Entscheidungen am Lebensende - Rechtsfragen. Ärztliche Sterbehilfe. allgemeine Vorbemerkung (ärztliches Handeln und Recht)



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Transkript:

Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben Entscheidungen am Lebensende - Rechtsfragen Ärztliche Sterbehilfe allgemeine Vorbemerkung (ärztliches Handeln und Recht) - einerseits: Unentbehrlichkeit rechtlicher Grenzziehung (Schutz- Funktion zugunsten Patienten / ärztliche Entlastung) - andererseits: sachnotwendiger medizinischer "Freiraum" Konsequenz (auch nach der Rechtsprechung): - Recht als bloßer Rahmen ("Grenzkontrolle") zb Therapiefreiheit innerhalb des ärztlicherseits definierten Standards - Ausnahme: Zugriffsberechtigung" auf den Körper des Patienten: = (mutmaßliche) Einwilligung des Patienten oder seines Vertreters als unerlässliche Voraussetzung rechtmäßiger Behandlung ärztliche Sterbehilfe - zur Zeit (noch) keine ausdrückliche gesetzliche Regelung für ärztlichen Heileingriff, Sterbehilfe, Patientenverfügung 1 Rechtslage aus allgemeinen gesetzlichen Vorgaben zu erschließen: 1 Seit 1.9.09: Indirekte Regelung durch Vorschriften im Betreuungsrecht des BGB: 1901a BGB. 1

- einerseits: Nicht-am-Leben-Erhalten eines anvertrauten Patienten trotz Möglichkeit (+ medizinischer Indikation) = 212 (Totschlag) bzw. 216 (Tötung auf Verlangen), 13 (durch Unterlassen) bzw. 323c (Unterlassene Hilfeleistung) StGB - andererseits: jeder (!) ärztliche Heileingriff als einwilligungsbedürftige Körperverletzung: auch bei vitaler Indikation keine ärztliche Befugnis zur eigenmächtigen Heilbehandlung - vgl. zb BGHSt 11, 111 (aus 1957) - also ggf. Sanktionierung aus 223 Strafgesetzbuch, 823 BGB (Schadensersatz) also stets Frage: Ist die (Weiter-)Behandlung vom (mutmaßli- chen) Patientenwillen gedeckt? Wenn nein: Wegfall der ärztlichen Berechtigung zur Heilbehandlung = Fortfall der (strafbewehrten) ärztlichen Pflicht ( 212, 13 / 323c StGB) zur Lebenserhaltung 2

- Sterbebegleitung: Schmerzbekämpfung als auch strafbewehrte (arztethische) Pflicht ( bei Nichtdurchführung möglicherweise strafbar wegen Körperverletzung durch Unterlassen bzw. Unterlassene Hilfeleistung / ggf. fahrlässige Tötung)! Juristische Differenzierung (1) Verbot aktiver Tötung = handelndes Setzen einer neuen, den Tod beschleunigenden Noxe grundsätzlich strafbar - auch auf Verlangen des Patienten ( 216 StGB); - s.a. AG Berlin-Tiergarten, MedR 2006, 298 - Ausnahme: indirekte Sterbehilfe (Leidensminderung); s.u. (2) - aber aktive Hilfe zum freiverantwortlichen (Patient tötet sich selbst): - zwar standesrechtlich untersagt (s. BÄK-Grundsätze zur ärztlichen Sterbegleitung 2004) - aber straffrei (keine Anstiftung, 26 StGB, oder Beihilfe, 27 StGB, da keine teilnahmefähige Haupttat) - s.a. OLG München NJW 1987, 2940 - - zur unterlassenen Lebensrettung ( 212/216, 13 / 323c StGB) nach Suizidversuch vgl. auch BGHStE 32, 387 3

- zur Tätigkeit eines schweizerischen Suizidhelfers vgl. BGHStE 45, 279 sowie eine Gesetzesinitiative von Saarland, Thüringen, Hessen aus 2006 - (2) indirekte Sterbehilfe (= Leidensminderung) als unbeabsichtigte Nebenfolge notwendiger Schmerzbekämpfung (Wille auf Schmerzlinderung und nicht auf Tötung gerichtet): erlaubt (und geboten! s.o. Sterbebegleitung): - vgl. BGHStE 42, 301 aus 1996 - - auch als terminale Sedierung Abgrenzung zur verbotenen aktiven Tötung [o. (1)] gemäß Dosierungsindikation keine Beschränkung auf Todesnähe Einbeziehung auch sonstiger schwerer Leidenszustände (zb Luftnot) zweifelhaft, ob bei gegebener Indikation ein Tötungswille zur Strafbarkeit führen müsste (3) sog. passive Sterbehilfe (= Behandlungsbegrenzung) = Unterlassen der auf Lebensverlängerung ausgerichteten Maximaltherapie (= lebensverkürzende Therapie-Umstellung auf palliative Versorgung) - bislang gesetzlich nicht speziell geregelt also Ausrichten an allg. Vorgaben Spannungsverhältnis: - einerseits: Verbot eigenmächtiger Heilbehandlung (da Körper- 4

verletzung) - andererseits: Verbot einer Tötung durch Unterlassen für rechtliche Behandlung : - ob Nichtaufnahme einer lebensverlängernden Behandlung oder deren Abbruch! - ob Abbruch lebensverlängernder Behandlung durch Untätigbleiben (zb bei interkurrenter Krankheit) oder aktives Tun (sog. technischer Behandlungsabbruch: Abschalten )! - i.ü. bei entsprechendem Patientenwillen auch Absetzen der künstlichen Ernährung (iws) zulässig - vgl. BGHStE 40, 257 aus 1994 sowie BGH (Zivilsachen) NJW 2003, 1588 sowie NJW 2005, 2385 - - entgegenstehende Gewissensentscheidung von Ärzten/Pflegekräften?? - vgl. BGH (Zivilsachen), NJW 2005, 2385; and. OLG München (Zivilsachen) NJW 2003, 1743 - - (a) unproblematisch: sog. Hilfe beim Sterben (Sterbevorgang hat bereits eingesetzt) ohnehin Fortfall der ärztlichen Indikation für Maximaltherapie (und damit Wegfall umfassender Lebenserhaltungspflicht) - (b) aber auch als sog. Hilfe zum Sterben zulässig (Sterbevorgang hat noch nicht eingesetzt) 5

- vgl. BGHStE 40, 257 (aus 1994: Wach-Koma-Patientin) -; Zu unterscheiden: (1) Zulässigkeit konsentierter passiver Sterbehilfe (Behandlungsbegrenzung im Einverständnis des Patienten): jede (Weiter-)Behandlung: auch in dieser Phase auszurichten am Willen des Patienten / hilfsweise: am mutmaßlichen Patientenwillen {also: Selbstbestimmung über eigenen Körper vorrangig, da keine Rechtspflicht, sich am Leben erhalten zu lassen} (aa) aktuell geäußertes Veto des Patienten: verbindlich trotz vitaler Indikation (wie auch sonst in Behandlungssituation - vgl. BGHStE 11, 111; 45, 219) - vgl. auch LG Ravensburg NStZ 1987, 229 - (bb) Patientenverfügung (als Vorab-Erklärung): - vgl. BGHZ NJW 2003, 1588 - nunmehr geregelt in 1901a ff. BGB nicht durchschlagende (ursprüngliche) Einwände gegen eine Verbindlichkeit der Patientenverfügung: - Lebensschutz höherwertig als (zweifelhafte) Selbstbestimmung - jederzeitige Widerruflichkeit der Patientenverfügung - fehlende Fähigkeit des Patienten zur Vorab-Einschätzung - Autonomie-Defizite in der Lebenswirklichkeit - möglicherweise fehlende Beratung durch einen Arzt - Möglichkeit "unsachgemäßen" Einflusses bei Abfassung der Verfügung - Dammbruchargument - ggf. fehlende Aktualisierung - Auslegungsprobleme wesentliche Streitfragen bei deutscher Gesetzgebung: 6

? /? / Abfassung?/ Beschränkung auf? / kein Ausschluss? / Bindungswirkung einer Patientenverfügung gegenüber? /? / Einschaltung des? Patienten-Verfügung (nicht nur in Todesnähe) verbindlich, sofern (vgl. 1901a BGB nf): - schriftlich - (aaa) einschlägig (ggf. nach Auslegung) und - (bbb) nicht widerrufen - (ccc) sowie kein Wegfall ihrer Geschäftsgrundlage zb durch neue Behandlungsmethoden - (bbb) und (ccc) als begründungsbedürftige Ausnahmen von grundsätzlicher Verbindlichkeit der Patientenverfügung - nicht erforderlich: - ärztliche Beratung - aktuelle Abfassung Konsequenz gültiger Patientenverfügung: Weiterbehandlung rechtswidrig - vgl. Entscheidung des Generalstaatsanwalts Nürnberg vom 15.1.2008, NStZ 2008, 343 - - wirksames Behandlungsverbot verbietet i.ü. auch Weiterbehandlung aus Gewissengründen (ggf. Abgabe der Behandlung) - vgl. BGHZ NJW 2005, 2385; anders noch OLG München NJW 2003, 1743-7

umgekehrt: keine Behandlungspflicht aus P-V ( übermäßiger Behandlungswunsch ) bei medizinisch indizierter Therapiebegrenzung cc) (Alters-)Vorsorgevollmacht ( 1896 BGB) als sinnvolle Ergänzung der Patientenverfügung - anstelle einer Betreuer-Bestellung durch Vormundschaftsgericht - Vorteil: aktuelle Kommunikation mit Arzt und Anpassung an veränderte Lage möglich - Nachteil: Sich-in fremde-hände-geben (aber: unvermeidbar?); zweifelhaft, ob pauschale Ermächtigung eines Dritten zulässig dd) Betreuerbestellung bei einschlägiger Patientenverfügung bzw. Vorsorgevollmacht nicht erforderlich - s. 1896 II BGB - - vgl. aber auch BVerfG (Kammer), NJW 2002, 206 - ee) sofern Betreuer aber bereits bestellt (bzw. Vorsorgevollmacht besteht): Anrufung des Vormundschaftsgerichts 2 : 2 Vgl. 1904 BGB: (1) 1 Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. 2 Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. 8

- Kontrollfunktion Reichweite? Vorliegen der in Patienten-Verfügung bzw. Bevollmächtigung benannten Voraussetzungen für Nicht-Weiterbehandlung (s. 1904 III BGB nf) erforderlich nur bei Dissens zwischen Arzt und Betreuer (bzw. Bevollmächtigten) über Weiterbehandlung / Patienten-Veto ( 1904 IV BGB nf; so im Ergebnis bereits auch BGHZ NJW 2003, 2385) fehlende Anrufung des Vormundschaftsgerichts ändert nichts an Straflosigkeit einer am Patientenwillen ausgerichteten Behandlungsbegrenzung (aber keine Entlastungsfunktion ex ante, da Arzt sich nicht auf vorherige juristische Überprüfung berufen kann) (cc) bei fehlender (bzw. ungenauer) Patientenverfügung bzw. fehlender Vorsorgevollmacht als (leider) Regelfall: keine Entscheidung durch Angehörige (nur Auskunftsgeber über Patientenwillen) keine (Weiterbehandlungs- oder Abbruchs -)Entscheidung nach ärztlichem Belieben - vgl. BGHSt 37, 376 (aus 1991) - (2) 1 Absatz 1 gilt auch für die Einwilligung eines. 2 Sie ist nur wirksam, wenn die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in Absatz 1 Satz 1 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. 9

sondern: Abstellen auf mutmaßlichen Willen des individuellen Patienten (vgl. auch 1901a II BGB nf): - nicht zwingend identisch mit "verständigem (Durchschnitts-)Patienten" - s.a. BGHSt 45, 219 (aus 1999 - OP- Erweiterung) - zu erschließen bspw. aus (nicht unmittelbar einschlägiger) Patientenverfügung / Vorgeschichte ; nur wenn hieraus keine Anhaltspunkte: Rückschluss auf mutmaßlichen Willen aus allgemeinen Wertvorstellungen (!) - vgl. BGHStE 40, 257 (aus 1994) - vgl. aber nunmehr 1901a II 2 BGB: Willens ermittlung an Hand konkreter Anhaltspunkte / 1901a II3 BGB nf: persönliche Wertvorstellungen! also letztlich doch: Betreuerbestellung ratsam Einschalten des Vormundschaftsgerichts dann nur bei Dissens zwischen Arzt und Betreuer notwendig (s.o.) [m.e. Abbruch straffrei infolge ärztlichen Beurteilungsspielraums hinsichtlich mutm. Patientenwillens ; Grenze: keine solide Entscheidungsgrundlage und/oder keine nachvollziehbare Begründung] b) einseitiger Behandlungsabbruch (= Behandlungsbegrenzung) bei nicht möglicher Willensermittlung ( aber: Willensrückschluss aus allgemeinen 10

Wertvorstellungen gemäß BGHSt 40, 257 aus 1994 - vgl. aber nunmehr 1901a II3 BGB nf: persönliche Wertvorstellungen!): Voraussetzungen ungeklärt (!): - Unmöglichkeit bzw. Sinnlosigkeit der Weiterbehandlung? - Unzumutbarkeit der Weiterbehandlung für den Arzt? - Verstoß gegen Menschenwürde des Sterbenden? - patienteninterne Güterabwägung ("biologisches" Leben./. fehlendes Lebensinteresse")? - Unverhältnismäßigkeit von Aufwand und potentiellem Erfolg ("Behandlungsökonomie")? - Zielsetzung ärztlichen Auftrags isv Heilen und Lindern (+) bei irreversibler Bewusstlosigkeit (Wach-Koma!)? ODER: Zwang zur Weiterbehandlung, es sei denn: - Patienten-Verfügung bzw. - mutmaßlicher Patienten- Wille Betreuerbestellung / Vormundschaftsgerichts: wie oben 11