Wirtschaft Matthias Hofer Rechnungswesen: Einführung in die doppelte Buchführung und Kosten- und Leistungsrechnung Kompendium für Einsteiger und zur Vorbereitung auf die schriftlichen Prüfungen der Finanzbuchhalterlehrgänge der Volkshochschulen
Matthias Hofer Rechnungswesen Einführung in die doppelte Buchführung und Kosten- und Leistungsrechnung Kompendium für Einsteiger und zur Vorbereitung auf die schriftlichen Prüfungen der Finanzbuchhalterlehrgänge der Volkshochschulen
kurz vorweg Wie oft habe ich als Schüler und später als Erwachsener, der lebenslang lernen möchte, davon geträumt, ein Lehrbuch in den Händen zu halten, das ohne ausladendes Geschwafel, zig Fußnoten und Querverweisen einfach mal auf den Punkt kommt. Seit vielen Jahren unterrichte ich an verschiedenen Bildungseinrichtungen Buchführung und Kostenrechnung und weiß, wie schwer vielen Teilnehmern die Beschäftigung mit diesen Themen fällt. Vor einiger Zeit kam mir nun der Gedanke, einmal ein Lehrbuch zu erstellen, das ohne überflüssigen Ballast auskommt und in einer so einfachen Sprache geschrieben ist, dass selbst ich es in meiner Schulzeit verstanden hätte. Das Ergebnis halten Sie in Ihren Händen: sicher kein perfektes Buch, aber ein dünnes Kompendium, das jedem Anfänger/jeder Anfängerin auf dem Gebiet des Rechnungswesens elementare Grundkenntnisse der doppelten Buchführung sowie der in einer (hoffentlich) leicht verständlichen Sprache vermitteln soll. Auch für angehende Weiterbildungsprüfungen zum Finanzbuchhalter ist dieses Kompendium geeignet. Mein ausdrücklicher Dank geht an meine Kursteilnehmer und Hörer, die mir mit ihren Anregungen und Tipps (für weitere Tipps bin ich dankbar) bei der Konzeption sehr geholfen haben sowie an die Kollegen und Mitarbeiter, v.a. der Volkshochschule Wilhelmshaven, für die seit Jahren anhaltende Unterstützung meiner Arbeit. Viel Spaß beim Lesen und Lernen! Matthias Hofer, August 2012 Thema Seite Doppelte Buchführung 1. Teil: Allgemeine Grundlagen (für alle Kontenrahmen geeignet) 3 Doppelte Buchführung 2. Teil: Buchhalterische Einzelfälle (nach dem Kontenrahmen der Industrie) 20 1. Teil: Grundlagen 73 2. Teil: Kostenartenrechnung 81 3. Teil: Kostenstellenrechnung 88 4. Teil: Kostenträgerrechnung 99 5. Teil: Beschäftigung, Kapazität, Beschäftigungsgrad 109 6. Teil: Kurzfristige Erfolgsrechnung/Kostenträgerzeitrechnung 111 7. Teil: Grundlagen der Deckungsbeitragsrechnung 113 2
Doppelte Buchführung 1. Teil Allgemeine Grundlagen (für alle Kontenrahmen geeignet) Thema Seite 01) Rechtliche Pflichten 4 02) Begriff und Bestandteile des Rechnungswesens im Überblick 5 03) Aufgaben der doppelten Buchführung 6 04) Aufgaben und Struktur der Bilanz 7 05) Wie kommen die Werte in die Bilanz? Inventur und Inventar 8 06) Unterschiede zwischen Inventar und Bilanz 8 07) Wertbewegungen in der Bilanz 9 08) Warum überhaupt eine Buchführung? 10 09) Was bedeutet eigentlich doppelte Buchführung? 10 10) Die Bildung von Buchungssätzen und Kontierung 10 11) Wichtige Bewertungsgrundsätze 15 12) Eröffnungsbilanzkonto und Schlussbilanzkonto 16 13) Kontenrahmen und Kontenplan 17 14) Bücher der doppelten Buchführung 18 15) Das Gewinn- und Verlustkonto 19 16) Gewinnermittlung durch Eigenkapitalvergleich 19 3
01) Rechtliche Pflichten Bevor auf die Technik der doppelten Buchführung (Doppik = doppelte Buchführung in Konten ) eingegangen wird, sollte anfangs die Frage beantwortet werden, wer überhaupt zur Vornahme einer doppelten Buchführung verpflichtet ist. Pflicht nach Handelsrecht Grundsätzlich gilt: Wer sein Gewerbe im Handelsregister eingetragen hat, der muss gemäß 238 HGB Handelsbücher führen. Daraus leiten wir ab, dass für eingetragene Kaufleute grundsätzlich eine handelsrechtliche Pflicht zur doppelten Buchführung besteht. Für alle anderen gewerblich oder beruflich tätigen Unternehmer (z.b. Freiberufler) besteht umgekehrt also keine Pflicht. Pflicht nach Steuerrecht Nach 140 der Abgabenordnung (AO) muss jeder Unternehmer, der nach Handelsrecht eine doppelte Buchführung betreibt, dieses auch für die Besteuerung tun ( 4 (1) + 5 (1) EStG). Nicht im Handelsregister eingetragenen Unternehmern ist es erlaubt, eine Einnahmenüberschussrechnung vorzunehmen ( 4 (3) EStG). Ausnahmen hier: Der Umsatz pro Jahr übersteigt die Grenze von 500.000,00. oder Der Gewinn pro Jahr übersteigt die Grenze von 50.000,00. In diesen Fällen entsteht also auch für nicht eingetragene Unternehmer die Pflicht zur doppelten Buchführung. 4
02) Begriff und Bestandteile des Rechnungswesens im Überblick Das betriebliche Rechnungswesen gliedert sich in: Geschäftsbuchhaltung Hierunter versteht man das Buchen der Geschäftsfälle und das Führen der Geschäftsbücher. Die Geschäftsbuchhaltung ist Teil des internen Rechnungswesens, d.h. sie richtet sich in erster Linie an das Unternehmen bzw. die Unternehmensleitung selbst. Ihre Durchführung ist an keine gesetzlichen Bestimmungen gebunden. Finanzbuchhaltung Die Finanzbuchhaltung umfasst alle Maßnahmen, die den betrieblichen Jahresabschluss betreffen. Hierzu gehören die Inventur, die Erstellung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (Bewertung) sowie die Verteilung von Gewinn und Verlust an die Gesellschafter und die Bilanzanalyse. Gerade die Bewertung ist an strenge Gesetze gebunden, die sich hauptsächlich aus dem Steuerrecht ergeben. Die Finanzbuchhaltung ist nach außen gerichtet (externes Rechnungswesen), d.h. sie richtet sich in erster Linie an verschiedene Gläubiger. Kosten und Leistungsrechnung Das Endziel dieses Teils des internen Rechnungswesens ist die Kalkulation der Verkaufspreise. Hierzu wird zunächst ermittelt, welche Kosten in welchem Teil des Unternehmens angefallen sind. Später werden dann diese Kosten anteilsgerecht auf die Kostenträger verteilt. Dies kann je nach Art des Unternehmens auf unterschiedliche Weise geschehen. Die Leistungsrechnung beschäftigt sich dann schließlich mit der Bewertung der Wirtschaftsgüter. Weitere wichtige Aufgaben der sind die ständige Kontrolle der betrieblichen Wirtschaftlichkeit und die Bereitstellung von Zahlenmaterial für weitere Zwecke. Statistik Im Groben handelt es sich um einen übersichtlichen Vergleich von didaktisch aufbereitetem Zahlenmaterial. Planungsrechnung Unter einer Planungsrechnung versteht man eine betriebliche Vorschaurechnung anhand verschiedenartiger Pläne. Vor allem seien hier Gründungspläne, Finanzpläne, Beschaffungs- und Absatzpläne zu nennen. 5
Controlling Controlling beschreibt im deutschen Sprachraum die Kontrolle, vor allem aber die Steuerung eines Unternehmens anhand verschiedener Maßnahmen. Werden alle Teilbereiche des Unternehmens gemeinsam betrachtet, ergibt sich für den Begriff des Rechnungswesens folgende Deutung: Unter Rechnungswesen versteht man unter Wahrung aller gesetzlichen Vorschriften ein Abbild des betrieblichen Leistungsprozesses durch eine lückenlose Aufzeichnung aller Vorgänge, die den Unternehmenserfolg bestimmen. Dabei bildet die Buchführung, wenn man es so will, die erste Stufe des Rechnungswesens. Sie sammelt Daten, Fakten, Belege und ordnet Zahlenmaterial, welches in die anderen Bereiche des Rechnungswesens weitergegeben wird. 03) Aufgaben der doppelten Buchführung Zu den Aufgaben einer doppelten Buchführung gehören: a) Feststellung des Standes von Vermögen und Schulden b) Aufzeichnung aller Wertveränderungen durch die laufenden Geschäftsfälle c) Ermittlung des Unternehmenserfolgs durch Erfassung aller Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres d) Ermittlung von Zahlenmaterial zur weiteren Verwendung e) Schutz der Gläubiger durch realistische Darstellung der Vermögenslage f) Beweismittel bei Rechtsstreitigkeiten g) innerbetriebliche Kontrolle h) Lieferung von Zahlenmaterial für eine optimale Besteuerung 6
04) Aufgaben und Struktur der Bilanz Um die buchhalterischen Abläufe verstehen zu können, ist es erforderlich, sich zunächst mit der Struktur des eigentlichen Ziels der Buchführung auseinander zu setzen: der Bilanz. Die Erstellung der Bilanz ist gemäß 242 HGB gesetzliche Pflicht. Dabei handelt es sich um eine Gegenüberstellung des Vermögens mit dem Kapital. Beide Seiten müssen sich dabei die Waage halten. Der Aufbau einer Bilanz unterliegt gesetzlichen Bestimmungen, die im Modul Bilanzierung besprochen werden, und deshalb an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Die Bilanz ist eine zweispaltige Tabelle mit folgenden Inhalten: Aktiva (Vermögen) Bilanz Passiva (Kapital) I. Anlagevermögen I. Eigenkapital = Vermögensposten, deren Werte sich relativ selten verändern. Hierzu gehören v.a. Gebäude, Grundstücke, = ergibt sich rechnerisch, indem das Fremdkapital vom Gesamtvermögen abgezogen wird Fuhrpark, technische Anlage und Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung II. Umlaufvermögen = Vermögensposten, deren Werte relativ häufig wechseln. Hierzu gehören v.a. Bank, Kasse, Forderungen und die verschiedenen Vorräte II. Fremdkapital = Schulden, hierzu gehören v.a. langfristig: Darlehen und Hypotheken kurzfristig: Verbindlichkeiten Das Kapital ist im Vermögen gebunden. Somit besteht eine Beziehung zwischen den Bilanzseiten, die im Folgenden erläutert wird. Der Aufbau der Bilanz ist für mittlere und große Kapitalgesellschaften vorgeschrieben ( 266 HGB). Alle anderen Unternehmungen orientieren sich hieran. Im Weiteren sind leere Zeilen in der Bilanz durch eine Buchhalternase zu entwerten, die Bilanzsummen sind doppelt zu unterstreichen. Die Bilanz ist vom Unternehmer zu unterschreiben. 7
05) Wie kommen die Werte in die Bilanz? Inventur und Inventar Die Werte in der Bilanz werden durch Inventur ermittelt. Hierunter versteht man eine Reihe von Maßnahmen zur Aufnahme aller Vermögensteile und Schulden durch zählen, messen, wiegen, schätzen, bewerten und durch den Abschluss der Konten in der Buchführung. Einteilung der Inventur nach der Art und Weise Buchinventur: Bewertung und Abschluss der Konten körperliche Inventur: Vor allem im Vorratsbereich wird gezählt, gemessen, gewogen und geschätzt. Einteilung der Inventur nach dem zeitlichen Rahmen Stichtagsinventur: Inventur +/- 10 Tage zum Stichtag zeitlich versetzte Inventur: bis drei Monate vor und zwei Monate nach dem Stichtag permanente Inventur: betrifft das Vorratsvermögen; Bestandsaufnahme verteilt sich auf das ganze Jahr; Vorratsbestandsveränderungen werden laufend erfasst Die Ergebnisse der Inventur werden geordnet erfasst in einer Liste, die man Inventar nennt. Es besteht aus drei Teilen: A. Vermögens- und Besitzteile B. Schulden C. Eigenkapitalermittlung (Reinvermögen) Auf Grundlage u.a. des Inventars wird schließlich die Schlussbilanz erstellt. 06) Unterschiede zwischen Inventar und Bilanz: Inventar Staffelform kein Teil des Jahresabschlusses ausführlich Bilanz Kontenform Teil des Jahresabschlusses kurzgefasst 8
07) Wertbewegungen in der Bilanz Jeder gebuchte Geschäftsfall (Hierunter versteht man betriebliche Vorgänge, die Zahlenmaterial liefern.) hat einen unmittelbaren Einfluss auf die Jahresbilanz. Man unterscheidet dabei vier Möglichkeiten: 1. Aktivtausch Beispiel: Barabhebung von der Bank 300,00 Angesprochen sind die Bilanzposten Kasse und Bank. Beide Posten befinden sich auf der Aktivseite der Bilanz. Dabei erhöht sich der Kassenbestand um 300,00, das Bankkonto vermindert sich um den gleichen Betrag. Mehrung eines Aktivpostens, bei gleichzeitiger Minderung eines anderen Aktivpostens 2. Passivtausch Beispiel: Umwandlung einer kurzfristigen Schuld in eine langfristige Schuld 1.000,00 Angesprochen sind die Bilanzposten Verbindlichkeiten und Darlehen. Beide Posten befinden sich auf der Passivseite der Bilanz. Dabei erhöht sich der Darlehensbestand um 1.000,00, das Konto Verbindlichkeiten vermindert sich um den gleichen Betrag. Mehrung eines Passivpostens, bei gleichzeitiger Minderung eines anderen Passivpostens 3. Aktiv-Passiv-Mehrung Beispiel: Kauf von Büroschränken auf Ziel (= Rechnung) für 800,00 Angesprochen sind die Bilanzposten Betriebs- und Geschäftsausstattung und Verbindlichkeiten. Der Posten Betriebs- und Geschäftsausstattung befindet sich auf der Aktivseite, der Posten Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Bilanz. Beide Posten erhöhen sich um den gleichen Betrag, da der Geschäftsfall das Vermögen und gleichzeitig die Schulden um 800,00 vermehrt. Mehrung eines Aktivpostens, bei gleichzeitiger Mehrung eines Passivpostens 4. Aktiv-Passiv-Minderung Beispiel: Wir bezahlen eine Liefererschuld durch Banküberweisung 750,00 Angesprochen sind die Bilanzposten Verbindlichkeiten und Bank. Der Posten Verbindlichkeiten befindet sich auf der Passivseite, der Posten Bank auf der Aktivseite der Bilanz. Beide Posten vermindern sich um den gleichen Betrag, da der Geschäftsfall das Bankvermögen und gleichzeitig die Liefererschulden um 750,00 vermindert. Minderung eines Aktivpostens bei gleichzeitiger Minderung eines Passivpostens 9
08) Warum überhaupt eine Buchführung? Eine Bilanz ist tabu. Sie darf nicht geändert, verändert oder modifiziert werden. Aus diesem Grunde dürfen die genannten Wertbewegungen nicht direkt auf der Bilanz, sondern müssen auf Konten erfasst werden. An dieser Stelle beginnt der Übergang in die doppelte Buchführung. 09) Was bedeutet eigentlich doppelte Buchführung? Es gibt unterschiedliche Deutungen, weshalb eine doppelte Buchführung eben doppelt ist: a) Jeder Geschäftsfall wird doppelt gebucht, einmal auf der Sollseite (linke Seite) und einmal auf der Habenseite (rechte Seite) eines Kontos. b) Es gibt zwei Möglichkeiten einer Gewinnermittlung: b1) über die Erfolgsrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung) b2) durch den Eigenkapitalvergleich: Eigenkapital Ende des Jahres - Eigenkapital Anfang des Jahres + Privatentnahmen - Privateinlagen c) Es gibt zwei elementare Bücher der Buchführung, das Grund- und das Hauptbuch, die durch mehrere Nebenbücher ergänzt werden. 10) Die Bildung von Buchungssätzen und Kontierung Buchungssätze werden aus Geschäftsfällen konstruiert. Um Buchungssätze formulieren zu können, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: 1) Der Geschäftsfall muss Hinweise auf mindestens zwei Konten enthalten. 2) Der Geschäftsfall muss Hinweise auf Geldbeträge enthalten. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kann mit der Formulierung des Buchungssatzes begonnen werden. Dazu muss der Buchhalter zunächst ermitteln, welche Konten von diesem Geschäftsfall betroffen sind. Ist diese Frage beantwortet, muss man sich darüber Gedanken machen, auf welcher Seite der ermittelten Konten eine Mehrung bzw. Minderung stattfindet. Um dieses Problem zu lösen, muss dem Buchhalter klar sein, auf welcher Bilanzseite (links oder rechts) die jeweiligen Konten zu finden sind. 10