Kontrastive Analyse semantischer Merkmale von Vergangenheitstempora im Deutschen und Albanischen



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GERMANICA WRATISLAVIENSIA 135 Acta Universitatis Wratislaviensis No 3406 Wroc³aw 2012 Sadije Rexhepi Prishtina Kontrastive Analyse semantischer Merkmale von Vergangenheitstempora im Deutschen und Albanischen Einleitung Das Ziel der Arbeit ist die semantischen Merkmale der Vergangenheitstempora des Verbs in der deutschen und albanischen Sprache kontrastiv zu untersuchen. Der Sprachvergleich konzentriert sich dabei auf die Herausstellung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen beiden Sprachen. Er basiert auf Beispielen aus Zweigs Novelle Brief einer Unbekannten und ihrer albanischen Übersetzung. Traditionell kennt das deutsche Tempussystem bekanntlich drei Vergangenheitsformen: Präteritum, Perfekt und Plusquamperfekt. Das Albanische weist demgegenüber zwei weitere Vergangenheitstempora auf, es funktioniert somit im Tempussystem mit fünf Vergangenheitsformen, mit dem: Imperfekt, Aorist, Perfekt, Plusquamperfekt und Aorist II (ASHSH 2002: 274). Bei der Beschreibung von Tempusformen gehen viele Wissenschaftler vom Text aus, so z.b. Hauser-Suida / Hoppe-Beugel (1972), Thieroff (1992), Weinrich (1993), Marschall (1995), Hennig (2000). Es gilt, dass insbesondere Weinrich bei der Tempusanalyse zu den ersten zählt, die den Weg zu einer textbezogenen Tempusbeschreibung beschritten haben. Seinem Beispiel folgten viele Linguisten. Weinrich teilt den Text nach den Kategorien: Tempus-Register, Sprechperspektive und Reliefgebung. Unter dem Aspekt des Tempus-Registers gliedert sich der Text nach Weinrich (1993:198) wiederum in einen erzählenden und einen besprechenden Text. Die Tempora des erzählenden Tempus-Registers sind: das Präteritum und das Plusquamperfekt, Konditional und Konditional II (vgl. Wein-

116 Sadije Rexhepi rich 2001:30 1 ). Zu den Tempora des besprechenden Tempus-Registers in beiden Sprachen zählen das Präsens, das Perfekt und das Futur. Die Tempora des erzählenden Tempus-Registers im Albanischen sind das Imperfekt, der Aorist, das Plusquamperfekt und der Aorist II. Bei den meisten Prädikationen spielt allerdings die zeitliche Perspektive keine Rolle, so gebraucht man, je nach dem Tempus-Register, entweder das besprechende Neutral-Tempus Präsens oder das erzählende Neutral-Tempus Präteritum (vgl. Weinrich 1993: 207). Die neutralsten Null-Perspektive-Zeitformen sind im Albanischen das besprechende Neutral-Tempus Präsens, das erzählende Neutral- Tempus Imperfekt und das erzählende Neutral-Tempus Aorist. Darüber hinaus bringen die Zeitformen (der deutschen Sprache) eine Differenz-Perspektive zum Ausdruck, und zwar die Rück-Perspektive, das Perfekt und das Plusquamperfekt (vgl. Wenrich 1993: 208). In der albanischen Sprache sind es das Perfekt, das Plusquamperfekt und der Aorist II. Das Tempus der Voraus-Perspektive ist in beiden Sprachen das Futur. 1. Präteritum des Deutschen vs. Imperfekt und Aorist des Albanischen Das Imperfekt im Albanischen hat die obligatorischen semantischen Merkmale vergangen (temporal) und imperfektisch (aspektual) (Buchholz / Fiedler 1987:125). Es weist verschiedene Bedeutungen auf: eine imperfektive, eine durative und eine iterative Bedeutung. Gelegentlich dient das Imperfekt dem Ausdruck von Vorzeitigkeit und Vergangenheit. Es stellt auch nicht temporal markierte Handlungen und Zustände dar. Die imperfektive Bedeutung stellt die Hauptbedeutung des Imperfekts dar, den anderen Bedeutungen kommt sekundärer Charakter zu. Bei der Analyse von Beispielen aus Zweigs Novelle Brief einer Unbekannten und ihrer albanischen Übersetzung konnte ich feststellen, dass das Imperfekt des Albanischen mit der ähnlichen Bedeutung wie das Präteritum des Deutschen verwendet wird. Das Präteritum des Deutschen bezeichnet vergangene Sachverhalte. Aktzeit und Betrachtzeit sind identisch, beide liegen vor der Sprechzeit (Helbig / Buscha 1993: 148). Drückt das Verb im Präteritum Durativität sowie Iterativität aus und stellt sich die Handlung als imperfektiv dar, so hat das Präteritum des Deutschen eine völlig gleiche Bedeutung wie das Imperfekt des Albanischen. Im Deutschen werden die Verben haben und sein sowie die Modalverben vorzugsweise im Präteritum verwendet. Das Imperfekt dieser Hilfsverben ist im 1 Er behandelt allerdings in seiner Textgrammatik nur die sechs traditionellen Tempusformen, Konditional und Konditional II werden ausser acht gelassen (Weinrich 1993:198).

Kontrastive Analyse semantischer Merkmale von Vergangenheitstempora 117 Albanischen mit der Bedeutung des Aorists nahezu identisch. Es gilt allerdings zu beachten, dass das albanische Imperfekt sowohl in der geschriebenen als auch in der gesprochenen Sprache häufiger als der Aorist verwendet wird. Das Imperfekt und der Aorist im Albanischen werden wie auch das Präteritum im Deutschen statt des Präsens gebraucht, wenn nämlich gegenwärtige Sachverhalte gemeint sind, der Sprecher sich aber an einer vorher bestehenden Situation orientiert (vgl. Helbig / Buscha 1993:149): (1) Wer war hier noch ohne Fahrschein? (1.a) Kush ishte/qe këtu ende pa biletë udhëtimi? Wunderlich meint diese Sätze müssten als Transforme verstanden werden. Für die idiosynkratisch begrenzten Beispiele [ ] sind entsprechend idiosynkratische Ellipsentransformationen anzunehmen, etwa von der Art [ ] wer bestellte das Bier? ich habe hier ein Bier. Wer erhält das Bier? > wer erhielt das Bier? (das Merkmal für Präteritum im ersten Satz kontaminiert mit dem letzten Satz) oder [ ] wer wollte, dass er ein Bier erhält? ich habe hier das Bier? > wer erhielt das Bier? (das Merkmal für Prät. im dominierenden Teilsatz des ersten Satzes kontaminiert mit dem eingebetteten Satz; ebenfalls kontaminiert der definite Artikel des 2. Satzes mit dem eingebetteten Satz) (Wunderlich 1970: 139). Auch hier trifft die Formel E nicht-vor O & O vor S zu, wobei hier aufgrund des aussersprachlichen Kontextes die Nicht-Abgeschlossenheit impliziert ist (Thieroff 1992: 117). Dazu noch einmal Wunderlich: Nach meiner jetzigen Vorstellung wäre der Satz [ ] morgen gab es den Faust im Theater zurückzuführen auf [ ] [morgen gibt es den Faust im Theater], wurde bekanntgegeben oder auf [ ] ich hörte {hörte} [morgen gibt es den Faust im Theater]. (Wunderlich 1970:140) las Die Orientierungszeit, auf die das Präteritum sich hier bezieht, ist eben die Zeit, als die Rede davon war (gehört, gelesen wurde), was es im Theater geben würde. Auch hier liegt also Präteritum mit Zukunftsbezug vor, und auch hier legt die aussersprachliche Situation fest, dass die Situation, auf die das Präteritum referiert, noch aussteht. Kurz: Was es vor Stunden erst morgen im Theater gab, das gibt es auch jetzt noch erst morgen im Theater, [ ]; und wer vorher ohne Fahrschein war, ist auch jetzt noch ohne Fahrschein. All dies steht im Einklang mit der Präteritumsemantik, die keine Aussage über Abgeschlossenheit oder Nicht-Abgeschlossenheit macht (Thieroff 1992: 117). Bezeichnet das Präteritum vergangene Sachverhalte mit perfektiver Bedeutung (mit perfektivem Aspekt), ist es mit dem Aorist des Albanischen nahezu identisch, vgl.: (2) Am nächsten Tag zogst Du ein, aber trotz allen Spähens konnte ich Dich nicht zu Gesicht bekommen das steigerte nun meine Neugier (Zweig 1996: 159). (2.a) Të nesërmen ti erdhe, por, megjithëse, të përgjova, s të pashë dot kjo ma shtoi edhe më tepër kurreshtjen (Cvajg 1989: 284).

118 Sadije Rexhepi Zu den Hauptmerkmalen des albanischen Aorists zählen die obligatorischen Merkmale vergangen (temporal) und aoristisch (aspektual). Verwendungen, die scheinbar das Merkmal vergangen nicht aufweisen, sind stilistisch gefärbt (kontextabhängig) oder modal. (Buchholz / Fiedler 1987: 127). Der Aorist stellt eine Handlung als ein abgeschlossenes Ereignis dar. Häufig werden Aoristformen von Temporaladverbien begleitet, die einen bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit benennen. Auch das Präteritum des Deutschen bezeichnet einzelne Sachverhalte, die durch Temporaladverbien einer bestimmten Zeit zugewiesen werden (wie gestern, vorgestern, neulich, im vorigen Jahr). Es beschreibt eine Handlung, die zum Sprechzeitpunkt vergangen und abgeschlossen ist. Somit können das Präteritum des Deutschen und der Aorist des Albanischen in diesem Zusammenhang mit einer gleichen Funktion dargestellt werden. Thieroff jedoch meint, dass die Tatsache, ob das Präteritum Abgeschlossenheit einer Handlung zeigt oder nicht, von bestimmten semantischen Merkmalen des Verbs selbst abhängt: Punktuelle Situationen im Präteritum implizieren Abgeschlossenheit der Handlung zum Sprechzeitpunkt, telische, atelische und statische implizieren sie nicht (Thieroff 1992:116). Sowohl der Aorist des Albanischen als auch das Präteritum des Deutschen können dann mit resulativem Charakter vorkommen, wenn Verben lexikalisch resultative Bedeutungen haben und wenn die Ergebnisse vergangener Handlungen in der Sprechzeit klar zu erkennen sind: (3) Aber Du kamst nicht. Niemand kam (Zweig 1996:168). (3.a) Por ti nuk erdhe. Askush nuk erdhi (Cvajg 1989:294). Das Präteritum kann auch mit gegenwartsbezogenen Temporaladverbialen auftreten, wie jetzt, heute, zur Zeit, usw. (vgl. Thieroff 1992: 104). Sie geben die Orientierungszeit an, die zum Sprechzeitpunkt vergangen ist. Sie kann nur sprechzeitrelativ verstanden werden (vgl. Thieroff 1992: 111). Das Adverb morgen (in z.b. Morgen war Weihnachten.) bezeichnet eine Zeit nach der Orientierungszeit (Thieroff 1992: 112). Diese Bedeutung hat auch das Imperfekt und der Aorist des Albanischen, besonders wenn es um den Gebrauch von Hilfsverben geht. Das Präteritum des Deutschen drückt nicht nur vergangene Sachverhalte aus. Steube schreibt in diesem Zusammenhang: Daneben gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wo die Präteritalform nicht unbesehen als Vergangenheit interpretiert werden kann: fungiertes Erzähltempus, Versicherungspräteritum in Rückfragen, Präteritum in erlebter Rede und im inneren Monolog, Präteritum in Zukunftsromanen, stilistischer Ersatz für Perfekt im fortlaufenden Text (Erleichterungspräteritum), Ästetenpräteritum in der Werbung (Steube 1980: 28). Interessant ist zudem die Tatsache, dass der Aorist des Albanischen mitunter dem Plusquamperfekt des Deutschen näher steht als dem Präteritum. Das ist der Fall, wenn Handlungen aufeinander folgen, d.h. die beschriebene Handlung im Plusquamperfekt vor der anderen Handlung im Imperfekt verläuft. Im Albanischen

Kontrastive Analyse semantischer Merkmale von Vergangenheitstempora 119 kann die Handlung im Aorist stehen. Der Aorist bezeichnet dann eine Handlung, die vor einer anderen Handlung im Aorist oder im Imperfekt verläuft. Der Aorist ist die Zeit des Vordergrundes und das Imperfekt die Zeit des Hintergrundes: (4) Kur hynë në Tiranë, po binte mbrëmja. (Kadare 2005:15). (4.a) Als sie Tirana erreicht hatten, begann es bereits zu dunkeln. (Kadare 1977:10). 2. Das Perfekt im Deutschen und Albanischen Das Perfekt hat nur ein obligatorisches Merkmal: Doppelzeitigkeit, d.h. Bezug auf zwei Zeitstufen, meist Vergangenheit und Gegenwart (Buchholz / Fiedler 1987: 129). Die Handlung ist zwar bereits abgeschlossen, jedoch ist sie selbst oder sind ihre Folgen während des Redemoments noch relevant (Buchholz / Fiedler 1987: 130). Diese Bedeutung gilt auch für das Perfekt des Deutschen. Allerdings erhebt sich die Frage, ob das Perfekt ein Tempus wie die anderen Tempora oder einen Aspekt darstellt. In jüngerer Zeit wird diese Frage immer öfter zugunsten des Aspekts beantwortet. Thieroff ist der Meinung, dass beim Perfekt Tempus und Aspekt nicht deutlich getrennt werden können. Er bemerkt, dass wie für das Präteritum auch für das Perfekt gilt, dass Abgeschlossenheit zum Sprechzeitpunkt nur bei punktuellen und telischen Verben zwingend gegeben ist, dass also die Abgeschlossenheit in Karl ist vom Stuhl gefallen (das nicht mit und und er fällt immer noch fortgeführt werden kann) allein auf die Situationsklasse des Verbs, nicht auf die Tempusform zurückzuführen ist (vgl. Thieroff 1992: 188). In vielen Darstellungen wird das Perfekt deshalb als ambig angesehen (der Ansatz von Admoni 1970). Bei Wunderlich (1970) und Bäuerle (1979) wird es als Ambiguitätshypothese bezeichnet. Der Ansatz von Ehrich / Vater (1989) beschreibt es als Aspekthypothese. Im Deutschen und im Albanischen kommt das Perfekt in drei Bedeutungsvarianten vor: 1) Perfekt zur Bezeichnung eines vergangenen Geschehens, 2) Perfekt zur Bezeichnung eines vergangenen Geschehens mit resultativem Charakter, 3) Perfekt zur Bezeichnung eines zukünftigen Geschehens (Helbig / Buscha 1993: 152). Das deutsche Perfekt der direkten Rede (z.b. ist gegangen), wird in der indirekten Rede mit der Vergangenheitsform des Konjunktivs I ausgedrückt (sei gegangen). Anders im Albanischen. Hier wird das Plusquamperfekt verwendet, vgl.: (5) [ ], ihr Verwandter habe ihr einen Heiratsantrag gemacht, und sie sei, haupsächlich um meinetwillen, entschlossen, ihn anzunehmen (Zweig 1996: 166). (5.a) [ ] fi si i saj i kish propozuar për martesë; dhe ajo, më fort për hatrin tim, kish vendosur ta pranonte propozimin (Cvajg 1989: 292).

120 Sadije Rexhepi Das Perfekt des Albanischen hat eine ähnliche Bedeutung mit dem Präsens des Deutschen; wenn die Betrachtzeit über der Sprechzeit liegt; beide liegen nach der Aktzeit und das kommt meistens vor, wenn der Satz im Albanischen im Passiv auftritt: (6) Asgjë s merret vesh. Janë ngatërruar numrat e kodeve (Kadare 2005: 24). (6.a) Man kann gar nichts daraus entnehmen. Die topographischen Angaben stimmen nicht (Kadare 1977:20). Es ist jedoch anzumerken, dass dies keine wortwörtliche Übersetzung. In beiden Sprachen kommt zudem das doppelte Perfekt umgangssprachlich vor. 3. Das Plusquamperfekt im Deutschen und Albanischen Das Plusquamperfekt hat in beiden Sprachen die gleiche Bedeutung. Das Plusquampefekt stellt ein Geschehen als vorzeitig (abgeschlossen) dar mit Bezug auf eine bestimmte Zeit oder ein bestimmtes Geschehen in der Vergangenheit (DU- DEN 2005: 518). (7) Später wusste ich, dass ich in Ohnmacht gefallen war; ich sei, hörte ich die Mutter dem Stiefvater leise erzählen, der hinter der Tür gewartet hatte, plötzlich [ ] (Zweig 1996: 166). (7.a) Më vonë mora vesh se më kish rënë zali; dëgjova nënën tek i tregonte me zë të ulët njerkut, i cili kish pritur pas derës, se përnjëherësh [ ] (Cvajg 1989: 292). Perfekt und Plusquamperfekt sind in gleicher Weise aktional ambig, indem Temporalangaben sowohl auf die Referenzzeit (perfektischer Aspekt) als auch auf die Ereigniszeit (nicht-perfektischer Aspekt) bezogen sein können (Thieroff 1992: 196). In beiden Sprachen wird das doppelte Plusquamperfekt in der Umgangssprache verwendet, um ein abgeschlossenes Ereignis zu bezeichnen, das vor einem anderen abgeschlossenen Ereignis im Perfekt oder im Plusquamperfekt geschieht. Es kommt auch als Einleitung von Märchen vor, insbesondere in der albanischen Mundart Nordostgegisch, vgl.: (8) Als er mir sagte, dass er sich die Lampe zum Geburtstag wünschte, hatte ich sie schon längst gekauft gehabt (Hentschel / Weydt 1994: 105). (9) Ish kón ni burr e e kish pás ni çik. Gruaja ish kon pas dek e ky burri ish kon pas martú [dreichfach zusammengesetztes Plusquamperfekt] për s dyti. (9.a) Es war einmal ein Mann (gewesen), und der hatte eine Tochter (gehabt). Seine Frau war gestorben, und dieser Mann hatte zum zweiten mal geheiratet (gehabt) (Buchholz / Fiedler 1987: 132). Das Perfekt II und das Plusquamperfekt II zählt Thieroff (1992) zu dem Tempussystem des Deutschen.

Kontrastive Analyse semantischer Merkmale von Vergangenheitstempora 121 4. Der Aorist II Dem Aorist II kommen dieselben Merkmale wie dem Plusquamperfekt zu, nämlich Doppelzeitigkeit und Vergangenheit. Es treten Vertauschungen in beide Richtungen auf. Allerdings signalisiert der Aorist II in jedem Fall Vorzeitigkeit. Er wird im Albanischen seltener als das Plusquamperfekt benutzt, an seine Stelle treten Plusquamperfekt und Aorist (vgl. Buchholz / Fiedler 1987: 132). Der Aorist II bezeichnet somit einen Sachverhalt, der schon vor einem anderen (auch in der Vergangenheit existierenden) Sachverhalt eingetreten ist. Er wird kaum benutzt. Auch bei der Übersetzung aus dem Deutschen ins Albanische tritt der Aorist II sehr selten auf. Es gibt aber einige Fälle, in denen das Perfekt des Deutschen ins Albanische mit dem Aorist II übersetzt worden ist, wie z. B.: (10) Alle, alle Menschen haben mich verwöhnt, alle waren zu mir gütig nur Du, [ ] (Zweig 1996: 197). (10.a) Të gjithë, të gjithë njerëzit më patën përkëdhelur, të gjithë ishin të dashur me mua vetëm ti, vetëm ti [ ] (Cvajg 1989: 165). 5. Untersuchungsergebnisse der Vergangenheitstempora in der Novelle Brief einer Unbekannten Zweigs Novelle Brief einer Unbekannten zeigt die Dominanz der neutral erzählenden Tempusformen (das erzählende Neutral-Tempus Präteritum) im Deutschen. Besprechende Tempusformen treten seltener auf, nämlich da, wo man die Person, der der Brief gewidmet ist, mit du angespricht, so als möchte man durch diesen Brief mit ihr kommunizieren es handelt sich um eine indirekte Kommunikation. Im Albanischen dominieren die erzählenden Neutral-Tempora Imperfekt und Aorist. Sie geben der Erzählung ein Relief und gliedern sie nach Vordergrund und Hintergrund. Der Aorist ist in der Erzählung das Tempus des Vordergrunds, das Imperfekt das Tempus des Hintergrunds. Daraus können wir zusammenfassend feststellen, dass in der Novelle nach dem Aspekt der Tempusgliederung im Text, die erzählenden Tempora, die Vergangenheitstempora und das erzählende Neutral-Tempus Präteritum dominieren. Vgl.: Brief einer Unbekannten: Präteritum 1094 (77,48%), Perfekt 138 (9,8%), Plusquamperfekt 130 (9,23%), Partizip II ohne Hilfsverb 45 (3,19%), insgesamt 1407 Vergangenheitsformen. Letra e një të panjohure: Imperfekt 786 (49,12%), Aorist 594 (37,12%), Perfekt 89 (5,56%), Plusquamperfekt 103 (6,44%), Aorist II 28 (1,75 %), insgesamt 1600 Vergangenheitsformen Da das Albanische eine höhere Anzahl an Vergangenheitstempora als das Deutsche besitzt, sind die entsprechenden Tempora herauszustellen, die mit einem

122 Sadije Rexhepi bestimmten Verganheitstempus semantisch korrespondieren. Bei der Analyse der Vergangenheitstempora im Brief einer Unbekannten konnte ich feststellen, dass das Präteritum des Deutschen mit verschiedenen Tempora des Albanischen übersetzt worden ist. Es dominieren jedoch vor allem das Imperfekt und der Aorist des Albanischen. Es gilt: Stellt das deutsche Präteritum eine imperfektive Handlung dar, so wird es mit Imperfekt übersetzt, stellt das Präteritum eine perfektive Handlung dar, dann wird es mit Aorist übersetzt. Das deutsche Präteritum wurde im Ganzen mehr mit dem albanischen Imperfekt als mit dem albanischen Aorist übersetzt, allerdings gibt es auch Fälle, in denen es mit dem albanischen Perfekt und Plusquamperfekt übersetzt worden ist. Wenn eine Handlung beschrieben wird, geschieht dies generell mithilfe des Imperfekts. Werden jedoch in der Übersetzung des Briefes Handlungen beschrieben, die sehr eng mit dem besprochenen Subjekt verbunden sind, wurden sie mithilfe des Aorists übersetzt. In der albanischen Übersetzung des Briefes einer Unbekannten ist das Perfekt des Deutschen mit allen Vergangenheitstempora des Albanischen übersetzt worden, jedoch dominieren hier das Perfekt als äquivalentes Tempus sowie der Aorist des Albanischen. Es treten insgesamt wenige Fälle auf, in denen das Perfekt mit dem Imperfekt des Albanischen übersetzt worden ist. Beispiel (11) bezeichnet einen dauernden Zustand in der Vergangenheit, der keine Beziehung mehr mit der Gegenwart hat (das zeigt das Adverb damals atëherë). Es handelt sich hierbei um ein Merkmal des Imperfekts des Albanischen, vgl.: (11) Nur in Dir habe ich damals gelebt (Zweig 1996: 179). (11.a) Vetëm për ty jetoja atëherë (Cvajg 1989: 307). Viele resultative Verben des Deutschen sind mithilfe des Aorists übersetzt worden. Der Aorist kann anstelle des Perfekts verwendet werden, wenn die Handlungsvollendung wichtiger als die Beziehung dieser Handlung mit der Gegenwart ist: (12) Aber warum bist du denn so rot geworden, wie er dich angeschaut hat, spottete die Freundin (Zweig 1996: 162). (12.a) Po atëherë pse u skuqe aq shumë, kur të pa? u tall shoqja ime (Cvajg 1989: 287) Es gibt nur wenige Fälle, in denen das Perfekt mit dem Plusquamperfekt des Albanischen übersetzt worden ist, sie beziehen sich ausschließlich auf die indirekte Rede: (13), ihr Verwandter, der Witwer sei, habe ihr einen Heiratsantrag gemacht, und sie sei, hauptsächlich um meinetwillen, entschlossen, ihn anzunehmen (Zweig 1996:166). (13.a) fi si i saj, i cili ishte i ve, i kish propozuar për martesë; dhe ajo, më fort për hatrin tim, kish vendosur ta pranonte propozimin (Cvajg 1989: 287). Das Plusquamperfekt des Deutschen ist in der Novelle mit dem Plusquamperfekt, mit dem Imperfekt und dem Aorist II des Albanischen übersetzt worden. Das

Kontrastive Analyse semantischer Merkmale von Vergangenheitstempora 123 Plusquamperfekt dominiert jedoch. Es treten nur vereinzelt Fälle auf, in denen das Plusquamperfekt mit dem albanischen Aorist II übersetzt worden ist. Der Grund dafür liegt, meines Erachtens, im seltenen Gebrauch des Aorists II in albanischen literarischen Werken, vgl. beispielsweise: (14) Du warst verreist, und Dein Diener schleppte die schweren Teppiche, die er geklopft hatte, durch die offene Wohnungstür (Zweig 1996: 165). (14.a) Ti ishe nisur për udhëtim dhe shërbëtori yt i tërhiqte zvarrë nëpër derën e hapur të apartamentit qilimat e rëndë, që i pati shkundur (Cvajg 1989: 291). Die Analyse der Novelle und ihrer albanischen Übersetzung zeigt, dass zwischen der deutschen und albanischen Sprache zur Bezeichnung gleicher Sachverhalte verschiedene Entsprechungen von Vergangenheitstempora möglich sind. In der folgenden Übersicht sind die einzelnen Kombinationen in Abhängigkeit von ihrer Häufigkeit bei der Übersetzung vom Deutschen ins Albanische dargestellt: a) Präteritum (des Deutschen): Imperfekt, Aorist, Plusq., Perfekt (des Albanischen); b) Perfekt (des Deutschen): Perfekt, Aorist, Plusq., Aorist II, Imperfekt (des Albanischen); c) Plusquamperfekt (des Deutschen): Plusq., Imperfekt, Aorist (des Albanischen). 6. Zusammenfassung Traditionell kennt das deutsche Tempussystem bekanntlich drei Vergangenheitsformen: Präteritum, Perfekt und Plusquamperfekt. Das Albanische weist demgegenüber zwei weitere Vergangenheitstempora auf: Imperfekt, Aorist, Perfekt, Plusquamperfekt und Aorist II. Das deutsche Präteritum hat dann die gleiche Bedeutung wie das albanische Imperfekt, wenn eine Handlung, die in der Vergangenheit liegt, als unvollendet dargestellt wird; beide Tempora bezeichnen somit imperfektive, durative oder iterative Bedeutungen. Das deutsche Präteritum hat aber dazu dann die gleiche Bedeutung wie der albanische Aorist, wenn eine Handlung vor der Sprechzeit abgeschlossen wird sich nicht als Aktionszeitspanne oder -wiederholung darstellt. Der betreffenden Handlung kommt somit perfektive Bedeutung zu. Das Präteritum im Deutschen sowie das Imperfekt und der Aorist im Albanischen drücken nicht nur vergangene Sachverhalte aus. Sie können auch gegenwartsbezogene und zukunftsbezogene Sachverhalte ausdrücken. Das gilt auch für das Perfekt des Deutschen und Albanischen. Durch semantische und morphosyntaktische Analysen lassen sich Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Vergangenheitsformen in den verglichenen Sprachen erkennen. In beiden Sprachen treten Fälle auf, in denen die Vergangenheitsformen untereinander ausgetauscht werden können, aber auch Fälle, wo dieser Austausch ausgeschlossen ist. Das Präteritum des Deutschen, das Imperfekt

124 Sadije Rexhepi und der Aorist der albanischen Sprache haben synthetische Formen, wobei die anderen Vergangenheitsformen analytische Formen aufweisen. Im Deutschen können zudem zwischen Hilfsverb und Partizip II des Vollverbs auch andere Wortarten eingefügt werden (Klammerbildung), aber nicht im Albanischen, hier darf der Verbalkomplex niemals getrennt werden. In der albanischen Übersetzung der Novelle Brief einer Unbekannten ist das Präteritum des Deutschen mit verschiedenen Tempora des Albanischen übersetzt worden, vor allem mit Imperfekt, Aorist, Plusq. und Perfekt. Das Perfekt des Deutschen ist mit allen Vergangenheitstempora des Albanischen übersetzt worden, jedoch dominieren hier das Perfekt, als äquivalentes Tempus, und der Aorist. Das Plusquamperfekt des Deutschen ist mit dem Plusquamperfekt, mit dem Imperfekt und dem Aorist II des Albanischen übersetzt worden. Das Plusquamperfekt dominiert jedoch. Literatur Primärliteratur Zweig, Stefan: Praterfrühling. Erzählungen. Frankfurt 1996. Zweig, Stefan: Novela. Prishtinë 1989. Kadare, Ismajl: Der General der toten Armee. Berlin 1977. Kadare, Ismajl: Der General der toten Armee. Zürich 2004. Sekundärliteratur Admoni, Wladmir: Der deutsche Sprachbau. München 1970. Agalliu, Fatmir / Andoni, Engjëll / Demiraj, Shaban / Dhrimo, Ali / Hysa, Enver / Lafe, Emil / Likaj, Ethem: Gramatika e gjuhës shqipe Vëllimi I, II. Tiranë 2002. Bäuerle, Rainer: Temporale Deixis, temporale Frage. Tübingen 1979. Buchholz, Oda / Fiedler, Wilfried: Albanische Grammatik. Leipzig 1987. DUDEN. Die Grammatik. Mannheim 2005. Ehrich, Veronika / Vater, Heinz: Das Perfekt im Dänischen und Deutschen. In: Abraham, Werner / Janssen, Theo (Hrsg.): Tempus Aspekt Modus. Tübingen 1989, S. 103 132. Hauser-Suida, Ulrike / Hoppe-Beugel, Gabriele: Die Vergangenheitstempora in der deutschen geschriebenen Sprache der Gegenwart. München 1972. Helbig, Gerhard / Buscha, Joachim: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Leipzig 1993. Hennig, Mathilde: Tempus und Temporalität in geschriebenen und gesprochenen Texten. Tübingen 2000. Hentschel, Elke / Weydt, Harald: Handbuch der deutschen Grammatik. Berlin 1994. Ismajli, Rexhep: Shumësia e tekstit. Prishtinë 1980. Kelmendi Tafil: Funksionet e kohës foljore të pakryer të dëftores në shqipen e sotme letrare. Prishtinë 1993. Latzel, Sigbert: Die deutschen Tempora Perfekt und Präteritum. München 1977.

Kontrastive Analyse semantischer Merkmale von Vergangenheitstempora 125 Marschall, Matthias: Textfunktionen der deutschen Tempora. Genf 1995. Newmark, Leonard / Hubbard, Philip / Prifti, Peter: Standard Albanian. Stanford 1980. Saltveit, Laurits: Synonymik und Homonymie im deutschen Tempussystem. In: Studien zur Syntax des heutigen Deutsch. Düsseldorf 1971. Steube, Anita: Temporale Bedeutung im Deutschen. Berlin 1980. Thieroff, Rolf: Das fi nite Verb im Deutschen, Tempus Modus Distanz. Tübingen 1992. Weinrich, Harald: TEMPUS-Besprochene und erzählte Welt. München 2001. Weinrich, Harald: Textgrammatik der deutschen Sprache. Mannheim 1993. Wunderlich, Dieter: Tempus und Zeitreferenz im Deutschen, Bd. 4. München 1970. Abstracts Bei der Verwendung der Zeitformen nimmt der Gebrauch der Temporalangaben Einfluss auf beide Sprachen, darüber hinaus auch auf die Aktionsart und der Kontext. Die Verwendung verschiedener Zeitformen ist somit von der dargestellten Handlung abhängig, d.h. von ihrer perfektiven bzw. imperfektiven Sichtweise sowie von den Umständen, ob eine andauernde oder aber eine abgeschlossene Handlung oder gar Iterativität darstellt wird, und ob eine vergangene Handlung in Beziehung mit der Sprechzeit oder der Referenzzeit steht. In beiden Sprachen finden sich zudem übertragene Bedeutungen: so lassen sich z.b. mit der Vergangenheit Handlungen darstellen, deren Geschehen in der Gegenwart stattfindet oder erst in der Zukunft erwartet wird. Schlüsselwörter: Tempussystem, semantische Merkmale, Vergangenheitstempora, Übersetzung, literarische Texte, Deutsch, Albanisch, Aktionsart, Iterativität, imperfektisch, aoristisch The semantic features of the past tenses in German and Albanian The presence of temporal indicators, the modality of action development and the context have a great impact on tense forms usage. Tense forms depend a lot on the given action. That is to say, they depend a lot on the perfectiveness or imperfectiveness of the action, on its durability or on its completeness, on its relations with the moment of speaking or with the reference time in the past. Facultative meaning of past tenses can be found in both languages. Therefore, the past can include actions which happen in the present or even in the future. Keywords: tense system, semantic features, past tenses, translation, literary texts, German, Albanian, modality of action development, iterativity, imperfect, aorist M.A. Sadije Rexhepi Fakulteti i Filologjisë Rr. Nëna Terezë p.n. 10000 Prishtinë Republika e Kosovës E-Mail: sadije_rexhepi@yahoo.de