in unserer Suchtambulanz vorstellen. Die wöchentlichen Termine wurden anhand eines Katamnesebogens dokumentiert (siehe Anhang, Abbildung 16 und Abbildung 17). Es erfolgte eine Rückfallprophylaxe mit Naltrexon. Unsere Studienergebnisse bezüglich der Langzeitresultate beziehen sich auf diese Dokumentation. Der 25

gesamte Katamnesezeitraum betrug maximal 32 Wochen. Die medizinische Weiterbehandlung erfolgte durch den ambulant betreuenden Hausarzt. 2.5. Methodik 2.5.1. Erhebung der soziodemographischen Anamnese Die soziodemographische Anamnese unserer Patienten wurde in standardisierter Form mit Hilfe eines Fragebogens erhoben (siehe Anhang, Abbildung 6-15). Wir werteten in dieser Untersuchung wesentliche soziodemographische Parameter beider Gruppen aus: Geschlecht, Alter, BMI, Schulbildung, Beruf, derzeitige Tätigkeit, Nationalität und Geburtsort. 2.5.2. Erhebung der Suchtanamnese Wir verwendeten einen standardisierten Fragebogen zur Erhebung der Suchtanamnese (siehe Anhang). Die erhobenen Daten dienten zur Charakterisierung des Suchtprofils beider Gruppen. 2.5.3. Quantifizierung der Entzugssymptomatik Wir quantifizierten die Entzugssymptomatik täglich über eine OWS-Skala (Bradley et al. 1987, siehe Anhang Abbildung 4). 2.5.4. Erhebung der Katamnese Die Katamnese wurde anhand eines Katamnesebogens während wöchentlicher Termine in der Suchtambulanz der psychiatrischen Klinik erhoben (siehe Anhang, Abbildung 16 und Abbildung 17). 2.5.5. Datenverarbeitung Zur statistischen Auswertung der erhobenen Daten wurden diese in eine SPSS 11.0 Datenmatrix übertragen. Zur soziodemographischen als auch zur suchtanamnestischen Charakterisierung beider Gruppen wurden deskriptive statistische Parameter gewählt. Um beide Gruppen bezüglich wichtiger soziodemographischer und suchtanamnestischer Charakteristika zu vergleichen, 26

wählten wir je nach Vergleichsmerkmal einen T-Test oder einen Chi-Quadrat Test. Wir verglichen die Entzugssymptomatik anhand der dokumentierten OWS-Summenscores Tag für Tag, zunächst zwischen der UROD- und CTD-Gruppe, anschließend bildeten wir eine UROD- Subgruppe aus heroinabhängigen Patienten und verglichen diese mit der CTD-Gruppe (diese bestand zu 100 % aus heroinabhängigen Patienten). Ferner verglichen wir innerhalb der UROD- Gruppe die methadonsubstituierten Patienten mit den heroinabhängigen Patienten bezüglich der Entzugsscores. Wir führten jeweils einen T-Test zum Mittelwertvergleich und nahmen bei p < 0,05 statistische Signifikanz an. 27