1. Odenwälder Psychiatrietag. Wie erkenne ich eine psychische Erkrankung? Tamara Kussauer. James Ensor Masken

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Was ist psychisch gesund? Was ist psychisch krank?

Transkript:

1. Odenwälder Psychiatrietag Wie erkenne ich eine psychische Erkrankung? James Ensor Masken Tamara Kussauer Erbach, 24. März 2012

Das Kainsmal

Aussicht Nicht die Dinge selbst verstören und beunruhigen die Menschen, sondern ihre Meinungen und Phantasien über die Dinge. Epiktet

Wie erkennen ich psychische Erkrankungen?

Depression

Symptome der Depression... Mit müden, kleinen Schritten tritt er ein, setzt sich langsam hin und bleibt in etwas gebeugter Haltung sitzen, fast regungslos, vor sich hinstarrend. Auf Befragen wendet er ein wenig den Kopf und antwortet nach einer gewissen Pause leise... E. Kraepelin, 1905

Symptome der Depression Schlafstörungen Müdigkeit, Erschöpfbarkeit Lustlosigkeit, Desinteresse Libidoverlust Verlust an Fröhlichkeit geringes Ansprechen auf angenehme Erlebnisse gelegentlich gereizte Stimmung E. Hopper

Suizialität aktives Erfragen der Suizidalität erhöhtes Suizidrisiko bei: a) gedankliche Einengung b) konkrete Suizidideen c) sozialer Rückzug d) Todeswünsche H. Wallis

Angst

Gesunde Angst krankhafte Angst Angst ist für das Überleben unverzichtbar. Hannah Arendt Das Leben erhaltende Empfindung Befähigt uns zu Sorge und Sorgfalt Realangst versetzt unseren Körper in einen Alarmzustand

Gesunde Angst krankhafte Angst Yerkes-Dodson-Kurve

Gesunde Angst krankhafte Angst Angsterkrankung (Häufigkeit ~15%): 1. Angststörung: generalisierte Angst 2. Panikstörung 3. Phobischen Störung: sach- und situationsbezogen

Angsterkrankung 1. Angststörung: generalisierte Angst 2. Panikstörung 3. Phobischen Störung: sach- und situationsbezogen Symptome der Angst treten an den meisten Tagen auf anhaltend, frei flottierende Angst nicht auf Objekte oder Situationen bezogen Befürchtungen: angespanntes Gefühl, Nervosität, Konzentrationsstörung Motorische Spannung: z.b. Zittern, Muskelverspannung, Ruhelosigkeit Vegetative Übererregbarkeit: z.b. Schwitzen, Schwindel

Angsterkrankung 1. Angststörung: generalisierte Angst 2. Panikstörung 3. Phobischen Störung: sach- und situationsbezogen attackenweise auftretende starke Angst ohne Auslöser Dauer 30 45 Min., Maximum nach 10 Min. intensive vegetative Begleitsymptome: motorische Unruhe Atemnot Schwitzen Herzrasen Engegefühl im Brustkorb

Angsterkrankung 1. Angststörung: generalisierte Angst 2. Panikstörung 3. Phobischen Störung: sach- und situationsbezogen Bezieht sich stets auf eine spezifische Situation oder Objekt keine rationale Erklärung

Schizophrenie Der Begriff Schizophrenie geht auf Bleuler, zurück, 1911 griechisch aus: schizein = spalten & phren = Seele, Geist, Bewußtsein Assoziationslockerung und Zersplitterung von Gedanken und Gefühlen viele Menschen denken hier an gespaltene Persönlichkeiten z. B. Dr. Jekyll & Mr. Hyde (1886)

Schizophrenie Häufigkeit der Erkrankung: ~1% Geschlechterverteilung: Männer = Frauen durchschnittlicher Erkrankungsbeginn: Männer: 21 Jahre Frauen: 26 Jahre Spätschizophrenie nach dem 40 Lj., eher selten

bunte Vielfalt an Symptomen

Wahn häufiges Symptom im Rahmen der Erkrankung feste Überzeugung des Erkrankten, die der Logik bzw. Überzeugung nicht zugänglich sind sie können Situation beinhalten die im Rahmen des Möglichen liegen häufige Wahnthemen sind: Verfolgungswahn Größenwahn Kontrollwahn Religiöser Wahn Liebenswahn Eifersuchtswahn

Halluzinationen Sinneswahrnehmung ohne adäquaten Reiz die Wahrnehmung ist für den Betroffenen real z.b. Stimmenhören: Hören der eigenen Gedanken Stimmen in Form von Rede & Gegenrede Stimmen, die die eigenen Handlungen komentieren Stimmen, die dem Betroffenen Anweisungen geben

Störungen des Ich-Erlebens die Grenze zwischen dem Ich und der Umwelt wird durchlässig: Derealisation: die Umwelt wird unwirklich, fremdartig wahrgenommen Depersonalisation: der Betroffene kommt sich selbst als verändert, fremd vor Gedankenentzug, Gedankeneingebung Fremdbeeinflussungserlebnisse

Formale Denkstörungen Störungen des Denkablaufs z.b.: Umständlichkeit des Denkens, Grübeln Zerfahrenheit: sprunghafte und dissoziierte Gedankengänge Vorbeireden Gedankenabreißen Gedankendrängen

Störungen der Affektivität Treten häufig auch außerhalb der akuten Erkrankungsphasen auf z.b.: Innere Unruhe Ängstlichkeit Melancholie Ratlosigkeit Affektarmut

Ausblick Au milieu de l'hiver, j'ai découvert en moi un invincible été. ( Mitten im Winter erfuhr ich endlich, daß in mir ein unvergänglicher, unbesiegbarer Sommer ist. ) Albert Camus (1954), Heimkehr nach Tipasa