I N F O R M A T I O N zur mit Landesrat Rudi Anschober, DI Klaus Michor (Geschäftsführer REVITAL, Büro für Landschaftspflege und Landschaftsgestaltung) und DI Dr. Karl Heinz Kunst (Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft Abteilung Oberflächengewässerwirtschaft) am 30. Juli 2009 zum Thema "Naturnaher Rückbau unserer Fließgewässer ist bester Hochwasserschutz" Bereits 135 Renaturierungen verwirklicht Hunderte weitere folgen!
LR Rudi Anschober Seite 2 Vom harten Flussbau zur ökologisch ausgerichteten Schutzwasserwirtschaft Jahrzehntelang wurde der Platz von Fließgewässern durch harte Schutzbaumaßnahmen eingeengt, teilweise das Wasser "kanalisiert". Dies führte zur dramatischen Erhöhung der Abflussgeschwindigkeit und damit zur Erhöhung des Überflutungsrisikos flussabwärts. Oberösterreich hat in den letzten Jahren umgestellt: in bereits 135 Projekten wurden Abschnitte von Fließgewässern renaturiert. Sich vor Hochwasser und damit vor der Natur gemeinsam mit der Natur zur schützen, das ist der neue Weg. Rückhalt statt schneller Abtransport Eine Alternative zum beschleunigten Abtransport des Wassers ist die Verbesserung des natürlichen Wasserrückhaltes im Gelände oder die bauliche Herstellung von Hochwasserrückhalteanlagen. Damit werden ein gedrosselter Abfluss und niedrigere Hochwasserspiegellagen bewirkt. Diese Form von Schutzkonzepten erfordert aber bereits eine Betrachtung gesamter Flusseinzugsgebiete mit einer Festlegung der wirkungsvollsten Anlagenstandorte. (Bild 2) Es entstand der Slogan: Durchleiten wo nötig, Rückhalten wo möglich In Oberösterreich gibt es inzwischen eine große Anzahl an Hochwasserrückhalteanlagen, die bei jedem Ereignis ihre Wirkung zeigen und einen wesentlichen Beitrag zur Schadensvermeidung leisten. (Bild 3) Die Entwicklung in der Schutzwasserwirtschaft war damit aber nicht beendet. Hochwässer besonderen Ausmaßes zeigten in den vergangenen 20 Jahren immer wieder, dass die Abflussräume zu knapp sind und intensiv genutzte Gebiete von Überflutungen betroffen wurden. Damit wurde ein weiterer Leitspruch kreiert:
LR Rudi Anschober Seite 3 Gebt den Flüssen mehr Raum Dieser Raum ist aber teilweise nicht mehr vorhanden oder nicht verfügbar. In Siedlungsbereichen sind die Möglichkeiten des Raumgebens stark eingeschränkt. Durch Einsatz erheblicher Geldmittel wurde aber in jüngerer Zeit versucht, durch Flussaufweitungen und Aktivierung von Auengewässern eine Verbesserung der Abflusssituation zu erreichen. Diese rein hydraulischen Verbesserungen gehen aber stark Hand in Hand mit einer wesentlichen Verbesserung der Gewässerstrukturen und der Biozönosen. (Bilder 4, 5 und 6) Aber auch im Bereich von kleinen Bachläufen werden aus ehemals monoton und ohne Begleitbepflanzung angelegten Strecken, Strukturierungen, wie sie einem ursprünglichen Bachlauf entsprechen, eingebaut. Man orientiert sich dabei an einem 'ökologischen Leitbild' oder an 'Referenzstrecken'. (Bilder 7 und 8) Mit dem neuen Oö. Landschaftsfonds hat OÖ ein Instrument geschaffen, um die notwendigen großen Grundflächen für den naturnahen Hochwasserschutz finanzierbar zu ermöglichen. Der Oö. Landschaftsfonds ist eine dienststellenübergreifende Einrichtung. Es handelt sich um einen gemeinsamen Verwaltungsfonds der Abteilungen Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz, Oberflächengewässerwirtschaft sowie Straßenplanung und Netzausbau beim Amt der Oö. Landesregierung. Der Landschaftsfonds dient der langfristigen Sicherung und Entwicklung von ökologisch wertvollen Land- und Wasserflächen in Oberösterreich. Die Verbesserung des qualitativen Anteils an ökologisch wertvollen Land- und Wasserflächen in Oberösterreich soll durch finanzielle Unterstützung des Grundstückserwerbs erreicht werden. Die Sicherung und Entwicklung dieser Flächen im Rahmen einer nachhaltiger Bewirtschaftung und Pflege wird durch professionelles Management und Beratung gewährleistet.
LR Rudi Anschober Seite 4 Kooperation Schutzwasserwirtschaft und Raumplanung Die Bevölkerungsentwicklung und die Entwicklung der Bauflächen- und Verkehrsflächenzunahme sind wesentliche Fakten der Raumbeanspruchung. Unzählige Beispiele zeigen, dass sich die Raumplanung vor allem auf der kommunalen Ebene aber nicht immer an den Erfordernissen des Hochwasserschutzes orientierte. So wurden gerade Ergebnisse der Gefahrenzonenplanung nicht immer beachtet. Es mag auch sein, dass Risikowahrnehmung und Risikobewusstsein nicht ausreichend ausgeprägt sind. Früher oder später sind jedenfalls die Konsequenzen zu tragen. Ein interdisziplinärer Bereich 'Schutzwasserwirtschaft und Raumplanung' ist in einer rechtlichen Ausprägung und in einer organisatorischen Abwicklung in Österreich nicht vorgesehen. Sind die Agenden der Schutzwasserwirtschaft gemäß Bundesverfassung in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache, ist die 'Raumplanung' bei den Ländern und den Gemeinden angesiedelt. Dennoch ist ein wesentlicher Schritt bei der Novellierung des Oö. Raumordnungsgesetzes im Jahre 2005 gelungen. Einerseits wurde im 18 Abs. 7 bestimmt, dass die Gemeinde 'festgelegte Planungen des Bundes und des Landes zu berücksichtigen und im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen hat', andererseits wird mit 21 Abs. 1a verfügt, dass keine neuen Baulandwidmungen in Abflussbereichen 30-jährlicher Wiederkehr und in Abflussbereichen 100- jährlicher Wiederkehr nur mit festgelegten Ausnahmen mehr zulässig sind. Bestehende Baulandwidmungen in solchen Abflussbereichen können gemäß Oö. Bauordnung mit gewissen Auflagen und Einschränkungen noch genutzt werden. Gefahrenzonenplanung Die Grundlagen, die der Raumplanung zur Verfügung gestellt werden können sind schutzwasserwirtschaftliche Gefahrenzonenpläne (Bild 9) und Überflutungskarten.
LR Rudi Anschober Seite 5 Nach der neuen EU-Hochwasserrichtlinie sind in Zukunft flächendeckend Risikozonen auszuweisen und dafür Hochwassermanagementpläne auszuarbeiten. Ökologisch ausgerichtete Schutzwasserwirtschaft Nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie haben bis 2015 alle Gewässer zumindest einen 'guten ökologischen und chemischen Zustand' aufzuweisen. Ein hoher Anspruch, der nur schwer zu erreichen sein wird. Ökologisch ausgerichtete schutzwasserbauliche Vorhaben unterstützen diese Bestrebungen in besonderer Weise auch durch ihre Finanzierbarkeit. Die Arten der Maßnahmen sind: Grundablösen In Siedlungsräumen mit hart verbauten Gewässern sind wegen der geringen Flächenverfügbarkeit die Möglichkeiten für ökologische Aufwertungen stark eingeschränkt. Bei nahezu allen schutzwasserwirtschaftlichen Maßnahmen werden zusätzliche Grundflächen erworben. Besonders bei der Errichtung von Hochwasserrückhalteanlagen sind das erhebliche Flächenausmaße. Beispielhaft sind anzuführen: 20 ha bei Erweiterung RHB Teichstätt und RHB Mühlbergerbach 10 ha bei RHB Grubmühlbach 15 ha bei RHB Planbach 40 ha Grundsicherung durch den Wasserverband Aschachtal in den letzten drei Jahren 30 ha für Uferrandstreifen an Mattig, Ache und Antiesen 50 ha bei Hochwasserschutz Machland für den Dammbau und weitere 50 ha für Kompensationsmaßnahmen und die Flutmulde Aufweitungen (sh. Bild 4) Restrukturierungen Auch ein primär ökologisch motivierter Gewässerrückbau kann eine positive Wirkung auf die Hochwasserabflussverhältnisse ausüben. Die Möglichkeiten ökologischer Verbesserungen sind aber eng mit einer ausreichenden Flächenverfügbarkeit verknüpft. Je mehr Fläche bereitgestellt werden kann umso mehr Freiheit steht dem Gewässer zur Entwicklung und eigenen Reorganisation zur Verfügung. Sind Grundflächen verfügbar, ist die Finanzierbarkeit entscheidend.
LR Rudi Anschober Seite 6 Gerade in den letzten Jahren ist es besonders durch eine Initiative von Landesrat Rudi Anschober gelungen, verstärkt Mittel des Bundes, besonders aber auch des Landes einsetzen zu können. So ist es in wenigen Jahren zu einer bemerkenswerten Anzahl an Beispielen solcher 'Öko-Projekte' gekommen, die technisch und finanziell über die Gewässerbezirke abgewickelt wurde. In der ablaufenden Legislaturperiode sind rd. 130 Projekte umgesetzt worden. Ein besonders schönes Beispiel dazu ist an der unteren Naarn gelungen.(bild 10) Weitere Beispiele der jüngeren Zeit: Bodenschutz Krems in Ansfelden, Errichtung eines Entlastungsgerinnes Steyr in Steyr, Errichtung eines Entlastungsgerinnes in der Himmlitzer Au (sh. Bild 6) Mattig und Antiesen, Uferrandstreifen Breitsach in Ried i.i., Revitalisierung Innbach in Meggenhofen, Umgehungsgerinne Traun in Lahnstein, Aufweitung und Auengerinne (sh. Bild 4) Der Boden und seine Oberfläche steuern nach einem Niederschlag die Verteilung und Weiterleitung des gefallenen Wassers. Von der Art und vom Zustand des Bodens sind die Richtung und die Geschwindigkeit des Wasserabflusses abhängig. Lockerer, hohlraumreicher Boden ist stark wasseraufnahmefähig, dichter, eventuell sogar versiegelter Boden leitet Wasser überwiegend oberflächlich ab. Eine Veränderung von Böden in Richtung Verdichtung bewirkt damit eine Veränderung des Oberflächenabflusses in Richtung Erhöhung der Wassermenge und der Abflussgeschwindigkeit. Hochwässer, die sich durch Konzentrierung des Oberflächenabflusses eines gesamten Einzugsgebietes bilden, stehen
LR Rudi Anschober Seite 7 damit in ursächlichem Zusammenhang mit den Böden dieses Einzugsgebietes. Der Schutz des Bodens zur Verbesserung der Sickerfähigkeit und Verringerung des Oberflächenabflusses (Versiegelung: in Europa 5-15 m²/person.jahr; 1000 m²/person in einem Menschenleben) ist daher ein wesentliches Teilziel einer gesamthaften Schutzwasserwirtschaft.
LR Rudi Anschober Seite 8 Bildbeschreibungen: Bild 1: Aist in Schwertberg, Ortsregulierung (Foto: Kunst) Bild 2: Hochwasserrückhaltebecken Sonnleithen, Bez. Braunau (Foto: Kunst) Bild 3: Hochwasserrückhaltebecken Sonnleithen, teilgefüllt (Foto: GB Braunau)
LR Rudi Anschober Seite 9 Bild 4: Ober Traun, Aufweitung Lahnstein (Foto: Kunst) Bild 5: Untere Traun, Strukturierung Fischlham (Foto: GB Linz) Bild 6: Steyr, Himmlitzer Au, Entlastungsgerinne (Foto: Ruspeckhofer)
LR Rudi Anschober Seite 10 Bild 7: Etzelshofener Bach, Bez. Schärding, vor Rückbau (Foto: GB Braunau) Bild 8: Etzelshofener Bach, Bez. Schärding, nach Rückbau (Foto: GB Braunau) Bld 9: Ausschnitt Gefahrenzonenplan Inn / Schärding (Foto: Kunst)
LR Rudi Anschober Seite 11 Bild 10: Naarn bei Mitterkirchen, Aufweitung (Foto: Gillinger)