1 Tätigkeitsbeschreibung Die Routinedesinfektion wird als Scheuer-/ Wischdesinfektion mit einer verdünnten, wässrigen Desinfektionslösung durchgeführt, die gefährliche Substanzen enthalten kann. Flächendesinfektionsmittelkonzentrate werden nach den Vorgaben der VAH je nach Art und Konzentration der Wirkstoffe mit Wasser üblicherweise auf ca. 0,25 % bis ca. 3 %- ige Anwendungslösung verdünnt. Der Verbrauch der Anwendungslösung liegt unter 50 ml/m 2 und unter 100 ml/m 2 Raumgrundfläche In der nachfolgenden Tabelle sind die unterschiedlichen Verfahrensparameter bei der Routine- Flächendesinfektion großer Flächen (> 2 m 2 ) aufgeführt. Tätigkeit Desinfektion von großen Flächen Verwendete Menge/Vorgang Mehrere Liter verdünnte Gebrauchslösung oder vorgetränkte Wischmopps Dauer/Vorgang Häufigkeit/Schicht Bemerkungen Mehrere Minuten bis Stunden Tätigkeitsdauer kann bis zu einer ganzen Schicht betragen Desinfiziert werden z.b. Inventar, Arbeitsflächen, Liegen, Geräte, Maschinen, sowie Boden, Wände, Türen etc. 2 Gefährdungen Die Gefahrstoffkennzeichnung gibt dem Anwender normalerweise ausreichend Informationen über die Gefahren, die von einem Produkt ausgehen. Bei den üblichen von den Anwendern aus Desinfektionsmittelkonzentraten hergestellten Verdünnungen sind häufig Wirkstoffe in Konzentrationen unter 0,1g/100g und somit unter 0,1% in den Gebrauchslösungen enthalten. Eine Kennzeichnung dieser Gebrauchslösungen kann in der Regel entfallen. Dennoch können auch bei verdünnten Desinfektionsmitteln noch Gefährdungen für die Beschäftigten verbleiben. Dermale Gefährdungen entstehen durch direkten Kontakt mit dem Desinfektionsmittel oder durch Spritzer. Dies ist insbesondere gegenüber bestimmten kritischen Inhaltsstoffen zu berücksichtigen, die zum Beispiel hautsensibilisierend (R 43) sind. Die R-Sätze für die Inhaltsstoffe können dem Abschnitt 2 des Sicherheitsdatenblatts entnommen werden. Inhalative Gefährdungen entstehen durch Verdampfen der Inhaltsstoffe. Die Brandund Explosionsgefahr ist bei entzündlichen Produkten möglich. Übliche Anwendungslösungen sind nicht entzündlich. Reaktionsprodukte entstehen bei bestimmungsgemäßer Verwendung der Desinfektionsmittel nicht. Eine Besonderheit sind Produkte mit Formaldehydabspaltern wie z.b. 1,6-Dihydroxy-2,5-dioxahexan (CAS-Nr. Seite 1 von 5
3586-55-8). Bei diesen Produkten wird Formaldehyd bei der Herstellung nicht als Inhaltsstoff zugegeben, sondern entsteht erst durch eine chemische Reaktion im Konzentrat. Der Anwender hat es deshalb mit einem formaldehydhaltigen Desinfektionsmittel zu tun, obwohl dies für ihn nicht unmittelbar erkennbar ist. 3 Schutzmaßnahmen Substitution Es ist regelmäßig zu prüfen, ob statt einer Desinfektion auch eine Reinigung ausreicht. Im Rahmen des Hygieneplans werden die erforderlichen Desinfektionsarbeiten festgeschrieben. Für die Flächendesinfektion werden viele VAH-gelistete Produkte angeboten, die keine flüchtigen Inhaltsstoffe haben oder in denen Stoffe mit weniger kritischen Eigenschaften enthalten sind. Die Einsetzbarkeit eines weniger kritischen Produktes ist zu prüfen. Bei einer Substitution sind Gefährdungen, wie etwa ein Sensibilisierungspotenzial der Inhaltsstoffe (R42, R43) besonders zu berücksichtigen. Produkte, die Aldehyde insbesondere Formaldehyd und Glutaraldehyd enthalten, sind wegen deren Flüchtigkeit und dem auch bei Verwendung verdünnter Lösungen verbleibenden Gefährdungspotenzial nur in begründeten Fällen einzusetzen. Für die Desinfektion großer Flächen sollen Wischverfahren und keine Sprühverfahren mit Feinvernebelung eingesetzt werden. Beim Einsatz von Desinfektionsreinigern kann über den Produktcode die Gefährlichkeit von Produkten verglichen und eventuell ein weniger gefährliches Produkt ausgewählt werden (siehe auch Baustein Reinigung von Pflege von Oberflächen ) Technisch Bei Anwendungskonzentrationen über 1% und flüchtigen Inhaltsstoffen (außer Alkohole) muss davon ausgegangen werden, dass eine technische Lüftung erforderlich ist. Die zugeführte Frischluftmenge pro Stunde soll mindestens fünf Mal das Raumvolumen (5 Luftwechsel LW) betragen. Durch die Luftführung muss eine gute Durchmischung der Raumluft gewährleistet sein. Handhabung des Desinfektionsmittels mit Hilfsmitteln, die den Hautkontakt minimieren. Aerosole sind soweit wie möglich zu vermeiden. Zum Beispiel kann durch verringerten Druck die Aerosolbildung an der Austrittsöffnung und die Aufprallgeschwindigkeit von Flüssigkeitsteilchen und somit die dort entstehende Aerosolmenge reduziert werden (relevant ist dies zum Beispiel bei der Desinfektion von Badewannen für Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen mit Brausen). Seite 2 von 5
Organisatorisch Notwendige Desinfektionsarbeiten sind festgelegt und Mitarbeiter vor Aufnahme dieser Tätigkeiten im sachgerechten Arbeiten unterwiesen. Vorgaben zur Herstellung der Anwendungskonzentration und Einwirkzeit werden beachtet. Durch Öffnen von Türen und Fenstern ist für eine gute Durchlüftung, möglichst Querlüftung, während der Desinfektion zu sorgen. Wenn Technische Lüftungseinrichtungen vorhanden sind, müssen diese während der Desinfektion in Betrieb sein. Bei der Verwendung von aldehydhaltigen Produkten (auch Aldehydabspalter) in einer Anwendungskonzentration ab 1% sind zeitliche Expositionsbeschränkungen in Räumen mit natürlicher oder nur mäßiger Lüftung zur Einhaltung von Grenzwerten erforderlich: bei natürlicher Lüftung maximal 15 Minuten, bei mäßiger technischer Lüftung (bis 10 LW) maximal 30 Minuten. Bei länger dauernden Desinfektionsarbeiten muss ein höherer Luftwechsel (>10 LW) gewährleistet sein. Das Aufbringen von Desinfektionsmitteln auf heiße Oberflächen ist zu vermeiden, da dann die desinfizierende Wirkung auf Grund schnellerer Verdampfung der Wirkstoffe (fehlende Einwirkzeit) nicht mehr gegeben ist. Zusätzlich ist auch eine wesentliche Gefährdung durch verdampfende Stoffe gegeben, die bei Raumtemperatur in der Regel vernachlässigbar wäre (z.b. Konvektomatendesinfektion) Persönlich: Zu persönlichen Schutzmaßnahmen immer den Abschnitt 8 des jeweiligen Sicherheitsdatenblatts beachten. Geeignete Handschuhe benutzen; in der Regel sind Handschuhe aus Nitrilkautschuk geeignet. Auf Grund der Vielfalt der eingesetzten Produkte können hier keine abschließenden Angaben zu Schutzhandschuhen gemacht werden. Hinweise enthält immer der Abschnitt 8 des jeweiligen Sicherheitsdatenblatts. Tragen von geeignetem Körperschutz, wenn damit zu rechnen ist, dass die Kleidung oder die Schuhe durchnässt werden können. 4 Zusätzliche Hinweise und Zusammenfassung Dermale Gefährdung Die dermale Belastung kann bei allen Desinfektionstätigkeiten, unabhängig von den Inhaltsstoffen der Desinfektionsmittel, durch das Tragen geeigneter Schutzhandschuhe vermieden werden. Beim Tragen Seite 3 von 5
von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen, mehr als zwei Stunden pro Schicht, handelt es sich um Feuchtarbeit. Dazu gibt es einen Baustein Feuchtarbeit. Inhalative Gefährdung Zusammenfassend lässt sich für die inhalative Gefährdung sagen, dass diese außer bei Aldehyden in der Regel vernachlässigbar ist. Dies wird im Folgenden noch einmal dargestellt. Die Desinfektionsmittel sind in Produktgruppen eingeteilt, die nach Inhaltsstoffen unterschieden werden. Produktgruppe: quartäre Ammoniumverbindungen und Biguaniden Die inhalative Belastung ist für Produkte mit quartärten Ammoniumverbindungen und Biguaniden unerheblich, solange keine Aerosolbildung auftritt. Produktgruppe: aldehydhaltige Produkte Aldehyde haben in der Regel ein sensibilisierendes, Formaldehyd zusätzlich sogar ein krebserzeugendes Potenzial (K3 nach EU; K1 nach IARC). Daher ist deren Anwendung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung besonders zu begründen. Auch bei Unterschreitung der Grenzwerte kann eine Gesundheitsgefährdung bei sensibilisierenden Stoffen nicht ausgeschlossen werden, wenn diese atemwegsensibilisierend (R42) sind. Produktgruppe: Alkohole Bei alkoholhaltigen Produkten mit maximalen Konzentrationen von bis zu 10g/ 100g im Konzentrat und damit üblicherweise 50mg/ 100g in der 0,5%-igen Anwendungslösung ist die inhalative Alkoholbelastung vernachlässigbar. Produktgruppe: weitere Inhaltstoffe (Phenolderivate) Derzeitige VAH- gelistete Flächendesinfektionsmittel können neben den oben genannten Inhaltsstoffen auch Phenolderivate enthalten. Für diese phenolhaltigen Produkte liegen derzeit noch keine Erfahrungen zur Gefährdung vor. Die Gefährdung muss bei der Anwendung dieser Produkte individuell ermittelt werden. Brand-/ Explosionsgefahr Eine Brand- und Explosionsgefahr (Verpuffung) ist nur dann gegeben, wenn die Konzentrate mit einem Flammsymbol oder mit R 10 (entzündlich) gekennzeichnet sind. Eine Brand- und Explosionsgefahr ist für die üblichen verdünnten Anwendungskonzentrationen nicht gegeben. Produkte mit höherem Alkoholgehalt sind wegen der Brand-/ Explosionsgefahr als Desinfektionsmittel für große Flächen nicht geeignet und werden in der Praxis nach bestehendem Wissen auch nicht dafür verwendet. Seite 4 von 5
Informationsquellen: 1. TRGS 900 Arbeitsplatzgrenzwerte. Ausgabe 1/2006, zuletzt geändert und ergänzt: März 2007. Erhältlich über www.baua.de 2. Eickmann, U et al. Desinfektionsmittel im Gesundheitsdienst, Informationen für eine Gefährdungsbeurteilung, Gefahrstoffe- Reinhaltung der Luft 67 (2007), Nr. 1/2, S. 17-25 3. VAH Desinfektionsmittelliste; Verbund für Angewandte Hygiene, Bonn; www.vah-online.de 4. BGR 206 Desinfektionsarbeiten im Gesundheitsdienst, Hauptverband der gewerblichen en (HVBG), St.Augustin, 1999. 5. BG/BIA-Empfehlungen 1039 Flächendesinfektionen in Krankenhausstationen(Juli 2002) Seite 5 von 5