Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick

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Transkript:

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Ein White Paper über Bedeutung und aktuellen Stand von Stammdatenmanagement und Data Governance in Unternehmen im deutschsprachigen Raum Würzburg, März 2008 Master-Data-Management-Initiativen werden in Unternehmen häufig ohne die genaue Kenntnis wichtiger Einflussfaktoren umgesetzt. Das vorliegende White Paper erklärt die Idee hinter dem Ansatz eines unternehmensweiten Stammdatenmanagements, gibt Hilfestellung für die Durchführung und erläutert den Reifegrad von Unternehmen im deutschsprachigen Markt auf Basis einer empirischen Untersuchung. Business Application Research Center

2 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Autoren Dr. Siegmund Priglinger Analyst und Berater Business Application Research Center BARC GmbH Steinbachtal 2b 97082 Würzburg +49 (0)931 880651-0 spriglinger@barc.de Dirk Friedrich Analyst und Berater Business Application Research Center BARC GmbH Steinbachtal 2b 97082 Würzburg +49 (0)931 880651-0 dfriedrich@barc.de Das White Paper wurde völlig unabhängig vom neutralen Marktanalysten BARC erstellt. Dank eines Sponsoring durch die Firma DataFlux kann es kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 3 Inhalt Executive Summary... 4 Rahmenbedingungen der empirischen Untersuchung... 5 Master Data Management als eigene Disziplin... 6 Modernes Master Data Management... 9 Reifegradbestimmung als Basis von Master-Data-Management-Initiativen... 12 Reifegrad von Unternehmen... 15 Reifegrad von MDM-Produkten... 21 BARC steht für Neutralität, Kompetenz und Qualität... 22

4 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Executive Summary Master Data Management (MDM), im deutschen Sprachgebrauch unter Stammdatenverwaltung bekannt, berührt verschiedene Themen im Umfeld Data Governance. MDM hat mit Geschäftsprozessen und fragmentierten Kerndaten der Unternehmen zu tun. Diese Themen sowie Business Intelligence (BI) sind Auslöser von MDM-Initiativen. Ohne Geschäftsregeln und einer Disziplin im Umgang mit den Daten bleiben die Vorteile eines Werkzeugeinsatzes begrenzt. Es müssen sowohl Fragen der Architektur als auch der Organisation behandelt werden. MDM ist vor allem eine Philosophie, deren Umsetzung durch technische Lösungen unterstützt wird. Fast drei Viertel der Umfrageteilnehmer bewerten das Risiko für den Unternehmenserfolg hoch, wenn keine MDM-Initiative betrieben wird. Reifegradmodelle sind ein wichtiges Hilfsmittel für eine organisierte Durchführung von MDM-Initiativen. Die drei Faktoren Menschen, Unternehmenspolitik und Technologie sind wichtige Parameter für den Erfolg von MDM-Initiativen. Der Einfluss der weichen Faktoren Menschen und Unternehmenspolitik ist höher als der Einfluss von Technologie. Die Durchführung von MDM-Initiativen muss vor dem Hintergrund eines ganzheitlichen Ansatzes stehen. Die Faktoren Menschen, Unternehmenspolitik sowie Technologie stehen in enger Wechselwirkung und beeinflussen sich gegenseitig. Der Reifegrad der Unternehmen ist bei allen Faktoren auf einem ähnlich niedrigen Niveau. Unternehmen, Lösungsanbieter und Berater müssen darauf hin arbeiten, dass MDM als eigenständige Disziplin angesehen wird. Nur wenn das gesamte obere Management das Thema als erfolgskritisch erkannt hat, wird es eine nachhaltige Unterstützung der Fachbereiche geben. Nur so kann das Potenzial der Daten vollständig ausgeschöpft werden. Softwarelösungen für MDM teilen sich in zwei Kategorien auf. Spezialanbieter mit einem begrenzten Einsatzgebiet stehen einer kleinen Anzahl sehr breit aufgestellter Lösungsanbieter gegenüber. Diese haben ihr Lösungsspektrum zumeist durch Zukäufe verbreitert und leiden zum Teil noch unter Kompatibilitätsproblemen.

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 5 Rahmenbedingungen der empirischen Untersuchung Um fundierte Erkenntnisse zum Status quo des Marktes zu erhalten, hat BARC im vierten Quartal 2007 eine empirische Untersuchung durchgeführt. Anhand eines Fragebogens wurden Personen aus Unternehmen im deutschsprachigen Raum nach ihrer Einschätzung zu verschiedenen Themen im Bereich Master Data Management befragt. Methodik Unter den Umfrageteilnehmern sind 42 Besucher der BARC-Tagung MDM am 31. Oktober in Frankfurt am Main. Weitere 145 Teilnehmer wurden über spezifische Newsletter sowie mit Hilfe themenbezogener Webseiten akquiriert. Insgesamt haben den Fragebogen 187 Personen beantwortet. Befragte, die bisher nicht in Projekten mit dem Thema Master Data Management involviert waren, wurden in den Analysen nicht berücksichtigt. Genauso wie Probanden, die den Online-Fragebogen in weniger als vier Minuten ausgefüllt hatten. Bei der Länge des Fragebogens ist ein durchdachtes Beantworten der Fragen in der kurzen Zeit nicht möglich. Insgesamt basieren die Analysen somit auf Aussagen von 146 Personen. Demographie Die Umfrageteilnehmer stammen vorwiegend aus den Branchen produzierendes Gewerbe, Banken, der High-Tech-Industrie sowie Telekommunikation. Der Unternehmensumsatz verteilt sich relativ homogen auf die Cluster weniger als 73 Millionen Euro (20 Prozent), 73 Millionen bis 730 Millionen Euro (22 Prozent), 730 Millionen bis 7,3 Milliarden Euro (28 Prozent) und mehr als 7,3 Milliarden Euro (30 Prozent). Tendenziell stammen die befragten Personen eher aus großen Unternehmen und Konzernen. Fast zwei Drittel der Probanden (62 Prozent) haben Leitungsfunktionen inne und der gleiche Anteil trägt eine Berufsbezeichnung mit Bezug zur IT.

6 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Master Data Management als eigene Disziplin Master Data Management / Stammdatenmanagement ist als Thema schon lange virulent. Der Begriff MDM setzt sich allerdings in Europa erst langsam durch. MDM ist sehr umfassend und subsumiert Themen wie Datenintegration, Datenqualität, Datenkonsolidierung, Kunden- und Produktdatenabstimmung, Metadatenmanagement und verwandte Themengebiete. Egal welche Lösung verwendet wird, fokussiert MDM auf das höchste Gut jeder Organisation: die Informationen in den operativen und analytischen Systemen. Ohne Geschäftsregeln und Disziplin im Umgang mit Daten bleiben die Vorteile eines Werkzeugeinsatzes begrenzt. Es müssen sowohl Fragen der Architektur als auch der Organisation behandelt werden. MDM ist vor allem eine Philosophie, die mittels technischer Lösungen umgesetzt wird. Begriffserklärung Die Themen, die im Rahmen von MDM-Initiativen behandelt werden, haben so wie die verwendeten Begrifflichkeiten in letzter Zeit stärkere Konturen gewonnen. Stammdaten sind zustandsorientierte und über längere Zeiträume stabile Daten zu Geschäftsobjekten oder Sachverhalten, die der Identifikation, Klassifikation und Charakterisierung dienen. Master Data Management als Steuerungs- und Verwaltungsfunktion der Stammdaten ermöglicht im Wesentlichen, das Speichern von Schlüsselinformationen über erfolgskritische Stammdaten, ein zentrales Update der Stammdaten sowie die schnelle und automatisierte Überführung von Datenänderungen in die Zielsysteme. Master Data Management ist damit ein wesentlicher Bestandteil der Datenstrategie und architektur eines Unternehmens zur Verwaltung der Datenbestände und Steuerung der internen und externen Datenflüsse. Vergleicht man den anglo-amerikanischen Raum bezüglich MDM mit dem europäischen, insbesondere dem deutschsprachigen, so sind die Wurzeln des MDM-Themas in beiden Wirtschaftsräumen stark verschieden. In Amerika war und ist der Ausgangspunkt alles, was die Kenntnisse über die Kunden betrifft. In Europa steht hingegen zuerst die Produktsicht im Vordergrund. Dies liegt ganz in der Tradition der beiden Kontinente. Durch den Wandel hin zur Prozesssicht und zum Hauptziel aller Geschäftsprozesse, der Kundenzufriedenheit, müssen heute alle Maßnahmen rund um MDM diesem Hauptziel dienen. Schematisch wird die Wechselwirkung zwischen den Daten und den Geschäftsprozessen in Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. verdeutlicht.

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 7 Abbildung 1: Master Data Management als Grundlage der Geschäftsprozesse Stellt man der prozessorientierten Sichtweise die Bemühungen der IT gegenüber, die das Thema Service Oriented Architecture (SOA) als Lösung für die vorhandenen Probleme der IT forciert, so fällt hierbei ein starkes Missverhältnis auf: die üblichen Vorschläge der SOA-Experten behandeln die Datenintegration eher als Randthema. Das Faktum, dass es fragmentierte, persistente Daten in Datenbanken gibt, wird fast völlig ignoriert beziehungsweise vom Service-Gedanken gelöst betrachtet. Hingegen ist der Zustand und der Umgang mit den Daten, insbesondere der Stammdaten, noch immer ein Haupthindernis bei der Verbesserung der Geschäftsprozesse. Wichtige Daten stehen oft nicht rechtzeitig in abgestimmter Form im Prozessfluss zur Verfügung. Dieses Phänomen ist häufig zu beobachten in den kundennahen Unternehmensbereichen wie Call Center, Service und Vertrieb. Auslöser Auslöser von MDM-Initiativen waren in der Vergangenheit hauptsächlich Schwierigkeiten mit dem Datenfluss operativer Systeme. Die Initiativen wurden vor allem aus den IT-Bereichen heraus gestartet, um die fragmentierte Datenwelt in den Griff zu bekommen. Aktuell werden MDM-Initiativen auch immer häufiger im Rahmen von Business-Intelligence-Projekten ausgelöst. Diese werden erfahrungsgemäß häufig von den Finanzbereichen und dem Management getrieben. Ein erkennbarer Treiber dieser Entwicklung sind Zentralisierungstendenzen im Bereich Data Governance. Die operativen und strategischen Prozesse werden stärker gebündelt, individuelle Datenauswertungen müssen zunehmend auf einer verlässlichen Datenschicht aufbauen. Die Datenschicht ist die Grundlage für die unterschiedlichen Sichten der Benutzer. Das Argument vieler Softwarehersteller, mittels MDM eine einzige Sicht auf die Daten zu bekommen, ist hierbei allerdings nicht korrekt. Unternehmen können nur die Entstehung der Daten steuern, jedoch nicht den Weg und die Art und Weise, wie Benutzer aus der zentralen Datenschicht die Daten extrahieren und wie sie sie nutzen. Dies führt sinnvollerweise zu verschiedenen Sichten auf die Daten. Das hat den Vorteil, dass eine individuelle, echtzeitnahe Steuerung des Unternehmens in den verschiedenen Bereichen möglich wird. Dieses als Performance Management bezeichnete Vorgehen ist aktuell ein wesentlicher Treiber der MDM-Bewegung.

8 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Unterschiede in den Methoden von MDM und BI Sowohl Master Data Management als auch Business Intelligence (BI) nutzen eine zentrale Datenschicht mit abgestimmten Daten. Das Wie und das Warum der Abstimmung machen den Unterschied aus. Das Data Warehouse als zentrale Datenschicht in Business-Intelligence-Systemen versorgt dabei lediglich die Business-Intelligence-Anwendungen mit Daten aus den angebundenen Quellsystemen (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Abbildung 2: Technische Schichten einer Business-Intelligence-Architektur Die zentrale Datenschicht von MDM dient hingegen als Drehscheibe für die Abstimmung der Daten zwischen allen Anwendungssystemen, sowohl von operativen als auch von analytischen. Alle Anwendungssysteme sind sowohl Quelle als auch Ziel im Datenfluss einer MDM-Lösung. Derzeit wird in den meisten MDM-Initiativen die Abstimmung der Kunden- und/oder Produktdaten in den Vordergrund gestellt. Dies ist ein wichtiger Schritt. Die wahre Herausforderung für die Zukunft ist jedoch die Einbeziehung der Organisations- und Finanzstammdaten, die besonders stark in Business-Intelligence- Systemen genutzt werden. Besonders in Hinblick auf die Nutzung von BI in komplexen Firmenorganisationen ist das eine anspruchsvolle Aufgabe. Durch die Integration von Bewegungsdaten, die Stammdaten miteinander verbinden, wie beispielsweise Angebot und Auftrag, erhöht sich die Komplexität.

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 9 Modernes Master Data Management Die wesentlichen Einsatzszenarien von MDM-Initiativen waren bisher die Migration von Stammdaten sowie die Synchronisierung von Stammdaten zwischen Applikationen jeder Art zur Qualitätsverbesserung der jeweiligen Stammdaten. Operatives und analytisches Master Data Management Heute werden MDM-Initiativen vermehrt aus Anforderungen an Compliance und Performance- Management-Projekten gestartet. Beide Disziplinen wirken auf mehrere operative und analytische Applikationen ein (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Das erfordert die Abstimmung von Hierarchien beziehungsweise Beziehungen zwischen Stammdaten sowohl in Hinblick auf normalisierte als auch sternförmige Datenmodelle. Von diesen Datenverknüpfungen ist vor allem das Financial Data Management betroffen. Es umfasst die Gebiete Financial Consolidation, Financial Data Management sowie Planning & Budgeting. Abbildung 3: Operatives und analytisches Master Data Management Einsatzszenarien von Master Data Management Die unterschiedlichen Einsatzszenarien von MDM-Initiativen beeinflussen die Flexibilität für die Endanwender und die Komplexität der Applikation. Der Umfang einer MDM-Lösung besteht aus den aufeinander aufbauenden Einsatzbereichen Datenintegration, Datenkonsolidierung, Datenverknüpfungen sowie Kollaborative Prozesse. Ein Mapping von und zu den Quellsystemen ist nur auf Basis eines durch Metadaten getriebenen Ansatzes sicher zu beherrschen. Ein gutes MDM-Werkzeug muss an ein entsprechend flexibles Werkzeug zur Datenintegration andocken können. Das sogenannte klassische MDM (Datenkonsolidierung) befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Abgleich der Kunden-, Produkt- und Lieferantendaten. Dabei werden auch noch sogenannte Referenzdaten mitverwaltet, die in Auswahltabellen verwendet werden. Hierbei ist es möglich, einen

10 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick hohen Automatisierungsgrad zu erreichen, was bei den meisten großen Datenmengen notwendig ist. Die Benutzerfreundlichkeit der Software für die Fachbereiche muss nicht hoch sein, da vor allem Regelsysteme spezifiziert werden, die durch technisch versierte Benutzer implementiert werden. Andere Anforderungen an MDM zeigen sich bei den Geschäftsobjekten, die über Datenverknüpfungen von einander abhängen. Da die Datenverknüpfungen vor allem fachliche Abhängigkeiten betreffen, sind hierbei die Fachbereiche gefordert, die Funktionen des MDM zu nutzen. Hierbei kommt es auf Dauer zu einer Mischung von Benutzerinteraktion und automatisierbaren Regelwerken. Diese Anforderungen stellen hohe Ansprüche an die Benutzerfreundlichkeit der MDM-Software aus Fachbereichssicht. Dazu gehört auch der Umgang mit verschiedenen Versionen in der Struktur und in der Zeit. Die Abbildung der Geschäftsobjekte sowie den Verknüpfungen von und nach dem MDM- Datenmodell ist nur durch eine enge Zusammenarbeit von Fach- und IT-Experten spezifizierbar. Die dadurch in den Metadaten abgelegten Beschreibungen unterliegen erfahrungsgemäß einem eher langsamen Änderungszyklus. Diese Anforderungen stellen wiederum hohe Ansprüche an die Benutzerfreundlichkeit der MDM-Software aus Sicht der Fachbereiche. Dazu gehören das Umschalten zwischen der Zeitsicht und der Beziehungssicht sowie der Umgang mit den Datenmodellen der Fachbereiche. Die Aktivitäten rund um MDM sind auch organisatorisch durch Regeln zu definieren (Kollaborative Prozesse). Das bedeutet, es müssen für jeden Beteiligten Rollen, Funktionen sowie die Reihenfolge der Aktivitäten festgelegt und im MDM-System abgelegt werden. Zur Ablage der Business Rules ist ein Workflow-Werkzeug erforderlich. Zwei wesentliche Anforderungen müssen erfüllt werden: Beschreibung der Aktivitäten aus der Sicht der einzelnen Benutzer (subjektbezogen) und Verknüpfung der Aktivitätenbeschreibung mit den Funktionen durch den Fachanwender. Diese Anforderungen und deren Verknüpfung mit Zugriffsrechten stellen wiederum hohe Ansprüche an die Benutzerfreundlichkeit der MDM-Software aus Fachbereichssicht. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. zeigt die beschriebenen Einsatzszenarien grafisch. Abbildung 4: Einsatzszenarien von Master-Data-Management-Anwendungen

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 11 Master Data Management wird als wichtige Aufgabe erkannt Die umfassenden Auswirkungen eines unternehmensweiten Datenmanagements bergen eine hohe Komplexität und einen immensen Verwaltungsaufwand in sich. Da MDM vor allem eine Philosophie ist, die mittels technischer Lösungen umgesetzt wird, ist die Implementierung in Unternehmen eine anhaltende Aufgabe. Die Vorteile, die mit der Durchführung einer MDM-Initiative verbunden sind, werden vom Großteil der im Rahmen dieser Studie befragten Personen bestätigt. Es scheint, dass die Umfrageteilnehmer die Nachteile für das eigene Unternehmen erkennen, wenn sie im Gegensatz zu ihren Wettbewerbern auf ein unternehmensweites Datenmanagement verzichten. Entsprechend hoch wird das Risiko für den Unternehmenserfolg bewertet, wenn keine MDM-Initiative betrieben wird (Fehler! Ungültiger Eigenverweis auf Textmarke.). 3% 23% 4 1 2 24% 49% 3 1= kein Risiko bis 4 = hohes Risiko Abbildung 5: Risiko für den Unternehmenserfolg, wenn keine MDM-Initiative betrieben wird (n = 146) Fast drei Viertel der an der empirischen Untersuchungen beteiligten Personen halten es für ein ernstzunehmendes Risiko für den Unternehmenserfolg, wenn Unternehmen auf eine MDM-Initiative verzichten (Stufe drei und vier). Fast ein Viertel bewertet das Risiko sogar mit der höchstmöglichen Ausprägung. Die Analyse bestätigt den erkennbaren Trend im Markt: Master Data Management wird als ernstzunehmende Disziplin erkannt.

12 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Reifegradbestimmung als Basis von Master-Data-Management- Initiativen Um die Wirkung von MDM-Initiativen gezielt zur Entfaltung zu bringen, ist es notwendig, den Stand des unternehmensweiten Datenmanagements zu kennen. Aufgrund der Komplexität des Themas müssen unterschiedliche Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Wozu Reifegradmodelle dienen Die ersten Reifegradmodelle haben sich in den Bereichen Softwareentwicklung (CMMI) und IT Governance (COBIT) entwickelt. Reifegradmodelle werden eingesetzt, um Organisationen zu helfen, den aktuellen Ausgangszustand bei wichtigen Dimensionen wie Menschen, Unternehmenspolitik und Technologie festzustellen und Prozesse evolutionär zu verbessern und zu einem höchst geordneten Zustand hin zu entwickeln. Ein bewährtes Reifegradmodell umfasst beispielsweise folgende fünf Reifegrade ( Maturity Level ): 1. Initial *Am Anfang stehen Einzelinitiativen+ 2. Repeatable *Erfolge werden wiederholt+ 3. Defined *Standards sind vorhanden+ 4. Managed *Steuerung wird gelebt+ 5. Optimizing *Prozesse werden kontinuierlich verbessert+ Insgesamt sollen sich mindestens die folgenden Parameter bei ansteigendem Reifegrad kontinuierlich verbessern: Die Vorhersagbarkeit Die Wirksamkeit Die Steuerbarkeit Die Idee, ein Reifegradmodell zur Beschreibung von Prozessverbesserungen zu nutzen, hat sich auch auf andere Fachgebiete ausgeweitet. Im Softwarebereich sind das beispielsweise die IT-Services, die integrierte Produktentwicklung sowie der Softwarevertrieb. Auch das Datenmanagement kann von der Bestimmung des Reifegrads profitieren. MDM-Initiativen haben keinen Projektcharakter und sind, ihrem Sinn entsprechend, auf Dauer ausgelegt. Es handelt sich um eine Prozessgruppe, die langfristig im Unternehmen implementiert werden muss. Dabei sind gemeinsame Anstrengungen der Fachbereiche und des IT-Bereichs nötig. Der permanente Änderungs- und Lernprozess zum Umgang mit Dateninhalten, der Datenarchitektur sowie den eingesetzten Werkzeugen bedarf fester Regeln und Strukturen. Dies betrifft alle für das MDM eingesetzten Prozesse und Technologien wie

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 13 Data Governance und Stewardship, Data Quality Management, Data Integration sowie Service Oriented Architecture. Beim unternehmensweiten Datenmanagement handelt sich damit um einen festen Aufgabenbereich im Unternehmen, der einer strategischen Planung bedarf. Reifegradmodelle helfen beim strategischen Vorgehen. Einführung eines unternehmensweiten Master Data Management Die Themen Data Governance und Stewardship sowie Data Quality Management sind vor allem von den Fachbereichen zu verantworten, Data Integration sowie Service Oriented Architecture vom IT- Bereich. Um den Erfolg der MDM-Initiative abzusichern und um die Risiken zu vermindern, ist wie bei BI-Initiativen die Einrichtung eines Kompetenzteams (Competency Center) ratsam. Da die inhaltliche Verzahnung zwischen den BI-Projekten und den MDM-Projekten sowohl fachlich als auch organisatorisch sehr eng ist, macht es Sinn, die beiden Kompetenzzentren gemeinsam zu steuern oder auch zusammenzulegen. Nachdem das Team festgelegt ist, sollte der Reifegrad der Faktoren Menschen, Unternehmensstrategie und Technologie geklärt werden. Dies gehört schon zum Analyseschritt und ist der erste Teil eines iterativen MDM-Verbesserungsprozesses (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

14 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Abbildung 6: Iterativer MDM-Verbesserungsprozess In der Analysephase werden Änderungen definiert, Ziele und Erfolgsfaktoren festgelegt und bereits mögliche Lösungsszenarien skizziert. Um das so erarbeitete Projektprogramm auch in seiner Reihenfolge festlegen zu können, muss ein mehrdimensionaler Bewertungsprozess durchlaufen werden: Ordnung der Reihenfolge der MDM-Projekte nach inhaltlicher Abhängigkeit. Bewertung der MDM-Projekte nach dem Wert für das Geschäft, den Kosten, den verfügbaren beziehungsweise zuzukaufenden Fähigkeiten sowie den Risiken. Abstimmung mit anderen Projekten in der Firma beziehungsweise Überprüfung des gegenseitigen Einflusses. Dem folgt als weiterer Teil des Analyseschritts eine Planungsphase für die ausgewählten Projekte, in der die Details bezüglich der speziellen Dimensionen von MDM wie Data / Meta Data Profiling, Lösungsarchitektur, Prozesse sowie Business Rules festlegt werden. Dabei ist es wichtig, Messkriterien (Kennzahlen) sowie deren Zusammenhänge (Einflussgrafen) zu erarbeiten. Auf diese Weise kann der Erfolg einzelner Aktivitäten transparent gemacht und im Regelkreis des Act-Plan-Do-Check für Entscheidungen genutzt werden. Dem Analyseschritt Act-Plan folgt dann der Verbesserungsschritt mit Do-Check. Beim Do werden die geplanten Aktivitäten realisiert. Die folgende Checkphase ist es, die den laufenden Betrieb überwacht, damit die Bewertung der umgesetzten Projekte ermöglicht und Material für die Bewertung der nächsten geplanten MDM-Projekte liefert. Damit wird ein neuer Kreislauf von Analyse und Umsetzung gestartet. Master Data Management bedingt Data Governance Das erste MDM-Projekt sollte als Chance aufgefasst werden, ein Programm-Management statt eines Projektmanagements einzurichten. Change sollte damit als permanente Herausforderung gesehen werden, womit ein Lifecycle-Management für Data Governance vorzusehen ist. Im Mittelpunkt von Data Governance und damit Master Data Management steht das Bestreben, den Wert der Daten, die das Unternehmen über sich und sein Umfeld besitzt, für sein Geschäft bestmöglich zur Wirkung zu bringen. Das Ziel ist: The Right Data at the Right Place at the Right Time. Gleichzeitig ist der Weg zur kontinuierlichen Verbesserung das Ziel.

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 15 Reifegrad von Unternehmen Die zentralen Einflussfaktoren von MDM-Initiativen sind die Menschen im Unternehmen, die Unternehmenspolitik sowie die Technologie. Die Probanden der Marktuntersuchung wurden auf Basis eines entsprechenden Reifegradmodells zur Ist-Situation in den Unternehmen befragt. Zunächst wurde das Reifegradmodell selbst auf seine Eignung hin überprüft. Einflussfaktoren auf das Datenmanagement Die Analyse in Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. adressiert die Bedeutung der drei Einflussfaktoren auf das Datenmanagement. Die Relevanz der einzelnen Faktoren kann von 1 = kein Einfluss bis 4 = starker Einfluss variieren. 63% Menschen (n = 144) Unternehmenspolitik (n = 143) Technologie (n = 144) 3% 8% 6% 12 3 4 38% 27% 1 4 2 3 16% 21% 36% 47% 4% 4 1 2 3 33% 1= kein Einfluss bis 4 = starker Einfluss Abbildung 7: Einflussfaktoren auf das Datenmanagement Mit der hohen Bewertung der Einflussfaktoren bestätigen die Umfrageteilnehmer die Bedeutung des Reifegradmodells. Alle drei Faktoren wurden in hohem Maße für einen starken oder zumindest soliden Einfluss auf das Datenmanagement verantwortlich gemacht. Dass einer der Faktoren keine Einflusswirkung besitzt, wurde jeweils mit einer marginalen Nennungshäufigkeit behauptet. Bei der Ausprägung des Einflussgehalts kann man jedoch zwischen den verschiedenen Faktoren einen deutlichen Unterschied feststellen. Die Bedeutung nimmt vom Menschen über die Unternehmenspolitik zur Technologie ab. Die deutliche Mehrheit der Umfrageteilnehmer (63 Prozent) hält den Einfluss der Menschen im Unternehmen auf Datenmanagement-Initiativen für stark. Weitere 27 Prozent halten den Faktor immerhin für überdurchschnittlich wichtig. Eng verwandt mit dem Faktor Menschen ist die Unternehmenspolitik. Ihr bescheinigen die Umfrageteilnehmer einen etwas geringeren Einfluss. Relativ gesehen ist er aber auch sehr hoch. Die Einflusswirkung der Technologie als dritten Faktors im Reifegradmodell ist im Vergleich zu den sogenannten weichen Faktoren Menschen und Unternehmenspolitik geringer. Noch besser kann man diesen Zusammenhang in Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. erkennen. Es gelten die gleichen Antwortzahlen wie in Abbildung 7.

16 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 4 = starker Einfluss 1 = kein Einfluss 63% 38% 16% 3% 6% 4% 27% 36% 47% 8% 21% 33% 3 = solider Einfluss 2 = mäßiger Einfluss Menschen Unternehmenspolitik Technologie Abbildung 8: Einfluss der Faktoren auf den Reifegrad Technologie erreicht hohe Werte bei mäßiger (33 Prozent) sowie solider (47 Prozent) Ausprägung der Einflusswirkung auf MDM-Initiativen. Einen starken Einfluss messen dem Faktor aber nur 16 Prozent der Umfrageteilnehmer zu. Der Grund für die Reihenfolge in der Bewertung der Einflussfaktoren liegt in der Natur der Sache. Die technische Grundlage zum Durchführen von MDM-Initiativen ist wichtig. Sie verleiht den Unternehmen die Möglichkeit eine gewaltige Menge an Daten zu verwalten und für verschiedene Fragestellungen zur Verfügung zu stellen. Ohne ein gemeinsames Verständnis zur Relevanz des Themas und zur Semantik der Daten kann die Technologie allerdings keinen bedeutenden Mehrwert erzielen. Es ist entscheidend, dass die Prozesse eines unternehmensweiten Datenmanagements koordiniert sind und dass der Gedanke des Master Data Management in der Unternehmenskultur etabliert ist. Reifegrad des Datenmanagements Beim Durchführen von Projekten im Rahmen von MDM-Initiativen sollte der Reifegrad der Komponenten Menschen, Unternehmenspolitik sowie Technologie stets ermittelt werden. Auf diese Weise sind zielgerichtete Aktionen möglich, die eine ausgewogene Qualität des Master Data Management in Unternehmen ermöglichen. Je nach Kategorie und Einflussfaktor gibt es unterschiedliche Herausforderungen, die jeweils schrittweise angegangen werden müssen. Von 1 = nicht ausgereift bis 4 = sehr ausgereift sind alle Ausprägungen der drei Faktoren in den untersuchten Unternehmen vorhanden (Abbildung 9).

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 17 Menschen (n = 145) Unternehmenspolitik (n = 144) Technologie (n = 145) 33% 3 4% 12% 6% 6% 15% 22% 4 1 4 1 4 1 34% 3 34% 3 2 2 2 50% 39% 43% 1= nicht ausgereift bis 4 = sehr ausgereift Abbildung 9: Reifegrad des Datenmanagements Beachtet man die Tatsache, dass in allen untersuchten Unternehmen MDM-Initiativen im Gange sind, fällt auf, dass ein bemerkenswerter Anteil nicht für das Vorhaben gerüstet ist. Insgesamt sind es circa 60 Prozent der Unternehmen, die nach Selbsteinschätzung nicht oder wenig ausgereift sind. Unternehmen führen demzufolge häufig MDM-Initiativen durch, ohne sich über die Rahmenbedingungen für den Erfolg im Klaren zu sein. Vergleicht man die Aufteilung der Grafiken miteinander, kann man erkennen, dass der Stand in Unternehmen bei allen drei Faktoren auf einem ähnlichen Niveau ist. Die Analysen zeigen, dass die Reifegrade der Faktoren untereinander korrelieren. Unternehmen, die in einem Faktor ausgereift sind, sind das oft auch in den anderen Dimensionen. Diese Tatsache belegt empirisch, dass sich die Faktoren gegenseitig bedingen und ist ein wichtiges Argument dafür, dass für MDM-Initiativen verschiedene Rahmenbedingungen gewährleistet sein müssen. Es ist zum Beispiel nicht alleine damit getan, ein Softwarewerkzeug anzuschaffen. Um erfolgreiche MDM-Initiativen durchzuführen, sollte die Bedeutung der verschiedenen Komponenten berücksichtigt werden. Diese Tatsache wird im Folgenden unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet. Um die Ausprägung der drei Einflussfaktoren in den Unternehmen zu ermitteln, wurden neben der direkten Frage zur Ist-Situation verschiedene indirekte Fragen gestellt. Auf diese Weise ist es möglich, Gründe für das Abschneiden bei der Reifegradbestimmung zu erkennen. Die Einflusswirkung der folgenden Indikatoren auf die Faktoren des Reifegradmodells konnte in jedem Fall empirisch nachgewiesen werden. Die Wechselwirkung der Faktoren untereinander spiegelt sich auch bei den Indikatoren wieder. Manchen Indikatoren korrelieren daher mit mehr als einem Faktor im Reifegradmodell. Indikatoren für den Reifegrad des Faktors Menschen Abbildung 9 zeigt, dass der Einflussfaktor Menschen im Umfeld des Datenmanagements bei 12 Prozent der Befragten nicht und bei der Hälfte nur wenig ausgereift ist. Der Grund dafür liegt vor allem in einer geringen Sensibilisierung für das Thema Stammdatenmanagement und Data Governance. Erst wenn der Wert korrekter Daten verinnerlicht ist und sich die Mitarbeiter gemeinsam für eine hohe Qualität der Daten verantwortlich fühlen, kann von einer hohen Reife des Faktors Menschen bei MDM-Initiativen gesprochen werden. Es bedarf einer schrittweisen Entwicklung, bevor dieser Zustand erreicht werden kann. Die folgende Analyse untersucht daher einen Kausalzusammenhang aufeinander aufbauender Faktoren.

18 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Die Mehrheit der untersuchten Unternehmen hat bereits den Wert korrekter Daten erkannt. Die Meinung ist in zwei Drittel der Unternehmen relativ weit beziehungsweise stark ausgeprägt. Nur sechs Prozent der Befragten geben an, dass in ihren Unternehmen der Wert korrekter Daten noch nicht erkannt wurde (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). 49% Wert korrekter Daten (n = 146) Unterstützung durch die Geschäftsführung (n = 146) Interne Zusammenarbeit (n = 145) 6% 17% 10% 3% 16% 9% 4 1 27% 4 1 1 2 3 4 32% 3 2 3 2 40% 34% 55% 1= keine Ausprägung bis 4 = starke Ausprägung Abbildung 10: Ausprägung der Indikatoren für den Reifegrad des Faktors Menschen Die Geschäftsführung unterstützt MDM-Initiativen dann, wenn sie den Wert korrekter Daten verstanden hat. Erwartungsgemäß ist die Unterstützung durch die Geschäftsführung schwächer entwickelt als das Verständnis über die Bedeutung der Datenqualität. Generell ist bei der Managementunterstützung eine Zweiteilung der Unternehmen zu erkennen. Während die schwache Mehrheit (54 Prozent) nicht beziehungsweise kaum Beistand von der Geschäftsführung erfährt, erhält die knappe Hälfte (46 Prozent) zumindest merkliche Unterstützung. In jedem zehnten Unternehmen ist sie sogar hoch. Das Management ist für den Wert korrekter Daten zumindest teilweise sensibilisiert und verleiht MDM-Initiativen entsprechenden Nachdruck. Erfahrungsgemäß kommt dieser Schritt vor einem einheitlichen Verständnis aller Mitarbeiter für das Thema. Die interne Zusammenarbeit beim Datenmanagement wird daher proportional zur Managementunterstützung ansteigen. Häufig werden interne Abstimmungsprozesse vernachlässigt und die Menschen kooperieren bei der Arbeit für ein unternehmensweites Master Data Management nicht ausreichend miteinander. Bei der Mehrheit (64 Prozent) der untersuchten Unternehmen ist die interne Zusammenarbeit nicht oder wenig ausgeprägt. Erst wenn die Grundlagen für ein Verständnis eines unternehmensweiten Datenmanagements gelegt sind, wird sich die interne Zusammenarbeit verbessern. Dieser Zusammenhang kann empirisch durch eine Korrelationsanalyse belegt werden, ohne eine direkte Aussage über die Ursache und Wirkung zu machen. Die Ausprägung der Korrelation deutet jedoch auf den angenommenen Kausalzusammenhang hin. Die Einsicht über den Wert korrekter Daten korreliert deutlich mit der Unterstützung der Geschäftsführung. Die Managementunterstützung korreliert in ähnlichem Maße mit der internen Zusammenarbeit. Ebenfalls erkennbar, aber mit einer schwächeren Ausprägung, ist der Zusammenhang zwischen dem Wert korrekter Daten mit der Ausprägung der internen Zusammenarbeit. Erst wenn das Management vom Wert korrekter Daten überzeugt ist und entsprechend agiert, kommt es zu einer merklichen Verbesserung der internen Zusammenarbeit.

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 19 Indikatoren für den Reifegrad des Faktors Unternehmenspolitik Die Ausprägung der Unterstützung von MDM-Initiativen durch die Geschäftsführung sowie der internen Zusammenarbeit steht wegen des engen inhaltlichen Bezugs auch in Wechselwirkung mit dem Reifegrad des Faktors Unternehmenspolitik. Daneben ist die zentrale Organisation des Datenmanagements ein weiterer Indikator für die Entwicklungsstufe der Unternehmenspolitik (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Zentrales Organisationsteam (n = 146) Regelpflege zur Qualitätssicherung (n = 145) 25% 6% 8% 3 4 19% 1 1 3 4 2 29% 40% 1= keine Ausprägung bis 4 = starke Ausprägung 2 19% 54% Abbildung 11: Ausprägung der Indikatoren für den Reifegrad des Faktors Unternehmenspolitik In mehr als zwei Drittel der untersuchten Unternehmen ist ein zentrales Team zur Organisation des Datenmanagements nicht vorhanden beziehungsweise unzureichend ausgeprägt. Als Kompetenzteam mit Personen aus verschiedenen Unternehmensbereichen, wird hier eine gemeinsame Sicht auf die Daten erarbeitet und es werden Geschäftsregeln im Umgang mit den Daten bestimmt. Der Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Reifegrads der Unternehmenspolitik ist zurückzuführen auf die Vorteile, die eine zentrale Organisation von MDM-Initiativen mit sich bringt. Ein Vorteil ist die Intensität der Regelpflege zur Gewährleistung der Datenqualität. Sie korreliert hoch mit dem Vorhandensein eines zentralen Organisationsteams. Generell ist die Regelpflege zur Gewährleistung der Datenqualität vergleichsweise schwach ausgeprägt (54 Prozent). 19 Prozent der Unternehmen scheinen überhaupt keine Regeln zu pflegen. Die Ausprägung des Indikators Regelpflege zur Qualitätssicherung wird nicht nur vom Vorhandensein eines zentralen Organisationsteams beeinflusst. Es besteht auch eine Wechselwirkung mit den Indikatoren der Faktoren Menschen sowie Technologie. Indikatoren für den Reifegrad des Faktors Technologie Wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtung der Rahmenbedingungen für MDM-Initiativen ist, spiegeln auch die Indikatoren für den Reifegrad der Technologie wieder. Es kann nachgewiesen werden, dass die Intensität der Ausprägung der technischen Indikatoren zudem mit dem Reifegrad der Faktoren Menschen sowie Unternehmenspolitik korrelieren. Verglichen mit der Einschätzung zum Stand der Technologie haben die Indikatoren noch nicht ganz den Status erreichet (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

20 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick Qualität der Prozessdefinition (n = 146) 25% 5% 25% Absicherung durch Automatismen (n = 146) 5% 3 4 24% 1 1 3 4 16% 2 45% 2 55% 1= keine Ausprägung bis 4 = starke Ausprägung Abbildung 12: Ausprägung der Indikatoren für den Reifegrad des Faktors Technologie Die Qualität der Prozessdefinition sowie die Absicherung des Datenmanagements durch Automatismen sind jeweils zu mehr als zwei Dritteln nicht oder unzureichend ausgeprägt. Bei der Technologie beträgt der Wert nur 59 Prozent. Insgesamt kann man wohl davon ausgehen, dass häufig die Technik vorhanden ist, allerdings werden ihre Möglichkeiten nicht immer umfassend ausgeschöpft. Die Ergebnisse der Reifegraduntersuchung zeigen deutlich, dass bei dem komplexen und nachhaltig wirkenden Thema MDM eine ausgewogene Vorgehensweise Erfolg bringt. Es gelingt nicht, den Faktor Technologie gegenüber den anderen Faktoren, Mensch und Unternehmenspolitik, entscheidend zu verbessern und umgekehrt. Nur eine gleichmäßige Entwicklung der drei Erfolgsfaktoren wird die Situation der Unternehmen bezüglich Data Governance und seinem Kern, dem Master Data Management, wesentlich verbessern.

Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick 21 Reifegrad von MDM-Produkten Die derzeit am Markt befindlichen MDM-Lösungen lassen sich einerseits den beschriebenen Einsatzszenarien (Abbildung 4, Seite 10) zuordnen, andererseits aber auch in Komplett- beziehungsweise Speziallösungen einteilen. Eine Komplettlösung ist eine Suite von Modulen, mit denen alle Nutzungsfelder abgedeckt werden sollen. Speziallösungen sind Werkzeuge, die ganz bestimmte Nutzungsfelder sehr gut abdecken. Um den Funktionsumfang zu erweitern, müssen sie mit anderen Produkten kombiniert werden. Der Reifegrad einer angebotenen Lösung ist daher nur festzustellen, wenn die Eigenschaften genau betrachtet und sorgfältig auf die Anforderungen eines Unternehmens abgebildet werden. Die alleinige Klassifizierung im Sinne der Applikationsschicht in Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. auf Seite 8 erlaubt nur eine sehr grobe Aussage über die Eignung eines Produkts für eine bestimmte Firma. Damit kann jeweils ein erster Filter über die Softwareanbieter gelegt werden. Generell fließen Erkenntnisse der Softwareanbieter in Kundenprojekten rasch in die Weiterentwicklung der Werkzeuge ein. Dies führt zu einer hohen Marktdynamik. Es kommt häufig zu Anbieterübernahmen oder zu einer Eingliederung spezifischer Lösungen als OEM-Komponente. Dies zeigt sich insbesondere im Bereich Datenintegration, wo schon lange erprobte Lösungen mit neuen, MDMspezifischen Modulen kombiniert werden oder bei Datenqualitätslösungen, die in MDM-Systeme integriert werden. Beim Thema Datenverknüpfungen, dem modernsten Einsatzszenario von MDM, ist der Markt sehr stark in Bewegung. Hinzu kommt, dass Experten aus den Fachbereichen wie Finanzwesen und andere nicht IT-Experten die Lösung einsetzen und daher trotz der sachlichen Komplexität eine hohe Benutzerfreundlichkeit (Usability) erwarten. Diese Ansprüche führen dazu, dass hoch spezialisierte Nischenanbieter, die oft nur lokal aufgetreten sind, scheinbar über Nacht global wahrgenommen werden. Ein Höchstmaß an Komplexität erreichen MDM-Lösungen, wenn Business-Process- Management(BPM)-Komponenten integriert werden. Es müssen Anforderungen in der automatischen sowie in der menschengetriebenen Prozessabwicklung erfüllt werden. Diesen Anforderungsmix erfüllen derzeit sehr wenige BPM-Produkte. Beide Disziplinen sind aufgrund der Geschichte von BPM auf zwei verschiedene Entwicklungsrichtungen zurückzuführen. Werkzeuge zur Prozessvisualisierung mit erweiterten Möglichkeiten gibt es bereits lange. Im Rahmen der neuen technischen Möglichkeiten des Prozessmanagements treten immer mehr Anbieter mit Möglichkeiten zur Prozessautomatisierung auf. Die relativ jungen Werkzeuge kämpfen noch mit unterschiedlichen Sprachdialekten sowie mit verschiedenen Lösungsansätzen, die sich erst im Rahmen eines Standardisierungsprozesses am Markt durchsetzen müssen. Master Data Management erfordert BPM-Lösungen die parallele Prozesse sowie eine spontane Generierung von Prozessen verarbeiten können. Insgesamt ist zu erkennen, dass Anbieter von MDM-Produkten noch einer Reihe von Herausforderungen gegenüberstehen. Der Reifegrad von MDM-Lösungen wird mit der Bewältigung der genannten Herausforderungen steigen.

22 Master Data Management: Bestandsaufnahme und Ausblick BARC steht für Neutralität, Kompetenz und Qualität Neutralität Das Business Application Research Center (BARC) ist aus den komparativen Produktanalysen am Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik der Universität Würzburg, Prof. Dr. R. Thome hervorgegangen. In seiner Stellung als unabhängiges Institut ist BARC strikt neutral gegenüber Software-Anbietern. Dies bedeutet, dass keine Gebühren für die Aufnahme in Software-Evaluationen oder Provisionen bei der Empfehlung von Software erhoben werden. BARC bietet auch keine Implementierung von Software an, um keine internen Interessen zu erzeugen. Kompetenz BARC-Mitarbeiter sind seit 1994 in der Evaluation von Business-Intelligence- und Datenmanagement- Produkten sowie der Beratung von Unternehmen tätig. Dabei vereinen die BARC-Analysten Markt-, Produkt- und Einführungswissen. Know-how-Basis sind die seit Jahren ständig durchgeführten Marktanalysen und Produktvergleichsstudien, die ein umfassendes Detailwissen über den Leistungsumfang aller marktrelevanten Software-Anbieter und neueste Entwicklungen im Markt sicherstellen. Qualität BARC-Beratungsprojekte sind hoch effizient und gewährleisten ein Höchstmaß an Auswahlsicherheit. BARC-Studien bieten einen qualifizierten Marktüberblick über alle Anwendungsfelder des Informationsmanagements. BARC-Tagungen und Seminare geben einen konzentrierten Eindruck relevanter Anbieter in bestimmten Software-Marktsegementen. Tagung Master-Data-Management-Tagung Jedes Jahr im Herbst in Würzburg Die Tagung zum Thema Master Data Management "Stammdatenmanagement - Entwicklung, Trends und Best Practices für Unternehmen" bietet Teilnehmern eine interessante Mischung nationaler und internationaler Experten für Stammdatenmanagement, Datenqualitätsmanagement und Data Governance. Es werden Trends und Entwicklungen im Markt aufgezeigt und Spezialisten aus Anwenderunternehmen berichten über die Herausforderungen in den eigenen Projekten. www.barc.de

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