Zum Wandel der Familie und der Lebensformen alter Menschen

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Transkript:

Zum Wandel der Familie und der Lebensformen alter Menschen PD Dr. Beat Fux Soziologisches Institut Universität Zürich 15. Juni 2005 Vortrag im Rahmen der interdisziplinären Vorlesungsreihe des Zentrums für Gerontologie im Sommersemester 2005

Gliederung 1. Begriffsklärungen 2. Basale Faktoren, welche den Familienwandel beeinflussen Mortalität (Lebenserwartung, Binnendifferenzierung im Alter) Fertilität (Geburtenrückgang, Nuklearisierung, Kinderlosigkeit) 3. Entwicklung der Haushalts- und Familienformen Verkleinerung der Haushalte Unabhängigkeit im Alter Generalisierung der Solidaritätsbeziehungen 4. Versuch eines Fazits

1. Begriffsklärungen 2. Basale Faktoren, welche den Familienwandel beeinflussen Mortalität (Lebenserwartung, Binnendifferenzierung im Alter) Fertilität (Geburtenrückgang, Nuklearisierung, Kinderlosigkeit) 3. Entwicklung der Haushalts- und Familienformen Verkleinerung der Haushalte Unabhängigkeit im Alter Generalisierung der Solidaritätsbeziehungen 4. Versuch eines Fazits

Der zweite demographische Übergang in der Theorie Beginn erster demographischer Uebergang Sterbeziffer Geburtenziffer Beginn zweiter demographischer Uebergang Nettomigrationsziffer 0 Natürliches Bevölkerungswachstum Zeit

Korrelate des zweiten demographischen Übergangs gesellschaftliche Akzeptanz von Sexualität, (u.a. vorehelicher Sexualität, Homosexualität). verstärkte Kontrolle des reproduktiven Verhaltens (effiziente Kontrazeptiva) Verminderung der sozialen Kontrolle, verstärkte Instrumentalisierung der Paarbeziehung (Verwirklichung persönlicher Bedürfnisse, Verbreitung nicht-ehelicher Lebensformen, Scheidung) Verknüpfung von Beruf und Familie ersetzen das Modell 'geschlechtsspezifisch getrennter Lebenswelten Berücksichtigung der Opportunitätskosten von Kindern bei familialen Entscheidungen.

1. Begriffsklärungen 2. Basale Faktoren, welche den Familienwandel beeinflussen Mortalität (Lebenserwartung, Binnendifferenzierung im Alter) Fertilität (Geburtenrückgang, Nuklearisierung, Kinderlosigkeit) 3. Entwicklung der Haushalts- und Familienformen Verkleinerung der Haushalte Unabhängigkeit im Alter Generalisierung der Solidaritätsbeziehungen 4. Versuch eines Fazits

Entwicklung der Lebenserwartung in der Schweiz 85 75 65 55 45 35 25 1876 1886 1896 1906 1916 1926 1936 1946 1956 1966 1976 1986 1996 Frauen Männer Total

behinderungsfreie Lebenserwartung von Männern und Frauen in der Schweiz 18 88 18 88 16 86 16 86 86 14 84 14 84 84 12 10 8 77.9 79.9 82 80 78 Lebenserwartung ohne Behinderung im Alter von 65 Jahren Lebensjahre mit Behinderungen 12 10 8 82 80 78 6 76.5 76 Lebenserwartung ab Geburt 6 76.5 76 4 74 4 74 2 72.6 72 2 72.6 72 0 70 0 70 1981/82 1997/99 2020/25 2040/45 Quelle: F. Höpflinger 2002 1981/82 1997/99 2020/25 2040/45

Eheliche Geburtenziffer 1870 bis 1990 35 30 25 20 Schweiz Europa 15 10 5 1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 0

Kinderlosigkeit in ausgewählten Ländern (nach Kohorten) 350 300 D 250 CH Promille 200 NL S GB DDR 150 B 100 F 50 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 Jahrgänge

1. Begriffsklärungen 2. Basale Faktoren, welche den Familienwandel beeinflussen Mortalität (Lebenserwartung, Binnendifferenzierung im Alter) Fertilität (Geburtenrückgang, Nuklearisierung, Kinderlosigkeit) 3. Entwicklung der Haushalts- und Familienformen Verkleinerung der Haushalte Unabhängigkeit im Alter Generalisierung der Solidaritätsbeziehungen 4. Versuch eines Fazits

Kumulierte Häufigkeitsverteilung der Haushaltstypen in der Schweiz 1970 100% 80% 60% 40% 20% 0% 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95- Einpersonen-haushalt Ehepaare ohne Kinder Ehepaare mit Kindern Elternteil mit Kind(ern) Einzelperson mit Eltern(teil) Nichtfamilienhaushalte Person in Institution

Kumulierte Häufigkeitsverteilung der Haushaltstypen in der Schweiz 2000 100% 80% 60% 40% 20% 0% 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95- Einpersonenhaushalt Ehepaare ohne Kinder Konsensualpaare ohne K. Ehepaare mit K. Konsensualpaare mit K. Elternteil mit Kind(ern) Einzelp. mit Eltern(teil) Nichtfamilienhaushalte Person in Institution

Eingenerationenhaushalte 1970 bis 2000 (Alter der Referenzperson) 100.0 90.0 80.0 70.0 60.0 50.0 40.0 30.0 20.0 10.0 0.0 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90-94 95-99 1970: 1 Gen. 1980: 1 Gen. 1990: 1 Gen. 2000: 1 Gen.

Zweigenerationenhaushalte 1970 bis 2000 (Alter der Referenzperson) 100.0 90.0 80.0 70.0 60.0 50.0 40.0 30.0 20.0 10.0 0.0 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90-94 95-99 1970: 2 Gen. 1980: 2 Gen. 1990: 2 Gen. 2000: 2 Gen.

Drei- und Mehrgenerationenhaushalte 1970 bis 2000 (Alter der Referenzperson) 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90-94 95-99 1970: 3+ Gen. 1980: 3+ Gen. 1990: 3+ Gen. 2000: 3+ Gen.

Haushaltsformen ab 60. Altersjahr (Männer und Frauen) Einzelperson mit Eltern(teil) 80 80 60-64 65-74 75-84 85+ 60-64 65-74 75-84 85+ 70 70 60 60 50 50 40 40 30 30 20 20 10 1970 1980 1990 2000 10 0 1970 1980 1990 2000 1970 1980 1990 2000 1970 1980 1990 2000 1970 1980 1990 2000 0 1970 1980 1990 2000 1970 1980 1990 2000 Paare 0 Ki. Einpersonen-Hh. Paare mit Kindern Institution Nichtfamilienh. Elternteil mit Kind(ern) Einzelperson mit Eltern(teil) Paare 0 Ki. Einpersonen-Hh. Paare mit Kindern Institution Nichtfamilienh. Elternteil mit Kind(ern) Einzelperson mit Eltern(teil) Männer Frauen 1970 1980 1990 2000

1. Begriffsklärungen 2. Basale Faktoren, welche den Familienwandel beeinflussen Mortalität (Lebenserwartung, Binnendifferenzierung im Alter) Fertilität (Geburtenrückgang, Nuklearisierung, Kinderlosigkeit) 3. Entwicklung der Haushalts- und Familienformen Verkleinerung der Haushalte Unabhängigkeit im Alter Generalisierung der Solidaritätsbeziehungen 4. Versuch eines Fazits

Transfers finanzieller Leistungen nach Altersgruppen (Prozent) 30 25 20 Finanzielle Leistungen an nahe Verwandte Erhalt finanzieller Leistungen durch nahe Verwandte 15 10 5 0 unter 25 Jahre 25-34 Jahre 35-44 Jahre 45-54 Jahre 55-64 Jahre Quelle: Schweiz. Haushaltspanel, Welle 2000 Berechnungen: Beat Fux 65-74 Jahre

Engagement in sozialen Vereinen nach Alter (Prozent) 50 45 40 35 30 25 20 engagiert in lokalen Elternvereinen engagiert in karitativen Vereinen engagiert in Frauenvereinen * 15 10 5 0 unter 25 Jahre 25-34 Jahre 35-44 Jahre 45-54 Jahre 55-64 Jahre * nur Frauen Quelle: Schweiz. Haushaltspanel, Welle 2000 Berechnungen: Beat Fux 65-74 Jahre

Modernisierung der Generationenbeziehungen Eine Hypothese Sozialpolitischer Status der älteren Generation (Makroperspektive) Rentenempfänger Engagierte Alte Grundmuster der intergenerationellen Beziehungen (Mikroperspektive) intergenerationelle Reziprozität von Leistungen und Empfängen generalisierte Reziprozität Sozialpolitischer Status der jüngeren Generation (Makroperspektive) Leitvorstellung Beitragszahler mechanisches Gleichgewicht Eigen- und sozialverantwortliche Akteure ( organische ) Kultur der Anerkennung