BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BundesparteiAlles über die Bürgerversicherung Page 1



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Transkript:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BundesparteiAlles über die Bürgerversicherung Page 1 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundespartei 31.07.2003 Alles über die Bürgerversicherung Ein grüner Begriff macht Karriere: Die Bürgerversicherung als Konzept für einen Systemwechsel in unserem Sozialstaat. Aber was ist die Bürgerversicherung? Hier steht alles Wissenswerte zum Thema. Ein grüner Begriff macht Karriere: Die Bürgerversicherung als Konzept für einen Systemwechsel in unserem Sozialstaat. Aber was ist die Bürgerversicherung? Hier steht alles Wissenswertezum Thema. Bei den Verhandlungen zur Gesundheitsreform, die im Herbst im Parlament verabschiedet werden soll, standen die Fragen der Struktur des Leistungsangebot und seine Qualität im Mittelpunkt. Wir Grünen hätten uns dabei an vielen Stellen noch mehr Wettbewerb gewünscht, z.b. die Möglichkeit, dass die Kassen mit einzelnen besonders guten Fachärzten besondere Verträge schließen können. Aber das war legen Union und FDP, die sonst das Prinzip des Wettbewerbs immer vor sich hertragen, nicht durchzusetzen. Die Reform geht jedoch an vielen Stellen in die richtige Richtung: die Rechte der Patientinnen und Patienten wurden gestärkt, die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten wurde verbessert. Aber all das wird nicht ausreichen, um die Finanzierung der Krankenversicherung in einer Gesellschaft langfristig zukunftsfähig zu gestalten. Der erzielte Kompromiss in der Gesundheitspolitik beantwortet keine der Fragen, die sich aus der Alterung unserer Gesellschaft und den veränderten Lebensstilen ergeben. Dem Umstand, dass heute immer weniger Menschen als abhängig Beschäftigte ihren Lebensunterhalt verdienen, wird nicht Rechnung getragen. Auch auf die Entwicklung, dass auf immer weniger Erwerbstätige immer mehr Rentner kommen, wird im vorliegenden Kompromiss nicht regagiert. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN plädieren schon lange für die Einführung einer Bürgerversicherung. Entsprechende Forderungen finden sich sowohl im 2002 verabschiedeten grünen Grundsatzprogramm als auch in unserem Wahlprogramm für die aktuelle Legislaturperiode 2002-2006. Ziel einer Bürgerversicherung: Die Kosten des Gesundheitswesens werden auf mehr Schultern verteilt und von den Lohnnebenkosten abgekoppelt. Zudem wird den veränderten gesellschaftlichen Lebensformen und der immer stärker werdenden Alterung unserer Gesellschaft mit der damit zusammenhängenden Kostenzunahme im Gesundheitswesen ein vielversprechender Lösungsansatz gegenüber gestellt. Die Solidarität unter allen Bürgerinnen und Bürgern wird erhöht. Die Bürgerversicherung entwickelt die gesetzliche Krankenversicherung in zwei Dimensionen weiter. Der Versichertenkreis wird auf die gesamte Wohnbevölkerung erweitert - also auch Beamte und Selbstständige. Die Beitragsbemessungsgrundlage - also jene Einkommensarten, die zur Bemessung der Beiträge herangezogen werden - wird über die Einkommen aus abhängiger Beschäftigung hinaus auch auf Einkünfte aus Vermietung, Zinseinkünfte und Kapitaleinkünfte ausgedehnt. Der zu entrichtende Beitrag richtet sich nach der Höhe des Einkommens und ist somit sozial gerecht. Es wird so für mehr Beitragsgerechtigkeit zwischen den Versicherten gesorgt. Schließlich ist nicht einzusehen, weshalb die Höhe der Beitragsbelastung von der Art der jeweiligen Einkommensquelle abhängig ist. Außerdem werden so auch BezieherInnen von Vermögenseinkommen in die Solidargemeinschaft einbezogen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BundesparteiAlles über die Bürgerversicherung Page 2 Einnahmen von der Konjunktur abkoppeln: Die Anrechnung aller Einkommensarten (Miete, Zinsen etc.) bewirkt, dass die Beitragseinnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung weniger stark von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig sind. In konjunkturschwachen Jahren mit höherer Arbeitslosigkeit existiert dann zukünftig ein Sockel mit kontinuierlichen Einnahmen, da Mieteinnahmen etc. nicht so sehr den konjunkturellen Schwankungen unterliegen. Finanzlöcher bei der Gesetzlichen Krankenversicherung werden auf diese Weise verhindert und die Lohnnebenkosten bleiben auf einem konstanten niedrigen Sockel und verteuern den Faktor Arbeit in wirtschaftlich schwierigen Situationen nicht zusätzlich. Solidarische Finanzierung: Die Einführung der Bürgerversicherung sollte mit einer Anhebung der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze gekoppelt werden - diese Grenze (sie liegt heutebei 3.450 Euro brutto monatlich) regelt, bis zu welcher Höhe die Einkommen der Versicherten beitragspflichtig sind. Diese Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze wird nötig, da mit der Erweiterung der Beitragsbemessungsgrundlage bei vielen Versicherten das bemessene Einkommen - durch Mieten, Zinsen, Pacht - steigt. Damit wird besser sichergestellt als bisher, dass die finanzstarken Beitragszahler anteilsmäßig mehr in die Gesetzliche Krankenversicherung zahlen als finanzschwache. Dies ist gerechter und finanziell solider als das bisherige Modell. Bürgerversicherung contra Kopfpauschale In der Diskussion um die Bürgerversicherung fällt immer wieder auch der Begriff der "Kopfpauschale". Diese wird insbesondere aus Kreisen der Wirtschaft, der FDP, aber auch aus Teilen der CDU immer wieder als Alternativ-Modell zur Bürgerversicherung favorisiert. Entscheidender Unterschied zur Bürgerversicherung ist, dass bei der Kopfpauschale alle (auch Beamte, Selbstständige und nichtberufstätige Ehepartner, die keine Kinder erziehen) unabhängig von ihrem Einkommen pro Monat einen einheitlichen Beitrag an die Krankenversicherung entrichten müssen. Berechnungen gehen dabei von rund 200 Euro aus. Der Arbeitgeberanteil entfällt. Ein sozialer Ausgleich findet über Steuern statt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen die Kopfpauschale aus folgenden Gründen ab: Sie ist unsolidarisch: Der einheitliche zu entrichtende Beitrag unabhängig vom Einkommen ist sozial ungerecht und kann auch nicht durch den vorgeschlagenen Ausgleich über Steuern ausgewogen ausgeglichen werden. Laut Schätzungen müssten Jahr für Jahr rund 20 Milliarden Euro über den Steuerfluss an sozial Schwächere fließen, was extrem umständlich ist. Besserverdienende werden bevorzugt. Sie ist unsicher: Die Bemessung der sozialen Ausgleichzahlungen wäre Jahr für Jahr neu ein Streitobjekt bei den Haushaltsverhandlungen, da diese über Steuergelder und nicht über Beiträge finanziert würden. Damit ergibt sich für die Versicherten eine erhebliche Unsicherheit in ihrer persönlichen Finanzplanung. Versicherte tragen Finanzierung alleine: Durch den Wegfall des Arbeitgeberanteils finanzieren die Versicherten alleine die Kosten für das Gesundheitswesens. Etwaige Beitragserhöhungen müssen auch von ihnen alleine bewältigt werden. Wer unterstützt unsere Idee der Bürgerversicherung?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BundesparteiAlles über die Bürgerversicherung Page 3 Eine Reihe von Politikern aus Verbänden und teils auch anderen Parteien haben sich in der Zwischenzeit für die Einführung der Bürgerversicherung ausgesprochen: Michael Sommer, Vorsitzender des DGB: "Wir brauchen eine Solidarversicherung, in die alle entsprechend ihres Leistungsvermögens einzahlen." Der DGB sei den Grünen mit ihrem Modell der Bürgerversicherung näher als allen anderen Parteien. Horst Seehofer, Gesundheitsexperte der CDU/CSU: Zur Reform des Gesundheitswesens schlägt Seehofer eine Bürgerversicherung vor: "Das würde bedeuten: In Zukunft sollten alle in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen - unabhängig vom Einkommen." Nach Meinung Seehofers kann es nicht angehen, dass sich Besserverdienende, Selbstständige, Beamte und auch Politiker der Solidargemeinschaft entzögen. Ursula Engelen-Kefer, Vizechefin des DGB: "Der DGB fordert seit langem die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung in die schrittweise alle Selbstständigen, Beamten und auch geringfügig Beschäftigten einbezogen werden können." Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte und Mitglied der Rürup-Kommission: "Wir haben die Bürgerversicherung auch in der Rürup-Kommission als eine Option vorgeschlagen. Die Löhne und Gehälter, die man zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung heranziehen kann, über diejenigen, die jetzt schon gesetzlich versichert sind, sind mehr oder weniger komplett ausgequetscht. Da ist nicht mehr viel zu holen, so dass also zusätzliche Mittel nur eingeholt werden können, indem der Kreis der Versicherten erweitert wird auf besserverdienende Beamte/Selbständige. Das ist übrigens in ganz Europa so. Also nur in Deutschland ist es so, dass dieser Kreis im Wesentlichen privat, das heißt außerhalb der gesetzlichen oder der solidarischen Krankenversicherung, versichert ist. Das heißt, man würde mehr Geld schöpfen können, wenn die demographische Herausforderung kommt. Außerdem ist das System gerechter und kann so Luxusmedizin durch private Zusatzversicherungen abdecken, so dass es einen zweiten sogenannten Wachstumsmarkt in der Medizin gibt. Es ist so, dass die Bürgerversicherung dazu führen würde, dass die Beitragssätze gesenkt werden könnten. Das heißt, es werden Arbeitsplätze geschaffen... Ich halte selbst ein Beitragsniveau von ungefähr 10,5 bis 11 Prozentpunkte für möglich." Ulla Schmidt, Bundesgesundheitsministerin, SPD: Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will die gesetzliche Krankenversicherung nach einem Zeitungsbericht langfristig zu einer Bürgerversicherung umbauen und die Privatversicherung Zug um Zug zurückdrängen. Fragen und Antworten Was passiert mit Arbeitgeberanteil bei Bürgerversicherung? Bleibt der oder fällt er wie bei der Kopfpauschale weg? Im Gegensatz zum Kopfpauschalenmodell bleibt bei der Bürgerversicherung die paritätische Finanzierung für die lohnabhängigen Beitragsteile erhalten. Für die Beitragsteile auf Vermögenseinkommen zahlen die Versicherten alleine. Ist die Bürgerversicherung wegen der Beiträge auf Vermögenseinkommen nicht extrem verwaltungsaufwändig? Müssen die Krankenkassen jetzt zu Finanzämtern werden?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BundesparteiAlles über die Bürgerversicherung Page 4 Nicht nötig. Finanzämter könnten die Krankenkassen beim Beitragseinzug unterstützen. Die Beiträge auf Vermögenseinkommen würden im Rahmen der Steuererklärung erhoben und von den Finanzämtern an die Krankenkassen überwiesen. Welche Auswirkungen hätte die Bürgerversicherung auf die Krankenversicherungsbeiträge? Da die Kosten für das Gesundheitswesen von mehr Personen geschultert werden und die Beiträge nicht mehr allein auf Erwerbseinkommen erhoben würden, könnten die Beiträge sinken. Der durchschnittliche Beitragssatz liegt heutebei 14,3%, durcheine Bürgerversicherung würde der Beitragssatz bis auf 12% fallen. Wie kann man erreichen, dass das Gesundheitssystem effizienter arbeitet, wenn alle nur in eine Kasse zahlen und kein direkter Wettbewerb mehr besteht? Die Bürgerversicherung steht keineswegs im Gegensatz zu mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen. Um hier deutliche Einsparungen zu erreichen, die nicht auf Kosten der Qualität gehen, brauchen wir mehr Wettbewerb auf der Seite der Leistungserbringer - zwischen Artztpraxen, Krankenhäusern, Apotheken und vor allem Pharma-Unternehmen. Hier liegen die Potenziale für mehr Effizienz. Nur durch den Einsatz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat es in den Verhandlungen dabei erste Erfolge gegeben. Union und FDP haben die weitgehenden Reformvorhaben der Regierung verhindert - auf Kosten der Versicherten. Deshalb ist es unglaubwürdig, wenn gerade die Union jetzt die Strukturreform hin zur Bürgerversicherung und den notwendigen Wettbewerb gegeneinander ausspielen will. Die Union muss jetzt z.b. erklären, warum es nicht Apotheken-Ketten geben darf, so wie es Bäckereiketten gibt. Kein Mensch kauft seine Brötchen in einer teuren Konditorei. Im Arzneimittelhandel gibt es nur teure Konditoreien. Das ist ein unsinniger Luxus, den die Versicherten zahlen müssen. Wird die Bürgerversicherung eine Einheitsversicherung für alle, oder gibt es weiterhin die Vielfalt der Gesetzlichen Krankenkassen? Die Bürgerversicherung ist nur das gemeinsame Dach, unterhalb dessen sich die Versicherten auch künftig - wie schon bisher - zwischen unterschiedlichen Krankenkassen entscheiden können. Ist die Bürgerversicherung verfassungskonform? Häufig wird behauptet, dass Beamte aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in die Versicherungspflicht einbezogen werden dürften. Das stimmt nicht. Anders als das Beamten-Alterssicherungssystem (Pensionen) ist das gegenwärtige Beihilfesystem, nach dem die Beamten die Hälfte ihrer Behandlungskosten vom Staat erstattet bekommen (die andere Hälfte sichern sie über die private Krankenversicherung ab) verfassungsrechtlich nicht geschützt. Ebenfalls wird häufig eingewendet, dass durcheine Bürgerversicherung die privaten Krankenversicherungsunternehmen in ihren wirtschaftlichen Freiheiten widerrechtlich eingeschränkt würden. Auch dies wird z.b. in der Rürup-Kommission anders gesehen. Richtig ist aber, dass Personen, die bereits seit langen Jahren Mitglied in der privaten Krankenversicherung sind, einen Anspruch auf Bestandsschutz haben. Die Ausweitung des Versichertenkreises würde deshalb nach und nach erfolgen müssen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BundesparteiAlles über die Bürgerversicherung Page 5 Wie soll der Übergang organisiert werden? Die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze könnte binnen Jahresfrist und die Ausweitung der Beitragspflicht auf alle Einkunftsarten wären ebenso wie die Einbeziehung von Selbstständigen kurzfristig möglich. Die Einbeziehung von Beamten in die Bürgerversicherung könnte schrittweise erfolgen, indem erst einmal junge Beamte, die neu in das Berufsleben eintreten, versicherungspflichtig werden. Belastet die Einbeziehung der Beamten in die Bürgerversicherung die öffentlichen Kassen zusätzlich, weil der Staat dann den Arbeitgeberanteil übernehmen muss? Das lässt sich nicht ausschließen. Andererseits muss man berücksichtigen, dass Beamte zu den Personengruppen gehören, für die niedrigere Gesundheitsausgaben anfalle. Auf jeden Fall könnte man durchihre schrittweise Einbeziehung (s.o.) das Kostenrisiko kontrollierbar machen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundespartei 2003 Quelle: http://www.gruene-partei.de