Tschechien. Ungarn. Polen. Türkei. Russland. BIP-Prognosen. Russland -3.7-2.6-0.6. Türkei 3.3 2.9 3.0. Polen 3.6 3.5 3.3. Inhaltsverzeichnis



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O S T E U R O P A 1 0. M ä r z 2 0 1 6 Exportierende Unternehmen sind meist produktiver, grösser und zahlen bessere Löhne. Die Exporte eines Landes geben also Auskunft über viele Eigenschaften der Volkswirtschaft: Wie hoch ist das Technologieniveau? Mit welchen Produkten verdient die Wirtschaft ihr Geld? Wie hoch ist die Abhängigkeit vom Ausland? Osteuropas Wirtschaften sind hier sehr unterschiedlich aufgestellt. Russland ist eine Exportmonokultur. Das Land verkauft unter dem Regiment des Kremls vor allem Öl und Gas. Problematisch dabei ist, dass Rohstoffe meist relativ leicht ersetzbar sind, sodass Russland wenig Preissetzungsmacht hat. Moskaus letzte Versuche, die globale Ölproduktion mit anderen Öl-Exporteuren zu koordinieren, verdeutlichen diese Abhängigkeit. Globale Rohstoffpreisbewegungen übersetzen sich sofort in starke Konjunkturschwankungen. Noch problematischer ist, dass Rohstoffmonokulturen oft von Eliten beherrscht werden, die ihre Macht ungern durch Strukturreformen infrage stellen. Die Türkei hat ein diversifizierteres Exportportfolio. Neben dem Tourismus verdient das Land vor allem mit Low- und Medium- Tech-Exporten seine Devisen. Wenn die Regierung es schafft, weiter Humankapital aufzubauen und längerfristige Investitionen anzuziehen, sehen wir auch für die Türkei mehr exportbasiertes Wachstum. Ankara hat gerade aber offenbar andere Prioritäten. Viele Städte Polens sind bereits moderne Exportwirtschaften. Doch gerade in Ostpolen fehlt häufig die Grundlage für starke Exportindustrien. Einfache Exporte wie Möbel oder Lebensmittel sind weiter (zu) wichtig wie Rohstoffe schwanken Agrarprodukte oft stark im Preis, was die Einnahmen (zu) stark schwanken lässt. Ungarn wurde durch große ausländische Direktinvestitionen noch viel stärker in die grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten Westeuropas integriert. Aber einfache Produkte sind mit rund 25 % der Exporte auch hier noch sehr prominent. Tschechien ist die modernste Exportwirtschaft des Ostens. Das kleine Land verdient sein Geld mit Exporten mit hohem Technologiegehalt. Diese sind weniger leicht ersetzbar und machen damit das Land resistenter gegen globale Konjunkturschwankungen. Die unterschiedlichen Exportstrukturen zeigen, wie unterschiedlich die Wachstums- und Entwicklungsperspektiven Osteuropas sind. Während unsere direkten Nachbarn im Großen und Ganzen von Technologietransfer profitieren, haben die Türkei und Russland noch einen langen Weg vor sich. Gerade Russland zeigt, wie verletzlich eine außenwirtschaftliche Monokultur macht und auch, wie verlockend es ist, nichts daran zu ändern, wenn die politischen Eliten die größten Profiteure dieser Monokultur sind. Exportkompositionen Tschechien Ungarn Polen Türkei Russland In % der gesamten Industriegüterexporte gemessen in US-Dollar, Durchschnitt 08-14. Quelle: Berenberg, United Nations TradeMap; Klassifikation nach Lalls (00) technology intensiveness Ranking. BIP-Prognosen 0% 25% 50% 75% % Landwirtschaft, Rohstoffe, einfach Verarbeitetes Low tech Medium tech High tech Russland -3.7-2.6-0.6 Türkei 3.3 2.9 3.0 Polen 3.6 3.5 3.3 Inhaltsverzeichnis Russland Innenpolitisch ruhig, außenpolitisch laut Seite 2 Türkei Terror und Tourismus Seite 3 Polen Ein Wahlgeschenk und seine Folgen Seite 4 1 Osteuropa. März 16 1/5

RUSSLAND Innenpolitisch ruhig, außenpolitisch laut Zuletzt gab es ein paar positive Konjunkturdaten aus Russland. Der Ölpreis stieg ein bisschen, der Rubel erholte sich etwas. Auch die fiel im Januar und Februar deutlich und liegt mit zuletzt 8,1 % endlich wieder im einstelligen Bereich. Auch die Kern- und die sraten fielen deutlich. Wird nun alles doch schnell wieder gut wird für Russland? Leider nein. Das Notenbankziel einer srate bei 4 % Ende 17 ist illusorisch. Die russische Wirtschaft ist weiter am Boden. Der vorlaufende Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie zeigt weiter schlechte Zeiten an. Die Reallöhne fallen und mit ihnen die Lebensqualität. Selbst die Notenbank sieht für 16 ein Negativwachstum von 1 bis 3 %. Währenddessen haben die USA gerade ihre Sanktionen bis 17 verlängert und das EU- Parlament bekräftigte letzte Woche, dass erst der russische Abzug von der Krim eine Lockerung der Sanktionen möglich machen kann. Anders gesagt: Die westlichen Daumenschrauben werden noch eine Weile angezogen bleiben umgekehrt also auch die russischen Importverbote für westliche Lebensmittel. Das heißt z.b. dass fallende Lebensmittelpreise eher die schlechtere Qualität als den nachlassenden Preisdruck reflektieren. Russlands wirtschaftliche Erholung wird also L-förmig weitergehen. Interventionen zu Gunsten des Rubels erwarten wir weiter keine. Die Notenbank wird außerdem den Zins konstant halten und wenn, dann geldpolitisches Finetuning nutzen, um gelegentlich Druck aus dem Interbankenmarkt zu nehmen. Nun wählt Russland im Herbst ein neues Parlament. Kommt in deren Vorlauf die große Unruhe wie im Jahr 11 wieder (Stichwort: Pussy Riot)? Die Antwort lautet hier ebenfalls: Nein. Der fallende Lebensstandard scheint die russische Bevölkerung neusten Umfragen zufolge eher patriotischer zu machen. Außerdem hat der Kreml einfach zu viele Sündenböcke zur Hand: Der Westen, der Russland klein halten will. Kiew, das angeblich die russischen Ukrainer diskriminiert. Der IS, aber auch die anderen Terroristen (also moderatere syrische Rebellen), die Moskaus syrischen Verbündeten Assad angreifen. Oder der fallende Ölpreis. Strengere Mediengesetze sowie höhere Budgets für regierungsfreundliche Presse tun ihr übriges. So werden die Parlamentswahlen wahrscheinlich eher ein Heimspiel für den Kreml. Weiter hohe Zustimmung und der zuletzt leicht steigende Ölpreis gibt dem Kreml geopolitisches Selbstbewusstsein. Der Waffenstillstand in Syrien von Ende Februar ist zwar positiv, aber Moskau scheint den Syrienkonflikt weiter zu einem Hebel gegenüber den westlichen Sanktionen auszubauen. Heißt: Die Lage in der Ukraine wird sich vermutlich nicht weiter als jetzt beruhigen, während es in Syrien weiter zu Spannungen kommen kann., Lebensmittel- und 25 15 5 0 Wechselkurs gegenüber US-Dollar und Ölpreis 1 25 55 70 85 Ölpreis (Brent) Rubel (rechte Achse) Invertierte Achse für Rubelkurs. Öl in US-Dollar. Quelle: Bloomberg BIP-Prognosen BIP -3.7-2.6-0.6 15.6 8.8 8.5 Arbeitslosigkeit 5.6 6.5 6.2 Leistungsbilanz 5.0 3.5 4.0 Haushalt -2.9-4.5-3.3 Osteuropa. März 16 2/5

TÜRKEI Terror und Tourismus Das Gute zuerst: Die fiel mit 8,8 % im Februar geringer aus als erwartet. Im Januar war sie noch auf 9,6 % geklettert und es schien nicht so, als ob die Preise auf billiges Öl besonders reagieren würden. Nun aber fiel auch die Energierechnung geringer aus. Außerdem zogen die bislang stark steigenden Lebensmittelpreise weniger deutlich an als erwartet. Die (ohne Energie- und Lebensmittelpreise) fiel zwar auch leicht, ist mit 9,6 % aber weiter viel höher, als es das magere Wachstum rechtfertigt. Für 16 rechnen wir mit einer von rund 8,7 %. Kaum beruhigt sich die etwas, erwächst der türkischen Volkswirtschaft ein anderes Sorgenkind: Der Tourismus, welcher rund 4,5 % des BIP ausmacht und damit ein wichtiges Gegengewicht zum Leistungsbilanzdefizit ist. Bereits 15 fielen hier die Einnahmen um 8,3 % im Vergleich zum Vorjahr. 16 wird es wohl noch schlimmer. Problemtisch ist zum einen das bereits seit Januar aktive Tourismusembargo nachdem die Türkei letztes Jahr einen russischen Kampfjet abschoss: Moskau rät von Urlaub in der Türkei ab, erschwert Reisen in das Land und verbietet staatlichen Reiseagenturen den Verkauf von Urlauben in die Türkei. Dabei sind die Russen hinter den Deutschen die wichtigste Zielgruppe für die türkische Tourismusindustrie. Das daraufhin geschnürte Hilfspaket der Regierung von 255 Mio. Lira ( Mio. Euro) wird nur einen Teil dieses Schocks abfedern können. Denn nach den Anschlägen von Ankara und Istanbul in den letzten Wochen ist klar: Der Konflikt zwischen kurdischen Rebellen und Ankara vermengt sich zunehmend mit dem Syrienkonflikt. So dämpft nun auch die erhöhte Terrorgefahr den Tourismus. Außenwirtschaftlich heißt das weniger Deviseneinnahmen. Diese fehlen beim Schließen des weiter großen Leistungsbilanzdefizits. Billiges Öl und fallende Importe sorgen aber dennoch für ein Leistungsbilanzdefizit unter 5 % des BIP in diesem Jahr. Für die Lira bedeutet jeder weitere Terroranschlag aber einen Tritt gegen das Schienbein also erhöhte Volatilität. Geldpolitisch hält die Notenbank vorerst weiter die Finger still, obwohl sie noch Ende 15 allerhand Signale sendete, die anderes andeuteten. Doch die Notenbanker sitzen weiter in der Klemme: Einerseits ist da die Regierung, die das kreditgetriebene Wachstum des Landes nicht eingehen lassen will und deshalb den Druck auf die Notenbank aufrechterhält. Hinzu kommt, dass viele der Mitglieder des geldpolitischen Komitees gerade ersetzt werden, inklusive Notenbank-Chef Basci im April. Andererseits verlangen die trotz leichter Verbesserungen weiter hohe und Kapitalabflüsse, dass die Notenbank die Zügel etwas anzieht. All das macht die türkische Geldpolitik weiter extrem schwer vorhersehbar. Unser best guess ist: Nach weiterem Stillhalten bis Mitte des Jahres sehen wir eine %-Chance für eine Leitzinssenkung., Lebensmittel- und 16 13 7 4 Wechselkurs gegenüber US-Dollar und Ölpreis 1 1.8 2.1 2.4 2.7 3.0 3.3 Ölpreis (Brent) Lira (rechte Achse) Invertierte Achse für Lirakurs. Öl in US-Dollar. Quelle: Bloomberg Prognosen BIP 3.3 2.9 3.0 7.7 8.7 8.2 Arbeitslosigkeit.6.1.2 Leistungsbilanz -6.0-4.5-5.3 Haushalt -1.7-2.0-2.1 Osteuropa. März 16 3/5

POLEN Ein Wahlgeschenk und seine Folgen Polens mittlerweile drei Monate alte nationalkonservative Regierung lässt Geld regnen. Das politisch wie volkswirtschaftlich vorerst wichtigste Wahlversprechen wurde nun bestätigt: Die Kindergelderhöhung. Ab April erhält jede Familie mit mehr als einem Kind monatlich 500 Zloty (rund 115 Euro) pro Kind. Familien mit einem Monatseinkommen unter 0 Zloty (185 Euro) erhalten schon ab dem ersten Kind die Pauschale. Dass das bei einem durchschnittlichen Familieneinkommen von Netto etwa 665 Euro gut ankommt, ist klar. Ebenso, dass es den privaten Konsum und damit das BIP etwas steigern wird. Wir sind aber skeptisch, ob das Programm wie von der Regierung versprochen Polens demografisches Problem lösen wird. Was aber sicher wachsen wird, ist das Loch im polnischen Haushalt. Polens demografisches Problem besteht darin, dass zu wenige Kinder geboren werden und dass zu viele junge, gut gebildete Menschen auswandern. Letzteres könnte sich durch den autoritäreren Kurs der neuen Regierung nochmals verstärken. Ob das massiv erhöhte Kindergeld eine höhere Geburtenrate beschert, ist also fraglich. Hohe Geburtenraten kommen normalerweise durch Immigration (was die Regierung bekanntlich nicht will) oder moderne Familienpolitik, die Frauen ermöglicht, Mutterschaft und Berufstätigkeit besser zu vereinbaren (was ebenfalls nicht Teil der Agenda der Regierung ist). Fiskalisch hat die Regierung dieses Jahr aufgrund planerischer Versäumnisse wahrscheinlich weniger Mittel aus EU-Töpfen zur Verfügung. Und die Wahlgeschenke bedeuten höhere Ausgaben, bei denen weiter unklar ist, wie diese gestemmt werden sollen. Versteigerungserlöse aus Mobilfunklizenzen und Steuererhöhungen für den Bankensektor reichen jedenfalls nicht aus, um das Budgetdefizit bei 3 % des BIP also der Maastricht-Grenze zu verankern. Insofern erwarten wir einerseits ein leichtes Überschreiten der Maastricht-Schwelle im nächsten Jahr, andererseits aber vor allem Anpassungen auf der Einnahmenseite: Konkret ist also eine weitere Reform des Rentensystems durchaus möglich. Der Zloty-Kurs beruhigte sich zuletzt wieder etwas und gewann gegenüber dem Euro. Die Märkte gewöhnen sich an die neue Regierung. Doch die Landeswährung bleibt weiter anfällig gegenüber politischen Entwicklungen, solange Unklarheit über die Finanzierung des polnischen Haushalts herrscht. Eine weitere potenzielle Lärmquelle ist der turnusmäßige Austausch nahezu aller polnischen Notenbanker. Die neue Garde wird vermutlich regierungsfreundlicher sein und könnte angesichts weiter fallender sraten (vor allem wegen des billigen Öls) und erhöhtem Druck seitens der Regierung die Zinsen senken. Das würde den Zloty dauerhaft schwächen., Lebensmittel- und 3.0 1.0-1.0-3.0-5.0 Wechselkurs gegenüber Euro und Ölpreis 1 3.90 4.05 4. 4.35 4.50 Ölpreis (Brent) Zloty (rechte Achse) Invertierte Achse für Zlotykurs. Öl in US-Dollar. Quelle: Bloomberg Prognosen BIP 3.6 3.5 3.3-0.9 0.8 2.2 Arbeitslosigkeit 7.6 9.5.1 Leistungsbilanz -0.2-0.3-1.5 Haushalt -2.9-3.0-3.1 Osteuropa. März 16 4/5

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