Sachwalterschaft Angehörigenvertretung Vorsorgevollmacht 1 in sachen mensch ifs Sachwalterschaft Institut für Sozialdienste
ifs Sachwalterschaft 3 Wann braucht ein erwachsener Mensch eine gesetzliche Vertretung? Wenn er durch eine geistige Behinderung oder psychische Krankheit nicht (mehr) in der Lage ist, bestimmte Angelegenheiten selbst zu erledigen, ohne dabei Gefahr zu laufen, benachteiligt zu werden. Zu den psychischen Krankheiten zählt auch die Demenz. Die gesetzliche Vertretung kann verschiedene Formen haben: Vorsorgevollmacht, Angehörigenvertretung oder Sachwalterschaft. Gesetzliche VertreterInnen übernehmen Verantwortung für die betroffenen Menschen und sind verpflichtet, zu ihrem Wohle zu handeln. Weil dem Gesetzgeber Selbstbestimmung wichtig ist, wird einem Menschen erst dann ein Sachwalter/eine Sachwalterin zur Seite gestellt, wenn geklärt ist, dass es keine Alternativen gibt.
Sachwalterschaft 5 Was bedeutet Sachwalterschaft? Menschen, die mit einer geistigen Behinderung, mit einer psychischen Krankheit oder mit Demenz leben, fällt es oft schwer, mit wirtschaftlichen und rechtlichen Angelegenheiten alleine zurechtzukommen. Deshalb kann diesen Personen ein Sachwalter/eine Sachwalterin zur Seite gestellt werden, der/die die nötige Unterstützung leistet. Was sind die Aufgaben von SachwalterInnen? SachwalterInnen vertreten Betroffene in finanziellen Angelegenheiten und vor Behörden, halten persönlichen Kontakt und kümmern sich bei Bedarf um die soziale Betreuung. Die konkreten Aufgaben werden vom Gericht individuell festgelegt. Über wichtige Angelegenheiten müssen die SachwalterInnen die betroffenen Menschen informieren. Wer kann SachwalterIn sein? SachwalterInnen sind am häufigsten Angehörige, FreundInnen oder Bekannte des betroffenen Menschen. Wenn es vor allem um rechtliche Angelegenheiten geht, kann auch ein Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin oder ein Notar/eine Notarin die Sachwalterschaft übernehmen. Steht keine geeignete Person zur Verfügung, übernimmt die ifs Sachwalterschaft diese Aufgabe. Wie kann eine Sachwalterschaft angeregt werden? Jede Person, die den Eindruck hat, dass jemand Unterstützung in Form einer Sachwalterschaft braucht, kann beim Bezirksgericht ein Sachwalterschaftsverfahren anregen. Meist kommt diese Anregung von Angehörigen oder sozialen Einrichtungen. Von wem wird die Arbeit der SachwalterInnen kontrolliert? SachwalterInnen werden vom Gericht überprüft. Dazu müssen sie jährlich einen Bericht verfassen und die Verwaltung der Finanzen dokumentieren. Wie läuft das Verfahren ab? Nachdem die Anregung beim zuständigen Bezirksgericht eingelangt ist, wird eine geeignete Person mit der Vertretung des betroffenen Menschen als VerfahrenssachwalterIn betraut. Anschließend gibt das Gericht ein Gutachten in Auftrag, in dem festgestellt werden soll, ob bei der betroffenen Person die medizinischen Voraussetzungen für eine Sachwalterschaft vorliegen (psychische Krankheit, geistige Behinderung oder Demenz). Das medizinische Gutachten und mögliche Aufgaben, die einem Sachwalter/einer Sachwalterin zugewiesen werden können, werden in einer Tagsatzung bei Gericht besprochen und im Bestellungsbeschluss festgelegt. Wenn die Voraussetzungen nicht gegeben sind oder wenn es eine Alternative zur Sachwalterschaft gibt, wird das Verfahren eingestellt. Was kostet eine Sachwalterschaft? Während des Verfahrens: Bei geringem Einkommen der betroffenen Person übernimmt das Gericht die Kosten für das Gutachten. Das Verfahren selbst ist kostenlos. Während aufrechter Sachwalterschaft: SachwalterInnen bekommen von der betroffenen Person einen Aufwandsersatz für Fahrt-, Telefonund Portokosten. Außerdem steht SachwalterInnen eine Entschädigung für die geleistete Arbeit zu, die sich aus dem Nettoeinkommen ohne Pflegegeld (5 Prozent) und dem Barvermögen (2 Prozent) der betroffenen Person errechnen lässt. Diese Summe wird im Zuge der jährlichen Berichterstattung geltend gemacht. Über die tatsächliche Höhe entscheidet das Gericht. Für diese Genehmigung fällt eine Gerichtsgebühr (mindestens 25 Prozent der Entschädigung oder mindestens 82. ) an. Bei geringem Einkommen kann Verfahrenshilfe beantragt werden.
Angehörigenvertretung 7 Was ist eine Angehörigenvertretung? Angehörigenvertretung bedeutet, dass eine volljährige Person, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung Geschäfte des täglichen Lebens nicht mehr selbst besorgen kann, von einem/einer nahen Angehörigen vertreten werden kann. Eine Angehörigenvertretung ist nur dann möglich, wenn weder eine Sachwalterschaft noch eine Vorsorgevollmacht besteht und die betroffene Person nicht widerspricht. Wer kann Angehörige vertreten? Eltern oder Großeltern Volljährige Kinder oder Enkelkinder EhepartnerInnen im gemeinsamen Haushalt LebensgefährtInnen seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt Der betroffene Mensch kann auch von mehreren Personen vertreten werden. In diesem Fall empfiehlt sich allerdings eine klare Aufgabenteilung. Geschwister sind nicht vertretungsbefugt. Was kostet eine Vertretungsbefugnis? Die Kosten für den Notar/die Notarin betragen zwischen 100. und 250.. Wie kommt es zu einer Vertretungsbefugnis? Zunächst muss man sich bemühen, den betroffenen Menschen zu informieren und sein Einverständnis einzuholen. Wenn dies krankheitsbedingt nicht (mehr) möglich ist, ist eine Angehörigenvertretung dennoch möglich. Um eine Vertretungsbefugnis samt Registrierung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) zu bekommen, müssen Angehörige in einem Notariat ihrer Wahl ein ärztliches Zeugnis vorlegen, das die fehlende Geschäftsfähigkeit der betroffenen Person bestätigt. Außerdem müssen sie mittels Geburts- bzw. Heiratsurkunde oder Meldezettel nachweisen, dass sie Angehörige der betroffenen Person sind. Die Vertretungsbefugnis kann im ÖZVV registriert werden. Die ange- hörige Person bekommt dann eine Bestätigung ausgehändigt, mit welcher sie sich als vertretungsbefugt ausweisen kann. Wofür gilt die Vertretungsbefugnis? Die Vertretungsbefugnis gilt für: Geschäfte des täglichen Lebens (z.b. Einkauf von Lebensmitteln und Kleidung, Bezahlung von Miete, Heiz- und Reparaturkosten, Urlaub ) Organisation der Pflege (z.b. Kauf von Pflegebedarf, Bezahlung einer Pflegekraft oder einer Kur ) Vertretung bei Sozialversicherungsträgern und Behörden zur Durchsetzung von Ansprüchen (z.b. Pension, Pflegegeld, Arbeitslosengeld, Mindestsicherung, Gebührenbefreiung ) Einwilligung in einfache medizinische Behandlungen wie beispielsweise Zahnbehandlungen oder Impfungen Wofür gilt die Vertretungsbefugnis nicht? Nicht vertretungsbefugt sind Angehörige bei sehr wichtigen und einschneidenden Angelegenheiten wie der Verwaltung von Sparvermögen und Liegenschaften, der Bestimmung des Wohnortes und der Einwilligung in schwere medizinische Eingriffe (z.b. größere Operationen, Strahlentherapie, PEG-Sonde). Kann die betroffene Person widersprechen? Die betroffene Person kann selbstverständlich jederzeit der Vertretung widersprechen. Notfalls kann sie sich selbst oder über eine Vertrauensperson an das Pflegschaftsgericht oder an ein Notariat wenden. Häufig wird die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens die Folge sein. Jeder volljährige Mensch kann vorsorglich verfügen, dass er im Falle des Verlustes seiner Geschäftsfähigkeit von bestimmten Angehörigen nicht bzw. überhaupt nicht von Angehörigen vertreten werden will. Dieser Widerspruch kann von einem Notar/einer Notarin im ÖZVV registriert werden. Ein Musterformular für einen solchen Widerspruch finden Sie auf unserer Homepage (www. ifs.at/sachwalterschaft).
Vorsorgevollmacht 9 Was ist eine Vorsorgevollmacht? Jeder volljährige, geschäftsfähige Mensch kann durch eine Vollmacht vorsorglich festlegen, welche Person(en) seines Vertrauens welche Angelegenheiten auf welche Weise für ihn erledigen soll(en), falls er dazu einmal nicht mehr in der Lage sein sollte. Im Gegensatz zu SachwalterInnen wird die Arbeit der Bevollmächtigten nicht vom Gericht überprüft. Sollte eine Vorsorgevollmacht missbräuchlich verwendet werden, kann es zu einer Sachwalterschaft kommen. Was sollte eine Vorsorgevollmacht beinhalten? Name, Anschrift und Geburtsdatum der bevollmächtigten Person Detaillierte Beschreibung der Aufgabenbereiche und individuellen Wünsche (z.b. Pflege, medizinische Versorgung, Übersiedlung in ein Pflegeheim ) Wer sollte die Vollmacht aufbewahren? VollmachtgeberIn und bevollmächtigte Person sollten je eine Ausfertigung einer Vollmacht aufbewahren. Die sicherste Methode ist, die Vollmacht in einer Rechtsanwaltskanzlei oder einem Notariat im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registrieren zu lassen. Wie stellt man eine Vorsorgevollmacht aus? Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Vorsorgevollmacht auszustellen: Diese kann mit der Hand geschrieben und unterzeichnet werden. Diese kann mit dem Computer erstellt werden. In diesem Fall muss sie eigenhändig unterzeichnet und von drei ZeugInnen unterschrieben werden. Sie können eine Vorsorgevollmacht auch mit Hilfe eines vorgedruckten Formulars erstellen. Dieses wurde vom Bundesministerium für Justiz erarbeitet und steht auf unserer Homepage (www.ifs.at/sachwalterschaft) für Sie bereit. Diese kann in einem Gericht, Notariat oder in einer Rechtsanwaltskanzlei mit Hilfe eines Rechtsbeistandes erstellt werden. Zwingend ist diese Vorgehensweise dann, wenn es sich um außergewöhnliche Angelegenheiten handelt. Was versteht man unter außergewöhnlichen Angelegenheiten? Unter außergewöhnlichen Angelegenheiten werden besonders wichtige und einschneidende Entscheidungen verstanden. Dazu zählen die Bestimmung des Wohnortes, die Einwilligung in schwere medizinische Eingriffe (z.b. größere Operationen, Strahlentherapie, PEG-Sonde) und Vermögensangelegenheiten, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen (z.b. große finanzielle Anschaffungen oder Verkauf bzw. Vermietung eines Hauses/einer Wohnung). Was kostet eine Vorsorgevollmacht? Die Erstellung einer Vorsorgevollmacht mit Hilfe eines Rechtsbeistandes kostet inklusive Registrierung im ÖZVV zwischen 500. und 800.. Die Registrierung einer selbstverfassten Vollmacht kostet zwischen 90. und 250.. Wann wird die Vorsorgevollmacht wirksam? Wenn der betroffene Mensch seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, muss das durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen werden. Danach registriert der Notar/ die Notarin das Wirksamwerden der Vollmacht im ÖZVV und händigt der bevollmächtigten Person eine Bestätigung aus. Mit dieser Bestätigung können sich Bevollmächtigte als vertretungsbefugt ausweisen. Kann der betroffene Mensch die Vollmacht widerrufen? Die Vorsorgevollmacht kann jederzeit widerrufen werden auch nach dem Verlust der Geschäftsfähigkeit der betroffenen Person. Häufig wird die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens die Folge sein.
Sachwalterschaft 10 Die Angebote der ifs Sachwalterschaft Gemeinsam mit der ifs Patientenanwaltschaft und der ifs Bewohnervertretung bildet die ifs Sachwalterschaft einen gemeinnützigen Verein im Institut für Sozialdienste. Die ifs Sachwalterschaft übernimmt Sachwalterschaften und bietet Schulungen sowie Beratungen an. Im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz setzen sich in Vorarlberg 17 hauptberufliche ifs SachwalterInnen und über 180 ehrenamtliche VereinssachwalterInnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung oder einer psychischen Krankheit ein. Beratung Wir beraten Angehörige und Betroffene kostenlos bei Fragen zur Sachwalterschaft, Angehörigenvertretung und Vorsorgevollmacht. Schulung Zwei Mal pro Jahr bieten wir den Kurs Anleitung für Sachwalter- Innen an. Aktuelle Termine erfahren Sie bei der ifs Sachwalterschaft. Clearing Zu Beginn des Sachwalterschaftsverfahrens kann das Gericht der ifs Sachwalterschaft den Auftrag erteilen, ein Clearing durchzuführen. Dabei werden die Situation der betroffenen Person, mögliche Unterstützungen und Alternativen zur Sachwalterschaft genau abgeklärt. Auf Basis dieses Clearingberichtes entscheidet das Gericht über die weitere Vorgangsweise.
Sachwalterschaft Weitere Informationen zu den Themen Sachwalterschaft, Angehörigenvertretung und Vorsorgevollmacht erhalten Sie auf unserer Homepage (www.ifs.at), bei einem Gericht, einer Rechtsanwaltskanzlei (www.rechtsanwaelte.at) oder einem Notariat (www.notar.at) in sachen mensch ifs Sachwalterschaft Institut für Sozialdienste Dornbirn Postraße 2/4 Tel. 05-1755-590 Fax 05-1755-9590 Feldkirch Johannitergasse 6/3 Tel. 05-1755-591 Fax 05-1755-9591 sachwalterschaft@ifs.at www.ifs.at