Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Zusammenhänge und gemeinsame Einflussfaktoren



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Transkript:

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 1 Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Zusammenhänge und gemeinsame Einflussfaktoren Maren Böhler, Armin Weber und Stefanie Winter 1 Einleitung Viele Unternehmen versuchen heute mit Customer-Care-Programmen, Maßnahmen zur Qualitätssicherung und entsprechenden Vergütungssystemen die Zufriedenheit ihrer Kunden kontinuierlich zu steigern. Grund für diese Bemühungen ist die Annahme, dass hohe Zufriedenheitswerte automatisch zu einer Bindung der Kunden führen. Da sich die Unternehmen durch die Internationalisierung der Märkte in einer stark dynamischen Wettbewerbssituation befinden, stellen Kundenbindung und die damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteile einen wichtigen strategischen Faktor für den Unternehmenserfolg dar. Ein weiterer wichtiger Faktor für den langfristigen Erfolg ist die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Der Einfluss von Zufriedenheit auf Motivation und Leistungsbereitschaft begründet das Interesse von Unternehmen, das Befinden der Mitarbeiter, ihre Ansprüche an die Arbeit und die Verwirklichung dieser Ansprüche zur erfassen. Das gedankliche Konstrukt der Arbeitszufriedenheit fand in der Organisationspsychologie große Beachtung und führte zu zahlreichen Forschungsarbeiten. Einheitlich wird dabei davon ausgegangen, dass Arbeitszufriedenheit ein Resultat der Wechselbeziehungen von Individuum und Arbeitsumwelt ist (Kolb, 1996). Die Konstrukte Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit werden von unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen betrachtet und scheinen auf den ersten Blick nicht viel gemein zu haben. Tatsächlich finden sich nur wenige theoretisch fundierte und empirisch untermauerte Untersuchungen bezüglich dieser Beziehung. Dennoch gehen viele Autoren in ihren Beiträgen implizit oder explizit von einem solchen Zusammenhang aus (vom Holtz, 1998). Die vorliegende explorative Untersuchung, die im Rahmen des Forschungspraktikums im Winter 1999/2000 am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Organisationspsychologie der Universi-

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 2 tät Mannheim durchgeführt wurde, verfolgte die Zielsetzung, Zusammenhänge von Kundenund Mitarbeiterzufriedenheit aufzudecken und Faktoren zu beleuchten, welche die Zufriedenheit und letztendlich auch das Verhalten von Kunden und Mitarbeitern beeinflussen können. Hierbei stellt sich vor allem auch die Frage, inwiefern das Befinden der Akteure unterschiedliche Verhaltensweisen hervorruft und wie sich dieses Verhalten auf die Zufriedenheit des anderen auswirkt. 2 Der Zusammenhang von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Zur Untersuchung des Zusammenhanges von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit bietet es sich an, diesen in vier Teilzusammenhänge zu zerlegen (vgl. vom Holz, 1998), da Mitarbeiter- und Kundenverhalten in diesem Kontext als intervenierende Variablen auftreten: Der erste Teilzusammenhang beschreibt den Einfluss der Mitarbeiterzufriedenheit auf das Mitarbeiterverhalten. In Anlehnung an die Arbeits- und Organisationspsychologie ist dabei eine Eingrenzung auf die drei am häufigsten untersuchten Verhaltensweisen Arbeitsleistung, Fluktuation und Absentismus zweckmäßig. Die verschiedenen Theorien der Arbeitszufriedenheit liefern kein konsistentes Bild; auch Untersuchungsergebnisse sind oft uneinheitlich. Überwiegend kann jedoch eine positive Beziehung von Zufriedenheit und Leistung aufgezeigt werden (vgl. Meta-Analyse von Six & Eckes, 1991). Einheitlicher zeigen sich die Er- Mitarbeiterverhalten 1 Arbeitsleistung Fluktuation 2 Absentismus Mitarbeiterzufriedenheit Kundenzufriedenheit Kundenverhalten 4 Wiederkauf Beschwerde 3 Empfehlung Abb. 1: Die vier Teilzusammenhänge von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 3 gebnisse, die die Wirkung von Arbeitszufriedenheit auf Fluktuation und Absentismus beschreiben. Hinsichtlich beider Verhaltensformen wird in der Literatur allgemein von einem negativen Zusammenhang mit der Zufriedenheit des Mitarbeiters ausgegangen, d.h. je höher die Zufriedenheit, desto geringer ist die Fluktuations- bzw. Absentismusrate (z.b. vom Holtz, 1998). Der zweite Teilzusammenhang betrachtet die Auswirkungen des Mitarbeiterverhaltens auf die Kundenzufriedenheit. Obwohl man bereits intuitiv das Mitarbeiterverhalten als eine wichtige Einflussvariable der Kundenzufriedenheit ansehen möchte, wurde dieser Zusammenhang nur in wenigen Studien explizit untersucht. Die meisten dieser Studien beziehen sich auf qualitative und quantitative Formen der Arbeitsleistung, bezüglich der Verhaltensvariablen Fluktuation und Absentismus ist der empirische Erkenntnisstand sehr gering. Zusätzlich ist zu beachten, daß die Ergebnisse der einzelne Studien i.d.r. nicht zu verallgemeinern sind (vom Holtz, 1998). Branchenübergreifend konnte Das Deutsche Kundenbarometer in der Untersuchung von 1995 eine hohe Korrelation zwischen der Freundlichkeit der Mitarbeiter als Merkmal der qualitative Arbeitsleistung und der Globalzufriedenheit der Kunden aufzeigen (Meyer & Dornach, 1995). Auch Zuverlässigkeit und fachliche Kompetenz der Mitarbeiter wurden hier als ausschlaggebende Gründe für Kundenzufriedenheit genannt. Bezüglich der Verhaltensvariablen Absentismus und Fluktuation ist grundsätzlich damit zu rechnen, daß mit steigenden Absentismus- bzw. Fluktuationsraten die Personalverfügbarkeit bzw. die Beratungskompetenz abnimmt und damit die Kundenzufriedenheit sinkt (Schwetje, 1999). Auch die Handhabung von Kundenbeschwerden sowie Handlungsfreiheiten und Kompetenzen der Mitarbeiter stehen in engem Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit. Organisatorische Strukturen können daher als Moderatoren dieses Zusammenhanges verstanden werden. Der Einfluss der Kundenzufriedenheit auf das Kundenverhalten stellt den dritten Teilzusammenhang unserer Untersuchung dar. Von besonderem Interesse ist hier der Einfluss der Zufriedenheit auf die Bindung des Kunden, da die meisten Untersuchungen einen positiven Zusammenhang zwischen Kundenbindung und Wiederkauf annehmen, ohne diesen jedoch genauer zu analysieren (Homburg, 1998; hier findet sich auch eine Auflistung relevanter Studien). Diese Beziehung ist jedoch keineswegs immer gleich stark ausgeprägt und wird von verschiedenen moderierenden Variablen beeinflußt. Ein positiver Zusammenhang kann zwischen der Loyalität des Kunden und dessen Zusatzkauf- (Cross-Selling-) und Weiterempfehlungsabsichten nachgewiesen werden. Auch das Beschwerdeverhalten von Kunden hat in der Literatur starke Beachtung gefunden und zu vielen interessanten Ergebnissen geführt. So zeigen viele Untersuchungen auf, daß eine erfolgreiche Beschwerdehandhabung

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 4 die Bindung eines ursprünglich unzufriedenen Kunden sogar erhöhen kann (z.b. Simon & Homburg, 1998). Der vierte Teilzusammenhang untersucht schließlich die Auswirkungen des Kundenverhaltens auf die Mitarbeiterzufriedenheit. Zu den Determinanten der Mitarbeiterzufriedenheit zählen die Dimensionen Arbeitsinhalt, Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten, Vorgesetztenverhalten, Kollegen, Arbeitsbedingungen, Arbeitsklima und das Unternehmen als Ganzes. Sobald ein Kunde mit seinem Verhalten eine dieser Dimensionen beeinflußt, kann von einer relativ direkten Wirkung auf die Zufriedenheit des Mitarbeiters ausgegangen werden (vom Holtz, 1998). Positiv kann sich beispielsweise Lob oder das Geben von Trinkgeldern im Sinne einer extrinsischen Belohnung auf die Mitarbeiterempfindungen auswirken. Da nur wenige empirische Ergebnisse vorliegen, fehlen klare Hinwiese auf die Stärke des kausalen Zusammenhanges. Mögliche Moderatorvariablen sind bisher ebenfalls kaum untersucht worden. Es kann jedoch vermutet werden, dass durch das Mitarbeiterverhalten die Kundenzufriedenheit stärker beeinflußt wird als umgekehrt die Mitarbeiterzufriedenheit durch das Kundenverhalten (vom Holtz, 1998). 3 Untersuchungsmethode 3.1 Die Wahl des qualitativen Interviews als Untersuchungsmethode Da sich qualitative Methoden insbesondere dann anbieten, wenn ein exploratives Vorgehen gewünscht ist, wenn es also darum geht, Hypothesen zu generieren und Ursachen zu erkunden, wurde bei der vorliegenden Fragestellung - der Beleuchtung der möglichen Gemeinsamkeiten von Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterzufriedenheit - das qualitative Interview als Verfahren gewählt. Die Interviews wurden problemzentriert durchgeführt, das heißt in der Form einer offenen, halbstrukturierten Befragung, um durch eine gewisse Standardisierung die erhobenen Daten vergleichbarer zu machen. Im Gegensatz zu einem quantitativen Vorgehen ist diese Handhabung eher zeitaufwendig und in die Tiefe gehend, das heißt es können bezogen auf die einzelne Person sehr detaillierte Informationen erfragt werden. Aufgrund einer solchen umfassenden Maßnahme ist die Stichprobe kleiner und sollte daher eine gezielte und typische Auswahl darstellen.

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 5 Zu betonen bleibt allerdings, dass grundsätzlich ein multimodales Vorgehen, also ein Einsatz mehrerer Verfahren, der Wahl einer einzigen Verfahrensweise vorzuziehen ist, um die Vorteile der einzelnen Methoden auszunutzen und um eine möglichst repräsentative Datenmenge zu generieren. Auch wenn die so gewonnen Informationen fast immer mehr Aussagekraft haben als jede einzelne Methode alleine, stößt diese im ersten Moment unökonomischer erscheinende Strategie in der Praxis schnell an wirtschaftliche Grenzen. Auch bei dem vorliegenden Projekt beeinflussten zeitliche und wirtschaftliche Vorgaben die Wahl der Methode derart, daß sie vorerst ein rein qualitatives Vorgehen indizierten. 3.2 Der Interviewleitfaden der vorliegenden Untersuchung Zur Befragung der Mitarbeiter und der Kunden wurde ein Interviewleitfaden erstellt, der sich zwar in der jeweiligen Perspektive (Mitarbeiter/Kunde des Unternehmens) unterschied, in Bezug auf Aufbau und Befragungsinhalte jedoch identisch gestaltet war. Der Einstieg in das Interview erfolgte jeweils über die Abfrage von critical incidents, spezifischer Situationen, in denen der Kunde bzw. der Mitarbeiter besonders zufrieden bzw. unzufrieden gewesen ist. Diese Vorgehensweise sollte das Hinein- oder das Zurückversetzen in derartige Situationen erleichtern. Daran anschließend folgten Fragen zur eigenen Zufriedenheit allgemein, so z.b. im Interviewleitfaden für Kunden: Sie sind Kunde des Unternehmens XY. Was sind Dinge, die Sie allgemein als Kunde des Unternehmens XY zufrieden machen?. In einem Perspektivenwechsel wurde dann überprüft, inwieweit es dem Kunden gelingt, die Sichtweise des Mitarbeiters zu übernehmen und umgekehrt. So lautete z.b. die entsprechende Frage des Interviewleitfadens für Mitarbeiter: Versetzen Sie sich jetzt bitte in die Lage des Kunden! Was sind Ihrer Meinung nach Dinge, die den Kunden zufrieden machen?. Anschließend wurden Faktoren erfragt, die nach Ansicht des Befragten sowohl den Kunden als auch den Mitarbeiter zufriedenstellen können. Abschließend erfolgte eine Erhebung der demographischen Variablen. 3.3 Durchführung und Auswertung der Interviews Befragt wurden je ein Mitarbeiter und ein Kunde in zwanzig Unternehmen, wobei nur Unternehmen ausgewählt wurden, in denen ein direkter Kontakt zwischen Mitarbeitern und Kunden besteht. Demzufolge ergab sich eine Konzentration der einbezogenen Unternehmen auf den Dienstleistungs- und Handelssektor. Die befragten Mitarbeiter hatten überwiegend tägli-

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 6 chen Kundenkontakt, während die Kunden das betreffende Unternehmen in der Regel seltener als einmal wöchentlich aufsuchen. 60 Prozent der Interviewpartner waren weiblich, 40 Prozent männlich. Im Sinne der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (Mayring, 1983) wurden nicht alle Interviewprotokolle vollständig inhaltsanalytisch ausgewertet, sondern nur die Textstellen, in denen sich der Interviewte explizit zum Gegenstand der vorliegenden Fragestellung äußerte. 4 Darstellung und Diskussion ausgewählter Untersuchungsergebnisse Im folgenden werden ausgewählte Ergebnisse der explorativen Untersuchung vorgestellt und anschließend gemäß der drei folgenden Fragestellungen erörtert: Welchen Einfluss hat die Kundenzufriedenheit auf die Mitarbeiterzufriedenheit? Welchen Einfluss hat die Mitarbeiterzufriedenheit auf die Kundenzufriedenheit? Gibt es gemeinsamen Einflussfaktoren? 4.1 Zusammenhänge zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Hinsichtlich der ersten Fragestellung ist zunächst interessant, welche Faktoren die Globalzufriedenheit der Mitarbeiter beeinflussen. Die Auswertung der Mitarbeiteraussagen ergab in diesem Zusammenhang, dass soziale Beziehungen am Arbeitsplatz die maßgebliche Rolle spielen. Dabei bilden Kontakte zu anderen Mitarbeitern und Kundenkontakte die wesentlichen Inhalte dieser sozialen Beziehungen. Auch wichtig ist den Befragten das Gefühl, eigenverantwortlich handeln zu können, sowie die Rahmenbedingungen der ausgeübten Tätigkeit. Zu diesen Rahmenbedingungen zählen die Entlohnung, die zeitlichen Arbeitsbedingungen und die Räumlichkeiten in denen die Arbeit ausgeführt wird. Seltener genannt wurden weiterhin der Erfolg des Unternehmens und die Qualität der verkauften Produkte. Die folgende Tabelle führt zusammenfassend die Faktoren auf, die aus Mitarbeitersicht für die eigene Zufriedenheit verantwortlich sind. Dabei sind die einzelnen Punkte nach der Häufigkeit ihrer Nennungen geordnet.

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 7 Sie sind Mitarbeiter des Unternehmens XY. Was sind Dinge, die Sie allgemein als Mitarbeiter des Unternehmen XY zufrieden machen? soziale Beziehungen eigenverantwortliches Handeln Rahmenbedingungen Erfolg des Unternehmens Qualität der verkauften Produkte Tab. 1: Einflussfaktoren der Mitarbeiterzufriedenheit Die Auswertung der Kundenaussagen zeigte, dass eine deutliche Mehrheit der Kunden guten Service und eine freundliche Bedienung als entscheidenden Einflussfaktor für Ihre eigene Zufriedenheit ansehen. Darüber hinaus spielt für die Kunden auch die Qualität des Produktes oder der Dienstleistung eine wichtige Rolle, sowie die damit verbundene kompetente Beratung. Ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, eine große Sortimentsauswahl und die ansprechende Gestaltung der Räumlichkeiten wurden als weitere Faktoren genannt, die die Zufriedenheit der Kunden positiv beeinflussen. Nachstehend folgt zur Verdeutlichung eine Aufführung der Faktoren, die Kunden als solche zufrieden machen. Sie sind Kunde des Unternehmens XY. Was sind Dinge, die Sie allgemein als Kunde des Unternehmen XY zufrieden machen? guter Service/freundliche Bedienung Qualität des Produktes/der Dienstleistung gutes Preis-Leistungsverhältnis ansprechende Gestaltung der Räumlichkeiten/angenehmes Umfeld Tab. 2: Einflussfaktoren der Kundenzufriedenheit Betrachtet man die Ergebnisse zu den Einflussfaktoren der Mitarbeiterzufriedenheit und der Kundenzufriedenheit, kann man erkennen, dass die Interaktion bzw. der soziale Kontakt zwischen Kunden und Mitarbeitern hier eine wichtige Rolle spielt. Es lässt sich nun die Hypothese aufstellen, dass ein Zusammenhang zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufrieden-

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 8 heit vor allem dadurch entsteht, dass die Zufriedenheit der einzelnen Interaktionspartner für die Ausgestaltung dieser Interaktion verantwortlich ist. Auf Basis der Annahme, dass die Kundenzufriedenheit das Kundenverhalten beeinflusst, ist zu vermuten, dass sich die Interaktion zwischen einem Mitarbeiter und einem zufriedenen Kunden von der eines Mitarbeiters und einem unzufriedenen Kunden stark unterscheidet. Für den Mitarbeiter können Stresssituationen durch das Verhalten unzufriedener Kunden ausgelöst werden, so dass der Kontakt beispielsweise als unangenehm empfunden wird und eine Unzufriedenheit des Mitarbeiters hervorruft. Die Unzufriedenheit eines Mitarbeiters könnte also durch die Abweichung der tatsächlichen Interaktion mit dem Kunden von den Erwartungen des Mitarbeiters an diese Interaktion begründet sein. Die Bedeutung der aus dieser Differenz resultierenden Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit für die Globalzufriedenheit des Mitarbeiters ist dabei davon abhängig, welche Valenz der Mitarbeiter sozialen Beziehungen zu den Kunden (z.b. auch in Relation zu den sozialen Beziehungen zu Kollegen) beimisst. Es wäre sicherlich sinnvoll, hier in einer nachfolgenden Untersuchung Klarheit zu schaffen. In umgekehrter Richtung kann auf Basis der Annahme, dass die Mitarbeiterzufriedenheit das Mitarbeiterverhalten beeinflusst, vermutet werden, dass auch die Mitarbeiterzufriedenheit einen Einfluss auf die Interaktion zwischen Mitarbeiter und Kunden ausübt. Das Verhalten unzufriedener Mitarbeiter kann somit auch die Wahrnehmung des Mitarbeiter-Kunden- Kontaktes aus Sicht des Kunden beeinflussen und eine Unzufriedenheit des Kunden hervorrufen. Vor dem Hintergrund des Ergebnisses, dass die Zufriedenheit der Kunden aus deren Sicht vor allem in erster Linie durch guten Service und Freundlichkeit beeinflusst wird, ist es somit besonders wichtig für ein Unternehmen, serviceorientierte Mitarbeiter zu beschäftigen und diese Serviceorientierung durch die Unterstützung einer positiven Interaktion zwischen Mitarbeiter und Kunden weiter zu fördern. Aus der Betrachtung des Perspektivenwechsels ergab sich, dass die befragten Mitarbeiter die Einflussfaktoren der Kundenzufriedenheit wesentlich genauer einschätzen konnten, als die Kunden die Einflussfaktoren der Mitarbeiterzufriedenheit. Wenn man bedenkt, dass Mitarbeiter in der Regel im Rahmen ihrer Ausbildung und Tätigkeit umfassende Informationen über Kundenerwartungen und die Zufriedenheit der Kunden erhalten, verwundert es nicht, dass sie sich eher in die Perspektive des Kunden versetzen und die Einflussfaktoren seiner Zufriedenheit erfassen können als umgekehrt.

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 9 4.2 Gemeinsame Einflussfaktoren Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchung beschäftigte sich mit der Frage nach gemeinsamen Einflussfaktoren der Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit. Auf beiden Seiten wurden eine positive Atmosphäre und guter Service bzw. Freundlichkeit als die maßgeblichen Punkte für die gemeinsame Erzielung von Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit genannt. Besonders wichtig erschienen außerdem sowohl aus Kunden- als auch aus Mitarbeitersicht ein positives Betriebsklima und externe Faktoren (wie z.b. Wetterlage oder Tageszeit). Weitere gemeinsame Faktoren waren wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung aus Mitarbeiter- und Kundensicht - Räumlichkeiten, Erfolg, Entlohnung und Kompetenz des Personals. Wann sind ihrer Meinung nach sowohl Mitarbeiter als auch Kunden des Unternehmen XY zufrieden? Bei......gutem Service/Freundlichkeit...positiver Atmosphäre...positiver Atmosphäre...gutem Service/Freundlichkeit... guten Räumlichkeiten...bei Erfolg...positivem Betriebsklima...positivem Betriebsklima...bei guten externen Faktoren...bei guten externen Faktoren (z.b. Wetterbedingungen, Tageszeitpunkt,...)...bei Erfolg...bei guter Entlohnung...bei guter Entlohnung...bei kompetentem Personal...bei kompetenten Personal...bei guten Räumlichkeiten (Kunden) (Mitarbeiter) Tab. 3: Gemeinsame Einflussfaktoren der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit Auch hier wird wieder die bedeutende Rolle der Mitarbeiter-Kunden-Interaktion deutlich. Ein Unternehmen kann dann sowohl Mitarbeiter als auch Kunden zufriedenstellen, wenn es alle Voraussetzungen für positive atmosphärische Rahmenbedingungen und einen freundlichen, serviceorientierten Umgang miteinander schafft. Die Bedeutung dieser Faktoren wird durch Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen erkannt und gewichtet. Trotz des rein explorativen Charakters der Studie erhält diese Erkenntnis somit eine deutlichen Aussagekraft. Gerade

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 10 an diesem Punkt sollte in einem weiteren Schritt untersucht werden, welche Elemente der Atmosphäre und der sozialen Interaktion im einzelnen die Zufriedenheit beeinflussen. 5 Ausblick Zusammenfassend wird durch die vorliegende explorative Studie insbesondere die Rolle der sozialen Interaktion zwischen Mitarbeiter und Kunden in Bezug auf Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit deutlich. Sicherlich sind anhand der Ergebnisse zahlreiche weitere Hypothesen zu generieren, im vorliegenden Beitrag haben sich die Autoren jedoch auf die Hypothesen beschränkt, die am entscheidendsten erschienen. In einem weiteren Schritt sollten die genannten Hypothesen mit Hilfe quantitativer Methoden empirisch überprüft werden. Hierbei bietet sich insbesondere der Abgleich zwischen Mitarbeiter- und Kundenbefragungsergebnissen in verschieden Organisationseinheiten eines oder mehrerer Unternehmen an. Da in der vorliegenden Studie ausschließlich Unternehmen einbezogen wurden, in denen ein direkter Kontakt zwischen Mitarbeitern und Kunden besteht, und die Hypothese generiert werden konnte, dass hier die Mitarbeiter-Kunden-Interaktion eine maßgebliche Rolle in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit spielt, wäre natürlich auch die Untersuchung der Zusammenhänge und Einflussfaktoren in Unternehmen ohne direkten Mitarbeiter-Kunden-Kontakt interessant. Anzunehmen wäre, dass sich hier aufgrund der fehlenden Interaktion ein schwächerer Zusammenhang zwischen Mitarbeiterund Kundenzufriedenheit ergibt. 6 Literatur Holtz, R. vom (1998). Der Zusammenhang zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit. München: FGM-Verlag. Homburg, C., Giering, A. & Hentschel, F. (1998). Der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Koblenz: Schriftenreihe des ZMU. Kolb, P. (1996). Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Transparenzerleben von Mitarbeitern in Unternehmen. Frankfurt/Main: Europäischer Verlag der Wissenschaften. Mayring, P. (1993). Einführung in die qualitative Sozialforschung. Weinheim: Psychologie Verlags Union. Meyer, A. & Dornach, F. (1995). Das Deutsche Kundenbarometer 1995 Qualität und Zufriedenheit: Jahrbuch der Kundenzufriedenheit in Deutschland. München: FGM Verlag.

Maren Böhler, Armin Weber & Stefanie Winter 11 Schwetje, T. (1999). Kundenzufriedenheit und Arbeitszufriedenheit bei Dienstleistungen: Operationalisierung und Erklärung der Beziehung am Beispiel des Handels. Wiesbaden: Gabler. Simon, H. & Homburg, C. (1998). Kundenzufriedenheit: Konzepte Methoden Erfahrungen. Wiesbaden: Gabler. Six, B. & Eckes, A. (1991). Der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung Resultate einer metaanalytischen Studie. In Fischer, L. (Hrsg.), Arbeitszufriedenheit. Stuttgart: Verlag für angewandte Psychologie.