II. A Gesundheitsverhältnisse im Betrieb fördern II. A2 Ergonomie Arbeitsplätze ergonomisch gestalten. Zusammenfassung Überblick, was ergonomische Arbeitsplätze für den Betrieb bedeuten können. Tipps und Tricks, wie Sie ergonomische Arbeitsplätze im Betrieb schaffen können. Verminderung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren und Erkrankungen. Berlin, Stand 2013 Partner im regionalen INQA-Bauen-Netzwerk Gutes Bauen in Berlin / Brandenburg
Ergonomie Bedeutung und Ziele Damit Sie und Ihre Mitarbeiter ihre Arbeit so lange wie möglich gesund und sicher ausführen können, ist es von Vorteil, Arbeitsplätze ergonomisch einzurichten. Es geht darum, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass alle Beschäftigten bequem arbeiten können. Denn mit ergonomischen Arbeitsplätzen lassen sich arbeitsplatzbedingte Gesundheitsgefahren und Erkrankungen vorbeugen. Weitere positive Auswirkungen sind die Senkung von Arbeitsunfähigkeitstage sowie die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit. Empfehlungen für die Umsetzung im Betrieb Tipps zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung In der folgenden Übersicht erfahren Sie, welche wesentlichen Aspekte bei der Gestaltung ergonomischer Arbeitsplätze zu berücksichtigen sind. Kriterien der Ergonomie 1.) Sitzende Tätigkeiten (überwiegend im Büro) Nicht länger als 20 Minuten in starrer Position sitzen. Organisieren Sie die Arbeitsaufgaben so, dass die Beschäftigten während eines Arbeitstages gezwungen sind, ihre Haltungs- und Bewegungspositionen mehrmals zu wechseln. Tätigkeiten sollten sowohl im Sitzen (50 %), im Stehen (25 %) als auch in Bewegung (25 %) durchgeführt werden, z. B.: Telefonieren im Stehen bzw. Gehen. Briefe im Stehen öffnen und lesen, ggf. Stehpult oder höhenverstellbaren Schreibtisch anschaffen Bewusst Bewegungspausen einbauen. Übungen zum dynamischen Sitzen durchführen: Lassen Sie das Becken vor- und zurückwippen. Verlagern Sie Ihr Gewicht mal mehr auf die rechte und mal mehr auf die linke Gesäßhälfte. Schieben Sie Ihren Brustkorb vor, zurück und zur Seite. Strecken Sie hin und wieder den Nacken, indem Sie den Kopf nach hinten schieben. Stützen Sie sich in der vorderen Sitzhaltung gegen die Rückenlehne. Versuchen Sie im Sitzen mit der Hüfte zu kreisen. uve GmbH für Managementberatung, Stand 2013 Seite 2 von 8
Tipps zur Sitzhaltung: Entspannt sitzen: Füße flach auf den Boden stellen und die Knie im Winkel von mind. 90 Grad halten. Falls trotz Höheneinstellung des Stuhls die Füße nicht auf dem Boden aufsetzen, Fußstütze hinzunehmen. Aufrecht sitzen: Die gesamte Sitzfläche und Rückenlehne nutzen. Die Rückenlehne soll beim Anlehnen die natürliche Form der Wirbelsäule unterstützen. Nicht durchhängen: Die Arme sollten im Winkel von mind. 90 Grad locker auf dem Arbeitstisch oder auf den Stuhllehnen liegen. Die Handgelenke nicht auf der Tastatur abknicken. Bei Problemen in den Armen und Handgelenken stellen Sie Ihren Mitarbeitern ergonomisch geformte Tastaturen und Mäuse zur Verfügung. Spielraum lassen: Die Höhe des Arbeitstisches sollte Ihnen genügend Beinfreiheit bieten. Abstand halten: Stellen Sie den Bildschirm soweit wie möglich vom Fenster entfernt auf. Ihr Blick sollte parallel zum Fenster verlaufen. Der Abstand zwischen Ihnen und Bildschirm sollte mind. 50 cm betragen. Broschüren von verschiedenen Anbietern, wie: Krankenkassen, Unfallkassen, Berufsgenossenschaften und Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin geben Ihnen weitere Tipps zur ergonomischen Gestaltung von Büroarbeitsplätzen. Die Broschüren können Sie kostenlos bei den Institutionen direkt bestellen, um sie Ihren Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. 2.) Stehende Tätigkeiten (überwiegend auf der Baustelle) Nicht länger als 20 Minuten in der gleichen Haltung stehen. Wenn Ihre Mitarbeiter bis zu 8 Stunden der Arbeitszeit ununterbrochen stehen, dann müssen die Arbeitsaufgaben so gestaltet werden, dass die Beschäftigen 2 bis 4 Mal pro Stunde ihre Haltung wechseln: Tätigkeiten oder Pausen sollten, wenn es machbar ist, auch im Sitzen durchgeführt werden. uve GmbH für Managementberatung, Stand 2013 Seite 3 von 8
Passive Unterstützung durch: Gute Arbeitsschuhe mit physiologischem Fußbett, atmungsaktiven Obermaterial, einer abrollfähigen Sohle und mit Bewegungsfreiheit für die Zehen. Sicherheitsschuhe auf der Baustelle tragen, um vor Nässe, mechanischen Einwirkungen und Ausrutschen zu schützen. Dämpfende Matten zur Entlastung des Muskel- Skelettsystems. Tipps zum gesunden Stehen Enge Fußstellung vermeiden: Machen Sie einen Ausfallschritt bzw. stellen Sie sich hüftbreit hin, um das Körpergewicht optimal zu verteilen. Beugen Sie leicht die Knie. Rücken zwischendurch strecken: Machen Sie bewusst Dehnungsübungen für Rücken und Beine. Unterstützend stehen: Stützen Sie sich ggf. an der Wand ab oder nutzen Sie einen erhöhten Tritt, auf dem Sie ein Bein abstellen können. Standposition verändern: Verlagern Sie z.b. ihr Gewicht abwechselnd auf das rechte und linke Bein oder vom Vorfuß auf die Ferse und zurück. 3.) Über-Kopf-Arbeiten (überwiegend auf der Baustelle) Die Halswirbelsäule bei Über-Kopf-Arbeiten nicht ständig überstrecken. Vermeiden Sie Körperverdrehungen. Machen Sie häufig Minipausen. Legen Sie sich bei Über-Kopf-Arbeit wenn möglich auf den Rücken. Nutzen Sie dafür eine Unterlage. 4.) Tätigkeiten in kniender und gebeugter Haltung (überwiegend auf der Baustelle) Arbeiten nicht länger als 20 Minuten ununterbrochen auf den Knien oder in der Hocke verrichten. Schaffen Sie sich Platz zum Arbeiten. Stellen Sie sich frontal zum Gegenstand hin, um Körperverdrehungen zu vermeiden. (Achtung Bandscheiben) Stehen Sie öfter auf und machen Sie kurze Pausen. Benutzen Sie bei knienden Tätigkeiten Knieschoner oder eine dämpfende Unterlage zur Unterstützung. uve GmbH für Managementberatung, Stand 2013 Seite 4 von 8
5.) Hebe- und Tragetätigkeiten Lasten von 40 kg und mehr werden oft ruckartig angehoben und über längere Wege transportiert. Das führt zu Überbelastungen des Muskel- Skelettsystems, der Gelenke und Bänder. Die Last sollte dem Beschäftigten angepasst werden. Zumutbare Lasten sind: Männer (19-45 Jahre): höchstens 55kg Männer (älter als 45 Jahre): höchstens 45kg Frauen (19-45 Jahre): höchstens 30kg Frauen (älter als 45 Jahre): höchstens 25kg Sind die Lasten schwerer, sollten folgende Aspekte hinzugezogen werden: Setzen Sie Hebe- und Tragehilfen ein. Sie erfordern einen geschulten Umgang und erleichtern die Lastenhandhabung. Holen Sie sich zum Heben und Tragen von schweren Lasten Unterstützung von weiteren Kollegen hinzu. Beachten Sie die richtigen Hebe- und Tragetechniken: Beine breit aufstellen, Knie dabei beugen. Oberkörper gerade lassen. Gegenstände nah am Körper tragen. Die Last auf beiden Seiten verteilen. 6.) Bewegungsausmaß Aufgrund der Gegebenheiten auf den Baustellen (enge Kellerräume, Bäder, etc.) aber auch im Büro können Mitarbeiter sich nicht stets frei bewegen. Der Raumbedarf (insb. Büroraum) ist dem Beschäftigen und der Arbeitsaufgabe anzupassen, so dass er seine Arme zu allen Seiten ausstrecken kann und nicht mit dem Kopf anstößt. Kann der Raumbedarf auf Baustellen nicht angepasst werden, so sollten folgende Punkte befolgt werden: Ordnung halten: Schaffen Sie sich Platz. Räumen Sie nicht genutzte Werkzeuge und Baustoffe zur Seite. Machen Sie mehrmals kurze Pause: Verlassen Sie in dieser Zeit die engen Räumlichkeiten. Rücken zwischendurch strecken: Machen Sie bewusst Dehnungsübungen für Rücken, Beine und Arme. uve GmbH für Managementberatung, Stand 2013 Seite 5 von 8
7.) Luft / Klima Nicht länger unter Zugluft und bei kalten Temperaturen arbeiten. Zugluft Mindesttemperatur Luftfeuchte im Büro 0,1 m/s 20 C 40-70% schwere körperliche Arbeit 0,5 m/s 12 C 30-70% Das Klima sollte der der geforderten Tätigkeit angepasst sein. Die Luftfeuchtigkeit kann durch regelmäßiges Lüften beeinflusst werden. Lieber einmal stoßlüften als ständig ein Fenster offen halten und im Zug sitzen. Da nicht immer die Temperaturen auf der Baustelle zu beeinflussen sind, müssen sich die Mitarbeiter dementsprechend wetterfest anziehen. Als Arbeitgeber können Sie ggf. geeignete Arbeitskleidung zur Verfügung stellen. 8.) Lärm und Vibrationen Lärm belästigt und schädigt die Gesundheit. Lärm tritt durch Werkzeuge und andere Arbeitsmittel sowie durch Menschen auf. Im Rahmen sind: 55 Dezibel für Büro 65 Dezibel für Baustelle Gehörschutz bei lauten Arbeiten tragen, um Gehörschädigungen vorzubeugen. Beschäftigten sensibilisieren, dass nicht übermäßig Lärm bei der Arbeit entsteht. 9.) Beleuchtung Die Art und Stärke der Beleuchtung hängen von der Sehaufgabe ab: Lagerräume, Verkehrswege: 50 Lux kleine Büroräume, Reparaturwerkstätten, Küchen, Sanitätsräume: 500 Lux Checken Sie im Betrieb Ihre Beleuchtung und tauschen Sie ggf. die Leuchten aus. uve GmbH für Managementberatung, Stand 2013 Seite 6 von 8
10.) Einsatz von Arbeitsmitteln Beim Einsatz von Arbeitsmittel auf gesundheitsfördernde oder -schonende Arbeitsmittel achten. Begutachten Sie die Arbeitsmittel und stellen Sie, wenn nötig und möglich, ergonomische Arbeitsmittel zur Verfügung. Nutzen Sie die Erfahrungen Ihrer Mitarbeiter, welche Arbeitsmittel gut geeignet sind. Persönliche Schutzausrüstung unter ergonomischen Aspekten beschaffen. Die Mitarbeiter müssen im Umgang mit den Arbeitsmitteln geschult werden, so dass sie im Gebrauch einen deutlichen Nutzen erkennen. Dies ist im Rahmen einer Unterweisung möglich. Führen Sie Unterweisungen zum Thema Ergonomie durch, z.b. über gesunde Bewegung bei der Arbeit richtiges Heben und Tragen von schweren Lasten richtige Handhabung von Arbeitsmitteln entlastende Arbeitsorganisation Zur Unterstützung nutzen Sie folgende CHRONOS Arbeitshilfen: II. B1-Anlage-03 Präsentationsvorlagen für Unterweisungen (Rücken) III. B1 Unterweisungen III. B1-Anlage-01 Unterweisungsnachweis IV. A1-Anlage-03 Vorlage Qualifikationsmatrix (Unterweisungsplan) Weitere Informationen, welche Arbeitsmittel ergonomisch sind und was Sie bei einer Arbeitsplatzgestaltung auf Baustellen beachten müssen, liefert Ihnen die BG Bau: Internetadresse: http://www.bgbau.de/ergonomie-bau/ Es ist von Vorteil, gemeinsam mit dem Betriebsarzt bzw. Arbeitsmedizinischen Dienst der Berufsgenossenschaft und mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit einen Überblick über die bei der Arbeit auftretenden Gefährdungen zu verschaffen und Schutzmaßnahmen zu entwickeln, diese zeitnah umzusetzen und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Inwieweit in Ihrem Betrieb die Arbeitsplätze gesundheitsgerecht angepasst werden müssen, entnehmen Sie der Gefährdungsbeurteilung Ihres Betriebes (siehe III. A1-Anlage-02 GeBu) sowie den Ergebnissen aus der Analyse der Bewegungsabläufe (siehe II. A1 Belastungsprofile). uve GmbH für Managementberatung, Stand 2013 Seite 7 von 8
An wen kann ich mich wenden? Um sich vertiefend mit dem Thema Ergonomie auseinander zu setzen, kontaktieren Sie die Ergonomie-Experten: Krankenkassen, z.b. IKK Innungskrankenkasse Präventionsberater der Berufsgenossenschaften, z.b. BG Bau - http://www.bgbau.de/ergonomie-bau/ Externe Dienstleister für die sicherheitstechnische Betreuung (FASI) Arbeitsmedizinischer Dienst der Berufsgenossenschaften Facharzt für Arbeitsmedizin bzw. Facharzt für Betriebsmedizin Weitere Informationen Bei Fragen wenden Sie sich bitte an das CHRONOS-Team. uve GmbH für Managementberatung Kalckreuthstraße 4, 10777 Berlin Ralph Winkler, Fachkraft für Arbeitssicherheit 030 315 82-562 uve GmbH für Managementberatung, Stand 2013 Seite 8 von 8