Hamburger Vergabetag Vergabe von Konzessionen für kommunale Strom- und Leitungsnetze RA Dr. Lorenz Jellinghaus, Hamburg Hamburg 31. Januar 2013
Agenda 1 Hintergrund 2 Entscheidungspraxis BKartA - Stadt Mettmann 28.11.2012 3 Urteil OLG Schleswig vom 22.11.2012 4 Beschluss OLG Düsseldorf 09.01.2013 5 Maßgebliche Vergabekriterien nach 46 III 5 i.v.m. 1 EnWG 6 Rechtsfolgen bei Verstoß gegen Vergabevorschriften 7 Auswirkungen auf Rekommunalisierungs-Debatte 2
1 Hintergrund 3
Rechtsrahmen für die Vergabe von Konzessionen Kartellrecht Vergaberecht Beihilferecht Konzessionen Vertragsgestaltung Transaktionsmanagement Energiewirtschaftsrecht Gesellschaftsrecht 4
Strom- und Gasnetze Rekommunalisierungstendenzen? Auslaufen von mehreren Tausend Konzessionsverträgen in den kommenden Jahren Politische Debatten um die Aufgabenaufteilung zwischen Kommunen und Privatwirtschaft Zwischen 2007 und 2010 Gründung von 39 neuen kommunalen EVU Verpflichtung zur Beachtung der Grundsätze des 1 EnWG durch Ergänzung von 46 III 5 EnWG (Gesatzesänd. v. 26.07.2011) (Wie) ist eine politisch gewollte Rekommunalisierung umsetzbar? 5
2 Entscheidungspraxis Bundeskartellamt 6
Entscheidungspraxis des BKartA Dezember 2010 Gemeinsamer Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur 2011-2012 Zusagen-Entscheidungen Markkleeberg, Dinkelbühl und Pulheim November 2012 Untersagung der Konzessionsvergabe Stadt Mettmann 7
Entscheidung Kreisstadt Mettmann Stadt Mettmann Konzession 50,1 % Beteiligung Stadtwerke Mettmann GmbH & Co KG Strom und Gas Abwasserentsorgung Telekommunikation Betrieb der Bäder 49,9 % - Beteiligung Privater Investor
Interessenbekundungsverf. EU- Bekanntmachung Rüge leitet BKartA- Verfahren ein Eröffnung Verfahren gg. Stadt Sondierungsgespräche Abmahnung Beschluss Zeitlicher Ablauf 2009-2011 13.05.2011 23.05.2011 10.08.2011 04.01.2012 05.10.2012 28.11.2012 9
Kernaussagen des Beschlusses vom 28.11.2012 (1) Ausschaltung von horizontalem Wettbewerb durch feststehende Vergabe an Stadtwerke Mettmann GmbH & Co KG Keine Geltung des Konzernprivilegs ( 20 I GWB) wegen der speziellen Regelung des 46 IV GWB: Zielbindung an Vorgaben des 1 GWB Geänderte Rechtslage durch EnWG- Reform Keine Geltung des Konzernprivilegs wegen allgemeiner kartellrechtlicher Grundsätze Keine Durchsetzung privatwirtschaftlicher Interessen durch Nutzung hoheitlicher Befugnisse Keine Berufung auf vergaberechtliches Inhouse- Privileg 10
Kernaussagen des Beschlusses vom 28.11.2012 (2) Wettbewerb um Wegenutzungsrecht erforderlich wg. 46 EnWG Wettbewerb um Beteiligung an einem Stadtwerk nicht ausreichend 1 EnWG widersprechende Aspekte dürfen bei der Auswahl des strategischen Partners keine Rolle spielen Zusätzliche Aufgabenbereiche (Straßenbeleuchtung, Abwasser, etc.) verhindern eine an den Zielen des 1 EnWG orientierte Auswahlentscheidung 46 III und IV EnWG als zulässige Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltung 11
3 OLG Schleswig Urteil vom 22.11.2012 (16 U Kart 22/12) 12
Kernaussagen des Urteils Unwirksamkeit der Vergabe und Unwirksamkeit eines mit dem Eigenbetrieb abgeschlossenen Konzessionsvertrages wegen Verstoßes gegen 46 EnWG 46 III 5 Erwerb hat nur klarstellende Wirkung Auch davor keine Geltung des Konzernprivilegs Rekommunalisierung zumindest seit 1998 rechtfertigungsbedürftig Bindung der Vergabeentscheidung an die Ziele des 1 EnWG Verstoß führt zur Nichtigkeit der Vergabeentscheidung 13
4 OLG Düsseldorf Beschluss vom 09.01.2013 (VII-Verg 26/12) 14
Kernaussagen des Urteils Gestuftes Vorgehen zulässig (doppelte/ getrennte Ausschreibung) Erste Stufe: Suche eines strategischen Partners für kommunales Stadtwerk Zweite Stufe: Ausschreibung der Konzession Entscheidung für eine Getrennt- oder Zusammenvergabe unterliegt Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers keine Abschreckungswirkung erkennbar Bei gestufter Vergabe ist per se keine Voreingenommenheit der kommunalen Stelle bei Vergabe der Konzession anzunehmen Obiter dictum: Wegen 46 Abs. 4 EnWG keine Inhouse-Vergabe bei Wegekonzessionen möglich 15
5 Maßgebliche Vergabekriterien nach 46 III 5 i.v.m. 1 EnWG 16
Unzulässig sind Kriterien,. Zulässig sind Kriterien,. die mit dem Gegenstand der Konzession nichts zu tun haben ( sich z.b. auf Energieerzeugung beziehen) die auf die Erfüllung gesetzlicher Mindeststandards gerichtet sind, Ausn.: Pflichtverletzung in der Vergangenheit die nicht mit 1 EnWG vereinbar sind ( z.b Arbeitsplatzerhalt, fiskalische Interessen) die eine pauschale Bevorzugung kommunaler Anbieter vorsehen die aus 1 EnWG abgeleitet werden die auf Unterschiede im Niveau der Netzentgelte oder in der Effizienz abstellen die auf qualitative Aspekte der Netzbetriebsführung abstellen die eine hohe Konzessionsabgabe unter Beachtung des KAV erreichen sollen vertretbare Gewichtung unter Berücksichtigung des Einzelfalls 17
6 Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Vergabekriterien 18
Übersicht Rechtsfolgen 1. Zivilrecht : Unwirksamkeit gem. 134 GWB i.v.m. Vorschriften des GWB und EnWG 2. Kartellrechtliche Aufsichtsmaßnahmen drohen ( BKartA) 3. Regulierungsbehördliches Einschreiben ( BNetzA) - aber wohl nur auf Ebene der Entgeltregulierung 4. Unterlassungsansprüche schwierige Rechtsfragen für Altfälle 19
7 Auswirkungen auf Rekommunalisierungsdebatte 20
Thesen für die Diskussion Rekommunalisierung steht unter erheblichem Rechtfertigungsdruck Gestufte Vergabe als Möglichkeit, ÖPP-Modelle umzusetzen (?) Für Altfälle ab 1998 besteht bei Rekommunalisierungen das Risiko der Unwirksamkeit 21
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 22
5 Ihr Kontakt Dr. Lorenz Jellinghaus Rechtsanwalt Vergaberecht Gesellschaftsrecht Unternehmenskauf / M&A Kontakt Am Sandtorkai 40 Hanseatic Trade Center 20457 Hamburg Telefon +49 40 3006996-0 E-Mail Jellinghaus@kaufmannlutz.com 23