Landgericht Bielefeld, 1 O 257/14



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Landgericht Bielefeld, 1 O 257/14 Datum: Gericht: Spruchkörper: Entscheidungsart: Aktenzeichen: 20.07.2015 Landgericht Bielefeld 1. Zivilkammer Urteil 1 O 257/14 Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wird bis zum 15.06.2015 auf 8.007,17 EUR und ab dem 16.06.2015 auf 14.873,46 EUR festgesetzt. Tatbestand: Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung nach Widerruf eines Immobiliendarlehensvertrags in Anspruch. Der Kläger schloss als Verbraucher mit der beklagten Sparkasse im Mai 2011 einen Vertrag über ein Annuitätendarlehen mit einem Darlehensnennbetrag i.h.v. 130.000,- EUR ab. Das Darlehen war bis zum 02.06.2016 fest mit 3,90 % pro Jahr und anschließend variabel zu verzinsen (Ziff. 2.1 des Darlehensvertrages). Der für die Zeit nach Ablauf der Zinsbindungsfrist angegebene seinerzeitige Sollzins betrug 5,17 %. Der effektive Jahreszins wurde mit 4,79 % angegeben (Ziff. 2.3 des Darlehensvertrages). Zu Ziff. 4 des Darlehensvertrages war vereinbart, dass das Darlehen nur gegen Einräumung einer Grundschuld zur Verfügung gestellt wird. Nach Ziff. 9.2 des Darlehensvertrages war der Darlehensnehmer gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung berechtigt, ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen zu kündigen, wenn seine berechtigten Interessen (z.b. bei Veräußerung des Grundstücks) dies gebieten. Unter Ziff. 14 des Darlehensvertrages ist eine Widerrufsinformation enthalten, die Angaben zum Widerrufsrecht und den Widerrufsfolgen enthält. Diese Widerrufsinformation enthält mehrere, im Einzug eingerückte, in Spiegelstriche gesetzte und teilweise in Kursivschrift abgefasste, mit Ankreuzkästchen versehene Textbausteine zur optionalen Verwendung. Angekreuzt war eine Information zur Verpflichtung des Darlehensnehmers, Aufwendungen i.s.v. 495 Abs. 2 Nr. 3 BGB a.f. zu erstatten. Wegen des genauen Inhalts und der Gestaltung der Widerrufsinformation wird auf den entsprechenden Abschnitt des Darlehensvertrags Bezug genommen (Anl. K1, Bl. 12 d.a.). Nach Eintragung der Grundschuld wurde das Darlehen im Dezember 2011 zum Nennbetrag ausgezahlt. Die Tilgung erfolgte in monatlichen Teilbeträgen zu 639,17 EUR 1 2 3 4 5 6

beginnend im Januar 2012. Der Kläger zahlte insgesamt 27 Raten, bevor er mit Schreiben vom 20. April 2014 den Darlehensvertrag unter Berufung auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung widerrief. Im Mai 2014 verkaufte der Kläger das besicherte Grundstück. Im Zuge der Auflösung des Darlehens verlangte die Beklagte vom Kläger die Zahlung von insgesamt 130.625,76 EUR, worin eine Vorfälligkeitsentschädigung i.h.v. 7203,64 EUR enthalten war. Der Kläger zahlte den verlangten Betrag, die Vorfälligkeitsentschädigung jedoch nur unter Vorbehalt. Der Kläger ist der Ansicht, er habe den Darlehensvertrag noch wirksam widerrufen können, da die Widerrufsfrist infolge einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht zu laufen begonnen habe. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung unterfalle nicht dem sogenannten Musterschutz nach Art. 247 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB, da von dem Muster abgewichen werde. Diese Abweichung folge insbesondere aus der Benutzung anzukreuzender Kästchen, der Veränderung eines Klammerzusatzes und der unveränderten Übernahme von Ausfüllhinweisen. Der ohne den Musterschutz vorzunehmenden umfassenden Prüfung halte die Widerrufsbelehrung nicht stand. Das folge aus einer verwirrenden Wirkung des durch die Übernahme der Ausfüllhinweise erhöhten Umfangs. Die Belehrung hebe sich im Übrigen nicht deutlich genug vom übrigen Text ab. Ferner fehle der Hinweis darauf, dass die Widerrufsfrist erst nach Erhalt einer Belehrung in Textform beginne. Auch fehle es an der Angabe des Gesamtbetrags im Sinne von Art. 247 3 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB. Schließlich sei anstelle der erfolgten einseitigen Rechtsfolgenbelehrung erforderlich, dass in der Widerrufsinformation darauf hingewiesen wird, dass die wechselseitig empfangenen Leistungen zurückgewährt werden. In der Folge hält der Kläger die Beklagte für verpflichtet, die erfolgten Tilgungen sowie die unter Vorbehalt gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung nebst Nutzungsersatz zu erstatten. Gegen die Ansprüche der Beklagten aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis rechnet der Kläger auf. Der Kläger beantragt zuletzt: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.873,46 EUR zzgl. Zinsen i.h.v. 5 %- Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 19.8.2014 zu zahlen. 2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger vorgerichtliche Kosten i.h.v. 808,13 EUR zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Widerrufsfrist sei abgelaufen, da der Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Insbesondere unterfalle die Widerrufsinformation dem Musterschutz, da eine inhaltliche Übereinstimmung mit dem Muster bestehe. Formale Abweichungen hält sie für unschädlich. Entscheidungsgründe: I. Die in der mündlichen Verhandlung zulässigerweise ( 263, 264 Nr. 2 ZPO) erweiterte 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

Klage ist nicht begründet. 1. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung i.h.v. 14.873,46 EUR aus 495 Abs. 2 S. 1 i.v.m 357, 346 BGB. Denn der Kläger konnte den Darlehensvertrag nicht mehr widerrufen, da das Widerrufsrecht infolge des Ablaufs der Widerrufsfrist erloschen ist ( 495 Abs. 2 S. 1, 355 BGB). Das dem Kläger gem. 495 Abs. 2 S. 1 BGB a.f. zustehende Widerrufsrecht konnte gem. 355 Abs. 2 S. 1 nur innerhalb von 14 Tagen ausgeübt werden. Der Beginn dieser Widerrufsfrist setzt nach 495 Abs. 2 S. 1 BGB, dass der Kläger eine Ausfertigung des Vertrags erhält, welche die Widerrufsinformation nach Artikel 247 6 Abs. 2 EGBGB a.f. enthält ( 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.f.), dass der Darlehensvertrag geschlossen ist ( 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. a) BGB a.f.) und dass der Kläger die Pflichtangaben nach 492 Abs. 2 BGB a.f. i.v.m. Art. 247 6 bis 13 EGBGB erhält ( 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) BGB a.f.). Diese Vorschriften in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 24.07.2010 (BGBl. I 2010, S. 977) sind auf den im Mai 2011 geschlossenen Darlehensvertrag in zeitlicher Hinsicht anzuwenden. Vorliegend war die Widerrufsfrist auch mit Rücksicht auf vorstehende Regelungen angelaufen und bereits im Zeitpunkt des erstmaligen Widerrufs des Klägers verstrichen. 2. Die Beklagte hat die Widerrufsinformation nach Art. 247 6 Abs. 2 EGBGB in nicht zu beanstandender Weise erteilt. Bei Bestehen eines Widerrufsrechts nach 495 BGB müssen gem. Art. 247 6 Abs. 2 S. 1 EGBGB a.f. im Darlehensvertrag Angaben zur Frist und zu anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Nach S. 2 dieser Vorschrift ist der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag anzugeben. Nach S. 3 der Vorschrift genügt diesen Anforderungen eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 6 entspricht. Die Beklagte kann sich gem. Art. 247 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB auf die Gesetzlichkeitsfiktion (auch Musterschutz genannt) berufen, wenn die von ihr verwendete Widerrufsinformation der Musterwiderrufsinformation nach Anlage 6 zu Art. 247 6 Abs. 2 EGBGB entspricht. Nach dem in der Gesetzesbegründung dokumentierten gesetzgeberischen Willen, besteht ein solcher Musterschutz jedoch nur dann, wenn die Musterwiderrufsinformation abgesehen von Format und Schriftgröße, Art. 247 6 Abs. 2 S. 4 EGBGB unverändert übernommen wird (RegE zum Änderungsgesetz, BT-Drucks. 17/1394 S. 22). Die bloße inhaltliche Übereinstimmung genügt demnach nicht. Ob eine hinreichende formale und inhaltliche Übereinstimmung mit der Musterwiderrufsinformation gegeben ist, braucht vorliegend jedoch nicht entschieden zu werden. Denn die Verwendung der Musterwiderrufsinformation steht dem Darlehensgeber frei (RegE zum Änderungsgesetz, BT-Drucks. 17/1394 S. 21). Soweit diese nicht verwendet wird, erfolgt eine inhaltliche und gestalterische Prüfung der im Darlehensvertrag enthaltenen Widerrufsinformation. Diese Prüfung ergibt vorliegt, dass die Widerrufsinformation den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden gesetzlichen Anforderungen genügt. 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29

3.a) In inhaltlicher Hinsicht ist insoweit erforderlich aber auch ausreichend, dass die gem. Art. 247 6 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB vorgesehenen Angaben vollständig und zutreffend in den Vertrag aufgenommen sind. Erforderlich sind danach Angaben zur Widerrufsfrist, zu den anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs und der Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Zu den anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs gehören auch Angaben, wie der Verbraucher sein Recht ausüben kann. Insoweit werden Angaben entsprechend 360 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 4 erforderlich sein, da die vertragliche Widerrufsinformation grundsätzlich denselben Zweck verfolgt, wie die Widerrufssbelehrung (LG Münster, Urt. v. 01.04.2014, 14 O 206/13 zit. nach juris; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 7. Aufl. 2011, 495 Rn. 89m; Merz in Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rn. 10.252). 30 Sämtliche hiernach erforderlichen Informationen sind in dem (weitestgehend der Musterwiderrufsinformation entsprechenden) Text unter Ziff. 14 des Darlehensvertrags unter der Überschrift Widerrufsrecht sowie unter der Überschrift Widerrufsfolgen enthalten. b) Zu den erforderlichen Pflichtangaben gehört vorliegend nicht die Angabe des Gesamtbetrags im Sinne von Art. 247 3 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB. Das folgt daraus, dass es sich um einen Immobiliardarlehensvertrag im Sinne von 503 BGB handelt. Bei Immobiliardarlehensverträgen erstreckt sich die Mitteilungspflicht gemäß Art. 247 9 Abs. 1 S. 1 EGBGB nicht auf die Angabe des Gesamtbetrags i.s.v. 3 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB. c) Die Widerrufsbelehrung war auch nicht wegen fehlerhafter Belehrung über die Folgen des Widerrufs unwirksam. aa) Insbesondere ist der unter der Information über die Widerrufsfolgen erteilte Hinweis auf die Pflicht des Darlehensnehmers, Aufwendungen i.s.v. 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB a.f. zu erstatten, ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit im Termin darauf hingewiesen worden ist, dass die gewählte Formulierung zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung führen kann, wenn keine Aufwendungen erbracht worden sind, hält das Gericht nach erneuter Prüfung der Rechtslage nicht daran fest. Über die Angaben in Art. 247 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB hinaus besteht grundsätzlich keine Pflicht zur umfassenden Belehrung über die Folgen eines Widerrufs des Darlehensvertrags. Auch ein Hinweis auf die Pflicht zur Erstattung etwaiger Aufwendungen i.s.v. 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB a.f. ist nach 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB nicht erforderlich (so ausdrücklich der RegE Änderungsgesetz, BT-Drucks. 17/1394 S. 29). Der Gesetzgeber hat den entsprechenden Hinweis in die Musterwiderrufsinformation gleichwohl aufgenommen, um den Verbraucher umfassend zu Information. Dabei ist nach der Gesetzesbegründung auch für den Musterschutz ausreichend, dass entsprechende Aufwendungen entstehen können und sich der Darlehensgeber die Rückforderung vorbehalten will (RegE Änderungsgesetz, BT-Drucks. 17/1394 S. 29). Die vorliegende Widerrufsinformation ist auch nicht unzutreffend. Denn der Darlehensnehmer ist gem. 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Hs. 1 BGB zum Ersatz dieser Aufwendungen verpflichtet. Hinweise auf gesetzliche Rechtsfolgen der Rückabwicklung führen jedoch grundsätzlich nicht zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung (OLG Hamm Urt. v. 16.03.2015 I-31 U 118/14 Rn. 32 zit. nach juris). bb) Eine nach Ansicht des Klägers bestehende Obliegenheit der Beklagten, auch darüber zu informieren, dass der Kläger bei Widerruf bereits gezahlte Annuitäten erstattet bekommt, kann nicht angenommen werden. Die in den Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Informationen sind in Art. 247 6 bis 13 EGBGB bzw. Art. 247 6 Abs. 31 32 33 34 35 36 37

2 EGBGB abschließend gesetzlich geregelt, ohne dass eine solche Information vorgesehen ist. 4. a) Auch hinsichtlich der Gestaltung der Widerrufsinformation bestehen keine Bedenken. Sämtliche Pflichtangaben müssen gem. Art. 247 6 Abs. 1 EGBGB a.f. klar und verständlich sein. Dem steht die vom Kläger gerügte Verwendung von Ankreuz- Formularen ( Checkbox ) und der Ausfüllhinweise im Ergebnis nicht entgegen. Zuzugestehen ist allerdings, dass die Widerrufsinformation durch diese Bestandteile einen gegebenenfalls erheblich größeren Umfang annimmt, als es bei einer spezifisch für den jeweiligen Vertrag zugeschnittenen Widerrufsinformation ohne Ausfüllhinweise der Fall wäre. Ob eine solche Gestaltung jedoch bereits den Musterschutz entfallen lässt, erscheint zweifelhaft (verneinend das OLG Stuttgart, Urt. v. 24.04.2014 2 U 98/13 zit. nach juris), kann vorliegend aber auch dahinstehen. Der vorliegend lediglich zu prüfenden Verständlichkeit der Widerrufsinformation für den Darlehensnehmer steht diese Gestaltung jedenfalls nicht entgegen. Denn für den Verbraucher ist vorliegend ausreichend einfach zu erkennen, welche Variante für sein Widerrufsrecht maßgeblich ist. Die Ausfüllhinweise an die Mitarbeiter der Beklagten sind durch Kursivschrift und die Benutzung von Spiegelstrichen auch ausreichend klar vom an den Verbraucher gerichteten Inhalt der Widerrufsinformation abgesetzt. b) Ob die von Art. 247 6 Abs. 2 S. 3 gestellten Anforderungen an die Musterwiderrufsinformation ( hervorgehoben und deutlich gestalteter Form ) erfüllt sind, kann vorliegend ebenfalls dahinstehen. Eine textliche Hervorhebung ist außerhalb des Musterschutzes nicht erforderlich; ausreichend ist der vorstehend bejahte klare und verständliche Hinweis auf die Widerrufsinformation (LG Frankenthal, Urt. v. 25.09.2014 7 O 57/14 Rn. 17 ff. zit. nach juris; Schwintowski in Juris-PK, BGB, 7. Aufl. 2014, 495 Rn. 4.1; a.a. LG Bonn, Urt. v. 12.11.2014 2 O 46/14 Rn. 29 ff. zit. nach juris). Das Deutlichkeitsgebot gem. 360 Abs. 1 BGB a.f. gilt für die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht gerade nicht (Bülow/Artz a.a.o. 495 Rn. 89n). Denn die Verbraucherkreditrichtlinie enthält dieses Gebot nicht. Aufgrund der angestrebten Vollharmonisierung (Art. 22 RL 2008/48/EG) kommt auch eine entsprechende Anwendung des Deutlichkeitsgebots auf das Verbraucherkreditrecht nicht in Betracht. 5. Der Beginn der Widerrufsfrist war auch nicht gem. 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) BGB a.f. gehemmt. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung gerügt, dass der effektive Jahreszins im vorliegenden Vertrag unzutreffend berechnet sei. Nach den 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b), 492 Abs. 2 BGB a.f. i.v.m. Art. 247 6 Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB kommt in Betracht, dass fehlerhafte Angaben zum effektiven Jahreszins dem Beginn der Widerrufsfrist entgegenstehen (Kessal-Wulf in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, 495 Rn. 40). Der Kläger hat dieses Vorbringen jedoch weder im Termin noch im nachgelassenen Schriftsatz vom 03.07.2015 näher dargelegt. Anhaltspunkte, für eine von der Beklagten bereits im Termin bestrittene fehlerhafte Berechnung des effektiven Jahreszinses i.s.v. Art. 247 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 3 i.v.m. 6 PAngV bestehen nicht im Ansatz. Das Gericht war daher nicht verpflichtet, dieser nicht ausreichend substantiierten Behauptung des darlegungsbelasteten Klägers nachzugehen. 6. Der Beginn der Widerrufsfrist war auch nicht gem. 355 Abs. 3 BGB a.f. gehemmt. Nach dieser Vorschrift beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn dem Verbraucher eine Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Verbraucherdarlehensvertrag nicht anwendbar. Denn an die Stelle der Widerrufsbelehrung waren gemäß 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.f. seit dem 11. Juni 38 39 40 41 42 43 44

2010 die Pflichtangaben nach Art. 247 6 Abs. 2 EGBGB getreten. Eine gesonderte Widerrufsbelehrung ist nicht mehr erforderlich. 7. Der Kläger hat auch aus 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB keinen Anspruch auf Rückzahlung der unter Vorbehalt geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung. Denn die Zahlung erfolgte nicht ohne Rechtsgrund, da der Darlehensvertrag in Ziff. 9.2 für den Fall der außerordentlichen Kündigung eine entsprechende Zahlungspflicht vorsieht. Dieser Rechtsgrund besteht in Ermangelung eines wirksamen Widerrufs auch fort. II. Da die geltend gemachte Hauptforderung nicht besteht, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Ersatz von Zinsen oder Rechtsverfolgungskosten. III. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus 91, 709 S. 1 und 2 ZPO. IV. Bei der Streitwertfestsetzung war die in der mündlichen Verhandlung am 16.06.2015 erfolgte Klageerweiterung zu berücksichtigen. 45 46 47 48 49 50 51