Mittelstandsanleihen Eine echte Anlagealternative?! Eine Studie der FH Münster, der Börse Stuttgart und Deloitte.



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Transkript:

Mittelstandsanleihen Eine echte Anlagealternative?! Eine Studie der FH Münster, der Börse Stuttgart und Deloitte.

Inhaltsverzeichnis Management Summary 1. Mittelstandsanleihen - eine neue Anlageklasse 2. Ziele und Design der Befragung 3. Profil der Teilnehmer 4. Mittelstandsanleihen im Kontext eines Portfolios 5. Die Auswahl eines Einzeltitels 6. Bedeutung und Bewertung des Sekundärmarktes 7. Mittelstandsanleihen aus Investorensicht - Ausblick Impressum 1

Management Summary Nach den Ergebnissen der durchgeführten Studie verfügt die Mehrzahl der Privatanleger in Mittelstandsanleihen über langjährige Anlageerfahrung, trifft Investitionsentscheidungen ohne Berater und informiert sich über Onlinewege und Fachzeitschriften. Ihre Einschätzungen sind in fast allen Fällen ähnlich denen der institutionellen Anleger und Anlage- bzw. Vermögensberater. Mittelstandsanleihen werden zur Portfoliodiversifikation gekauft, da sie die Portfoliorendite bei akzeptablem Risiko in der Regel verbessern. Diese Aussage gilt über alle Anlegergruppen. Mittelstandsanleihen sind demnach kein zufälliges Mitnahmeprodukt der Kapitalanlage, sondern der Anleger sucht und bewertet sie bewusst. Damit entspricht das Profil der Befragungsteilnehmer der bei der Marktgründung von Mittelstandsanleihen formulierten Zielgruppe erfahrener privater Investoren. Privatanleger, insbesondere wenn sie bereits in Mittelstandsanleihen investiert sind, haben eine höhere Rendite- und eine niedrigere Sicherheitserwartung an Mittelstandsanleihen als an Standardwerte bei Aktien. Es ist davon auszugehen, dass sie Mittelstandsanleihen je nach Börsensituation als Substitut für Aktien sehen. Diversifikation des Portfolios spielt bei ihnen wie bei institutionellen Anlegern eine wichtige Rolle. Die Liquidität von Mittelstandsanleihen ist vor allem für institutionelle Anleger von Bedeutung. Zum Zeitpunkt der Befragung kann sich trotz verstärkter Diskussion über die Bonität einzelner Mittelstandsanleihen - eine deutliche Mehrheit der Befragten zukünftig eine noch stärkere Berücksichtigung von Mittelstandsanleihen bei ihren Anlageentscheidungen vorstellen, wobei dies bei institutionellen Anlegern und Beratern etwas weniger stark ausgeprägt ist als bei Privatanlegern. Anlageentscheidungen werden auf Einzeltitelebene vorwiegend nach Renditegesichtspunkten und Unternehmensmerkmalen wie Rentabilität/Eigenkapitalausstattung, Geschäftszweck/Mittelverwendung und Ratingnote getroffen. Auch hier unterscheiden sich private nur unwesentlich von institutionellen Anlegern und Beratern. Die Qualität und Verlässlichkeit von Mittelstandsratings muss für die Mehrheit der institutionellen Anleger/Berater (nur diese wurden befragt) allerdings noch unter Beweis gestellt werden. Anlegerschutzrechten wird eine recht große Bedeutung zugemessen. Für Privatanleger besteht hier noch ein deutlicher Informationsbedarf. Da Privatanleger in Mittelstandsanleihen ihre Investitionsentscheidungen überwiegend eigenständig treffen, messen sie der Verfügbarkeit und dem Zugang zu geeigneten Informationsquellen eine hohe Bedeutung zu. Privatanleger bewerten dies sogar noch höher als institutionelle Investoren und Berater. Verwendet werden überwiegend über das Internet verfügbare Informationen der Börsen und von Informationsportalen. Hier besteht sicher eine Herausforderung, in der Vielfalt relevante Informationen zu identifizieren und zu bewerten. Mit der Umsetzung der Entscheidung wurde in einer Emission meist die Hausbank betraut, die Zeichnungsfunktion der Börse ist den Anlegern jedoch bekannt und wurde bei der großen Mehrheit der Zeichnungen über eine Hausbank wohl auch genutzt. Die Abwicklungsleistung der Hausbanken überzeugte dabei die befragten Teilnehmer, während hinsichtlich der Beratungsleistungen mehrheitlich Unzufriedenheit geäußert wurde. Der von der Bedeutung her hoch eingeschätzte Sekundärmarkt bekam ein besseres Zeugnis. Die Diskrepanz zwischen der Bedeutung des Sekundärmarktes und der eher geringen Bedeutungsbeimessung für die Liquidität bei der Anlageentscheidung kann nur durch weitere Befragungen geklärt werden. Als Arbeitshypothese kann vermutet werden, dass die Anleger grundsätzlich eine langfristige Anlage planen, sich aber wegen der von ihnen auch gesehenen Risiken der Bedeutung eines liquiden 2

Sekundärmarktes für die Korrektur ihrer Entscheidung bewusst sind. Preisbildung und Liquidität sind die Schwachpunkte des Sekundärmarktes aus Sicht institutioneller Investoren und Berater, die Informationsversorgung (Qualität, Aktualität und Umfang) aus Sicht der Privatanleger. 3

1. Mittelstandsanleihen - eine neue Anlageklasse Mittelstandsanleihen sind ein junges Marktsegment. Im Mai 2010 startete die Stuttgarter Börse das Handelssegment Bondm mit dem Ziel, mittelständische Firmen und Investoren zusammen zu bringen. Sehr schnell erkannten die Unternehmen Bondm als interessante Möglichkeit, ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren, informierte Privatanleger und institutionelle Investoren nutzten die Möglichkeit zur Renditeverbesserung und Risikostreuung ihrer Portfolios. Zum Zeitpunkt dieser Befragung werden bereits 22 Anleihen von 19 Unternehmen allein in Bondm gelistet. Das erfolgreiche Konzept fand Nachahmer in Mittelstandssegmenten anderer deutscher Wertpapierbörsen. An einem anonymisierten Zeichnungsreport über die Zeichnungsfunktion der Börse Stuttgart soll eine typische Orderstruktur für eine Bondm-Emission verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 1). In den ersten sieben Zeichnungstagen gingen 897 Orders mit einem Volumen von über 22 Mio. Euro ein. Die durchschnittliche Ordergröße lag bei knapp 25 T, der Median bei 10 T. Bei den Bankgruppen waren Onlinebanken überrepräsentiert, die Zeichnungsaufträge kamen aber über alle wesentlichen Bankgruppen. Ordereingang über die Zeichnungsfunktion der Börse anonymisiertes Beispiel Aufteilung des Zeichnungsvolumens nach Ordergröße Ordervolumen nach Bankentyp 17% 19% 17% 16% 16% 13% 40% 11% 16% 15% 20% bis 20 T 20T-50T Geschäfts- u. Privatbanken 50T-100T 100T-200T Makler 200T-1Mio. >1 Mio. Sonstige Abbildung 1: Orderdaten aus einem Zeichnungsreport Sparkassen/Volksbanken Online-Broker Investoren bewerten Anlagen vor dem Hintergrund der jeweiligen Kapitalmarktsituation. Im Befragungszeitraum April/Mai 2012 beeinflusste die Diskussion über Staatsschulden-, Banken- und Eurokrise die Marktteilnehmer. Deutsche Standardaktien hatten sich bei einem Dax-Stand um 7.000 deutlich von den Tiefs nach Ausbruch der Finanzmarktkrise gelöst und das Musterdepot Mittelstandsanleihen eines spezialisierten Newsletters wies nur 36 Wochen nach Auflegung knapp 9% Wertzuwachs auf; alle 10 Werte im Depot lagen im Plus. Das Emissionsfenster für Mittelstandsanleihen hatte sich nach weitgehender Schließung für Anleihen und Aktien im vorangegangenen Herbst und Winter gerade wieder geöffnet. Mit dem Ausfall der SIAG Schaaf Anleihe Mitte März 2012 erreichte die Krise der erneuerbaren Energien, die sich schon länger am Aktienmarkt zeigte, erstmals auch das Marktsegment Mittelstandsanleihen. 4

2. Ziele und Design der Befragung Nachdem Unternehmen als potentielle oder tatsächliche Emittenten von Mittelstandsanleihen bereits mehrfach Zielgruppe empirischer Untersuchungen waren, fokussiert die Studie Mittelstandsanleihen eine echte Anlagealternative?! erstmals auf die unterschiedlichen Investorengruppen mit Interesse an Mittelstandsanleihen. Ziel der Befragung ist es zu verstehen, wie die Investoren Mittelstandsanleihen im Vergleich zu anderen Anlageklassen bewerten und welchen Motiven und Prozessen ihre Anlageentscheidung folgt. Die Studie liefert einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis des noch jungen Marktsegmentes für Mittelstandsanleihen. Die Börse Stuttgart, die Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die Fachhochschule Münster führten im April und Mai 2012 nach einem Pretest eine Onlinebefragung von Investoren durch. Die Studienteilnehmer wurden durch folgende Maßnahmen gewonnen: Bekanntmachung in mehreren Publikationen der Börse Stuttgart (Anleihennewsletter bonds weekly ; Newsletter Neu in der Zeichnung ; allgemeiner Infonewsletter) Bannerschaltung auf der Homepage der Börse Stuttgart und Schaltung eines Textlinks auf www.finanztreff.de Persönliche Ansprache von Teilnehmern der Invest 2012 in Stuttgart Kooperation mit der FOSTER Forschungsinstitut für Family Offices GmbH (Bannerwerbung; Ansprache von Family Offices) Hinweise in Mailverteilern der Fachhochschule Münster. Über die Einstiegsfrage nach der Zugehörigkeit zu einer Investorengruppe wurden die Teilnehmer auf den jeweiligen Fragebogen für Privatanleger oder Institutionelle und Berater (Anlage- und Vermögensberater, Vermögensverwalter, Family Offices, Fonds/Versicherungen und Sonstige institutionelle Investoren) geleitet. Ausgehend von der zweiten Frage nach dem Grad der Erfahrung mit Mittelstandsanleihen wurden weitere Untervarianten angeboten. Neben den Angaben zur Erfahrung mit Mittelstandsanleihen wurden noch Informationen zu Anlagestrategie, -erfahrung und Portfolio erbeten, die letzten beiden nur von Privatanlegern. Inhaltliche Schwerpunkte setzte die Befragung bei der Einschätzung verschiedener Anlageklassen nach Rendite, Risiko und Liquidität sowie in der detaillierten Ergebung des Anlageprozesses für Mittelstandsanleihen (Motive, Auswahlkriterien, Auswahlprozess, Bedeutung des Sekundärmarktes). Insgesamt nahmen 804 Personen an der Befragung teil. Nach Bereinigung der Fragebögen wurden 712 Antworten ausgewertet. 5

3. Profil der Teilnehmer 85% der Antworten kamen von 607 privaten Investoren. Bei den 105 institutionellen Anlegern und Anlage- bzw. Vermögensberatern entfielen etwas mehr als die Hälfte auf die Berater (vgl. Abbildung 2). Teilnehmer nach Gruppenzugehörigkeit 15 % Institutionelle 4% Kapitalsammelstellen 8% Sonstige 14% Family Office 21% Vermögensverwalter 85 % Private 52% Anlage und Vermögensberater n= 712 Abbildung 2: Teilnehmer nach Gruppenzugehörigkeit Privatanleger Die befragten Privatanleger verfügen über viel Erfahrung in der Kapitalanlage. 68% legen schon seit mehr als 10 Jahren ihr Vermögen am Kapitalmarkt an, 79% entscheiden selbst über ihr Portfolio ohne Beratung. Das Depotvolumen der befragten Anleger scheint vor dem Hintergrund von Veröffentlichungen der Deutschen Bundesbank über dem Durchschnitt privater Anleger zu liegen: 75% der Antworten geben ein Portfoliovolumen ab T 50 an; oberhalb T 250 liegen immer noch 36% (vgl. Abbildung 3). 6

Größenverteilung der Portfolios der Privatanleger und Kapitalmarkterfahrung Portfoliogröße in T Kapitalmarkterfahrung in Jahren >250 36% >10 Jahre 68% 100-250 23% 5-10 Jahre 17% 50-100 16% 3-5Jahre 8% 10-50 19% 1-3 Jahre 5% <10 6% 1 Jahr 1% 79% verzichten auf Beratung Gar nicht 2% n= 530 Abbildung 3: Größenverteilung der Portfolios der Privatanleger und Kapitalmarkterfahrung n= 542 Betrachtet man nur die Untergruppe der Anleger, die bereits in Mittelstandsanleihen investiert haben, so sind diese erfahrener (76% statt 68% mit mehr als 10 Jahren Anlageerfahrung), unabhängiger in ihrer Entscheidung (82% ohne Beratung) und vermögender (84% haben ein Depotvolumen > T 50, 41% sogar > T 250) als der Durchschnitt der Studienteilnehmer. Die Sichtung und Bewertung relevanter Informationen ist angesichts der Vielzahl der Quellen eine große Herausforderung für Anleger. Anlagerelevante Informationen beziehen die teilnehmenden Privatanleger vor allem aus dem Internet ohne Social Media. Eine nennenswerte Rolle in der Informationsbeschaffung spielen auch Zeitungen und Zeitschriften. Knapp 13% suchen den Kontakt zur IR-Abteilung eines Emittenten, z.b. über Telefon oder auch Vorträge. Der Anteil derjenigen, die die persönliche Beratung durch Banken u.a. in Anspruch nehmen, ist nur wenig höher (vgl. Abbildung 4). 7

Nutzung von Informationskanälen durch Privatanleger Online-Kanäle Übrige Kanäle Informationsportale 86% Zeitungen/Zeitschriften 65% Börsenportale 67% TV 26% Internetauftritt des Unternehmens 61% Persönliche Beratung 18% Social Media 4% Kontakt zur IR-Abteilung 13% n= 607 Abbildung 4: Nutzung von Informationskanälen durch Privatanleger Die Untergruppe der bereits in Mittelstandsanleihen investierten Anleger nutzt überdurchschnittlich oft die Börsenportale. Aber auch andere Quellen, bspw. Internetquellen oder der Direktkontakt zur IR-Abteilung eines Emittenten, spielen eine größere Rolle. Bankberatung, TV und Zeitschriften kommen dagegen seltener zum Einsatz. Anlagestrategien insbesondere für Privatanleger werden oft durch standardisierte Strategien oder Musterdepots beschrieben, die zwischen den Polen Sicherheit und Chance liegen (vgl. Abb. 5). Risikoprofil der Privatanleger Absolut sicherheitsorientiert 2% Ausgewogen, Tendenz sicherheitsorientiert 27% Ausgewogen, Tendenz chancenorientiert 50% Chancenorientiert 21% n= 529 Abbildung 5: Risikoprofil der Privatanleger Im Vordergrund der Anlagestrategien der an der Studie teilnehmenden Privatanleger steht tendenziell die Chance. Als Risikoprofil nennen 21% chancenorientiert, weitere 50% ausgewogen, Tendenz 8

chancenorientiert. Investoren mit Anlageerfahrung in Mittelstandsanleihen stellen die Chance noch etwas stärker in den Vordergrund. Gefragt wurde auch nach den in den Portfolios der teilnehmenden Privatanleger vertretenen Anlageklassen. Staatsanleihen halten nur 26%, Anleihen von Blue Chip -Unternehmen dagegen 62% und deren Aktien sogar 81%. Auch Bankanleihen und Pfandbriefe sind mit 36% eher selten zu finden. Hochzinsanleihen von Unternehmen (46%) und Mittelstandsanleihen (58%) sind deutlich weiter verbreitet. Mit 64% noch etwas höher ist der Anteil derjenigen, die schon einmal in Mittelstandsanleihen investiert haben, 72% können sich sogar eine zukünftig (noch) stärkere Gewichtung dieser Anlageklasse vorstellen (vgl. Abbildung 6). Portfoliobestandteile und Erfahrung der Privatanleger mit Mittelstandsanleihen Im Portfolio haben (Mehrfachnennung) Mittelstandsanleihen Aktien (Blue Chips) 81% Sind mir bekannt 93% Unternehmensanleihen Mittelstandsanleihen 62% 58% Habe ich bereits in Überlegungen einbezogen 78% Sonstige Hochzinsanleihen 54% 46% Könnte ich in Zukunft stärker berücksichtigen 72% Bankanleihen/Pfandbriefe 36% Habe ich bereits gekauft 64% Staatsanleihen 26% n= 542 n= 607 Abbildung 6: Portfoliobestandteile und Erfahrung der Privatanleger mit Mittelstandsanleihen Institutionelle Anleger und Berater Die befragten institutionellen Anleger und Berater schätzen ihre Kunden im Durchschnitt als risikoscheuer ein als die Privatanleger sich selbst. Mit 12% für chancenorientiert und 40% für ausgewogen, Tendenz chancenorientiert liegen die Angaben jeweils rund 10 Prozentpunkte niedriger. Zurückzuführen ist dieses Ergebnis alleine auf die Bank- und Anlageberater, die erheblich von den institutionellen (vgl. Abbildung 7) und auch den privaten Anlegern (Abbildung 5) abweichen und eine größere Sicherheitsorientierung bei ihren Kunden sehen. Diese Einschätzung zeigt, dass Privatanleger in Mittelstandsanleihen sich vom Durchschnitt der Beratungskunden einer Bank oder Vermögensberatung unterscheiden. 9

Durchschnittliches Risikoprofil des Kundenstamms Berater Institutionelle Absolut sicherheitsorientiert 0% Absolut sicherheitsorientiert 5% Ausgewogen, Tendenz sicherheitsorientiert 62% Ausgewogen, Tendenz sicherheitsorientiert 27% Ausgewogen, Tendenz chancenorientiert 32% Ausgewogen, Tendenz chancenorientiert 50% Chancenorientiert 6% Chancenorientiert 18% n= 50 n= 44 Abbildung 7: Risikoprofil des Kundenstamms 71% der Befragten geben an, dass sie oder ihre Kunden bereits in Mittelstandsanleihen investiert haben und 62% (Berater 68%, Institutionelle 55%) können sich zukünftig eine (noch) stärkere Gewichtung vorstellen. Die Erfahrung mit der Anlageklasse ist wie erwartet größer als bei den Privatanlegern, die Pläne für eine zukünftige Portfoliobeimischung von Anleihen sind zwar immer noch positiv, jedoch nicht ganz so euphorisch wie bei den Privatanlegern. Zwischenfazit Teilnehmerprofil Der Markt für Mittelstandsanleihen wurde u.a. ins Leben gerufen, um erfahrene Privatanleger und kapitalsuchende Unternehmen zusammen zu bringen. Die Studie zeigt, dass dieses Ziel hinsichtlich der Privatanleger erreicht wurde. Bei den Anlagezielen dominiert die Chance, was nicht nur aus der Selbsteinschätzung sondern auch aus der Depotzusammensetzung gefolgert werden kann. Die 712 Studienteilnehmer wurden über auflagenstarke Publikationen der Börse Stuttgart, durch Bannerschaltung auf Internetseiten für Anleger oder durch persönliche Ansprache auf einer Anlegermesse gewonnen und haben sich zur Teilnahme aufgrund des Studienthemas Mittelstandsanleihen entschlossen. Grundsätzlich internetferne Anleger konnten auf diesem Weg nicht angesprochen werden. Kreditinstitute bieten Mittelstandsanleihen schon wegen der geringen Volumina oder wegen Ratingeinstufungen im Non-Investment-Grade-Bereich ihren Privatkunden in der Regel nicht aktiv an. Daher ist zu vermuten, dass die Gruppe der von einem Kreditinstitut mit der Anlageidee Mittelstandsanleihen konfrontierten Privatanleger eher klein ist. An der Studie nahmen jedoch an Mittelstandsanleihen interessierte Anlage- und Vermögensberater teil, die ihre Einschätzungen ihrer Beratungskunden weiter geben bzw. deren Einschätzungen entgegennehmen und daher als Vertreter dieser Kundengruppe auch für die Investorengruppe mit Interesse an Mittelstandsanleihen als repräsentativ gesehen werden können. Die Studie zeigt deutlich, dass sich diese Anleger hinsichtlich Erfahrung, Depotvolumen und zusammensetzung vom durchschnittlichen (Privat-)Anleger unterscheiden. 10

4. Mittelstandsanleihen im Kontext eines Portfolios Motive Anlageentscheidungen werden von Investoren in der Regel unter Rendite-, Risiko- und Liquiditätsaspekten und unter Berücksichtigung von Diversifikationseffekten im Anlageportfolio getroffen. Mittelstandsanleihen werden insbesondere wegen ihres möglichen Beitrags zur Portfoliorendite gekauft. Die Regelmäßigkeit der Erträge spielt eine große Rolle, mit deutlichem Vorsprung vor der Diversifikation des Risikos eines bereits bestehenden Portfolios. Die Liquidität der Anlage ist im Durchschnitt aller Investoren ein eher unwichtiges Motiv (vgl. Abbildung 8); die Anleihen werden anscheinend überwiegend mit dem Ziel einer Anlage bis zur Fälligkeit erworben und die Liquiditätsreserven in anderen Anlageklassen gehalten. Motive für den Erwerb für Mittelstandsanleihen (alle Investoren) Mittelwert Eher wichtig / wichtig Renditeverbesserung Regelmäßige Erträge Reduzierung/ Diversifikation des Risikos 2,85 3,63 endi 3,38 endi 68% 86% 94% Liquidität der Anlage 2,41 43% unwichtig eher unwichtig eher wichtig wichtig n= 618 Abbildung 8: Motive für den Erwerb von Mittelstandsanleihen (alle Investoren) Risiken werden im Markt für Mittelstandsanleihen vor allem im Ausfall eines Emittenten gesehen. Institutionelle Anleger und Berater bewerten das Ausfallrisiko etwas höher als Privatanleger. Die eng verwandten Kursschwankungen aufgrund von Ratingänderungen kommen über alle Anleger gerechnet auf den zweiten Platz, gefolgt von Liquiditätsrisiken, die von institutionellen Anlegern und Beratern etwas höher eingeschätzt werden (vgl. Abbildung 9). 11

Risikobewertung nach Anlegergruppen (Mittelwerte) Ausfall eines Emittenten Liquidität (Handelbarkeit) Kursschwankungen aufgrund von Ratingänderungen Kursschwankungen aufgrund von Zinsänderungen Wiederanlagerisiko aufgrund vorzeitiger Rückzahlung 1,86 2,11 3,43 3,25 3,22 2,97 3,16 3,13 2,71 2,67 Institutionelle und Berater n=508 Private, Privatanleger n=103 Institutionelle/Berater niedrig eher niedrig Abbildung 9: Risikobewertung des Erwerbs von Mittelstandsanleihen nach Anlegergruppen eher hoch hoch Betrachtet man die Anleger, die bereits in Mittelstandsanleihen investiert haben, so verdeutlicht die Befragung, dass diese Untergruppe die Risiken, insbesondere das Ausfallrisiko, sehr ähnlich den nicht in Mittelstandsanleihen investierten Anlegern bewertet. Vergleich alternativer Anlageklassen Alle Investoren Anlageentscheidungen werden durch den Vergleich von Alternativen gefällt. In der Befragung wurden die Teilnehmer nach ihren Erwartungen hinsichtlich Rendite, Sicherheit und Liquidität von Mittelstandsanleihen und von fünf weiteren Anlageklassen befragt. Mittelstandsanleihen nehmen in der Einschätzung der Studienteilnehmer bei der Rendite zusammen mit den Hochzins-Unternehmensanleihen eine Spitzenposition ein. Die Sicherheit hingegen wurde als Anlagemotiv unterdurchschnittlich bewertet, demnach rangieren Mittelstandsanleihen vor den Hochzinsanleihen (vgl. Abbildung 10a). 12

Rendite Anlageklassen im Rendite-Sicherheits-Diagramm (Mittelwerte) gut Aktien Unternehmensanleihen (Blue Chips) Mittelstandsanleihen Hochzinsanleihen eher gut Bankanleihen eher schlecht Staatsanleihen schlecht gut eher gut eher schlecht schlecht n= 647 Sicherheit Abbildung 10a: Anlageklassen im Rendite-Sicherheits-Diagramm Für Liquidität erhielten die Mittelstandsanleihen die geringste Note aller Anlageklassen. Die folgende Abbildung 10b zeigt die Ergebnisse für alle drei Dimensionen in der Übersicht. Rendite, Sicherheit und Liquidität nach Anlageklassen (Mittelwerte) Rendite Sicherheit Liquidität Staatsanleihen 1,40 3,31 3,52 Bankanleihen/ Pfandbriefe 1,98 3,06 3,10 U-anleihen (Blue Chips) 2,78 3,17 3,25 Mittelstandsanleihen 3,26 2,17 2,34 Hochzinsanleihen 3,28 2,00 2,48 Aktien (Blue Chips) 3,02 2,75 3,57 n= 647 schlecht eher schlecht eher gut gut schlecht eher eher schlecht gut gut schlecht eher schlecht eher gut gut Abbildung 10b: Rendite, Sicherheit und Liquidität nach Anlageklassen 13

Privatanleger versus institutionelle Investoren und Berater Während die Bewertung der verschiedenen Bondkategorien über alle Investoren hinweg in der Tendenz ähnlich ausfiel, überrascht die Einschätzung von Blue Chip-Aktien. Im Durchschnitt aller Investoren wird die Rendite niedriger als die der Mittelstands- und Hochzinsanleihen, die Sicherheit dagegen höher bewertet. Verteilt auf die einzelnen Anlegertypen fällt auf, dass Privatanleger die Rendite der Aktien mit 2,95 niedriger bewerten als die der Hochzins- und Mittelstandsanleihen, wohingegen institutionellen Anleger und Berater die finanzwirtschaftlichen Theorien stärker berücksichtigend - die Aktienrendite am höchsten bewerten (vgl. Abbildung 11). Rendite und Sicherheit nach Anlageklassen und Anlagergruppen (Mittelwerte) Rendite Sicherheit Institutionelle/ Berater Mittelstandsanleihen Hochzinsanleihen Aktien (Blue Chips) 3,22 3,30 3,33 2,01 2,07 2,82 Private Mittelstandsanleihen Hochzinsanleihen Aktien (Blue Chips) 2,95 3,27 3,28 2,20 1,99 2,73 n= 647 schlecht eher eher schlecht gut gut schlecht eher schlecht eher gut gut Abbildung 11: Vergleich einzelner Anlageklassen nach Anlegergruppen Diese Ergebnisse zeigen zwei interessante Auffälligkeiten: 1. Gemessen am Durchschnitt dürften die befragten institutionellen Investoren und Berater sowohl Mittelstands- als auch Hochzinsanleihen nur aus Gründen der Diversifikation erwerben. Als einzelne Anlageklasse wird ihre Rendite ähnlich der von Aktien gesehen bei allerdings deutlich geringerer Sicherheit. 2. Privatanleger wiederum beurteilen bei identischer Renditeeinschätzung die Sicherheit von Mittelstandsanleihen höher als die von Hochzinsanleihen. Durch weitergehende Befragungen wäre zu ermitteln, ob hier ein gewisser Home bias (Bevorzugung von Emittenten des eigenen Landes) zulasten der meist von ausländischen Unternehmen emittierten Hochzinsanleihen vorliegt. 14

Anleger mit Mittelstandsanleihen versus Anleger ohne Mittelstandsanleihen Anleger entscheiden sich für Mittelstandsanleihen vor allem, weil sie die Portfoliorendite verbessern und Erträge verstetigen wollen, wie die Frage nach den Anlagemotiven gezeigt hat. Ihre Einschätzung der Renditen - relativ zu denen anderer Anlageklassen - spielt daher eine wesentliche Rolle für die Investitionsentscheidung. Anleger, die bereits in Mittelstandsanleihen investiert haben, schätzen deren Rendite deutlich besser ein als die Rendite einer Aktienanlage (Mittelwert 3,39 (Mittelstandsanleihen) zu 2,95 (Aktien)). Anleger, die noch keine Mittelstandsanleihen im Depot haben, sehen dagegen eine umgekehrte Reihenfolge (Mittelwert 2,99 (Mittelstandsanleihen) zu 3,15 (Aktien)). Die Sicherheit der Anlage wird hingegen von beiden Anlegergruppen übereinstimmend beurteilt. Zwischenfazit Mittelstandsanleihen im Portfoliokontext Die Studienergebnisse zeigen, dass Renditeverbesserung und Regelmäßigkeit der Erträge die wesentlichen Motive für den Kauf von Mittelstandsanleihen sind. Insoweit ist es nicht verwunderlich, dass die Studienteilnehmer hohe Renditeerwartungen an Mittelstandsanleihen haben. Sie erkennen allerdings auch die Risiken. Liquidität ist ein eher unwichtiges Anlagemotiv, zumindest aus Sicht der Privatanleger, wenngleich die Bewertung der Liquidität im Durchschnitt als eher schlecht gesehen wird. Es scheint daher, dass fehlende Liquidität für Privatanleger eher weniger relevant ist. Die Motivlage der Anleger und die Bewertung der Mittelstandsanleihen lässt sich im magischen Dreieck in Abbildung 12 zusammenfassen: Mittelstandsanleihen im magischen Dreieck Als Anlagemotiv von geringer Bedeutung, d.h. buy and hold dominiert Risiken werden vor allem von Institutionellen/Beratern gesehen Liquidität Wichtigstes Motiv für Anlage in Mittelstandsanleihen Einschätzung durch investierte Privatanleger besser als für andere Anlageklassen einschl. Aktien Rendite Risikodiversifikation als Anlagemotiv von mittlerer Bedeutung Ausfallrisiken werden von allen Anlegern gesehen, auch den bereits investierten Privatanlegern Einschätzung der Sicherheit ähnlich Hochzinsanleihen Sicherheit Abbildung 12: Mittelstandsanleihen im magischen Dreieck 15

5. Die Auswahl eines Einzeltitels Informationsbeschaffung Informationsquellen für Anlageentscheidung in Mittelstandsanleihen Nutzung Die Frage nach der Nutzung von Informationsquellen für Anlageentscheidungen in Mittelstandsanleihen wurde nur privaten Investoren gestellt, die bereits in Mittelstandsanleihen investiert haben. Für institutionelle Investoren und Berater wurden Bekanntheit und Nutzung der Quellen in der Breite unterstellt. Nur eine Minderheit von 18% der befragten Privatanleger nutzt überhaupt eine Beratung zur Vorbereitung von Anlageentscheidungen (siehe Abbildung 4). Informationsbeschaffung ist für sie eine wichtige Aufgabe. Im Durchschnitt nutzen sie für Anlageentscheidungen in Mittelstandsanleihen etwa 4,6 Quellen. Am häufigsten und jeweils von mehr als zwei Dritteln der Befragten genutzt wurden Informationsverteiler der Börse (z.b. Newsletter), gefolgt von Wertpapierprospekt und Ratingbericht. Je etwa die Hälfte der Anleger holte weitere Informationen vom Unternehmen, über Researchberichte oder das Factsheet bzw. das Produktinformationsblatt nach WpHG ein. Deutlich seltener wurde das Videoangebot der Börse oder der Direktkontakt zum Unternehmen gesucht; die technische Analyse als Instrument im Sekundärmarkt spielte die geringste Rolle (vgl. Abbildung 13). Informationsquellen privater Anleger für Anlageentscheidungen in Mittelstandsanleihen Nutzung 77% 70% 67% 51% 48% 48% 47% 21% 19% 15% Informationsquelle n= 362 Abbildung 13: Informationsquellen privater Anleger für Anlageentscheidungen in Mittelstandsanleihen Auf den ersten Blick erstaunlich ist die Nutzungsquote des Ratingberichtes, auf die rund 30% der befragten Privatinvestoren verzichtet. Allerdings wird eine Rating-Zusammenfassung nicht von allen Börsen zur Verfügung gestellt. Eine Analyse dieser Anleger zeigt weiter, dass sie im Durchschnitt immerhin auch 3,5 Quellen nutzen. An der Spitze liegt der Informationsverteiler der Börse gefolgt vom Wertpapierprospekt und weiteren Informationen des Unternehmens. 16

Informationsquellen Bedeutung für die Anlageentscheidung Zur Bedeutung der unterschiedlichen Informationsquellen für die Anlageentscheidung wurden alle Studienteilnehmer befragt. Privatanleger konnten hier allerdings nur diejenigen Instrumente beurteilen, die sie zuvor auch als genutzt gekennzeichnet hatten. Die Auswertung der Antworten der Privatanleger ist wenig ergiebig, da sie die genutzten Quellen im Durchschnitt als wichtig kennzeichneten und so lediglich die erste Aussage ( habe ich genutzt ) bestätigen. Institutionelle Anleger und Berater differenzieren nicht wesentlich zwischen den Informationsquellen, denn die Mittelwerte liegen doch recht nahe beieinander (vgl. Abbildung 14). Bedeutung der Informationsquellen (Mittelwerte) Researchberichte 3,36 3,47 Wertpapierprospekt 3,00 3,54 Ratingberichte 3,31 3,67 Direkter Kontakt zum Unternehmen 2,96 3,31 Weitere Informationen des Unternehmens 3,24 3,33 Informationsverteiler der Börse 2,85 3,37 Factsheets Produktinformationsblatt 3,20 3,43 3,03 3,38 Technische Analyse Videoangebot der Börse 1,76 2,63 3,30 3,01 unwichtig eher eher wichtig unwichtig wichtig Institutionelle und Berater Privatanleger unwichtig eher unwichtig Abbildung 14: Bedeutung der Informationsquellen für die Anlageentscheidung nach privaten und institutionellen Anlegern eher wichtig wichtig n= 355 Der erstaunlich niedrige Wert von 2,96 für den Direktkontakt zum Unternehmen der Institutionellen und Berater ist im Wesentlichen den Beratern geschuldet (2,72). Berater setzen viel stärker als institutionelle Anleger auf Sekundärrecherche wie die höheren Werte für Researchberichte (3,52 zu 3,19), das Produktinformationsblatt (3,22 zu 2,81) und Informationsverteiler der Börse (3,02 zu 2,67) zeigen. 17

Auswahlkriterien Allgemeine Merkmale alle Investoren Im Folgenden werden die Ausstattungsmerkmale der Anleihe, Unternehmensmerkmale und die Zusammensetzung ihres Portfolios behandelt. Bei den Ausstattungsmerkmalen der Anleihe steht die Rendite in der Bedeutung ganz oben, gefolgt von den Anlegerschutzrechten. Die Höhe des Anleihevolumens nimmt eine mittlere Position ein, eher unbedeutend sind Kündigungsrechte der Emittentin. Bei den Unternehmensmerkmalen haben finanzwirtschaftliche Kennzahlen (Rentabilität, Eigenkapitalquote) nicht nur die höchste, sondern auch eine der Anleiherendite vergleichbare Bedeutung. Es folgen auf immer noch hohem Niveau der Geschäftszweck/die Mittelverwendung, die Ratingnote und die Branchenzugehörigkeit der Emittentin. Der bekannte Markenname des Anleiheschuldners hat eine mittlere Bedeutung. Die Portfoliosicht und damit der Beitrag zur Diversifikation des Risikos wird als wichtig bewertet. Bei den Dienstleistungen rund um die Emission und die Aufnahme in den Börsenhandel waren die Bemühungen der Plattformen und Partner um Differenzierung vom Wettbewerb noch nicht sonderlich erfolgreich. Sowohl die Reputation des emissionsbegleitenden Partners als auch das Image des Börsenplatzes schließen durchschnittlich mit eher unwichtig ab (vgl. Abbildung 15). Investoren betrachten einzelne Unternehmen und nicht so sehr das Segment oder einen einzelnen Börsenplatz. Kriterien bei der Wahl eines Einzeltitels (alle Investoren) Ausstattungsmerkmale der Anleihe (Mittelwerte) Unternehmensmerkmale (Mittelwerte) Rendite 3,63 Rentabilität/Eigenkapitalausstattung 3,62 Anlegerschutzrechte 3,27 Geschäftszweck/ Mittelverwendung 3,36 Anleihevolumen Reputation des Emissionspartners Kündigungsrechte der Emittentin 3,01 2,54 2,45 Ratingnote des Unternehmens Branchenzugehörigkeit Bekannter Markenname 3,26 3,16 2,89 Image des Börsenplatzes 2,37 unwichtig eher unwichtig eher wichtig wichtig n= 457 unwichtig eher eher wichtig unwichtig wichtig Diversifikation des Portfolios: 3,27 Abbildung 15: Kriterien bei der Wahl eines Einzeltitels (alle Investoren) 18

Allgemeine Merkmale - Privatanleger versus institutionelle Anleger und Berater Für Privatanleger sowie institutionelle Anleger und Berater haben die einzelnen Auswahlkriterien eine sehr ähnliche Bedeutung. Abweichungen, wie die höhere Bedeutung des Anleihevolumens für institutionelle Anleger oder der Rendite für Privatanleger, waren zu erwarten. Institutionelle Anleger (Vermögensverwalter, Family Offices Fonds) ohne Anlage- und Vermögensberater legen überdurchschnittlichen Wert auf Anlegerschutzrechte. Dem bekannten Markennamen wird sowohl von privaten als auch von institutionellen Anlegern und Anlage- bzw. Vermögensberatern eine mittlere Bedeutung zugemessen. Aus den Antworten lässt sich nicht erkennen, ob dieses Kriterium ein eigenständiger Wert ist oder für eine verkürzte Analyse von Geschäftszweck, Branche und finanzwirtschaftlichen Kennzahlen steht. Offen muss auch bleiben, ob die institutionellen Anleger und Berater in dem Markennamen ein positives Unternehmensmerkmal oder eher eine Hilfe im Vertrieb an andere Anleger sehen. Zusatzfragen für institutionelle Investoren und Berater Institutionellen Anlegern und Beratern wurden noch zwei weiterführende Fragen zur Branchen- und Ratingeinschätzung gestellt. Die ideale Branche ist aus ihrer Sicht reif, weiter wachsend und konjunkturresistent. Auch wenn im Einzelfall kaum alles auf einmal zu haben sein wird, so ist es doch interessant, dass die dominierende Chancenorientierung der institutionellen Anleger und Berater sich auch in einer etwas höheren Gewichtung des Wachstums (91% eher wichtig bzw. wichtig ) gegenüber dem fortgeschrittenen Reifegrad (85%) oder der Konjunkturneutralität (76%) zeigt. Soweit es die Bedeutung von Ratings für Mittelstandsanleihen betrifft, vergeben nur 3% der institutionellen Investoren und Berater die Bestnote hoch, weitere 34% eher hoch. Diese Aussage ist jedoch vor dem Hintergrund der aktuell nur 2 jährigen Erfahrungen im Umgang mit Mittelstandsanleihen zu sehen. Anlegerschutzrechte Während 97% der Befragten erklärten, dass ihnen Mittelstandsanleihen grundsätzlich bekannt sind, gilt dies nicht im gleichen Maße für Kündigungs- bzw. Anlegerschutzrechte im Zusammenhang mit Mittelstandsanleihen. Einzelne Rechte sind jedem fünften bis dritten Privatanleger noch unbekannt (vgl. Abbildung 16). 19

Bedeutung und Bekanntheit von Anlegerschutzrechten bei Privatanlegern Bedeutung (Mittelwerte) Anteil unbekannt Drittverzugsklausel 3,77 Drittverzugsklausel 36% Bruch von Financial Covenants 3,68 Bruch von Financial Covenants 28% Negativerklärung 3,61 Negativerklärung 29% Kontrollwechsel 3,55 Kontrollwechsel 26% Kündigungsrechte: ordentliches 2,80 Kündigungsrechte: ordentliches 5% aus steuerlichen Gründen 2,67 aus steuerlichen Gründen 19% n= 355 unwichtig eher unwichtig eher wichtig wichtig Abbildung 16: Bedeutung und Bekanntheit von Kündigungs- und Anlegerschutzrechten bei Mittelstandsanleihen (Privatanlegern) Bei institutionellen Anlegern und Beratern ist der Kenntnisstand deutlich ausgeprägter. Allerdings gibt auch in dieser Gruppe im Schnitt jeder zehnte an, einzelne Rechte nicht zu kennen. Hier besteht noch ein erheblicher Aufklärungsbedarf, zumal die Bedeutung sowohl von Privatanlegern als auch institutionellen Anlegern und Beratern im Mittel als eher wichtig eingestuft wird. Wegen der Verbreitung der Anlegerschutzrechte bei Unternehmensanleihen aller Kategorien trifft dies nicht nur auf Mittelstandsanleihen, sondern auch auf Unternehmensanleihen im Allgemeinen zu. Demzufolge wird die Erhöhung der Transparenz über bestehende Schutzklauseln einen großen Nutzen stiften können. Umsetzung der Anlageentscheidung Über 80% der Privatanleger mit Mittelstandsanleihen erwarben diese schon einmal in der Erstemission. Die Erstzeichner nutzten drei Wege (Mehrfachnennung möglich): 70% zeichneten demnach Anleihen über ihre Hausbank, 43% gaben die Zeichnungsfunktion der Börse an und 21% zeichneten direkt beim Emittenten. Der hohe Anteil der separat aufgeführten Nennung Zeichnungsfunktion der Börse deutet darauf hin, dass dieser Weg bei den Anlegern in Mittelstandsanleihen einen besonderen Stellenwert zu haben scheint. Wurde über die Hausbank gezeichnet, waren die Anleger mit der Abwicklung (94% gut oder eher gut ) und den Kosten (79% gut / eher gut ) zufrieden, mit der Beratung dagegen nicht. Mehr als die Hälfte der Befragten (56%) bezeichneten sie als schlecht oder eher schlecht (vgl. Abbildung 17). Viele Banken beraten aufgrund der geringen Volumina und der Ratingeinstufung im Non-Investment- Bereich allerdings nicht aktiv zu Mittelstandsanleihen und halten auch keine Informationen vor. Mittelstandsanleihen haben aus Sicht dieser Banken in der Regel lediglich eine Pull - Funktion für Depot- und Abwicklungsdienstleistungen und stellen daher noch kein eigenständiges 20

Beratungsprodukt dar. Daran wird sich wegen der definitionsgemäß kleinen Volumina und der Ratingnoten strukturell wohl wenig ändern, so dass die der Anlageentscheidung voraus gehende Informationsversorgung der Anleger wohl zum Teil auf anderen Wegen erfolgen muss. Nutzung der Zeichnungswege und Erfahrungen der Zeichnung über Banken Zeichnungswege bei der Emission (Mehrfachnennungen; n=361) Zufriedenheit bei der Zeichnung über die Hausbank (n=176) gut eher gut Hausbank 70% Beratung 15% 29% 44% Zeichnungsfunktion Börse 43% Kosten 40% 38% 79% Direkt beim Emittenten 21% Abwicklung 67% 27% 94% Abbildung 17: Nutzung der Zeichnungswege und Erfahrungen bei der Zeichnung über Banken Zwischenfazit Titelauswahl Privatanleger in Mittelstandsanleihen entscheiden vielfach selbständig. Zur Entscheidungsvorbereitung benötigen sie Informationen, die sie sich aus einer großen Bandbreite von Quellen beschaffen. Rückschlüsse für das Informationsangebot sowohl von Dienstleistern als auch Unternehmen sind möglich: Nachfrage nach Dienstleistungen, die Informationen im Internet aufbereiten und bewerten, besteht; schwierig könnte es allerdings sein, ein angemessenes Erlösmodell für diese Leistungen zu finden. Unternehmen müssen berücksichtigen, dass die Anleger Informationen nachfragen und über Wertpapierprospekt und Ratingbericht hinaus weitere Angebote schätzen. Bei der Titelauswahl achten die Investoren auf Unternehmens- und weniger auf Segmentmerkmale. Anlegerschutzrechte haben eine große Bedeutung; gerade bei Privatanlegern bestehen hier jedoch Wissenslücken, die allerdings für alle Bondmärkte gelten. Insgesamt unterscheiden sich Privatanleger und institutionelle Anleger und Berater kaum in der Gewichtung der abgefragten Kriterien. Die Anlageentscheidung wird von Privatanlegern meist über ihre Hausbank umgesetzt; die Zeichnungsfunktion der Börse für diesen Fall hat einen recht hohen Bekanntheitsgrad. In Bezug auf die Zufriedenheit mit der Hausbank geben nur 44% der Befragten an, dass sie die Beratung als gut/eher gut einstufen. Wesentlich zufriedener sind die Privatanleger mit der Abwicklung und den Kosten bei den Hausbanken. 21

6. Bedeutung und Bewertung des Sekundärmarktes 78% der Privatanleger stufen die Bedeutung des Sekundärmarktes für Mittelstandsanleihen als eher hoch oder hoch ein. Diese Aussage steht etwas im Widerspruch zu der insgesamt eher geringen Bedeutung der Liquidität bei der Anlageentscheidung für Mittelstandsanleihen. Eventuell planen die Anleger eine buy and hold -Strategie, sehen aber sehr wohl die Notwendigkeit eines funktionierenden Sekundärmarktes, sollten sie ihre Entscheidung revidieren wollen. Mit der Qualität hinsichtlich wichtiger Merkmale wie Liquidität, Preisbildung, Transaktionskosten, Handelsüberwachung sind gut ein Viertel bis fast die Hälfte der Befragten nicht zufrieden (Bewertung als eher schlecht oder schlecht ; vgl. Abbildung 18). Während institutionelle Anleger und Berater eher die Preisbildung und die Liquidität und damit die Handelsqualität kritisieren, ist für Privatanleger die Informationsqualität der Schwachpunkt. Umfang, Qualität und Aktualität der Informationen haben für 44% der Privatanleger und 38% der institutionellen Anleger und Berater noch deutliches Verbesserungspotential (Bewertung mit schlecht bzw. eher schlecht ). Bewertung von Eigenschaften des Sekundärmarktes nach Anlegergruppen schlecht eher schlecht eher gut Preisbildung 14,9% 34,0% 35,1% 9,8% 27,8% 47,6% gut 16,0% 14,8% Liquidität 12,8% 4,4% 21,8% 28,7% 48,0% 28,7% 29,8% 25,9% Handelsüberwachung 4,3% 6,1% 25,8% 30,4% 45,2% 46,3% 24,7% 17,3% Transaktionskosten 6,5% 4,7% 20,7% 26,7% 51,1% 47,7% 21,7% 20,9% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% private Anleger Institutionelle Anleger/Berater Abbildung 18: Bedeutung und Bewertung des Sekundärmarktes Hier zeigen sich die unterschiedlichen Schwerpunkte: Institutionelle Anleger und Berater können Informationen besser beschaffen und verarbeiten. Dafür wollen sie in der Lage sein, sich auch von größeren Beständen im sechs- oder siebenstelligen Bereich ohne Preiseffekte trennen zu können. Private dagegen agieren meist mit deutlich kleineren Beträgen bis etwa 20.000. 22