Yoga und Spiraldynamik

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Transkript:

Yoga und Spiraldynamik An jedem Punkt öffnet das Verstehen eine Welt Wilhelm Diltey (1833-1911), Deutscher Philosoph, Psychologe und Pädagoge von Eva Hager-Forstenlechner Einleitung Wer Yoga betreibt tut das in der Absicht, seinem Körper Gutes zu tun. Die Spiraldynamik hilft dabei, Übungen anatomisch sinnvoll auszuführen, Überbelastungen und Schmerzen zu vermeiden. Yoga und Spiraldynamik lassen sich hervorragend kombinieren. Beiden geht es darum, Übungen sehr präzise und entsprechend den anatomischen Gegebenheiten auszuführen. Yoga bietet mit den Asanas (Körperhaltungen) ein ausgefeiltes Spektrum an Körperübungen an, Spiraldynamik liefert das Wissen über die dreidimensionale spiralige Verschraubung im Körper. Diese Dreidimensionalität ist ein grundlegendes Strukturelement des menschlichen Bewegungsapparates. Spiraldynamik verfeinert und präzisiert die Ausführung der Asanas anatomisch sinnvoll. Das Ergebnis ist eine Vertiefung der Erfahrung in den Asanas auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene. Yoga gilt seit Jahren als trendiges Körpertraining. Dabei kann man bei der uralten indischen Lehre kaum von Sportart sprechen: Es geht um eine bewusste Lebensführung, um Achtsamkeit und um die Vereinigung von Körper, Geist und Seele. Die körperlichen Übungen des Yoga, in ihrer ursprünglichen Sanskrit-Bezeichnung Asanas also Körperhaltungen genannt, dienen der Gesund-Erhaltung des Körpers. Umso erstaunlicher scheint es da, dass immer wieder Yogaschüler über Schmerzen klagen: In Lenden- oder Halswirbelsäule, Knien oder Hüften, um nur die häufigsten zu nennen. Diesem Phänomen begegne ich in meiner eigenen Yoga-Übungspraxis als auch in meinem Unterricht als Yoga-Lehrerin. Abb. 1: Virabhadrasana II Kriegerhaltung II Die Pfeile weisen die Drehrichtungen der knöchernen Struktur.

1987 begann ich 18-jährig, Yoga zu üben. Zu dem Zeitpunkt hatte ich eine 10 jährigen Laufbahn als Leistungssportlerin im Kunstturnen hinter mir Rückenschmerzen waren meine ständigen Begleiter. Ursprünglich sollten sich durch Yoga meine Schlafstörungen bessern, bald schwanden jedoch quasi als Nebeneffekt meine Rückenbeschwerden. Als ich 1991 in einem Einführungskurs die Spiraldynamik kennen lernte, war ich fasziniert: ein dreidimensionales, anatomisches Konzept der menschlichen Haltungs- und Bewegungskoordination, eine Gebrauchsanweisung für den eigenen Körper. Endlich schloss sich die Lücke zwischen Theorie und Praxis. Was in der Theorie logisch erschien, fühlte sich in der Praxis richtig an. Ich begann also vor nun beinahe 20 Jahren, meine Yoga-Praxis um das Konzept der Spiraldynamik zu ergänzen, das Wissen über die Grundlagen der menschlichen Haltungs- und Bewegungskoordination in die Yogapraxis zu integrieren. Der Evolution auf die Finger geschaut Begründet wurde das Konzept der Spiraldynamik in den 80 er Jahren vom Schweizer Arzt Christan Larsen und der französischen Physiotherapeutin Yolande Deswarte. Beide sind Bewegungsmenschen, die nach einem natürlichen Prinzip suchten, welches Aufschluss über den dreidimensionalen Aufbau des Körpers geben könnte. Von Natur aus neugierig, wollte Christian Larsen als Medizinstudent wissen, wieso das Knie den Unterschenkel nach hinten und der Ellbogen den Unterarm nach vorne beugt. Eine Antwort auf diese scheinbar banalen Fragen blieben das Medizinstudium und die Professoren schuldig. Zwar liefern Anatomie, Biomechanik oder auch Trainingswissenschaften viel Detailwissen über die Funktionalität des Körpers, doch ihnen fehlt der Blick für Globalzusammenhänge, so Christian Larsen. Die Antwort vermutete Larsen in der Evolution rund 350 Millionen Jahre vor Homo sapiens. Der Landgang der Fische: Das unbelebte aber begrünte Land lockte mit unendlichen Futtermengen. Das war der Grund, warum sich die Wassertiere aus dem Nass trauten. Flossen waren dort nicht mehr gefragt Beine mussten her. Genau da, vermutete Larsen, definierten sich die Rotationsrichtungen im Körper. Um das Jahr 2000 nach Christus nota bene wurden dann die Überreste von Tiktaalik entdeckt, der Christian Larsen recht gab. Tiktaalik ist einer der berühmten Missing Links, das bisher fehlende Glied in der Kette, vereinfacht gesagt zwischen Fisch und Frosch. Tiktaalik hatte die Gestalt eines Fisches, bewegte sich aber auch an Land. Die vorderen Flossen drehte er so, dass er sich wie mit Armen vorwärts ziehen konnte, die Hinterflossen benutzte er, um sich abzustoßen. Das war der Entstehungsmoment der klar definierten Rotationsrichtungen: Oberschenkel nach außen, Oberarme nach innen. Der Ursprung der spiraligen Verschraubung der Extremitäten. Die Dynamik der Spirale Ob Wolkenwirbel oder Nabelschnur, das Spiralprinzip zieht sich wie ein roter Faden durch die Evolutionsgeschichte: Tatsächlich sind Spiralen ein häufig vorkommendes Phänomen in der Natur: Schneckenhaus, Wasserstrudel oder Schlingpflanze alle funktionieren spiralförmig. Ohne rechten Winkel organisieren Spiralen den Raum und verkörpern Form und Bewegung in einem. Die geometrische Anordnung bewirkt hohe Stabilität bei leichter Bauweise und Elastizität. Spiralfunktionen sind einfach zu verstehen: Stellen Sie sich eine kleine Sprungfeder vor in ihrer spiralförmigen Anlage kann sie unter Belastung zusammengedrückt werden ohne zu brechen oder ihre Struktur zu verlieren. Als Reaktion auf den Druck zentriert sie sich um ihre Mitte, bietet dadurch Stabilität und entwickelt aus dem Zusammendrücken eine natürliche Kraft und Dynamik, ohne dabei selbst Energie einzusetzen. Dieses Grundprinzip war der Namensgeber des Konzeptes der Spiraldynamik. Solche Spiralsysteme wie die spiralige Verschraubung des Rückfußes gegen den Vorfuß oder des Oberschenkels gegen den Unterschenkel organisieren auch das menschliche Bewegungssystem und optimieren seine Bewegungsökonomie. Evolution und Körper Das Zusammenspiel von Muskeln, Gelenken und Nerven kann mit Spiraldynamik logisch und verständlich von Kopf bis Fuß durch den Körper durchdekliniert werden. Drei Grundprinzipien gilt es zu berücksichtigen. 1. Das Polaritätsprinzip: Es zieht sich wie ein roter Faden durch die menschliche Anatomie. Konkret: Becken und Kopf stellen die beiden Pole der Wirbelsäule dar. Dabei darf das Wort Pol ganz wörtlich genommen werden: Der Kopf ist der Nordpol, das Becken der Südpol und dazwischen rotiert etwas. Allerdings und das ist das geniale am Bauplan Mensch wechselseitig aber dazu später. 2. Das Aufrichteprinzip: Es ergibt sich aus dem Polaritätsprinzip. Durch die anatomisch korrekte Ausrichtung von Kopf und Becken entsteht ein verlängernder Zug auf die Wirbelsäule. Dabei bewegen sich Kopf und Becken spiegelsymmetrisch zueinander, beide Pole rollen um die Transversalachse leicht ein. Das Becken aus der Hohlkreuzhaltung in die aufgerichtete Beckenhaltung (Steiss nach unten, Bauchnabel nach oben), der Kopf aus der verkürzten Hohlnackenstellung in die aufgerichtete Kopfhaltung (Hinterkopf nach oben, Nasenspitze etwas nach unten). Dazwischen spannt sich die Wirbelsäule auf. Spiraldynamik nennt dies Autoelongation, die aktive Selbstverlängerung. Das Ausrichten der Wirbelsäule in die Länge bedeutet, dass sich die Krümmungen der Wirbelsäule

verringern. Die Wirbelsäule kommt aus der gestauchten Form und erhält den dynamisch gestreckt-geschwungenen Verlauf, eine harmonische S-Form. 3. Das Spiralprinzip: Das Spiralprinzip verhält sich analog dem Aufrichteprinzip nur achsensymmetrisch. Die Spiralen ergeben sich aus den jeweiligen Drehrichtungen der Pole um die drei Raumachsen. Eindrückliches Beispiel ist die spiralige Verschraubung des Rückfußes gegen den Vorfuß. Wenn sich beide Pole um alle drei Achsen achsensymmetrisch drehen, entsteht eine spiralige Verschraubung. Versuchen Sie es mit einem Handtuch: Falten Sie es zusammen und wringen Sie es gleichmäßig mit beiden Händen aus Ihre Hände drehen in entgegengesetzte Richtungen. Nun drehen Sie weiter und beobachten, was in der Mitte des Tuches passiert: es wölbt sich auf ein C-Bogen entsteht. Drehen Sie kräftig weiter, die Enden des Tuches drehen sich S-förmig voneinander weg Sie haben soeben die klassische dreidimensionale Schraubenspirale erschaffen, die sogenannte Helix. Spiraldynamik und Yoga Die Spiraldynamik wird heute in drei Bereichen eingesetzt: im medizinisch-therapeutischen, im pädagogischen Bereich und im (Leistungs-)Sport. Die Bewegungsoptimierung, welche die Spiraldynamik anstrebt, und die Idee im Yoga, dass der Körper Tempel der Seele ist, sind Ausdruck derselben Idee. Die Spiraldynamik hilft, die Ausführung der Asanas anatomisch sinnvoll zu verfeinern. Wer sich gesund bewegen möchte, auch in den Yoga-Asanas, muss die anatomischen Voraussetzungen kennen, die Muster am eigenen Körper wahrnehmen, und diese korrigieren können. Leider hat sich auch in die Yoga-Praxis manchmal das Leistungsdenken eingeschlichen. Für viele gilt: je spektakulärer die Übung desto besser. Dabei wird häufig vergessen, daß viele Übungen auf Grund von Verkürzungen oder Unbeweglichkeiten gar nicht richtig ausgeführt werden können. Abb. 2: Spiegelsymmetrische Rotation der Pole um die Transversalachse (links) Achsensymmetrische Rotation um die Sagittalachse (Mitte) Achsensymmetrische Rotation um die Longitudinalachse (rechts) Helix: C-Bogen, S-Bogen plus Rotation Konkret am Beispiel Fuß: Die Helix entsteht durch C-Bogen plus S-Bogen, plus Rotation. Der C-Bogen entspricht der Aufwölbung in der Mitte, schön sichtbar am Längsgewölbe des Fußes, der S-Bogen ist am besten von oben sichtbar: Außenbelastung der Verse (Supination) und Innenbelastung des Vorfußes (Pronation). Die Rotation schließlich verschraubt den Fuß um 90 Grad: Die Fußwurzelknochen stehen vertikal übereinander, das Sprungbein steht senkrecht über dem Fersenbein. Im Vorfuß liegen die Strukturen waagrecht nebeneinander dazwischen ist die stabile Verschraubung des Fußes flexibel und stabil zugleich. Polarität, Aufrichtung und Spiralprinzip ergeben das Leitmotiv für die innere und äußere Bewegung, sie organisieren den Kern, um den herum sich die muskuläre Hülle bedarfsgerecht und zweckmäßig aktiviert. Abb. 3: Vrksasana- Baum ein Beispiel Aus Sicht der Spiraldynamik sollten in diesem Asana folgende anatomischen Eckpunkte beachtet werden: Der Fuß Die Pole des Fußes sind das Vorfußquergewölbe und das Fersenbein (Os calcaneus). Vorfußquergewölbe des Fußes: Innerhalb dieses Poles befinden sich abermals 2 Pole, die die Bewegung koordinieren, sodass ein Gewölbe entsteht: Caput metatarsale I und V. Aktivieren sich einerseits abductor hallucis und abductor digiti minimi und anderseits adductor hallucis caput transversum und caput obliquum als Impulszentrum des Vorfußes in einem muskulären Gleichgewicht, so ist das Ergebnis das spiegelsymmetrische Einrollen 7

beider Pole um die Sagittalachse. Als Ergebnis bildet der Vorfuß ein Gewölbe. Das derart formierte Vorfußquergewölbe bildet nun den Gegenpol zum Fersenbein. Abb. 4: Vorfußquergewölbe mit aktiviertem Impulszentrum 3-dimensionale Verschraubung des Fußes Zwischen Fersenbein und Vorfußquergewölbe als Pole des Fußes findet nun eine 3D-Verschraubung statt: Eine spiegelsymmetrische Einrollbewegung um die Transversalachse beider Pole (C-Bogen), jeweils eine achsensymmetrische Bewegung um die Sagittal- (gegensinnige Verschraubung) und um die Longitudinalachse (S-Bogen). Die Keilbeine (Ossi cuneiforme) verkeilen sich in dieser Position wie die Schlusssteine eines Gewölbes. Der Bogen trägt. Muskuläre Sicherung nach oben hin bieten m. tibialis anterior und m. peronaeus longus. Sie sichern die Grunddrehrichtungen: Pronation Vorfuß, Supination Rückfuß. Abb. 5 und 6 (unten): Die 3D-Verschraubung des Fußes kann auch am eigenen Fuß manuell unterstützt werden. Das Bein Aufbauend auf die stabile Basis des Fußes rankt sich das Standbein nach oben: Gegenpol zum Vorfuß in Bezug auf die Spirale des gesamten Beines sind die tiefen Außenrotatoren der Hüfte, die den Oberschenkelkopf (caput femoris) tief in der Hüftgelenkspfanne (acetabulum coxae) verankern. Zwischen den Drehrichtungen des Oberschenkels nach oben/außen und dem Vorfuß nach unten/innen gliedert sich das Kniegelenk ein. Die Kniemitte (Mitte patella) ist exakt nach vorne ausgerichtet, sie bildet die Mitte, von der aus sich das Bein in zwei Richtungen rankt: Nach oben hin zur Hüfte, nach unten hin zum Vorfuß. Die Verlaufsrichtung der Kreuzbänder im Knie stabilisiert und zentriert diese Bewegung. Abb. 7: Verlaufsrichtung der Beinspirale. Das Theraband fördert die Wahrnehmung. Die Hüfte Über dem Oberschenkelkopf der Standbeinseite plaziert sich das Hüftbein in einer weiteren Spirale: Maximale Stabilität wird durch die 3D-Verschraubung des Hüftbeines als mobiler Teil um den fixierten Femurkopf erreicht: Nutationsbewegung um die Transversalachse, Abduktion um die Sagittalachse, Außenrotation um die Longitudinalachse. Die Bänder des Hüftgelenkes verzurren sich stabil und sichern die optimale Kraftübertragung zwischen Bein und Becken. Voraussetzung zur vollständigen Ausführung aller Drehrichtungen ist die umfassende Mobilität des Hüftgelenkes sowie die nötige Kraft der beteiligten tiefen Muskelschichten: tiefe Außenrotatoren der Hüfte und der Beckenboden. 8 Durch die Übung Hüftöffner Psoas-Stretch wird ein Gefühl für die Beinstreckung geschaffen hinsichtlich der Länge, der Höhe und der Weite vorne in der Leiste, vom Oberschenkel vorne bis tief in den Bauchraum zum 12. Brustwirbel. Auch die gesamte Länge der Körperrückseite von der Ferse über den Sitzbeinhöcker zum unteren Rücken bis hoch ebenfalls zum 12. Brustwirbel wird angesprochen. Gestartet wird im aufrechten Stand. Eine Hand vorne auf der Leiste der Übungsseite, die andere Hand hinten auf dem Kreuzbein.

Die Aktion erfolgt: im aufrechten Stand. Das Becken ist aufgerichtet, ohne Hast wird ein größerer Schritt rückwärts gemacht. Zuerst landen die Zehen des Hinterfußes, während das vordere Knie sich beugt. Die Hände sichern das Becken vor dem Abkippen, der Hüftknochen wird hochgezogen, das Kreuzbein fließt nach unten. Nun rollt Ihr Hinterfuß weiter ab bis zur Ferse, die Ferse sinkt in den Boden, mit deutlich spürbarer Dehnung der Wade. Das hintere Knie jetzt langsam strecken. Diese Gesäßhälfte baut Spannung auf, dieser Sitzbeinhöcker ist nach vorne-innen in den Schoß gewandert. Sie spüren die Verbindung Ferse-Sitzbeinhöcker. Ihre Hände sichern weiterhin das Becken in seine Aufrichtung. Kosten Sie jetzt das Gefühl der Länge aus, als intensive Dehnung in der Leiste, als losgelassene Länge im unteren Rücken. Wichtiges Detail: Brustkorb ist in leichter Vorlage, er hängt nicht in Rücklage. Dies würde die zugelassene Länge im unteren Rücken sabotieren. Wieder zurück in den aufrechten Stand, langsam über den hinteren Fuß abrollend, das Bein schwingt in den aufrechten Stand. Anderes Bein, jede Seite 5-10 mal dehnen. I Lehrgang Basic Der Lehrgang Basic vermittelt Anwender-bezogenes Wissen und viel Eigenerfahrung. Die praktische Anwendung umfasst Therapie, Prävention, Training und Alltag. Das Verständnis für die anatomisch begründeten Bewegungsprinzipien, Wahrnehmung dreidimensionaler Bewegung im eigenen Körper sowie Optimierung der eigenen Haltungs- und Bewegungsmuster vermitteln Souveränität und neue Kreativität in der beruflichen und persönlichen Anwendung. Ausbildungsziel, Inhalt und Methodik Wer Know-how an Patienten oder Schüler weitergeben will, braucht Erfahrung, Überzeugungskraft und Authentizität. Körperintelligenz in Statik und Dynamik wird am eigenen Leib erlebt. Sie entdecken die Hintergründe anatomisch sinnvoller Bewegung, entwickeln ein spiraldynamisch-analytisches Auge für Bewegungsabläufe und bauen Ihr persönliches Bewegungsrepertoire aus. Die Theorie wird systematisch und multimedial vermittelt. Im Vordergrund steht die praktische Arbeit mit Übungen, angeleiteter Partnerarbeit, Hands-on Praxis und Gruppenarbeit. II Lehrgang Intermediate 1 Der Lehrgang Intermediate 1 vertieft die Qualifikationen in Therapie und Bewegungsschulung. Sie lernen, Spiraldynamik gezielt professionell einzusetzen. Schwerpunkt ist die prozessorientierte Umsetzung in Ihrem angestammten Beruf, sei dies Medizin, Therapie, Training, Pädagogik oder Kunst. Abb. 8: Psoas-Stretch Abb. 9: Spina illiaca ant. sup. bewegt nach vorne oben, os sacrum Richtung Boden II Lehrgang Intermediate 2 Entdecken Sie neue Dimensionen: Sie setzen Ihr Spiraldynamik-Wissen und -Verständnis kreativ in andere Disziplinen um. Yoga, Massage, Bewegungskoordination, Körpersprache das verbindende Element ist immer die anatomisch sinnvolle Bewegung. Voraussetzung ist ein erfolgreich abgeschlossener Lehrgang Basic, der Lehrgang Intermediate 1 wird als Voraussetzung empfohlen. Weitere Informationen zu Spiraldynamik unter www.spiraldynamik.com und www.spiraldynamik-yoga.at. Ausbildung Die Ausbildung zum Spiraldynamik Practitioner Level Basic, Intermediate und Advanced steht grundsätzlich allen Interessenten offen. Das Professional Diploma bedarf konkreter Empfehlung durch Dozenten oder Experten. Der modulare Aufbau ermöglicht es, nach individueller Berufsbiografie und eigenem Lernrhythmus die einzelnen Ausbildungsstufen zu absolvieren. Ziele sind eine umfassende therapeutisch-pädagogische Kompetenz zum Thema Bewegung, sowie die Integration in das persönliche und professionelle Leben und Optimierung der eigenen Haltungs- und Bewegungsgewohnheiten. Literatur 1.) Larsen, C. (2004): Gut zu Fuss ein Leben lang. Spiraldynamik Fußschule, TRIAS Verlag 2.) Larsen, C. (2003): Füße in guten Händen, Thieme Verlag 3.) Heel C., Betz U. (2002): Bewegungssystem 3D-Anatomie für TherapeutInnen und PädagogInnen, Thieme 4.) Larsen C. (2001): Die zwölf Grade der Freiheit, 2. Auflage, Thieme Verlag 5.) Larsen C., Miescher B. (2006): Spiraldynamik von Kopf bis Fuß die Box (Bde 1-10 je 1x [DVDs und Bücher]) 6.) Larsen, C., Schneider W. (2007): Spiraldynamische Körperarbeit (Buch und DVD) 9

10 7.) Larsen Christian, Larsen Claudia, Hartelt O. (2008): Körperhaltungen analysieren und verbessern; look@yourself work@yourself 8.) Larsen C., Ites T., Hager-Forstenlechner E. (voraussichtlich 2011): Medical Yoga Anwendung Spiraldynamischer Prinzipien im Yoga, Thieme Vrelag Quellennachweis Übungen: Larsen/Ites/Hager (2011): Medical Yoga erscheint 2011 im Thieme Verlag, Stuttgart Autorin Eva Hager-Forstenlechner, Mag. Co-Leiterin des Spiraldynamik Zentrum für Yoga und Bodymind Rechtes Salzachufer 42 5101 Bergheim bei Salzburg Österreich Tel: +43-(0)699-10203433 Fax. +43-(0)662-620758 Mail: eva.hager-forstenlechner@spiraldynamik.com www.spiraldynamik-yoga.at PHYSIOTHERAPIE med IMPRESSUM Verlag, Abo-Verwaltung und Anzeigenverwaltung KOMMUNIKATION & PUBLIKATION Verlag Dr. Daniela Belhadi Sternstrasse 12 a, 34123 Kassel Tel. 0561/57 99 336 Fax. 0561/570 92-10 E-Mail: verlag.belhadi@gmx.de Redaktion Prof. Dr. Peter Michaelis Dr. Thomas Tischler Dr. Manfred Sturm Druck Grafische Werkstatt von 1980 GmbH, 34123 Kassel Erscheinungsweise 6 Ausgaben pro Jahr ISSN 1435-8441 Bezugsgebühr Jahresabonnement EUR 36, incl. Mwst. Auslandzustellung EUR 48, Einzelbezug EUR 9, (alle Preise zzgl. Versandkosten) Copyright Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Photos übernimmt der Verlag keine Haftung. Das Urheberrecht für alle Artikel und Abbildungen liegt ausschließlich beim Verlag. Nachdruck sowie Vervielfältigung oder sonstige Verwertung von Texten, Abbildungen und Photos sind nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Für veröffentlichte Programme, Termine, Anleitungen und Übungen übernimmt der Verlag weder Gewähr noch Haftung.