Quantitative BWL 2. Teil: Finanzwirtschaft



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Transkript:

Quantitative BWL 2. Teil: Finanzwirtschaft Mag. Tomáš Sedliačik Lehrstuhl für Finanzdienstleistungen Universität Wien 1

Themenübersicht 1. Portfoliotheorie und Portfoliomodelle i. Grundbegriffe: Rendite, Risiko, Wahrscheinlichkeitstheorie ii. Erwartungswert-Varianz-Portfoliotheorie iii. CAPM iv. Validation von CAPM, Evaluierung von Finanzinstrumenten 1. Optionen i. Optionsbegriff ii. Bewertung von Optionen a) Binomialbäume b) Black-Scholes Modell iii. Simulation und Hedging 2

Optionsbegriff Eine Option ist ein Vertrag, welches das Recht verkörpert, ein bestimmtes Gut, Underlying, (z.b. Ware, Wertpapier, etc.) zu bestimmten Vertragsbedingungen zu kaufen (Kaufsoption Call Option) bzw. zu verkaufen (Verkaufsoption Put Option). Vertragsbedingungen betreffen vor allem: Zeitperiode Basispreis Menge, etc. Europäische Option kann nur zu einem bestimmten Zeitpunkt T ausgeübt werden. Amerikanische Option kann in einem ganzen Zeitintervall, von 0 bis T, ausgeübt werden. 3

Optionsbegriff Eine Option ist also im Grunde auch ein Wertpapier, und hat daher einen bestimmten Wert. Entsprechend kann eine Option gekauft bzw. verkauft werden. Ein Optionsvertrag wird zwischen einem Ausgeber (Writer) und einem Käufer abgeschlossen. Der Käufer erwirbt somit ein Recht. Der Writer geht jedoch eine Verpflichtung ein. Zu dem Ausübungszeitpunkt (exercise date) kann sich der Käufer entscheiden, ob er das ihm zustehende Recht ausüben will oder nicht (exercise the option or not). 4

Optionsbegriff In der Folge wird folgende Notation verwendet: T Endzeitpunkt des Optionsvertrags X Basispreis (= vereinbarter Kaufs- bzw. Verkaufspreis) S t Preis des Underlyings zum Zeitpunkt t C Preis einer Kaufsoption P Preis einer Verkaufsoption Das Underlying einer Option kann grundsätzlich jedes mögliche Gut sein. In der Folge werden wir Optionen betrachten, die eine Aktie als Underlying haben, die sog. stock options. Die Interpretation kann einfach auf Optionen mit anderen Underlyings erweitert werden. 5

Zahlungsströme zum Zeitpunkt der Ausübung 6

Zahlungsströme zum Zeitpunkt der Ausübung 7

Zahlungsströme zum Zeitpunkt der Ausübung Der Writer einer Kaufsoption geht ein unbeschränktes Risiko ein. Bei der Verkaufsoption ist das Risiko durch X begrenzt. 8

Eigenschaften des Optionspreises In der Praxis ist man grundsätzlich daran interessiert, den Preis einer Option zu bestimmen! Bevor wir die Bewertung selbst herangehen, werden wir uns einige Basiseigenschaften des Preises einer Option überlegen. Diese Überlegungen basieren grundsätzlich auf dem No-Arbitrage- Argument! Da der Ertrag bei Optionsausübung (=Optionspreis zum Ausübungszeitpunkt) strikt von dem aktuellen Aktienpreis abhängt, ist es möglich durch geeignete Wahl der Anteile (=geeignete Investmentstrategie) risikolose Portfolios zu bilden, so dass sich die Schwankungen des Aktienpreises mit denen des Optionspreises kompensieren. 9

Eigenschaften des Optionspreises Strategie 1 Zum Zeitpunkt t = 0: Kaufe eine Aktie Schreibe (gebe heraus) eine Kaufoption Nehme einen Kredit in der Höhe des Kapitalwertes von dem Basispreis der Option X Zum Zeitpunkt t = T: Zahle den Kredit zurück Verkaufe die Aktie Erfülle die Verpflichtungen, falls der Optionsinhaber die Option ausübt 10

Eigenschaften des Optionspreises Zahlungsströme für Strategie 1 11

Eigenschaften des Optionspreises Um Arbitragegewinne zu vermeiden, muss Folgendes gelten: rt S 0 + Xe + C 0 C S0 Xe rt Da der Optionsvertrag ein Recht verkörpert, kann er keinen negativen Wert annehmen. Allgemein muss also folgendes Verhältnis für den Wert einer Kaufsoption erfüllt sein: C max( S 0 Xe rt,0) Für einen beliebigen Zeitpunkt t C t max( S t Xe r( T t), 0) 12

Eigenschaften des Optionspreises Strategie 2 Zum Zeitpunkt t = 0: Borge eine Aktie aus und verkaufe sie (short selling of one share of stock) Schreibe (gebe heraus) eine Verkaufsoption Lege den Kapitalwert von dem Basiswert der Option auf ein Konto in der Bank Zum Zeitpunkt t = T: Kaufe eine Aktie und gebe sie zurück Hebe das Geld von dem Konto ab Erfülle die Verpflichtungen im Fall von Optionsausübung 13

Eigenschaften des Optionspreises Zahlungsströme für Strategie 2 14

Eigenschaften des Optionspreises Ähnlich wie bei Strategie 1 kann man auch hier basierend auf dem No-Arbitrage-Argument folgendes Verhältnis, diesmal bezüglich des Preises einer Verkaufsoption, herleiten: P rt max( Xe S, 0 0) Allgemein, für einen beliebigen Zeitpunkt t P t max( Xe r( T t ) S t,0) Es ist offensichtlich, dass es zu keinem t < T günstig ist, eine Kaufsoption auszuüben. Aus diesem Grund kann man eine amerikanische Kaufsoption genau wie eine europäische Kaufsoption bewerten. Bei einer Verkaufsoption kann man dies jedoch nicht tun! 15

Eigenschaften des Optionspreises Konstruiert man in geeigneter Weise ein risikoloses Portfolio aus einer Kaufsoption, einer Verkaufsoption, einer geeigneten Anzahl von Aktien und des risikolosen Finanztitels, kann man ein wichtiges Verhältnis zwischen dem Preis einer Kaufsoption und dem einer Verkaufsoption, die sog. Put-Call-Parity herleiten! Danach stehen die beiden Optionspreise in einem genau definierten Verhältnis, wie folgt: C Xe rt + P rt + S 0 = 0 P = C + Xe S 0 Würde dieses Verhältnis nicht gelten, wären Arbitragegewinne erreichbar auf dem Markt! 16

Bewertung von Optionen Es gibt mehr Verfahren zur Bewertung von Optionen. In der Praxis werden vor allem die folgenden zwei Methoden angewendet: Binomialbäume Black-Scholes Modell Aus Zeitgründen werden wir uns nur mit dem ersten Verfahren beschäftigen. Die Bewertungsmethode anhand von Binomialbäumen hat zwei große Vorteile: Relativ einfach Anwendbar auch zur Bewertung von komplizierteren Wertpapierstrukturen 17

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen Anstatt die gesamte Verteilung des künftigen Aktienpreises als stetiger Variable in stetiger Zeit zu betrachten, wird bei einem Binomialbaum die Zeit diskretisiert und die möglichen Realisierungen jedes in der nächsten Periode aufzutretenden Preises auf zwei Werte eingeschränkt. Betrachten wir nun folgendes Beispiel: Es wird ein europäischer Optionsvertrag für den Kauf von einer Aktie mit Ausübungszeitpunkt T abgeschlossen. Weiters ist bekannt: S 0 = 100 X = 100 S T kann entweder 96 oder 112 betragen 18

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen Die Wertentwicklung zu t = T kann folgendermaßen dargestellt werden: Aktienpreis 100 112 96 Optionspreis C 12 0 In geeigneter Weise kann man aus der Option und einer bestimmten Anzahl von Aktien ein risikoloses Portfolio bilden, welches bei jedem Zustand den gleichen Wert einnehmen wird! 19

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen Die Anzahl von Aktien, welche das Portfolio risikolos stellt, n, ist leicht auszurechnen: max( S up T X,0) + S up T n = max( S down T X,0) + S down T n (112 100) + 112n = 0 + 96n n = 3 4 Für den Wert eines solchen Portfolios zu t = 0 und t = T gilt π 0 = + C S 0n up down π T = max( S T X,0) + ST n = max( S T X,0) + up S T down n 20

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen Da das Portfolio risikolos ist, muss seine Rendite der risikolosen Rendite entsprechen, um Arbitrage-Gewinne auszuschließen. Es muss also gelten: [ ] up up max( S X,0 + S n S n rt rt π 0 = e π T C = e T ) Dabei wird die risikolose Rendite mit r bezeichnet. Angenommen r = 5% p.a. Und T = 1 Jahr, dann gilt für C: T 0 C e = 0,05 max(112 100,0) + 112 3 4 100 3 4 C 6,51 21

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen In diesem Spezialfall müsste also der Optionspreis 6,51 betragen, um jegliche Arbitrage-Möglichkeiten auszuschließen. Nun wollen wir dieses Verfahren zur Optionsbewertung etwas verallgemeinern. Angenommen der künftige Aktienpreis S T wird sich entweder als S 0 (1+u), Up -Zustand, oder als S 0 (1+d), Down -Zustand, ergeben. Dann muss bei dem entsprechend gebildeten risikolosen Portfolio gelten: C + ns0 ( 1 + u) = C d + ns0 (1 d u + ) 22

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen Dabei sind C u und C d, also die Optionspreise zum Zeitpunkt T bei den entsprechenden Zuständen, folgendermaßen definiert: C u C d = = [ S (1 + u), 0] max 0 X [ S (1 + d), 0] max 0 X Die Anzahl der Aktien im risikolosen Portfolio, n, ist wiederum leicht auszurechnen. Aus der Gleichung des Optionspreises zu t = T ergibt sich: n Cd Cu = S 0 ( u d ) 23

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen Wie bereits erwähnt, muss die Rendite jedes risikolosen Portfolios der risikolosen Rendite entsprechen, daher also π 0 = e rt π T Dabei ist r die stetige risikolose Rendite pro eine Zeiteinheit. Setzt man für π 0 und π T ein und führt einige Umformungsschritte durch, kommt man zu folgendem Ergebnis für den Optionspreis C: C = C u e e rt rt (1 + d ) ( u d ) + C d (1 + rt e u) ( u e d ) rt 24

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen In gleicher Weise kann man auch den Preis einer Verkaufsoption ermitteln, indem man die geeignete Anzahl von Aktien findet, welche gemeinsam mit einer Verkaufsoption ein risikoloses Portfolio ergibt. Dies führt zu folgendem Ergebnis für eine Verkaufsoption: P = P u e e rt rt (1 + d ) ( u d ) + P d (1 + rt e u) ( u e d ) rt wobei [ X S (1 ), 0] P u = max 0 + u [ X S (1 ), 0] P = max 0 d d + 25

Binomialbäume zur Bewertung von Optionen Das bisher behandelte Binomialmodell war offensichtlich nur ein 1- Perioden-Modell, d.h. das Zeitintervall zwischen 0 und T wurde nur als eine Gesamtperiode angesehen. Entsprechend wurde die Entwicklung des Aktienpreises nur zu t = T betrachtet. Da bei einem Binomialbaum in jeder Periode nur zwei mögliche Zustände auftreten können, wurde die gesamte Verteilung des künftigen Aktienpreises S T in dem 1-Perioden-Modell auf nur zwei mögliche Werte bzw. Ausgänge simplifiziert. Das Verfahren kann jedoch leicht auf zwei und schließlich auf n Teilperioden erweitert werden, so dass viel mehr Ausgänge für S T betrachtet werden, was der tatsächlichen Verteilung von S T genauer entspricht und das Ergebnis daher relevanter wird. 26

Binomialbäume: 2-Perioden-Modell Angenommen wir teilen das Zeitintervall zwischen 0 und T in zwei (Teil)Perioden der gleichen Länge. Wir nehmen an, der Aktienpreis verändert sich in jeder der beiden Perioden entweder mit dem Faktor 1 + u, Up -Zustand, oder mit dem Faktor 1 + d, Down -Zustand. Gleichzeitig nehmen wir aus Einfachheitsgründen an, dass der risikolose Zinssatz r in beiden Perioden gleich hoch ist. Wir betrachten nun wiederum eine europäische Kaufsoption mit dem Ausübungszeitpunkt T (=Endzeitpunkt der zweiten Periode). 27

Binomialbäume: 2-Perioden-Modell Mögliche Entwicklung des Aktien- und Optionspreises Aktienpreis So(1+u)^2 So(1+u) So So(1+u)(1+d) So(1+d) So(1+d)^2 Optionspreis C Cu Cd Cuu Cud = Cdu Cdd 28

Binomialbäume: 2-Perioden-Modell Dabei ist der entsprechende zustandsabhängige Optionspreis zum Zeitpunkt T folgendermaßen bestimmt: C ij = max( S X,0), T ij Die Notation i und j steht für die in den Perioden aufgetretenen Zustände. Da sowohl der Basispreis X als auch alle möglichen zustandsabhängigen Werte von S T bekannt sind, ist auch der Optionspreis für jedes der möglichen Szenarien bekannt. Wie ist nun der aktuelle Optionspreis, zu t = 0, zu ermitteln? 29

Binomialbäume: 2-Perioden-Modell Man kann nun sukzessiv zuerst die möglichen Optionspreise zu t = T/2, also C u und C d, und anschließend den aktuellen Optionspreis C bestimmen. Dabei wendet man einfach Schritt für Schritt das bereits beim 1- Perioden-Modell relevante Verfahren an. Dementsprechend ist der sich im Zustand i ergebende Optionspreis zu Ende der 1. Periode, t = T/2, folgendermaßen auszurechnen: C i = C iu e e rt / 2 rt / 2 (1 + d) ( u d) + C id rt (1 + u) e rt / 2 e ( u d) / 2 30

Binomialbäume: 2-Perioden-Modell Wir bezeichnen nun die Faktoren, mit denen die, sich in der nächsten Periode ergebenden, Optionspreise C iu und C id entsprechend multipliziert werden, mit q u und q d. C = C q + i Der aktuelle Optionspreis, zu t = 0, ist dann gegeben durch: iu u 2 2 C = C q + C q = C q + 2C q q + C q u u d d uu u ud u d dd d Die Werte von q u und q d sind natürlich abhängig von der Anzahl der Perioden bzw. der Periodenlänge! C id q d 31

Binomialbäume: n-perioden-modell Selbstverständlich muss man sich keineswegs auf zwei Perioden beschränken. Das Zeitintervall 0 bis T kann auf beliebig viele n Perioden der gleichen Länge geteilt werden. Die Ermittlung von dem aktuellen Optionspreis C erfolgt dann durch sog. backward induction, indem man also beginnend mit möglichen Ausgängen zu T schrittweise die relevanten Optionspreise für eine Periode davor bestimmt, bis man schließlich den aktuellen Zeitpunkt t = 0 erreicht. Bei jedem n muss man sich die für die entsprechende Periodenlänge Δt = T/n geeigneten Werte von u und d überlegen und die relevanten Werte von q u und q d ermitteln! 32

Binomialbäume: n-perioden-modell Insgesamt gibt es also n Perioden innerhalb des Intervalls 0 bis T. In jeder Periode tritt entweder der Up - oder der Down -Zustand auf. Daher gibt es insgesamt 2 n mögliche Szenarien für die Entwicklung des Aktienpreises. Dabei resultieren jedoch viele der Szenarien im gleichen Ausgang von S T. Es ist nämlich nur die Anzahl der Up - bzw. Down -Zustände für den Aktienpreis relevant! Auf die Reihenfolge kommt es nicht an! Entsprechend gibt es also n + 1 mögliche Ausgänge für S T. 33

Binomialbäume: n-perioden-modell Bezeichnen wir nun mit i die Anzahl der Up -Zustände, die zwischen 0 und T auftreten. i kann also die Werte 0, 1, 2,, n annehmen. Die Anzahl der Szenarien, die zum entsprechenden Ausgang von S T, also S T = S 0 (1+u) i (1+d) n-i führen, beträgt natürlich. Wendet man nun das bereits hergeleitete Binomialbaum-Verfahren an und summiert also alle möglichen Ausgänge des Optionspreises, multipliziert mit den entsprechenden Faktoren, auf, erhält man für C: C = n i= 0 n q i u i q d n i max 0 n i [ S (1 u) (1 d) X,0] i n i + + 34

Binomialbäume: n-perioden-modell Es folgt automatisch für den Preis einer Verkaufsoption: P n = i= 0 n q i u i q d n i [ (1 ) (1 ),0] i n i X S + u + d max 0 Obwohl das Verfahren anhand von europäischen Optionen hergeleitet wurde, gilt es auch für amerikanische Kaufsoptionen, denn diese werden vor dem Zeitpunkt T optimalerweise nicht ausgeübt. Bei der Bewertung einer amerikanischen Verkaufsoption müsste man in jeder Periode auf jedem Knoten den aktuellen Optionswert mit dem möglichen Ertrag im Fall der Ausübung der Option vergleichen und entsprechend den größeren Wert als Optionspreis betrachten. 35