Professor Dr. Martin Burgi Forschungsstelle für Verwaltungsrechtsmodernisierung und Vergaberecht Juristische Fakultät
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1 Forschungsstelle für Verwaltungsrechtsmodernisierung und Vergaberecht Juristische Fakultät
2 2. Berliner FIW-Kolloquium Wettbewerb und Rekommunalisierung 10. Mai 2012 Rekommunalisierung, Interkommunale Zusammenarbeit und Vergaberecht 2
3 Gliederung I. Rekommunalisierung als rechtswissenschaftliche Herausforderung II. Typologie III. Wettbewerbspolitische Problematik IV. Rahmenbedingungen im EU-Primärrecht und im Grundgesetz 3
4 V. Maßstab Vergaberecht Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge a) Inhouse-Ausnahme? b) Ausnahme Interkommunale Zusammenarbeit? Bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen 3. Bei der Vergabe von Konzessionen nach a) Rechtsrahmen b) Inhouse-Ausnahme? c) Relevante Kriterien 46 Abs. 2 EnWG 4
5 Rekommunalisierung = All diejenigen Optionen, deren Gemeinsamkeit in einer Veränderung der bestehenden Arbeitsteilung liegt Organisationsformbezogene Rekommunalisierung Institutionalisierte PPP Aufgabenbezogene Rekommunalisierung Vollständige Rücküberführung in kommunale Trägerschaft nach vormaliger Aufgabenprivatisierung Überführung des bisher von einem Privaten erbrachten funktionalen Teilbeitrags in kommunale Hand Am Ende kann jeweils stehen entweder eine kommunale Trägerschaft, eine Trägerschaft auf der Ebene einer interkommunalen Zusammenarbeit oder schließlich eine kommunalunternehmerische Trägerschaft (dies wiederum entweder in der Trägerschaft der Kommune oder in der Trägerschaft einer Einheit der interkommunalen Zusammenarbeit) 5
6 Art. 106 AEU-Vertrag (1) Die Mitgliedstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen diesem Vertrag und insbesondere dessen Art. 18 u widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten. keine (2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind gelten die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert 6
7 Inhouse-Ausnahme Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle Im Wesentlichen für den Auftraggeber tätig Neuere Rechtsprechung in Deutschland: OLG Hamburg, Beschluss vom , VergabeR 2011, 614: Restriktive Grundsätze für die Zurechnung von Umsätzen zur Bestimmung des Wesentlichkeitskriteriums (keine Zurechnung der Umsätze, die der Auftragnehmer aus der Lieferung von Strom an Privatkunden, die im Gebiet des öffentlichen Auftraggebers ansässig sind, erwirtschaftet) 7
8 OLG Düsseldorf, Beschluss vom , VergabeR 2012, 31: Vorabentscheidungsersuchen zu einem Vorgang der interkommunalen Zusammenarbeit: Greift diese Ausnahme auch dann ein, wenn eine Körperschaft eine begrenzte Zuständigkeit gegen Kostenerstattung überträgt und auch dann, wenn die übertragene Aufgabe nicht die hoheitliche Tätigkeit als solche, sondern nur Hilfsgeschäfte betrifft? OLG Düsseldorf, Beschluss vom , KommJur 2012, 143: Keine Inhouse-Vergabe bei Vertragsschluss mit Tochtergesellschaft, die in nicht unerheblichem Umfang im Wettbewerb tätig ist; Annahme einer wesentlichen (ausschreibungspflichtigen!) Vertragsänderung, wenn eine bisher bescherrschte Gesellschaft nachträglich privatisiert wird und dadurch die Fähigkeit als Inhouse-Auftragnehmer verliert. Gleiches gelte auch dann, wenn der Inhouse-Auftragnehmer diese Fähigkeit aus anderen Gründen nachträglich verliert. 8
9 Vorschlag für Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe ( ) Art. 11 Beziehungen zwischen öffentlichen Stellen (1) Ein von einem öffentlichen Auftraggeber an eine andere juristische Person vergebener Auftrag fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wenn sämtliche nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt sind: (a) der öffentliche Auftraggeber übt über die betreffende juristische Person eine Kontrolle aus, die der gleichkommt, die er über seine eigenen Dienststellen ausübt; (b) mindestens 90 % der Tätigkeiten der juristischen Person werden für den die Kontrolle ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder für andere von diesem kontrollierte juristische Personen ausgeführt; (c) es besteht keine private Beteiligung an der kontrollierten juristischen Person. 9
10 Bei einem öffentlichen Auftraggeber wird davon ausgegangen, dass er über die betreffende juristische Person eine Kontrolle ausübt, die der gleichkommt, die er im Sinne von Unterabsatz 1 Buchstabe a über seine eigenen Dienststellungen ausübt, wenn er einen maßgeblichen Einfluss sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wesentlichen Entscheidungen der kontrollierten juristischen Person hat. 2. Absatz 1 gilt auch, wenn ein kontrolliertes Unternehmen, bei dem es sich um einen öffentlichen Auftraggeber handelt, einen Auftrag an sein kontrollierendes Unternehmen oder eine andere von demselben Auftraggeber kontrollierte juristische Person vergibt, sofern keine private Beteiligung an der juristischen Person besteht, die den öffentlichen Auftrag erhalten soll. 10
11 EuGH, Urteil vom , Rs. C-480/06 (Stadtreinigung Hamburg) Vorschlag für Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe ( ) Art. 11 Beziehungen zwischen öffentlichen Stellen 4. Eine zwischen zwei oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene Vereinbarung ist nicht als öffentlicher Auftrag im Sinne von Artikel 2 Absatz 6 dieser Richtlinie anzusehen, wenn sämtliche der nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt sind: 11
12 (a) (b) (c) (d) (e) die Vereinbarung begründet eine echte Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern mit dem Ziel, ihre öffentlichen Aufgaben gemeinsam wahrzunehmen, und umfasst wechselseitige Rechte und Pflichten der Parteien; die Vereinbarung wird nur durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt; die beteiligten öffentlichen Auftraggeber üben, gemessen am Umsatz, nicht mehr 10 % ihrer Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Vereinbarung relevant sind, auf dem offenen Markt aus; die Vereinbarung betrifft keine anderen Finanztransfers zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern als jene, die die Rückzahlung der tatsächlichen Kosten der Bauarbeiten, Dienstleistungen oder Lieferungen betreffen; es besteht keine private Beteiligung an den involvierten öffentlichen Auftraggebern. 12
13 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (KOM [2011] 897 endg.) (mit 53 Artikeln und 13 Annexen!) 13
14 46 EnWG (Wegenutzungsverträge) (1) Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach Satz 1 können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach 48 Abs. 2 verweigert und eine Einigung über die Höhe der konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist. 14
15 (2) Verträge von Energieversorgungsunternehmen mit Gemeinden über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, dürfen höchstens für eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen werden. Werden solche Verträge nach ihrem Ablauf nicht verlängert, so ist der bisher Nutzungsberechtigte verpflichtet, seine für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung zu übereignen. Das neue Energieversorgungsunternehmen kann statt der Übereignung verlangen, dass ihm der Besitz hieran eingeräumt wird. Der bisherige Nutzungsberechtigte ist verpflichtet, der Gemeinde spätestens ein Jahr vor Bekanntmachung der Gemeinde nach Absatz 3 diejenigen Informationen über die technische und wirtschaftliche Situation des Nutzes zur Verfügung zu stellen, die für eine Bewertung des Netzes im Rahmen einer Bewerbung 15
16 um den Abschluss eines Vertrages nach Satz 1 erforderlich sind. Die Bundesnetzagentur kann im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt Entscheidungen über den Umfang und das Format der zur Verfügung zu stellenden Daten durch Festlegung gegenüber den Energieversorgungsunternehmen treffen. 16
17 (3) Die Gemeinden machen spätestens zwei Jahre vor Ablauf von Verträgen nach Absatz 2 das Vertragsende und einen ausdrücklichen Hinweis auf die nach Absatz 2 Satz 3 von der Gemeinde in geeigneter Form zu veröffentlichenden Daten sowie den Ort der Veröffentlichung durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt. Wenn im Gemeindegebiet mehr als Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind, hat die Bekanntmachung zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen. Beabsichtigen Gemeinden eine Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 vor Ablauf der Vertragslaufzeit, so sind die bestehenden Verträge zu beenden und die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende öffentlich bekannt zu geben. Vertragsabschlüsse mit Unternehmen dürfen frühestens drei Monate nach der Bekanntgabe der vorzeitigen Beendigung erfolgen. Bei der Auswahl des Unternehmens ist die Gemeinde den Zielen des 1 verpflichtet. Sofern sich mehrere Unternehmen bewerben, macht die Gemeinde bei 17
18 Neuabschluss oder Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 ihre Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Gründe öffentlich bekannt. (4) Die Absätze 2 und 3 finden für Eigenbetriebe der Gemeinden entsprechende Anwendung. 18
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