Aufbereitung von Medizinprodukten in der Anästhesiologie und Intensivmedizin



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442-446 Beitrag Schulz-Stübner 15.10.2003 9:08 Uhr Seite 442 HYGIENE Aufbereitung von Medizinprodukten in der Anästhesiologie und Intensivmedizin Sinnvolle Integration in ein Qualitätsmanagementsystem Disinfection of medical products in anaesthesia and intensive care: Sensible integration into a quality management system S. Schulz-Stübner 1, Th. Hauer 2 und M. Dettenkofer 3 1 Department of Anesthesia, University of Iowa Hospitals and Clinics, Iowa City, USA 2 Beratungszentrum für Hygiene (BZH GmbH), Freiburg (Wiss. Leiter: Prof. Dr. F. D. Daschner) 3 Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Freiburg Zusammenfassung: Durch die Änderung des Medizinproduktegesetzes wurden die Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten, insbesondere hinsichtlich der Dokumentation und der Prozesskontrolle, verschärft. Für die praktische Anästhesie und Intensivmedizin bedeutet dies, dass eine Risikoklassifikation der eingesetzten Medizinprodukte und eine Festschreibung des Aufbereitungsprozesses erforderlich wird. Dabei ist aus krankenhaushygienischer Sicht vor allem darauf zu achten, dass das Personal sorgfältig geschult wird und eine gründliche Reinigung der Medizinprodukte erfolgt. Nur durch die gründliche Reinigung ist der anschließende Desinfektions- bzw. Sterilisationserfolg sicher zu stellen. Hinsichtlich der Validierung des Aufbereitungsprozesses ist entweder eine geräteseitige Validierung seitens der Hersteller und regelmäßige technische Überprüfung oder eine regelmäßige mikrobiologische Kontrolle des Aufbereitungserfolges erforderlich. An die dezentrale Aufbereitung von Medizinprodukten in Anästhesieund Intensivabteilungen sind dabei prinzipiell die gleichen Anforderungen wie an die Aufbereitung von Medizinprodukten in einer Zentralsterilisation zu stellen. Summary: The changes in the legal regulations for medical products have led to tighter requirements for disinfection and sterilisation of medical products, in particular regarding documentation and quality management. For the practitioners in anaesthesia and critical care this means that a risk classification list and detailed standard disinfection procedures need to be established. Infection control greatly depends on a sound education and training of the staff, and thorough cleansing of the medical equipment is the indispensable prerequisite for successful disinfection and sterilisation. Validation of the standardized procedure requires either an inspection of the disinfection and sterilisation equipment by the manufacturer and a regular technical assessment of the functionality of the medical devices according to the validation protocol or regular microbiological testing to prove the success of the disinfection procedure. Disinfection and sterilisation of medical products in the departments of anaesthesiology and intensive care must be performed according to the same quality standards and requirements as are applied to a specialised central sterilisation unit. Schlüsselwörter: Desinfektion Sterilisation Kontrolle von Infektionen Nosokomialinfektionen - Medizinprodukte Key Words: Disinfection Sterilisation Infection Control Hospital Infections Medical Devices. Einführung In der Anästhesiologie und Intensivmedizin werden eine Reihe von Medizinprodukten eingesetzt, die nach Gebrauch wieder aufbereitet werden können. Dies geschieht häufig dezentral, d.h. in der jeweiligen Anästhesie- oder Intensivabteilung. Durch das zweite Änderungsgesetz des Medizinproduktegesetzes (2. MPG ÄndG) hat sich die Rechtslage für die Aufbereitung von Medizinprodukten geändert. Artikel 10 (Änderung der Verordnung für Betriebswege für Medizinprodukte) besagt, dass 4 Absatz 1 und 2 wie folgt gefasst werden: 1. Der Betreiber darf nur Personen, Betriebe oder Einrichtungen mit der Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Aufbereitung) von Medizinprodukten beauftragen, die die Sachkenntnis, Voraussetzungen und die erforderlichen Mittel zur ordnungsgemäßen Ausführung dieser Aufgabe besitzen. 2. Die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden 442 DIOmed-Verlags GmbH.

442-446 Beitrag Schulz-Stübner 15.10.2003 9:08 Uhr Seite 443 Aufbereitung von Medizinprodukten Medizinprodukten ist unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird. Dies gilt auch für Medizinprodukte, die vor der erstmaligen Anwendung desinfiziert oder sterilisiert werden. Eine ordnungsgemäße Aufbereitung nach Satz 1 wird vermutet, wenn die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert- Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird. Die Fundstelle wird vom Bundesministerium für Gesundheit im Bundesanzeiger bekannt gemacht (1). Diese gesetzliche Bestimmung erhebt die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert-Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfARM) zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (2) in eine deutlich höhere Rechtsstellung, als dies bislang der Fall war. Dieser Trend zur Definition des Standes der Wissenschaft und Technik in der Gesetzgebung für den medizinischen Bereich ist bereits im Transfusionsgesetz (TFG) oder im Infektionsschutzgesetz (IfSG) zu erkennen. Der jeweilige Verbindlichkeitsgrad variiert hingegen deutlich. Während die Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (3) durch das Transfusionsgesetz eine nahezu gesetzesgleiche Stellung erhalten, werden die Empfehlungen zur Surveillance nosokomialer Infektionen sowie die Erfassung von Erregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen des RKI (4) in 23, Absatz 1, Infektionsschutzgesetz lediglich als eine den Stand der Wissenschaft wiedergebende Möglichkeit dargestellt. Welche Anforderungen stellen die neuen Empfehlungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten? Grundsätzlich soll gewährleistet sein, die bewährten Verfahren stets in gleich bleibend hoher und nachweisbarer Qualität im Rahmen eines etablierten Qualitätsmanagementsystems zu gewährleisten. Über die Art des Qualitätsmanagementsystems (z.b. ISO 9001.2000, EFQM, St.-Gallener-Modell) wird keine Aussage getroffen. Die Grundsätze gelten für alle Medizinprodukte, die dazu bestimmt sind, mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht oder in diesen eingebracht zu werden. Ausdrücklich eingeschlossen sind auch solche Produkte, die der Durchleitung, der Veränderung der biologischen oder chemischen Zusammensetzung oder der Aufbewahrung von Blut, Blutbestandteilen oder anderen Körperflüssigkeiten zur späteren Anwendung am Menschen dienen beziehungsweise Produkte zum Zwecke der Infusion, Reinfusion, Perfusion oder sonstigen Verabreichung oder Einleitung in den menschlichen Körper. Der Aufbereitungsprozess wird dabei in die folgenden Einzelschritte untergliedert: 1. Sachgerechte Vorbereitung (Vorbehandeln, Sammeln, Vorreinigen, ggf. Zerlegen und Transport) 2. Reinigung und Desinfektion (inkl. Spülung und Trocknung) 3. Prüfung auf Sauberkeit und Unversehrtheit 4. Pflege und Instandsetzung 5. Funktionsprüfung 6. Kennzeichnung 7. Gegebenenfalls Verpackung und Sterilisation 8. Freigabe. Innerhalb des geforderten Qualitätsmanagementsystems kommt der Festlegung der Verantwortung und der detaillierten Beschreibung der innerbetrieblichen Organisation ein besonders hoher Stellenwert zu, was einem prozessorientierten Managementansatz entspricht. Als eine der wichtigsten Maßnahmen wird darüber hinaus die Risikobewertung und Einstufung der aufzubereitenden Medizinprodukte angesehen. Hinsichtlich der Art der Anwendung und dem sich ableitenden Risikos ergibt sich folgende Einstufung: 1. Unkritische Medizinprodukte, d.h. solche Medizinprodukte, die lediglich mit intakter Haut in Berührung kommen. 2. Semikritische Medizinprodukte, d.h. solche Medizinprodukte, die mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung kommen. 3. Kritische Medizinprodukte, d.h. solche Medizinprodukte, die zur Anwendung von Blut, Blutprodukten und anderen sterilen Arzneimitteln gedacht sind oder die die Haut oder Schleimhaut durchdringen. Sind keine besonderen Anforderungen an die Aufbereitung semikritischer und kritischer Medizinprodukte zu stellen, so werden diese in die Gruppe A, bei erhöhten Anforderungen in die Gruppe B eingeteilt. Sind besonders hohe Anforderungen, z.b. bei thermisch labilen Medizinprodukten mit langen, engen Lumina oder nicht durch Inspektion unmittelbar beurteilbaren Hohlräumen zu stellen, so erfolgt die Einteilung in die Gruppe C. Kritische Medizinprodukte der Gruppe C, wie z.b. wiederaufbereitbare Angiographiekatheter, dürfen nur von Einrichtungen aufbereitet werden, die von einer seitens der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten akkredidierten Stelle zertifiziert worden sind. Derartige Medizinprodukte werden in der Anästhesie und Intensivmedizin in aller Regel nicht aufbereitet. Grundsätzlich betont die RKI-Kommission die besondere Bedeutung einer gründlichen Reinigung für den Erfolg der Desinfektion bzw. Sterilisation. 443

442-446 Beitrag Schulz-Stübner 15.10.2003 9:08 Uhr Seite 444 Hygiene Für die Durchführung der Reinigung, Desinfektion und ggf. Sterilisation (5) von Medizinprodukten werden geeignete, validierte Verfahren gefordert. Um eine gleich bleibende Prozessqualität sicherzustellen, sind maschinelle Reinigungs- und Desinfektionsverfahren manuellen Verfahren vorzuziehen. Erfolgt dennoch eine manuelle Reinigung und Desinfektion, so muss diese nach einer dokumentierten Standardarbeitsanweisung ausgeführt und auf ihre Wirksamkeit (z.b. mikrobiologisch) überprüft werden. Die anschließende Verpackung dient dem mechanischen Schutz empfindlicher Teile sowie der Verhinderung von Beschädigungen und mechanischen Belastungen während des Transportes. Wird ein Sterilisationsschritt angeschlossen, so muss die Verpackung (z.b. Einschweißen, Sterilgutcontainer o.ä.) das zur Anwendung kommende Sterilisationsverfahren ermöglichen. Eine sterile Verpackung muss nach der Sterilisation die Sterilität bei entsprechender Lagerung bis zur Anwendung gewährleisten. Gegebenenfalls ist hierfür eine Sterilgutlagerfrist anzugeben. Der Abschluss des Aufbereitungsprozesses erfolgt durch die Freigabe zur Anwendung. Die zur Freigabe berechtigten Personen sind schriftlich im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems zu benennen. Dabei muss in Form einer Standardarbeitsanweisung die Form der Dokumentation der Freigabeentscheidung und das Vorgehen bei Abweichungen vom korrekten Prozessablauf (Fehlerprotokoll) dokumentiert sein. Die im Rahmen der Aufbereitung erfassten Messwerte, Prozessparameter und die Freigabeentscheidung sind in Anlehnung an 9, Absatz 2, Medizinproduktebetreiberverordnung aufzubewahren und auf Verlangen der zuständigen Behörde als Nachweis vorzulegen. Auswirkungen für die tägliche Praxis In der Praxis bedeutet die Umsetzung dieser Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten, dass zunächst eine Risikobewertung und Einstufung der in der Anästhesie oder Intensivabteilung verwendeten Medizinprodukte vorgenommen werden muss. Für Angaben zur Wiederaufbereitbarkeit (insbesondere Anzahl der Wiederaufbereitungszyklen und geeignete Verfahren) können die Hersteller in die Pflicht genommen werden. Für die Dokumentation kann hierbei auf den Hygieneplan zurückgegriffen werden, der zumeist bereits die erforderlichen Reinigungs- und Desinfektionsschritte der verschiedenen Produkte mehr oder weniger ausführlich beschreibt. Dieser muss um fehlende Punkte und die entsprechende Klassifikation in unkritisch, semikritisch und kritisch ergänzt werden (Abb. 1). EKG-Elektroden, Blutdruckmanschetten, Stethoskope und ähnliche, nur mit intakter Haut in Berührung kommende Medizinprodukte sind als unkritisch zu bewerten und werden nach der Anwendung gereinigt bzw. einer Wischdesinfektion unterzogen. Abbildung 1: Muster Hygieneplan. Als semikritisch (Gruppe A ohne besondere Anforderungen an die Aufbereitung) können z.b. Beatmungsmasken, Guedeltuben, Wendeltuben, Beatmungsschläuche, Einsätze zur Medikamentenvernebelung, Laryngoskopspatel, Maggilzangen und ähnliches gelten. Bei der Aufbereitung ist gegebenenfalls eine Vorbehandlung, mindestens aber eine Desinfektion mit geprüften Mitteln (Wirkungsbereich AB, gemäß der Definition der RKI-Liste) und nur selten eine Sterilisation erforderlich. Zu den semikritischen Medizinprodukten der Gruppe B (mit erhöhten Anforderungen an die Aufbereitung) gehören beispielsweise flexible Endoskope (Bronchoskope, Gastroskope etc.). Nach einer gründlichen Vorreinigung unmittelbar nach Gebrauch, bei der grobe Verschmutzungen entfernt werden (z.b. Abwischen äußerer Verschmutzungen und Spülung von Arbeitskanälen, um Antrocknen von Blut, Eiweiß und Gewebebestandteilen zu verhindern), sollte vorzugsweise eine maschinelle Reinigung und Desinfektion in einem Reinigungs- und Desinfektionsautomaten erfolgen. Aufgrund theoretisch denkbarer Prionenbelastungen in Eiweißrückständen sollten hochalkalische Verfahren bevorzugt und eine Fixierung von Proteinen verhindert werden, was einen Verzicht auf aldehydhaltige Desinfektionsmittel bedeutet. Hierbei sind die Grenzen der Materialverträglichkeit im Vorfeld mit dem Gerätehersteller abzustimmen. Die meisten in der Anästhesie und in der Intensivmedizin verwendeten und dezentral auf den Stationen aufbereiteten Medizinprodukte dürften in die beiden genannten Kategorien fallen. Zu den kritischen Medizinprodukten der Gruppe A (ohne besondere Anforderungen an die Aufbereitung) gehören beispielsweise Wundhaken, kleine chirurgische Bestecke zur Wundversorgung, Trokare zur Anlage einer Thoraxdränage, Dilatationszangen für die Punktionstracheotomien nach Griggs usw.). Diese müssen nach Vorbehandlung, Reinigung und Desinfektion einer Dampfsterilisation (134 C mit 5 Minuten Haltezeit) unterzogen werden. Kritische Medizinprodukte der Stufe B (mit erhöhten Anforderungen an die Aufbereitung), wie z.b. MIC- Trokare, kommen in der Anästhesie und Intensivmedizin in der Regel nicht zur Anwendung. 444

442-446 Beitrag Schulz-Stübner 15.10.2003 9:08 Uhr Seite 445 Aufbereitung von Medizinprodukten Abbildung 2: Flussdiagramm: Aufbereitung von Medizinprodukten. 445

442-446 Beitrag Schulz-Stübner 15.10.2003 9:08 Uhr Seite 446 Hygiene Um die gestellten Anforderungen an die Dokumentation zu erfüllen, empfiehlt sich die Festlegung der Arbeitsschritte in Form einer Prozessbeschreibung "Aufbereitung von Medizinprodukten". Dies kann mittels eines Flussdiagrammes erfolgen (Abb. 2). Es ist darauf zu achten, dass sämtliche qualitätsrelevante Arbeitsschritte erfasst werden sowie die erforderlichen Aufzeichnungen als solche ausgewiesen werden. In Form eines Aufgabenträgerfolgeplanes (Abb. 3) können gleichzeitig die Verantwortlichkeiten für die einzelnen Prozessschritte festgelegt werden. Darüber hinaus ist die Festlegung der Gesamtverantwortung für den Aufbereitungsprozess, z.b. durch Integration in ein Abteilungsorganigramm, notwendig. In Form von Standardarbeitsanweisungen sind darüber hinaus die regelmäßigen Kontrollen, z.b. technische Überprüfung der Reinigungs- und Desinfektionsautomaten bzw. Sterilisatoren mittels Thermologgern oder mikrobiologische Überprüfung mittels kontaminierter Prüfkörper (6), festzulegen. Wird eine manuelle Aufbereitung (z.b. Desinfektion durch Einlegen in Tauchbad) durchgeführt, so ist es besonders wichtig, in der Standardarbeitsanweisung die Konzentration des verwendeten Mittels, die Einwirkzeit und die Überprüfung der Einhaltung der Einwirkzeit (z.b. mit Hilfe einer Eieruhr oder Parkscheibe) festzulegen. Eine solche Standardarbeitsanweisung kann gleichzeitig als Checkliste Verwendung finden und durch entsprechendes Abhaken und Unterschrift als Aufzeichnung für die Einhaltung der festgelegten Prozessschritte verwendet werden. Um nicht zusätzliche Bürokratie zu schaffen, können diese Standardarbeitsanweisungen in den Hygieneplan integriert oder als mitgeltende Unterlagen geführt werden. Die Verpackung und Lagerung (z.b. in Schränken, Schubladen oder in begrenztem Umfang auf Anästhesiewagen) sollte im Hygieneplan festgeschrieben werden. Besonders wichtig für die ordnungsgemäße Aufbereitung von Medizinprodukten ist die Schulung der mit der Aufbereitung betrauten Mitarbeiter. Diese müssen in die entsprechenden Standardarbeitsanweisungen, Prozessabläufe und in die Handhabung der zu verwendenden Geräte (z.b. Reinigungs- und Desinfektionsautomat) eingewiesen werden. Diese Einweisung sollte durch Unterschrift dokumentiert werden. Abbildung 3: Muster Aufgabenträgerfolgeplan. Literatur 1. 2. MPGÄndG. Bundesgesetzblatt 2001, Teil 1, Nr. 68 v. 18.12.2001 2. RKI. Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert-Koch- Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten. Bundesgesundhbl 2001; 44:1115-1126 3. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer und vom Paul-Ehrlich-Institut. Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie). Deutscher Ärzteverlag 2000 4. RKI. Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert-Koch- Institut (RKI): Surveillance nosokomialer Infektionen sowie die Erfassung von Erregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen. Bundesgesundhbl 2000; 43:887-890 5. Kappstein I: Nosokomiale Infektion. Medco Verlag, München: 2000; 122-145 6. Engels I, Hartung D, Schmidt-Eisenlohr E: Das krankenhaushygienische Labor. In: Daschner F (Hrsg.) 2. Überarbeitete Auflage. Praktische Krankenhaushygiene und Umweltschutz. Springer Verlag Berlin Heidelberg: 1997; 341-362. Korrespondenzanschrift: Dr. med. Sebastian Schulz-Stübner 2084 Timber Lane Coralville, Iowa 52241 USA. 446