Fachvortrag - Die Borderline Störung und Angehörige (1. Borderline Fachsymposium in der LVR Klinik Köln am 31.08.2011)

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Transkript:

Fachvortrag - Die Borderline Störung und Angehörige (1. Borderline Fachsymposium in der LVR Klinik Köln am 31.08.2011) Wir haben heute bereits viel über die Situation, das Erleben und die Problematik der Borderline Störung für die Betroffenen gehört. Für Betroffene wurden neue Behandlungsmöglichkeiten entwickelt, die für 80 90% der Borderliner eine wichtige und erfolgreiche Unterstützung bei der Bewältigung des alltäglichen Lebens und seiner Anforderungen bedeuten. Betroffene, die einen hohen Leidensdruck und das Glück haben, gute, Bedarfsgerechte Angebote in Ihrem unmittelbaren und mittelbaren Lebensumfeld nutzen können, (wie z.b. die Tagesklinik hier in Köln) erhalten so die Möglichkeit ein strukturiertes, normales Leben führen zu können. Doch was ist mit den Angehörigen? Welche Bedarfsgerechten Angebote gibt es für diese Gruppe, der oftmals Co- Abhängigen? (Folie 1) Was bedeutet die Diagnosestellung Borderline oder Borderline Entwickler für die Angehörigen? Zunächst sollten wir einmal die Begriffe Borderliner und Borderline Entwickler definieren. (Folie 2/ Jugendliche und Folie 3/ Kinder) Wie man deutlich an diesen Tabellen sehen kann, sind Eltern, als ein besonderer Teil der Angehörigen, hier besonders betroffen. Sie erleben eine Überforderung, Schuldgefühle, Soziale Ausgrenzung auf Grund des auffälligen Verhaltens der Kinder/Jugendlichen, Vorwürfe und Schuldzuweisungen durch das soziale Umfeld. Diese Schuldzuweisungen empfinden die Eltern auch selber. Sie sind der Ansicht zu wenig für ihre Kinder getan zu haben. Sie zu wenig geschützt zu haben. Oftmals werden sie von Lehrern und anderen Pädagogen aufgefordert, ihren Erziehungsstil zu ändern, die Kinder/Jugendlichen mehr zu konditionieren und zu bestrafen. Wirkliche Hilfsangebote werden Ihnen nicht aufgezeigt. Sie werden allein gelassen. Hinzu kommt, dass sich Kinder - und Jugendpsychiater mit dem Thema Borderline Störung kaum auskennen. Eine Borderline Störung gilt als eine schwerwiegende Persönlichkeitsstörung und die Persönlichkeit gilt erst ab ca. 18 Jahre als so entwickelt, das man ab diesem Alter von fachlicher Seite eine BPS diagnostiziert. Vorher durchlaufen diese auffälligen Kinder alle Diagnosen, die momentan eine Art Modeerscheinung zu sein scheinen. Oftmals gelten sie als ADS/ADHS Kinder. Das hat für die Eltern die Folge, dass ihre Kinder/Jugendlichen schon in jungen Jahren mit Medikamenten behandelt werden, die starke Nebenwirkungen haben. Und sie erleben eine Ausgrenzung im Bereich der Betreuungsmöglichkeiten. Z.B. in den Ganztagsbetreuungen der Grundschulen. Die Erzieher sind hier vollkommen mit solchen Kindern überfordert. Auch mit der Medikation der Kinder. 1

In diesem frühen Stadium der möglichen Borderline Entwicklung beginnt die Entwicklung der Co-Abhängigkeit der Angehörigen. Wobei ich betone, dass ich hier die Situation, die Überforderung und den Leidensdruck der Eltern als einen Teil der Borderline Angehörigen darstelle. Diesen Moment nutze ich, um meine Definition des Begriffes Angehörige zu verdeutlichen. Folie 4 Definition Angehörige Wir sind jetzt also in dem System Familie. Allein innerhalb der Familie, wobei ich mich nicht nur auf die kleine Herkunfts- / Kernfamilie beschränken möchte, gibt es verschiedene Stufen der Angehörigen. Folie 5 System Familie mit den verschiedenen Stufen der Angehörigen Diese Folie verdeutlicht, das auch das System Familie Druck aufbaut. Und zwar untereinander. Der vermeintlich identifizierte Symptomträger der Familie, der Borderline Betroffene, verwehrt den Blick auf andere Symptomträger der Familie. Oftmals Mütter (weil diesen immer noch die Rolle der Heiligen, der Bewahrerin der Familie, der gerechten Richterin, der Heilerin, zugeschrieben wird) und den Geschwisterkindern, die auch Symptomträger der Überforderung und Co- Abhängigkeit Ihrer Eltern werden. Viele Kernfamilien (Eltern und Kinder) zerbrechen an einem Borderline Betroffenen oder entwickeln krankhafte Strukturen (Co-Abhängigkeit), um als Familiensystem zu überleben. An dieser Stelle weise ich ganz bewusst und deutlich darauf hin, dass ich hier über Familien spreche, die bisher über keine dysfunktionale Familienstruktur verfügten. Diese entwickelten sich erst im Laufe der Entwicklung der BLP. Bei allen Mitgliedern des Systems Kernfamilie. Besonders betroffen, oftmals übersehen und vernachlässigt sind hierbei die Geschwisterkinder und auch die Kinder von Borderline Betroffenen. Diese Themen behandle ich nur grundlegend, um auf die Vielschichtigkeit der Probleme und Bedarfe von Angehörigen hinzuweisen. Vertiefend gehe ich auf dieses Thema in meinem Workshop ab 17:00 Uhr ein. Kinder, egal ob Geschwisterkinder oder Kinder von Betroffenen sind das schwächste Glied in dem System Familie. Geschwisterkinder werden auf Grund der Überforderung Ihrer Eltern oftmals übersehen. Ihre Bedarfe, Wünsche und Konflikte werden heruntergespielt und es wird von ihnen verlangt Verantwortung zu übernehmen, die sie einfach nicht übernehmen können. Sie sollen sich selber zurückstellen und, ja, fast funktionieren, damit die Eltern sich komplett um den Betroffenen kümmern können. Dies geschieht unbewusst von den Eltern und ist ein Zeichen ihrer Überforderung. 2

Geschwisterkinder sind noch anderen Konflikten ausgesetzt, die oftmals übersehen oder unterschätzt werden. Ihr soziales Umfeld, die Peer-Gruppen, die Klassenkameraden, der Freundeskreis, die Verwandtschaft belegt Geschwisterkinder je nachdem mit Unverständnis, unmöglichen Forderungen, sozialer Ausgrenzung oder mit Mobbing. So werden auch Geschwisterkinder entweder Co-Abhängig oder sie entwickeln Strategien um möglichst unauffällig durch ihr Leben zu kommen. Eine andere Strategie kann es sein, noch auffälliger zu werden als der Betroffene, um auch einmal die nötige Aufmerksamkeit, Liebe und Unterstützung zu erfahren, die jedes Kind benötigt, um sich zu einer starken Persönlichkeit zu entwickeln. Folie 6 Persönlichkeitsentwicklung Ebenso haben Kinder von Borderline Betroffenen Probleme mit der sozialen Ausgrenzung. Ihre Eltern (Mutter oder Vater) gelten als psychisch krank. Unsere Gesellschaft ist leider immer noch so strukturiert, das sie Psychisch Kranke aussortiert und an den Rand der Gesellschaft stellt. Dies gilt besonders für Borderliner, die auf Grund der mangelnden Informationsverbreitung immer noch als schwierig und teilweise gefährlich gelten. Mit diesen Vorurteilen werden die Kinder konfrontiert. Vor allem ist auch die emotionale Instabilität der Betroffenen für die Kinder schwierig zu verstehen. Ebenso wie für die Betroffenen selber, die Angst haben ihre Kinder mit ihrem Verhalten zu prägen und zu verletzen. Folie 7 Interaktion Borderliner und Angehörige Betrachten wir nun die Interaktion zwischen den Betroffenen und den Angehörigen. Im Laufe der Zeit haben sich zwischen den Angehörigen und Betroffenen Kommunikationsstrukturen entwickelt, die nur schwer zu durchbrechen sind, weil sie sich eingeschlichen haben und unbewusst immer wieder benutzt werden. Angehörige haben gelernt auf die Körpersprache, die nonverbalen Signale und auf jede Schwankung in der Ton- und Stimmlage zu achten, diese innerhalb von Millisekunden zu analysieren, bewerten und das eigene Verhalten darauf abzustellen. Diese Strukturen gelten auch für die Partner von Borderlinern. Im Laufe der Zeit entwickeln sich Interaktionen, die sehr schwer zu durchbrechen und bewusst zu machen sind. Betroffene lernen es häufig im Rahmen einer Therapie, sich selber wahrzunehmen, zu reflektieren und alte Strukturen zu durchbrechen. Angehörige bleiben auf dem alten Stand stehen. Folie 8 Borderliner nach der Therapie/Angehörige nach der Therapie Diese Folie soll das Missverhältnis zwischen den Fortschritten der Betroffenen und der Wahrnehmung der Angehörigen darstellen. Die Angehörigen zerstören ungewollt und unbewusst jeden Fortschritt, den Betroffene in der Therapie gelernt haben. 3

Angehörige sind immer noch in den alten Verhaltensmustern und Strukturen befangen, aus denen sie sich ohne professionelle Hilfe nicht befreien können. Sie müssen mühsam lernen, die Fortschritte und Entwicklung der Betroffenen wahrzunehmen. Angehörige benötigen ebenfalls Psychoedukation und Aufklärung über die BLP. Ganz wichtig ist es für sie die mulitifaktorellen Entstehungshintergründe kennen zu lernen und zu verinnerlichen. Die Negativ Mythen, besonders der Mythos einer dysfunktionalen Familienstruktur als alleinige Voraussetzung einer Borderline Entwicklung sollte endlich beseitigt werden. Was ist mit Kindern die direkt nach der Geburt, auf Grund verschiedenster medizinischen Notwendigkeiten, von den Müttern getrennt werden? Ohne den Geruch der Mutter, den mütterlichen Herzschlag auf dem Bauch liegend wahrgenommen zu haben? Was ist mit Kindern die schon im Kindergartenalter, seelischen Missbrauch (Mobbing) kennen lernen? Um hier nur zwei mögliche Gründe einer Borderline Entwicklung darzustellen. Natürlich gibt es auch dysfunktionale Familien, in denen Gewalt, Missbrauch jeder Art und Ablehnung vorkommen. Dies ist unbestritten. Aber es ist eben nur ein möglicher Auslöser für diese Störung. Fakt ist es, das viele Familien an der Borderline Störung zerbrechen. Viele Angehörige leiden unter einer Co-Abhängigkeit und multiplen Psychischen Störungen/ Erkrankungen die durch die Überlastung und die soziale Vereinsamung auftreten. Ein weiterer Konflikt, der innerhalb der großen Gruppe der Angehörigen auftritt, ist der Konflikt zwischen den Eltern und den Partnern von Borderlinern. Hier gibt es großes Konfliktpotential im Rahmen der gegenseitigen Schuldzuweisungen. Auch diese beiden Angehörigen Gruppen müssen lernen wertfrei miteinander zu sprechen und gemeinsam ein stabiles soziales Umfeld für den Betroffenen aufzubauen. Auf keinen Fall dürfen die Angehörigen vergessen, sich selber zu achten, wahrzunehmen, ihre Grenzen zu definieren und diese auch wertfrei gegenüber dem Betroffenen zu äußern und einzuhalten. Das Thema ist so umfassend, das es den Rahmen meines Vortrages sprengen würde. Aus diesem Grund habe ich mich in erster Linie auf die Eltern, Kinder und Geschwisterkinder fokussiert. Dies soll keine Herabminderung der Probleme, Konflikte und Sorgen der anderen Angehörigen (Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen, Partnern, Freunden, Arbeitskollegen, Arbeitgeber u.s.w.) bedeuten. Die Betroffenen haben oft einen hohen Leidensdruck. Das wurde heute in vielen Fachvorträgen deutlich. 4

Ich möchte die Anwesenden ein wenig dafür sensibilisieren, dass Betroffene in einem sozialen System leben. Und jedes System ist nur so stark wie sein schwächstes Mitglied. Dieses schwächste Mitglied können auch ein oder mehrere Angehörige sein. Darauf sollte dieser Vortrag hinweisen und der Workshop soll diese Sichtweise vertiefen. Vielen Dank. 5