3 Wer entscheidet, wofür das Geld ausgegeben wird?

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Transkript:

3 Das Haushaltsrecht wird traditionell als das Königsrecht des Rates bezeichnet. Der Rat kann und darf dieses Recht nicht an andere übertragen ( 41 Abs. 1 Buchst. h der Gemeindeordnung). Es gehört zum Kernbestand der kommunalen Selbstverwaltung. Nach Art. 28 Absatz 2 Satz 3 des Grundgesetzes umfasst die Gewährleistung der Selbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung. Das kommunale Haushaltsrecht unterliegt der Gesetzgebungskompetenz des Landes. In Bayern beispielsweise gilt also ein anderes Haushaltsrecht? Richtig. Während man in Nordrhein-Westfalen schon vor Jahren auf ein am kaufmännischen Rechnungswesen orientierten Haushaltsrecht umgestellt hat, gilt in Bayern in der Regel noch die alte Kameralistik, eine einfache Einnahme- /Ausgaberechnung. Das nordrhein-westfälische Haushaltsrecht, auch Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF) genannt, ist im Einzelnen im 8. Teil der Gemeindeordnung und in der Gemeindehaushaltsverordnung geregelt. Zusätzlich sind noch diverse ministerielle Erlasse zu beachten. Die Haushaltssatzung ist die Rechtsgrundlage der Gemeinde für ihre Haushaltswirtschaft in Form einer Ortssatzung, die grundsätzlich jedes Jahr vom Rat neu zu beschließen ist. Ein Haushaltsplan für zwei Jahre ist also nicht zulässig? Sog. Doppelhaushalte für zwei Jahre sind zulässig, wenn dadurch ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet werden kann. Allerdings müssen auf jeden Fall die Erträge und Aufwendungen für jedes Jahr gesondert dargestellt werden. Obwohl es sich um eine Satzung und damit um eine Rechtsnorm handelt, kann die Haushaltssatzung nicht mit einem Normenkontrollantrag gerichtlich überprüft werden. Auch darf über die Haushaltssatzung kein Bürgerbegehren oder Bürgerentscheid stattfinden. (Vgl. Grundlagen / Frage 9) Gibt es noch andere Institutionen, die mitreden, wenn es um den kommunalen Haushalt geht? In den kreisfreien Städten gibt es neben dem Rat ja auch noch die Bezirksvertretungen. Die Bezirksvertretungen wirken an den Beratungen über die Haushaltssatzung mit. Sie beraten www.fes-online-akademie.de 1

über alle Haushaltspositionen, die sich auf ihren Bezirk und ihre Aufgaben auswirken, und können dazu Vorschläge machen und Anregungen geben. Über diese Haushaltspositionen und die entsprechenden Haushaltsmittel ist den Bezirksvertretungen eine geeignete Übersicht als Auszug aus dem Entwurf der Haushaltssatzung, getrennt nach Bezirken, zur Beratung vorzulegen. Die Übersichten sind dem Haushaltsplan als Anlage beizufügen. Können die Bezirke eigene Steuern erheben? Nein. Dieses Recht ist dem Rat vorbehalten. Die Bezirksvertretungen können aber Vorschläge dazu machen. Und wer redet sonst noch mit, wenn über die kommunalen Ausgaben entschieden wird. Vieles ist natürlich durch Gesetze vorgegeben. Das gilt z. B. für den Jugend- und Sozialbereich. Allerdings haben die Städte bei der Art und Weise der Erledigung ihrer gesetzlichen Pflichten durchaus Spielräume. Nachdem wir uns bei der Beantwortung der Frage 2 (Woher kommt das Geld?) zwei so unterschiedliche Städte wie Düsseldorf und Herne angesehen haben, lohnt auch ein Blick auf deren Aufwandsstruktur (Bild 1 und 2). www.fes-online-akademie.de 2

Bild 1: Aufwandsstruktur des Ausgaben in Düsseldorf / Quelle: Haushaltsplan 2014 der Stadt Düsseldorf www.fes-online-akademie.de 3

Bild 2: Aufwandsstruktur der Ausgaben in Herne / Quelle: Haushaltsplan 2013 der Stadt Herne Ein weiterführende Frage, über die es sich lohnt nachzudenken: Welche Rückschlüsse auf die Situation in den Städten lassen sich angesichts der Unterschiede ziehen? Bei interkommunalen Vergleichen muss man immer genau hinsehen, bevor man vorschnell Urteile fällt. So könnte sich der höhere Personalaufwandsanteil bei der Stadt Herne (25,9%; Düsseldorf: 20%) dadurch erklären, dass die Stadt Herne weniger Aufgaben auf kommunale Betriebe und Gesellschaft ausgelagert hat. Kommunale Betriebe und Gesellschaften (z. B. Stadtwerke oder Entsorgungsbetriebe) haben eigene Wirtschaftpläne mit eigenen Stellenplänen. Deren Personalaufwand taucht im Haushalt der Stadt nicht als Personalaufwand auf. Eine weitere Ursache könnte auch sein, dass die Stadt Düsseldorf viele Dienstleistungen, wie z. B. Gebäudereinigung, privatisiert hat. Der Aufwand, den die Stadt für Gebäudereinigung betreibt, wird dann unter Sach- und Dienstleistungsaufwand erfasst. www.fes-online-akademie.de 4

Müssen kommunale Haushalte genehmigt werden? Grundsätzlich gilt: Kommunale Haushalte unterliegen in Nordrhein-Westfalen nicht der Genehmigungspflicht durch die Kommunalaufsicht. Die vom Rat beschlossene Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ist der Aufsichtsbehörde lediglich anzuzeigen. Die Anzeige soll spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres erfolgen. Die Haushaltssatzung darf frühestens einen Monat nach der Anzeige bei der Aufsichtsbehörde öffentlich bekannt gemacht werden. Erst mit der Bekanntgabe wird sich wirksam. Wenn die Haushalte nur grundsätzlich genehmigungsfrei sind, gibt es doch bestimmt auch Ausnahme von dieser Regel, oder? Richtig. Wird bei der Aufstellung der Haushaltssatzung eine Verringerung der allgemeinen Rücklage vorgesehen, bedarf dies der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Was ist denn die allgemeine Rücklage? Die allgemeine Rücklage ist in der kommunalen Bilanz ausgewiesenes Eigenkapital. Dazu später mehr. Die Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage gilt als erteilt, wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrages der Gemeinde eine andere Entscheidung trifft. Die Genehmigung kann unter Bedingungen und mit Auflagen erteilt werden. Sie ist mit der Verpflichtung, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen, zu verbinden, wenn die Verringerung des Eigenkapitals bestimmte Schwellenwerte überschreitet, die in der Gemeindeordnung näher definiert sind. Was ist denn ein Haushaltssicherungskonzept? Ein bisschen Geduld. Die Frage behandeln wir ausführlich bei Frage 8 (Was ist ein Haushaltssicherungskonzept?). An dieser Stelle nur so viel: Sobald eine Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen muss, redet die Kommunalaufsicht erheblich mit. Haushaltssicherungskonzepte unterliegen der Genehmigungspflicht. Das gilt ebenfalls für die Haushaltssanierungspläne nach dem Stärkungspaktgesetz. Auch dazu später mehr. Was passiert, wenn das Haushaltssicherungskonzept einer Gemeinde nicht genehmigt wird? In einem solchen Fall, darf die Gemeinde ihre Haushaltssatzung nicht in Kraft setzen. www.fes-online-akademie.de 5

Wie wird eine Haushaltssatzung in Kraft gesetzt? Durch öffentliche Bekanntmachung. Wenn die Haushaltssatzung nicht in Kraft gesetzt ist, befindet sich die Gemeinde in einem haushaltslosen Zustand. Sie darf dann nur die allernotwendigsten Ausgaben tätigen. Man nennt das auch Nothaushaltrecht. Und wo bleibt bei all dem die Mitwirkung der Bürger_innen? Alle Einwohner_innen können gegen den öffentlich zur Einsichtnahme zugänglichen Entwurf der Haushaltssatzung innerhalb einer Frist von mindestens vierzehn Tagen Einwendungen erheben, über die der Rat zu beschließen hat. Neben diesem gesetzlich geregelten Verfahren gibt es auch noch die Bürgerhaushalte. Doch dazu später (siehe Frage 10) mehr. www.fes-online-akademie.de 6