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Transkript:

Presseinfrmatin Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.v. Kntakt: Geschäftsstelle Hamburg Pstfach 70 23 34 22023 Hamburg Telefn: (040) 689 13 700 Fax: (040) 689 13 702 Email: zwang@t-nline.de Kntakt Presse: Antnia Peters Email: zwang@t-nline.de

Inhaltsverzeichnis: Seite Nrmal der zwanghaft?...3 Eine Millin Deutsche leiden unter einer Zwangserkrankung... 3 Der Drang, der nicht zu stppen ist... 4 Gefangen in den eigenen Gedanken... 5 Zwangshandlungen als Schutz vr drhenden Gefahren... 6 Die verschiedenen Gesichter des Zwangs... 7 Rückkehr ins Leben die Behandlung vn Zwangserkrankungen... 9 Welche Medikamente helfen... 10 Zu Risiken und Nebenwirkungen... 11 Psychanalyse der Verhaltenstherapie was wirklich wirkt... 12 Wie Zwangserkrankungen entstehen... 13 Die ffiziellen Diagnsekriterien... 16 2

Nrmal der zwanghaft? Jeder Mensch ist bestimmten Alltagszwängen unterwrfen. Diese "nrmalen" Zwänge sind für die Bewältigung des täglichen Lebens unerlässlich und werden auch entsprechend anerzgen und gefördert. Prblematisch ist, dass der Übergang vn nrmalem zu zwanghaftem Verhalten ft fließend verläuft und vn außen entsprechend schwer zu erkennen ist. Wann aber hört der harmlse Tick auf und fängt eine Zwangserkrankung an? Generell gilt: Je stärker das zwanghafte Verhalten vn dem snst üblichen Verhalten abweicht und je mehr es den Betrffenen in seinem alltäglichen Leben behindert und einengt, um s eher wird man vn einer Störung der Erkrankung sprechen Vn einer Zwangserkrankung sprechen wir dann, wenn ein Patient massiv leidet und sein nrmales Leben beeinträchtigt ist. Er empfindet sein Verhalten als unsinnig, kann sich aber nicht dagegen wehren. Prf. Dr. med. Ulrich Hegerl, Direktr der Psychiatrischen Klinik des UK-Leipzig Eine Millin Deutsche leiden unter einer Zwangserkrankung Die Häufigkeit vn Zwangserkrankungen auch Zwangsstörungen genannt ist lange Zeit unterschätzt wrden. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass 1 bis 2 Przent der Deutschen Bevölkerung (= eine Millin Deutsche) irgendwann im Leben unter ausgeprägten Zwängen leiden. Betrffen sind in etwa gleich viele Männer wie Frauen. Statistisch gesehen leiden Frauen häufiger unter s genannten Waschzwängen, Männer dagegen unter Kntrllzwängen. Die Störung beginnt meist im frühen Erwachsenenalter, ft nach einem belastenden Ereignis wie familiären Knflikten der Prblemen am Arbeitsplatz. Bei 85 Przent der Zwangserkrankten sind die Symptme vr dem 35. Lebensjahr vll ausgeprägt. Viele der Betrffenen haben sich zudem bereits in ihrer Kindheit zwanghaft verhalten. Wir haben ein Versrgungsdefizit bei Zwangserkrankten vn den etwa eine Millin Betrffenen in Deutschland, sind höchstens zehn Przent in therapeutischer Behandlung. Prf. Dr. med. Aribert Rthenberger, Direktr der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Göttingen. 3

Hauptmerkmal der Zwangsstörung sind wiederkehrende Zwangsgedanken und / der Zwangshandlungen. In mehr als der Hälfte aller Fälle treten beide zusammen auf. Bei Zwangsgedanken handelt es sich um aufdringliche Ideen, Gedanken, Bilder der auch Impulse, bei Zwangshandlungen um als sinnls der zumindest übertrieben empfundene Handlungen, zu denen sich der Betrffene innerlich gedrängt fühlt. In manchen Fällen lassen sie sich zudem nicht eindeutig vneinander unterscheiden. Zum Beispiel dann, wenn in Gedanken immer wieder die gleichen Zahlenreihen durchgegangen werden. Den Betrffenen ist zumindest zeitweilig die Unsinnigkeit ihres Denkens und Handelns bewusst. Trtzdem gelingt es ihnen nicht, sich aus der Gefangenschaft ihrer Zwangsgedanken und -handlungen zu befreien. Erst nach dem ft stundenlangen Ausführen ihrer Zwänge können sie sich wieder anderen Dingen zuwenden. Bei einem erneuten Kntakt mit den zwangauslösenden Reizen - wie zum Beispiel Schmutz - beginnt alles wieder vn vrn. Die Zwangsstörung beeinträchtigt das Privat- und Berufsleben der Betrffenen sehr stark. Nicht selten werden die Zwänge s dminant und quälend, dass sich die Zwangskranken vllständig zurückziehen. Die Flge sind dann ft ein Verlust des Selbstwertgefühls und Depressinen. Wenn sich eine Zwangserkrankung entwickelt, dann verringert zum Beispiel zunächst eine ausgeprägte Sauberkeit innere Spannungen. Die Betrffenen sehen einen Sinn in ihren Handlungen und erhalten auch ft Bestätigung vn ihrer Umwelt. Bei manifester Krankheit befreit die Zwangshandlung dann jedch nicht mehr vn den negativen Gefühlen. Prf. Dr. med. Iver Hand, medizinische Fakultät des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendrf (UKE) Der Drang, der nicht zu stppen ist Ihre ersten Ängste und Zwänge betrachten die Betrffenen ft als eine Art persönlichen Aberglauben. In diesem Stadium empfinden sie ihre Symptme auch nch nicht als besnders belastend. Mit der Ausdehnung des Zwangs - häufig verursacht durch Knflikte der Lebenskrisen - beginnen dann jedch die ersten Beeinträchtigungen. Viele Betrffene versuchen dem Zwang anfangs zu widerstehen. Die Angst vr der eigenen Angst hindert die Betrffenen daran, ihr zwanghaftes Verhalten vllständig zu unterlassen. Ein slcher Kampf kstet viel Energie und führt häufig zu einer ttalen Erschöpfung. Dadurch können die Betrffenen ihren Alltag immer schlechter bewältigen 4

und fühlen sich ft niedergeschlagen, mut- und hffnungsls. Zudem vermeiden sie alle Aktivitäten, die ihre Zwänge möglicherweise verstärken und ziehen sich s immer weiter aus ihrem szialen Umfeld zurück. Durch die sziale Islierung erhält der Zwang zusätzlich eine sinnspendende und zeiterfüllende Funktin. Durch das Ausführen ihrer Zwänge - wie beispielsweise der wiederhlten Kntrlle vn elektrischen Geräten, Wasserhähnen der Türschlössern - wllen die Betrffenen das Gefühl erzwingen, dass WIRKLICH alles in Ordnung ist. Dieses Gefühl stellt sich bei ihnen unter nrmalen Umständen nicht ein. Fatalerweise wird durch das Ausführen des Zwangsrituals der Zwang immer stärker und die Betrffenen erreichen immer schwerer ein Gefühl der Sicherheit. Erschwerend kmmt hinzu, dass viele Zwangskranke hnehin ein sehr ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis besitzen. Gefangen in den eigenen Gedanken Zwangsgedanken sind wiederhlt auftretende und andauernde Gedanken, Impulse der Vrstelllungen, die als sinnls und störend empfunden werden und mit einem grßen Leidensdruck verbunden sind. Die Betrffenen versuchen meist vergeblich, sich gegen die immer wieder in der gleichen Weise ("steretyp") ablaufenden Gedanken zu wehren. Obwhl sie sie als nutzls der sgar abstßend empfinden, nehmen die Zwangskranken diese Gedanken jederzeit als ihre eigenen wahr. Sie werden nicht - wie es beispielsweise bei einer Schizphrenie der Fall sein kann - als vn außen kmmend erlebt. In allen entsprechend untersuchten Kulturen beziehen sich Zwangsgedanken auf ähnliche Themen: Sie haben überwiegend sexuelle, aggressive beziehungsweise religiöse Inhalte der beziehen sich auf Ordnung und die krrekte Ausführung bestimmter Tätigkeiten. Weitere Inhalte vn Zwangsgedanken können ein starker Ekel vr körperlichen Ausscheidungen, Angst vr einer Infektin durch Schmutz und Keime swie befürchtete Umweltzerstörungen sein. Die Zwangsgedanken lösen bei den Betrffenen sehr intensive Gefühle aus. Wenn eine Ehefrau beispielsweise ständig vn dem Gedanken gequält wird, sie könnte ihre Familie versehentlich vergiften, s ist das emtinal für sie sehr belastend. Neben grßer Angst erlebt sie auch intensive Schuldgefühle und Selbstzweifel. Darüber hinaus ksten die Zwangsgedanken den Betrffenen sehr viel Energie. Zwanghafte Grübeleien können auch im Rahmen einer Depressin auftreten. Vn Zwangsgedanken wird jedch nur dann gesprchen, wenn sie hne eine depressive Störung vrkmmen. 5

Die Betrffenen schämen sich und haben Angst, für verrückt gehalten zu werden. Eine Mutter, die bei spitzen Gegenständen immer daran denken müsste, ihren Kindern etwas anzutun, würde es kaum wagen, diese Gedanken jemanden anzuvertrauen Prf. Dr. med. Ulrich Hegerl, Direktr der Psychiatrischen Klinik des UK-Leipzig Zwangshandlungen als Schutz vr drhenden Gefahren Zwangshandlungen - auch Zwangsrituale genannt - sind wiederhlt auftretende Verhaltensweisen (z.b. Händewaschen) der geistige Handlungen (z.b. Zählen), zu denen sich der Betrffene gedrängt fühlt, bwhl sie ihm möglicherweise sinnls der zumindest übertrieben erscheinen. Zu den häufigsten Zwangshandlungen zählen Waschund Reinigungszwänge swie Kntrllzwänge. Weitere Frmen sind Ordnungszwänge, Zählzwänge, Sammelzwänge der Wiederhlungszwänge. In vielen Fällen wllen die Betrffenen durch ihre Rituale sich und/ der nahe stehende Persnen vr einer drhenden Gefahr schützen. Der Widerstand gegen die Zwangshandlungen bleibt ft erflgls und führt lediglich zu schweren Schuld- und Schamgefühlen bei den Betrffenen. Sbald sie sich den Zwangshandlungen widersetzen, erleben sie verstärkt Angst und Spannungen. Diese erscheinen den Zwangskranken s unerträglich, dass sie wieder zu ihren Ritualen greifen. Daraus entsteht schnell ein Teufelskreis aus Unruhe - Angst - und dem Ausführen der Zwänge bis zur Erschöpfung. Die Zwangshandlungen bewirken vrübergehend eine gewisse Erleichterung und befreien die Zwangserkrankten für eine kurze Zeit vn Ängsten, depressiven Verstimmungen, Unruhe und Zweifeln. Das tägliche Leben der Betrffenen wird durch die Zwangshandlungen stark beeinträchtigt: Zum einen ksten sie übermäßig viel Zeit und zum anderen sind sie nicht selten mit körperlichen Flgeerscheinungen - wie Hautprblemen durch übermäßiges Händewaschen - verbunden. 6

Die verschiedenen Gesichter des Zwangs: Bei vielen psychischen und physischen Erkrankungen leiden die Betrffenen unter ähnlichen Symptmen. Das bedeutet, sie haben in etwa gleiche "bebachtbare physilgische und/ der psychlgische Krankheitsanzeichen". Panikstörungen lösen beispielsweise s gut wie immer Herzrasen, Atemnt und die Angst vr Kntrllverlust aus. Anders ist es bei den Zwangsstörungen. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Zwangsfrmen können s grß sein, dass die Betrffenen selbst nicht glauben, tatsächlich unter der gleichen Störung zu leiden. Das Verbindende zwischen ihnen ist jedch, dass sie alle in irgendeiner Frm unkntrllierbare Gedanken und Impulse erleben. Auch die Anzahl der Symptme schwankt vn Persn zu Persn: Während einige unter einem Zwang leiden, kämpfen andere gleich gegen eine ganze Reihe verschiedener Zwangsstörungen. Die häufigsten Frmen werden nachflgend kurz dargestellt, wbei die s genannten Reinigungs- und Waschzwänge den größten Anteil ausmachen. Reinigungs- und Waschzwänge Die Betrffenen verspüren panische Angst der Ekel vr Schmutz, Bakterien, Viren swie Körperflüssigkeiten der -ausscheidungen. Das damit einhergehende Unbehagen führt zu ausgiebigen Wasch- und Reinigungsritualen. Dabei werden die Hände, der gesamte Körper, die Whnung der auch der verschmutzte Gegenstand stundenlang gereinigt und desinfiziert. Der Ablauf der Rituale ist genau festgelegt. Kmmt es zu Unterbrechungen, s muss der Betrffene nch einmal vn vrn beginnen. Kntrllzwänge Die zweitgrößte Gruppe der Zwangserkrankungen sind die s genannten Kntrllzwänge. In diesem Fall fürchten die Betrffenen, durch Unachtsamkeit und Versäumnisse eine Katastrphe auszulösen. Aus diesem Grund werden technische Haushaltsgeräte, Türen und Fenster swie gerade gefahrene Strecken immer wieder kntrlliert. Aber auch nach dem wiederhlten Überprüfen stellt sich bei dem Zwangserkrankten nicht das Gefühl ein, dass jetzt wirklich alles in Ordnung ist. Oft bitten die Betrffenen dann Familienangehörige der Nachbarn, ihnen bei der Kntrlle zu helfen. Auf diese Weise können sie die Verantwrtung abgeben und ihre Kntrllgänge schneller beenden. Wiederhl- und Zählzwänge 7

Die s genannten Wiederhlzwänge bringen den Betrffenen dazu, ganz alltägliche Handlungen - wie beispielsweise Zähne putzen der das Bettzeug aufschütteln - immer eine bestimmte Anzahl lang zu wiederhlen. Beim Nichteinhalten seiner Regeln befürchtet er, ihm selbst der einer nahe stehenden Persnen könnte etwas Schlimmes zustßen. Bei Zählzwängen verspürt der Zwangskranke den Drang, bestimmte Dinge wie Bücher im Regal, Pflastersteine der Badezimmerfliesen immer wieder zu zählen. Sammelzwänge Sammelzwängler haben Angst davr, aus Versehen etwas für sie Wertvlles der Wichtiges wegzuwerfen. Dabei fällt es ihnen äußerst schwer, zwischen den für jeden Menschen wichtigen Erinnerungsstücken und wertlsem Müll zu unterscheiden. Viele sammeln darüber hinaus nch weggewrfene Gegenstände wie alte Autteile der kaputte Haushaltsgeräte, um sie "irgendwann mal" zu reparieren. In den Medien wird seit einiger Zeit verstärkt über die s genannten Messies berichtet. Die Betrffenen zeichnen sich durch das s genannte Verwahrlsungssyndrm aus. Ein grßer Teil vn ihnen leidet zudem unter Sammelzwängen. Ordnungszwänge Die Betrffenen haben sich sehr strengen Ordnungskriterien und -maßstäben unterwrfen. Entsprechend viel Zeit verbringen sie täglich damit, ihre Ordnung penibel wieder herzustellen. S stellen sie beispielsweise die Knservendsen immer auf eine bestimmte Art und Weise ins Regal der sie achten darauf, dass die Wäsche im Schrank exakt aufeinander liegt. Zwanghafte Langsamkeit Da die Zwangsrituale sehr viel Zeit verschlingen, verlangsamt jede Zwangsstörung das Leben der Betrffenen entsprechend. Bei einer kleinen Untergruppe ist jedch die Langsamkeit selber das Prblem. Sie benötigen Stunden für ganz alltägliche Handlungen wie Essen der Anziehen. Beim Haare kämmen muss beispielsweise jedes Haar einzeln gebürstet werden. Kmmt der Betrffene dabei durcheinander, s muss er wieder vn vrne beginnen. Zwangsgedanken hne Zwangshandlungen Aufdringliche Gedanken spielen bei den meisten Zwangserkrankungen eine zentrale Rlle. Bei einer Untergruppe der Betrffenen besteht der Zwang jedch ausschließlich aus aufdringlichen Gedanken. Diese haben meist aggressive ("Ich könnte meine Frau 8

schlagen"), sexuelle ("Ich könnte das Nachbarskind sexuell misshandeln" der "Ich bin hmsexuell") der religiöse ("Ich könnte mich während des Gttesdienstes blasphemisch äußern") Inhalte. Die größte Angst der Betrffenen besteht darin, dass ihre Gedanken irgendwann Realität werden könnten. Tatsächlich ist bislang kein Fall bekannt gewrden, w ein Zwangskranker seine beängstigenden Zwangsgedanken in die Realität umgesetzt hat. Rückkehr ins Leben die Behandlung vn Zwangserkrankungen Viele Betrffene haben eine therapeutische Odyssee hinter sich! Antnia Peters, Leiterin der Infstelle Trichtillmanie, Hamburg Zwänge sind eine chrnische Erkrankung. Zwar können die Zwangssymptme je nach Belastung und Befinden mal mehr und mal weniger stark auftreten - in der Regel verschwinden sie aber nicht einfach wieder. Vn daher ist eine prfessinelle Behandlung unbedingt erfrderlich. Nch vr einiger Zeit galten Zwangserkrankungen als nicht - der zumindest nur sehr schwer behandelbar. In den vergangenen Jahren wurden die Behandlungsmöglichkeiten für Zwangspatienten jedch stark verbessert. Mittlerweile können die Zwangssymptme der meisten Betrffenen auf ein erträgliches Maß zurückgeschraubt werden. Vllständig geheilt werden jedch nur die Wenigsten. Untersuchungen zuflge gehen Zwangserkrankungen mit einer Überaktivität einer bestimmten Gehirnregin ("Nucleus caudatus") einher. In der Frschung wird vermutet, dass verschiedene therapeutische Ansätze letztendlich alle aus dem gleichen Grund erflgreich sind: Sie nrmalisieren die Aktivität dieses Zentrums. Grundsätzlich können Zwangserkrankungen auf zwei verschiedene Arten behandelt werden - mit Medikamenten der mit Hilfe einer Psychtherapie. Nach Erhebungen der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen steht für etwa 8.000 Patienten gerade mal ein Therapeut zur Verfügung. Durchschnittlich acht bis zehn Jahre dauert die Suche, bis Betrffene einen Therapieplatz gefunden haben und bis dahin gehören Irrwege zum Alltag der Patienten. Die Erfahrungen reichen vm Heilpraktiker bis zu dubisesten Medikamenten, vm Exrzismus bis zu Klinikaufenthalten. Das ist etwas, wvr man Patientinnen und Patienten bewahren kann, wenn man sie rechtzeitig einer zielführenden Behandlung zuführt. Prf. Dr. Hans Reinecker, Lehrstuhl Klinische Psychlgie und Leiter der psychtherapeutischen Ambulanz der Universität Bamberg 9

Welche Medikamente helfen Die Vrurteile stehen vr der Tür: In der Klinik wirst du vllgestpft mit Medikamenten und diese Medikamente machen abhängig. Nichts stimmt, es wird sehr genau und srgfältig dsiert. Betrffener Besnders wirkungsvll bei der medikamentösen Behandlung vn Zwangserkrankungen sind die s genannten "selektiven Sertnin-Wiederaufnahmehemmer" (SSRI) - eine bestimmte Gruppe der Antidepressiva. Besnders bewährt haben sie sich dann, wenn die Betrffenen zusätzlich unter Depressinen der Angstzuständen leiden. Darüber hinaus kann bei Denkzwängen auch das Neurleptikum Sulpirid helfen. Sertnin ist ein körpereigener Btenstff, der die Verbindung der einzelnen Nervenzellen im Gehirn sicher stellt. Die Wiederaufnahmehemmer helfen dabei, die bei den Zwangserkrankten gestörte Impulsweitergabe wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Sie unterstützen smit eine hnehin vrhandene - aber eben entsprechend beeinträchtigte - körpereigene Funktin. Durch die Einnahme der Antidepressiva verringert sich bei den meisten Betrffenen die innere Anspannung und die Zwangssymptme lassen nach. Die Wiederaufnahmehemmer srgen smit für eine gewisse psychische Stabilität - machen aber weder abhängig nch beeinträchtigen sie das Reaktinsvermögen. Trtz der guten Erflge ist es aber eine unzutreffende Vereinfachung, eine Zwangserkrankung lediglich als einen Sertninmangel aufzufassen. Dagegen spricht beispielsweise, dass sich der Zustand vn etwa einem Viertel der betrffenen Patienten (25 Przent) trtz medikamentöser Behandlung nicht bessert. Ob ein Zwangskranker auf die Medikamente anspricht der nicht, kann erst nach einer gewissen Einnahmezeit festgestellt werden. In den meisten Fällen zeigt sich eine Wirkung ungefähr nach 8 bis 10 Wchen. Als einen ersten Hinweis auf eine Besserung geben viele Betrffene an, dass sie weniger inneren Druck verspüren und sich insgesamt ruhiger fühlen. Die Zwangssymptme bestehen jedch ft erst einmal unverändert weiter. Hat sich auch nach 10 bis 12 Wchen nichts verändert, s sllte mit dem Arzt über einen Wechsel des Medikaments gesprchen werden. Um ptimal wirken zu können, müssen die Sertnin- Wiederaufnahmehemmer relativ hch dsiert eingenmmen werden. Im Vergleich zu depressiven Patienten erhalten Zwangskranke die zwei- bis dreifache Menge. Obwhl die Nebenwirkungen mit der Dsis 10

grundsätzlich zunehmen, vertragen die meisten Zwangspatienten die höhere Dsierung recht gut. Die Wirksamkeit einer medikamentösen Behandlung knnte bei Zwangsstörungen eindeutig belegt werden. Die entsprechend behandelten Patienten berichten innerhalb weniger Wchen vn einem deutlichen Anstieg ihrer Lebensqualität. Die bei der Behandlung eingesetzten Sertnin-Wiederaufnahmehemmer bewirken, dass die Überaktivierung des Systems reduziert wird und smit die Zwangssymptme abgeschwächt werden. Prf. Dr. med. Ulrich Hegerl, Direktr der Psychiatrischen Klinik des UK-Leipzig Zu Risiken und Nebenwirkungen Wie bei allen Medikamenten kann es auch bei der Einnahme der Sertnin- Wiederaufnahmehemmer zu unerwünschten Nebenwirkungen kmmen. Viele treten jedch nur zu Beginn der Behandlung auf und verschwinden vn alleine wieder. Um die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, sllte eine anfangs niedrige Dsierung langsam gesteigert werden. Darüber hinaus hat es sich bewährt, die Medikamente nach dem Essen einzunehmen. Haben sich die Zwangssymptme durch die Medikamenteneinnahme gebessert, s sllte die Behandlung in jedem Fall nch eine gewisse Zeit weiter frtgesetzt werden. Die Zwangssymptme kehren nämlich nach dem Absetzen der Medikamente relativ häufig wieder zurück. Rund 70 Przent der Betrffenen werden innerhalb der ersten Mnate nach dem Absetzen des Medikamentes rückfällig. Nicht zuletzt deshalb ist eine begleitende verhaltenstherapeutische Behandlung unbedingt empfehlenswert. Es handelt sich bei den SSRI nicht um Stimmungsaufheller, mit denen man vrhandene Prbleme nur beiseite schiebt. Bei einem gesunden Menschen zeigen sie keine Wirkung - beim Zwangskranken nrmalisieren sie aber den krankhaft veränderten Stffwechsel im Gehirn. Prf. Dr. med. Ulrich Hegerl, Direktr Psychiatrischen Klinik des UK-Leipzig 11

Psychanalyse der Verhaltenstherapie was wirklich wirkt Für die Psychanalyse sind Zwangserkrankungen ein Ausdruck unbewusster Knflikte, die entsprechend aufgearbeitet werden müssen. Zwar hat sie seit Sigmund Freud viel zum Verständnis der Zwangserkrankungen beigetragen - als Therapieverfahren ist sie jedch wenig bedeutsam. Einigen Kritikern zuflge können psychanalytische Techniken wie das "freie Assziieren" die Zwangssymptmatik des Klienten unter Umständen sgar verstärken. Im Gegensatz dazu geht die Verhaltenstherapie die Prbleme der Betrffenen direkt an und versucht sie zu beseitigen und das mit Erflg. Langzeitstudien belegen, dass sich der Zustand vn 75 Przent der entsprechend behandelten Zwangserkrankten 2 bis 6 Jahre nach Ende der Verhaltenstherapie gebessert bis sehr gebessert hatte. Die Zwangssymptmatik wird im Rahmen verhaltenstherapeutischer Ansätze als ein Wechselspiel zwischen der Persönlichkeit des Betrffenen und seinem szialen Umfeld verstanden. Vn daher erflgt vr der eigentlichen Behandlung eine umfassende Betrachtung der jeweiligen Lebens- und Lerngeschichte. Wenn die Betrffenen in Therapie gehen, dann haben Sie langfristig eine 50-przentige Chance auf eine deutliche Besserung. Das ist etwas besser als die Therapiemöglichkeiten bei Alkhl und deutlich besser als bei Drgenabhängigkeit. Bei guten Vraussetzungen seitens des Patienten und bei entsprechender Bemühung des Therapeuten können im Einzelfall ganz wesentliche Besserungen erzielt werden! Prf. Dr. Hans Reinecker, Lehrstuhl Klinische Psychlgie und Leiter der psychtherapeutischen Ambulanz der Universität Bamberg Im Rahmen einer Verhaltenstherapie werden Zwangserkrankungen in der Regel mit der s genannten Reizknfrntatin der "Expsitin in viv ("Sich in der Realität bestimmten Faktren aussetzen") und anschließender Reaktinsverhinderung behandelt. Der Betrffene wird dabei systematisch in Situatinen gebracht, die nrmalerweise die Zwangssymptme auslösen (z.b. dreckige Gegenstände berühren bei Waschzwängen; Whnung hne Kntrllen verlassen bei Kntrllzwängen; Ordnung durcheinander bringen bei Ordnungszwängen) und dann an der Durchführung seiner Zwangsrituale gehindert. Gedankenzwänge können durch eine "Expsitin in der Phantasie" und einen s genannten Gedankenstpp behandelt werden. Dabei muss sich der Betrffene gedanklich seinen schlimmsten Befürchtungen aussetzen und diese dann auf Kmmand unterbrechen. Nach Ansicht der Verhaltenstherapeuten verringern die Zwangsrituale die durch bestimmte Situatinen ausgelösten Ängste. Dadurch kann es der Zwangskranke vermeiden, sich mit eben diesen Ängsten auseinanderzusetzen. 12

Neben den Zwangssymptmen werden im Rahmen der Verhaltenstherapie auch darüber hinausgehende Prbleme des Patienten durchgesprchen und bearbeitet - wie Versagensängste, sziale Ängste der Hemmungen, negative Gefühle auszudrücken. Wie lange eine Verhaltenstherapie dauert, ist sehr unterschiedlich. Wichtige Faktren hierfür sind die Mtivatin des Betrffenen und die Intensität der durchgeführten Übungen - swie die Schwere der Zwangserkrankung. Durch die Reizüberflutung lernt der Betrffene zum einen, dass seine Ängste und Spannungen vn allein verschwinden und zum anderen, dass die vn ihm befürchteten Ereignisse auch hne Meidung der Zwangsrituale nicht eintreten. Dipl.-Psych. Burkhard Ciupka-Schön, psychlgischer Psychtherapeut, Krefeld Wie Zwangserkrankungen entstehen Wie genau eine Zwangserkrankung entsteht, ist bislang nch unklar. In Frschung und Therapie wird aber übereinstimmend davn ausgegangen, dass swhl bilgische (zum Beispiel erbliche) als auch lern- und lebensgeschichtliche Faktren (zum Beispiel der Umgang mit Belastungen) bei der Entstehung vn Zwängen eine Rlle spielen. Neurbilgische Erklärungsmdelle: Bichemische Veränderungen: Untersuchungen zuflge verändert sich bei Zwangserkrankten die Impulsübertragung im Gehirn. Bei den Betrffenen ist das System, welches für die exakte Ausführung einzelner Handlungen zuständig ist, übermäßig aktiviert. Darüber hinaus scheint der chemische Btenstff Sertnin bei der Entwicklung vn Zwangserkrankungen eine Rlle zu spielen. Dieser wird bei der Weitergabe eines elektrischen Impulses vn einer Nervenzelle zur anderen benötigt. Vererbung: Untersuchungen ergaben, dass die Verwandten ersten Grades vn Zwangserkrankten überprprtinal häufig ebenfalls an Zwangs- beziehungsweise Angststörungen leiden. Zwillingsstudien liefern ähnliche Ergebnisse. Demnach scheint es s etwas wie eine erbliche Veranlagung für Zwangserkrankungen zu geben. Vererbt wird ffenbar eine gewisse Anfälligkeit ("Vulnerabilität") dafür, auf Stresssituatinen mit Zwangssymptmen zu reagieren. Die genauen genetischen Mechanismen sind zur Zeit jedch nch unklar. 13

Grundsätzlich muss man bei der Entstehung einer slch drastischen psychischen Störung vn einer Verkettung unglücklicher Umstände ausgehen. Darüber hinaus spielen ffenbar genetische Aspekte eine gewisse Rlle - wbei Zwangsstörungen sicher nicht direkt vererbt werden. Aber man weiß heute, dass Angststörungen in der Familie eine gewisse Anfälligkeit für Zwangsstörungen bewirken. Prf. Dr. Hans Reinecker, Lehrstuhl Klinische Psychlgie und Leiter der psychtherapeutischen Ambulanz der Universität Bamberg Neurlgische Veränderungen: Verschiedene neurlgische Erkrankungen - zum Beispiel Epilepsie, Kpfverletzungen ("Schädel-Hirn-Traumata") der Gehirntumre - können unter Umständen Zwangssymptme auslösen. Ebens Erkrankungen, denen eine Schädigung der "Basalkerne" (= Kerne im End- und Zwischenhirn, die Prgramme für gewünschte Bewegungen liefern und unerwünschte unterdrücken) zugrunde liegt- wie beispielsweise das Turette-Syndrm (= bei der die Betrffenen unter s genannten Tics - wie unkntrllierbarem Schreien der Zucken - leiden) Psychlgische Erklärungsmdelle: Verhaltenstherie: Aus verhaltenstheretischer Sicht sind Zwangssymptme ein gelerntes und durch seine Knsequenzen verstärktes Verhalten. Die whl wichtigste - verstärkende - Flge der Zwangshandlungen für den Betrffenen ist die Verringerung seiner Spannungen und Ängste. Das zwanghafte Kntrllieren, Waschen, Ordnen, Zählen usw. gibt ihm für kurze Zeit ein Gefühl der Sicherheit und reduziert seine Angst vr drhenden Katastrphen wie schweren Krankheiten der Unfällen. Die eigentlichen Gründe für die Handlungen verlieren jedch im Laufe der Erkrankung immer mehr an Bedeutung. Der Betrffene fühlt sich durch seine Zwangshandlungen einfach besser und hält deshalb immer stärker an seinen Zwangshandlungen fest. Jedem Menschen geistern gelegentlich unerwünschte Vrstellungen durch den Kpf, die den Zwangsgedanken ähneln ("Ich könnte mein Kind heute umbringen!"). Nicht Betrffene ignrieren diese Gedanken jedch weitgehend und schreiben ihnen keine Bedeutung zu. Dagegen empfinden Zwangserkrankte slche Ideen als hchgradig besrgniserregend und versuchen sie mit aller Macht wieder ls zu werden. Paradxerweise werden die Gedanken aber genau dadurch verstärkt. Untersuchungen zuflge scheint es sich dabei um einen nrmalen Mechanismus zu handeln, der auch bei Nicht-Zwangserkrankten funktiniert: Der Versuch, einen Gedanken zu unterdrücken, bewirkt genau das Gegenteil! Darüber hinaus können auch die Erziehung swie frühere der aktuell belastende Lebensereignisse (wie der Td nahe stehender Persnen, Scheidung der Eltern, Knflikte mit dem Partner der Arbeitslsigkeit) bei der Entstehung vn Zwangserkrankungen eine 14

Rlle spielen. Bei den späteren Zwangserkrankten handelt es sich ft um unsichere Menschen mit starken Selbstzweifeln und mangelnder Durchsetzungsfähigkeit, die sich in Stresssituatinen schnell überfrdert fühlen. Aus Angst vr Ablehnung und Kritik und um mögliche Fehler zu vermeiden, fangen sie dann plötzlich an, bestimmte Handlungen mehrfach zu wiederhlen. Kgnitive Therie: Eine eher kgnitive Sicht der Verhaltenstherapie hat in entsprechenden Untersuchungen herausgefunden, dass Zwangserkrankte die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten negativer Ereignisse grundsätzlich überschätzen. Die Betrffenen vertreten die Einstellung, dass grundsätzlich alles schief gehen wird, was irgendwie schief gehen kann. Die Zwangssymptme dienen demnach dazu, den Zwangserkrankten vr den drhenden Katastrphen zu schützen. Weitere Untersuchungen ergab zudem flgendes: Je stärker eine Persn unter einer Zwangserkrankung litt, ums schlechter erinnerte sie sich an ihre eigenen Handlungen ("Habe ich den Herd WIRKLICH ausgemacht und die Haustür TATSÄCHLICH abgeschlssen? "). Zwanghaftes Verhalten kann smit möglicherweise bis zu einem gewissen Grad auf entsprechende Gedächtnisprbleme zurückgeführt werden. Psychanalytische Therie: Nach Ansicht der psychanalytischen Therie versucht sich der Zwangserkrankte mit Hilfe seiner Zwänge gegen unerlaubte Impulse - wie sexuelle der aggressive Triebkräfte - zu wehren. Durch eine strenge und/ der extrem auf Sauberkeit fixierte Erziehung hat der Betrffene ein übermäßig ausgeprägtes Gewissen entwickelt. Die Symptme sind nun das Ergebnis eines ständigen Kampfes zwischen den Triebregungen und den Abwehrmechanismen, da die Zwangsgedanken und Zwangshandlungen den Betrffenen in gewisser Weise vn diesen überzgenen Gewissensansprüchen entlasten. Mit Hilfe seiner ritualisierten Verhaltensweisen versucht der Zwangserkrankte die verbtenen Impulse auszulöschen und damit ungeschehen zu machen. Darüber hinaus können die Rituale auch als Buße für knkretes Fehlverhalten dienen. Sigmund Freud, der Begründer der Psychanalyse, hat zudem auf die Ähnlichkeiten zwischen religiösen und zwanghaften Ritualen hingewiesen und dadurch verstärkt auf die psitiven Funktinen der Zwangssymptme aufmerksam gemacht. Laut Alfred Adler - einem früheren Schüler und späteren Kritiker Freuds - liegt die eigentliche Ursache vn Zwangserkrankungen in entsprechenden Minderwertigkeitsgefühlen des Betrffenen. Die Zwangssymptmatik verleiht ihm das Gefühl, wenigstens irgendetwas zu beherrschen. 15

Offizielle Diagnsekriterien einer Zwangserkrankung Eine Zwangsstörung kann sich swhl in Zwangsgedanken als auch in Zwangshandlungen äußern. Bei den meisten Zwangserkrankten tritt beides zusammen auf. Für die Diagnse Zwangserkrankung müssen die Zwangssymptme mindestens zwei Wchen lang jeweils mehrere Stunden am Tag vrkmmen und vn den Betrffenen als störend empfunden werden. Diagnsekriterien einer Zwangserkrankung nach dem ICD-10 ("Internatinale Klassifikatin der psychiatrischen Krankheiten") der Weltgesundheitsrganisatin (WHO): Für die Diagnse Zwangserkrankung müssen mindestens zwei Wchen lang an den meisten Tagen Zwangsgedanken der -handlungen der beides nachweisbar sein Die Zwangsgedanken werden als die eigenen Gedanken erkannt und nicht als vn außen aufgezwungen (wie es beispielsweise bei einer Schizphrenie der Fall sein kann) erlebt Die Betrffenen versuchen sich gegen die Zwangssymptme zu wehren, haben dabei aber keinen - der nur einen sehr begrenzten - Erflg Die Zwangsgedanken und -handlungen wiederhlen sich auf die gleiche Weise ("steretyp") in einer für den Betrffenen unangenehmen Weise und werden darüber hinaus als sinnls der zumindest übertrieben empfunden Die Betrffenen leiden unter ihren Zwangsgedanken und -handlungen. Der damit verbundene hhe Zeitaufwand behindert sie in ihren szialen Kntakten und ihrer allgemeinen Leistungsfähigkeit Diagnsekriterien speziell für Zwangsgedanken: Bei Zwangsgedanken handelt es sich um als störend, lästig, ungewllt und sinnls erlebte Ideen, Gedanken, Vrstellungen der Impulse, die wiederhlt und länger andauernd auftreten Die Betrffenen versuchen, diesen Zwangsgedanken Widerstand zu leisten, sie zu ignrieren, zu unterdrücken der sie mit Hilfe anderer Gedanken der Handlungen auszuschalten Falls der Zwangserkrankte unter einer weiteren psychischen Störung leidet, s darf diese nicht in Beziehung zu den Zwangsgedanken stehen. Zwanghafte Gedanken übers Essen bei Essstörungen sind keine Zwangsgedanken 16

Diagnsekriterien speziell für Zwangshandlungen: Zwangshandlungen sind wiederhlte, zweckgerichtete und beabsichtigte Verhaltensweisen, die nach bestimmten Regeln und meist in der gleichen Abflge ("steretyp") ausgeführt werden Das Verhalten ist nicht sinnvll. Es dient vielmehr dazu, Ängste und Spannungen abzuschwächen und befürchtete Katastrphen zu vermeiden, die dem Betrffenen selbst der einer ihm nahe stehenden Persn zustßen könnten. Dabei steht die Handlung in keiner lgischen Beziehung zu dem, was sie bewirken der verhindern sll der ist eindeutig übertrieben Die Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.v. Die Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.v. wurde 1995 als gemeinnütziger Verein gegründet. Das Besndere ist, dass sich hier Betrffene und (medizinische swie psychlgische) Experten gemeinsam gegen den Zwang engagieren. Ihre Hauptaufgabe sieht die Gesellschaft darin, Zwangserkrankten und ihren Angehörigen Hilfe zur Selbsthilfe und Hilfe zum Leben mit der Erkrankung zu geben. Durch eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit will der gemeinnützige Verein zudem fachkundig über Zwangserkrankungen und die daraus entstehenden Prbleme aufklären, um s vrhandene Vrurteile abzubauen und mehr Akzeptanz für die Betrffenen zu erreichen. Die Geschäftsstelle infrmiert Betrffene und ihre Angehörigen über Selbsthilfegruppen in ihrer Nähe, klärt über geeignete Therapiemaßnahmen auf und versucht bei der Lösung krankheitsbedingter Alltagsprbleme zu helfen. Darüber hinaus verfügt die Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen über eine umfangreiche Datei qualifizierter Therapeuten aus dem gesamten Bundesgebiet, die bei Bedarf ebenfalls vermittelt werden können. Die wissenschaftliche Frschung knnte in den vergangenen Jahren immer wieder bedeutende Erkenntnisse bezüglich der Faktren zur Entstehung, Aufrechterhaltung und Behandlung vn Zwangserkrankungen gewinnen. Aus diesem Grund bemüht sich die Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen verstärkt darum, ihre Experten stets über den neuesten Erkenntnisstand in Frschung, Therapie und Versrgung vn Zwangspatienten zu infrmieren. 17

Angebt für Mitglieder und Selbsthilfegruppen Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen können kstenls die nachflgend aufgelisteten Hilfestellungen in Anspruch nehmen. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 50,- je Kalenderjahr. Für Geringverdiener beträgt der ermäßigten Beitragssatz 25,- je Kalenderjahr. Als Geringverdiener zählen Szialhilfeempfänger, Schüler, Studenten, Auszubildende, Rentner und Arbeitslse mit einem Einkmmen unter 700,- Eur mnatlich. Als gemeinnütziger Verein ist die Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen auf die Mitgliederbeiträge und Spenden angewiesen: Vermittlung vn Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe Hilfestellung beim Aufbau vn Selbsthilfegruppen Telefnische Hinweise auf Therapeuten für Zwangsstörungen Umfangreiches Internetangebt für Betrffene und Angehörige Jährliches Bundestreffen für Selbsthilfegruppen Infrmatinsveranstaltungen zu Zwangsstörungen Jahreskngress (Austausch für Experten und Betrffene) Unterstützung vn Frschungsprjekten über Zwangserkrankungen Öffentlichkeitsarbeit Ratgeberbrschüren Zeitschrift Z-aktuell (4 x jährlich) Nichtmitglieder erhalten gegen eine Schutzgebühr das gesamte Infrmatinsmaterial und telefnisch Hinweise auf Selbsthilfegruppen und Therapeuten in ihrer Regin. Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen: Die Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e.v. ist mntags bis freitags vn 10:00-12:00 besetzt. Ansprechpartner: Herr Wlf Hartmann (Geschäftsführer) Email: zwang@t-nline.de Kntakt: Pstanschrift: Pstfach 70 23 34, 22023 Hamburg Telefn: (040) 689 13 700, Fax: (040) 689 13 702, Email: zwang@t-nline.de Ehrenvrsitzender: Herr Prf. med. Iver Hand (Hamburg) Vrstand: Frau Antnia Peters, Infstelle Trichtillmanie (Hamburg) (Vrsitzende) Herr Dipl.-Psych. Walter Hauke (Windach) (Stellvertreter) Herr Hlger Müller (Hamburg) (Beisitzer) Herr Dipl.-Psych. Thmas Hillebrand (Münster) (Schatzmeister) Wissenschaftlicher Beirat: Herr Prf. Dr. Hans Reinecker (Bamberg) (Vrsitzender) Herr Prf. Dr. med. Michael Zaudig (Windach) (Stellvertreter) Herrn Prf. Dr. Nrbert Kathmann (Berlin) PD Dr. med. Katarina Stengler (Leipzig) Herr Prf. Dr. med. Ulrich Vderhlzer (Prien) Herrn Prf. Dr. med. Christph Wewetzer (Köln) Frau Dipl.-Psych. Dr. Gisela Röper (München) 18