GYMNASIUM MUTTENZ MATURITÄTSPRÜFUNGEN 2006 FACH: Wirtschaft und Recht KLASSE: 4 Examinator: Experte: Arbeitshinweise 1. Verwenden Sie für jede Aufgabe eine neue Seite. 2. Die Lösungen zu den einzelnen Aufgaben sind klar zu trennen und anzuschreiben. Achten Sie auf eine saubere Darstellung, Rand etc.! 3. Der Lösungsweg muss lückenlos ersichtlich sein. 4. Für die Beantwortung der Rechtsprobleme sind die entsprechenden OR/ZGB Artikel anzugeben! 5. Die Lösungsblätter müssen am Ende der Prüfung in nummerierter Reihenfolge abgegeben werden. Hilfsmittel - Taschenrechner - ZGB/OR - unkommentierte Liste der Kennzahlen für die Bilanzanalyse Ich wünsche Ihnen viel Erfolg! Übersicht über die Prüfungsaufgaben Gebiet Richtzeit in Minuten Mögliche Punkte Recht Aufgabe 1: ZGB und OR / Vertragsrecht 50 10 Aufgabe 2: OR / Mietrecht 30 6 Betriebswirtschaftslehre/Rechnungswesen Aufgabe 3: Marketing 30 6 Aufgabe 4: BAB/Kalkulation 30 6 Aufgabe 5: Nutzenschwelle 20 4 Volkswirtschaftslehre Aufgabe 6: Nationalbank und Inflation 50 10 Aufgabe 7: Konjunkturpolitik 30 6 Total 240 48 Seite 1
Aufgabe 1: ZGB und OR / Vertragsrecht Die Haushaltsgeräteherstellerin Canda AG in Biel bezieht die Gehäuse ihrer Geräte von der Mag AG in Moutier, die sich auf die Produktion von Gehäusen spezialisiert hat. Die Fragen beziehen sich auf den folgenden Kaufvorgang zwischen diesen Unternehmen: Die Canda AG hat bei der Mag AG 2'000 Gehäuse bestellt. Als Lieferdatum wurde der 31. März des Jahres festgelegt. Die Mag AG gewährt eine Zahlungsfrist von 60 Tagen. a) Wo ist der Erfüllungsort für die Waren- und Geldschuld? (Begründen Sie Ihre Antwort bei der Warenschuld genau.) Benötigt man diese Bestimmung, um die Frage der Transportkosten zu klären? Erläutern Sie anhand dieser Zusatzfrage das Verhältnis der "Allgemeinen Bestimmungen" des OR und der "Einzelnen Vertragsverhältnisse" des OR. b) Wann wird die Canda AG Eigentümerin der Ware? Welche Bedeutung hat diese Bestimmung, wenn die Kaufpartei nach Erhalt der Ware aber vor deren Zahlung Konkurs anmeldet? c) Wann gehen Nutzen und Gefahr auf die Canda AG über? (Genaue Begründung!) d) Welche Bestimmungen bezüglich der Sachgewährleistung gelten bei diesem Kaufvertrag? (dispositive Frist / dispositive Rechte des Käufers) Geben Sie ein Beispiel für einen möglichen "Mangel" in diesem Beispiel. e) Welche Rechte hat die Canda AG, wenn die Mag AG den Liefertermin ohne Mitteilung verstreichen lässt? Inwiefern unterscheiden sich die Rechte der obigen Kaufpartei von den Rechten, die Sie als KäuferIn haben? f) Geben Sie die allgemeine Regel für die Wahl des Gerichtsortes im Zivilrecht an und beantworten Sie die folgenden Fragen: - Wo muss in unserem Fall eine Klage auf Schadenersatz wegen Lieferverzug eingereicht werden? - Wo würde man sich wegen verspäteter Zahlung streiten? Aufgabe 2: OR / Mietrecht a) Meine Eltern haben mir während ihrer Ferienabwesenheit das Auto zur Verfügung gestellt. Liegt damit rechtlich ein Mietvertrag zwischen mir und meinen Eltern vor? Seite 2
b) Ein Nachbar hat mir für Fr. 80. pro Monat einen Parkplatz zur Verfügung gestellt. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht erstellt. Jetzt teilt er mir mit, dass er den Parkplatz ab sofort selbst benötige und ich für mein Auto eine andere Parkmöglichkeit suchen müsse. Muss ich das akzeptieren? c) Wir haben für die zweiwöchigen Herbstferien eine kleine Ferienwohnung im Wallis gemietet. Wegen des schlechten Wetters sind wir bereits nach drei Tagen wieder abgereist. Haben wir Anspruch auf Rückerstattung eines Teils der Wohnungsmiete? d) Ich habe in meiner Wohnung vor einigen Monaten auf eigene Kosten eine Badewanne einbauen lassen. Nun wurde mir die Wohnung vom Vermieter gekündigt. Muss er mir die entstandenen Kosten vergüten? e) Wir wohnen seit drei Jahren in einem gemieteten Einfamilienhaus. Unsere zwei Kinder gehen am Wohnort zur Schule. Nun teilt uns der Hauseigentümer mit, dass er das Haus verkauft habe und dass der Käufer selbst in das Haus einziehen wolle. Können wir etwas gegen die drohende Kündigung unternehmen? Aufgabe 3: Marketing Bergün ist eine ruhige Berggemeinde, die stark vom Tourismus lebt. Das Dorf hat fünf Hotels, die alle der unteren Preisklasse angehören. Ein Nachtleben gibt es nicht im Dorf. Im Winter kommen die Gäste wegen der Schneesportmöglichkeiten, im Sommer wegen des attraktiven Wandergebietes. Seit einigen Jahren muss die Gemeinde einen ständigen Rückgang der Feriengäste feststellen. a) Welches Marktsegment spricht das Dorf mit seinem Tourismusangebot an. Beschreiben und begründen Sie den Markt anhand von drei Segmentierungskriterien. b) Die Gemeinde möchte die Gründe für den Rückgang der Gästezahlen kennen und entschliesst sich, zu dieser Frage eine Marktforschung durchzuführen. - Nach welchen Informationen würden Sie bei einer Sekundärforschung suchen? - Wen würden Sie bei einer Befragung interviewen? c) Die Gemeinde hat sich entschlossen, den weiteren Gästerückgang mit Marketingmassnahmen zu bekämpfen. Nennen und begründen Sie zu jedem der 4P eine mögliche Massnahme. d) Erklären Sie den Begriff Marketing-Mix am vorliegenden Beispiel. Seite 3
e) Was könnte Preisdifferenzierung im vorliegenden Beispiel bedeuten? Aufgabe 4: BAB/Kalkulation Die Engelberger-AG stellt in ihrem Betrieb die Getränkeverpackungen Jeunesse und Natura her, die an verschiedene Getränkeproduzenten geliefert werden. Die Getränkeverpackungen werden auf der Maschine J (Jeunesse) und der Maschine N (Natura) in einem automatischen Prozess hergestellt. Dabei wird das Rohmaterial als Einzelkosten direkt den beiden Kostenträgern Jeunesse und Natura zugerechnet. Die übrigen Kosten werden auf verschiedene Kostenstellen erfasst und mit Hilfe von Verteilschlüsseln auf die beiden Kostenträger verteilt. Für die abgelaufene Rechnungsperiode hat die Engelberger-AG folgende Zahlen ermittelt. Bezugsgrösse Menge Kosten in Fr. Einzelkosten Rohmaterialverbrauch 1200 Tonnen 2 400 000 Kostenstellen Einkauf in % der Rohmaterialkosten 80 000 Lager je kg Rohmaterial 60 000 Fertigungsanlage J Maschinenstunden 1500 Stunden 900 000 Fertigungsanlage N Maschinenstunden 600 Stunden 300 000 Verwaltung / Vertrieb in % der Herstellkosten 360 000 1. Berechnen Sie die Kostensätze bzw. Zuschlagssätze für die verschiedenen Kostenstellen. 2. Berechnen Sie den Verkaufspreis (=Nettokreditverkaufspreis) für einen Auftrag an den Getränkehersteller ADI, der Verpackungen des Typs N bestellt hat, wenn für den Auftrag folgende Zahlen bekannt sind: - Rohmaterialverbrauch: 4 Tonnen - Maschinenstunden N: 7 Stunden - Gewinnzuschlag: 8 % der Selbstkosten - Skonto bei Zahlung innerhalb 10 Tagen: 2 % Aufgabe 5: Nutzenschwelle Die Fleur AG betreibt in Shopping-Centern kleine Blumenläden, in welchen fertige Blumenarrangements verkauft werden. Der durchschnittliche Verkaufspreis eines Arrangements beträgt Fr. 35.--. Die Einzelkosten je Arrangement belaufen sich auf Fr. 20.--. Seite 4
In einem neuen Shopping-Center soll ein weiterer Laden eröffnet werden. Der Verkaufsladen-Manager ist sich nicht sicher, welche der angebotenen Mietpreisvarianten des Shoppings er annehmen soll: Variante A: - Fixer Mietpreis von Fr. 15 000.-- pro Monat Variante B: - Fixer Mietpreis von Fr. 10 000.-- pro Monat plus 10 % des Nettoverkaufserlöses. Alle nicht als fixe Kosten deklarierten Kosten sind als variabel zu betrachten. Zu berechnende Beträge sind auf ganze Zahlen zu runden. a) Wie viele Arrangements pro Monat müssten verkauft werden, um bei Variante 1 die Nutzenschwelle zu erreichen? b) Wie viele Arrangements pro Monat müssten verkauft werden, um bei Variante 2 die Nutzenschwelle zu erreichen? c) Ab wie viel verkauften Arrangements pro Monat würde für die Fleur AG die Variante 1 vorteilhafter als die Variante 2? Aufgabe 6: Nationalbank und Inflation a) Nennen und erläutern Sie die Folgen der Inflation. b) Erstellen Sie eine gut gegliederte Übersicht über die Ursachen der Inflation. c) Wie kann mittels finanzpolitischer Instrumente die Inflation bekämpft werden? Welche Probleme stellen sich dabei? d) Wie kann mittels geldpolitischer Instrumente die Inflation bekämpft werden? Zeigen Sie den genauen Ablauf! Welche Probleme stellen sich beim Einsatz der Geldpolitik? e) Erläutern Sie das Konzept der Schweizerischen Nationalbank bezüglich der Inflationsbekämpfung. f) Welche Gründe sprechen im Moment für eine Zunahme und welche Gründe für eine Abnahme der Inflation in der Schweiz? Seite 5
Aufgabe 7: Konjunkturpolitik In der Wirtschaftspolitik bestehen unterschiedliche Meinungen, wie der Staat auf Konjunkturschwankungen reagieren soll. Besonders ausgeprägt zeigen sich diese Unterschiede in Rezessionsphasen. a) Skizzieren Sie ein Massnahmenpaket zur Überwindung einer Rezession aus der Sicht der keynesianischen Konzeption und begründen Sie Ihre Vorschläge. b) Beurteilen Sie Ihre Vorschläge gemäss a) aus der Sicht der angebotsorientierten Konzeption. - Welche Argumente würden die Anhänger der angebotsorientierten Konzeption gegen die Vorschläge vorbringen? - Welche Alternativen würden Sie vorschlagen und wie würden Sie diese begründen? Seite 6