Schnelle und flexible Berechnung thermodynamischer Stoffwerte mit Spline-Interpolation für die Modellierung instationärer Energieumwandlungsprozesse

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Transkript:

Schnelle und flexible Berechnung thermodynamischer Stoffwerte mit Spline-Interpolation für die Modellierung instationärer Energieumwandlungsprozesse Dipl.-Ing. (FH) Matthias Kunick, Phone: +49.3583-61-1817, E-Mail: MKunick@hs-zigr.de, Hochschule Zittau/Görlitz, Theodor-Körner-Allee 16, 02763 Zittau Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Joachim Kretzschmar, Phone: +49.3583-61-1846, E-Mail: hj.kretzschmar@hs-zigr.de, Hochschule Zittau/Görlitz, Theodor-Körner-Allee 16, 02763 Zittau Prof. Dr.-Ing. Uwe Gampe, Phone: +49.351-463-3, E-Mail: u.gampe@tu-dresden.de, Technische Universität Dresden, Helmholtzstraße 10, 01069 Dresden Zusammenfassung Bei der Entwicklung moderner kraftwerkstechnischer Anlagen kommen aufwändige Prozessberechnungen wie die numerische Strömungssimulation (engl.: Computational Fluid Dynamics (CFD)) zum Einsatz. Zunehmend werden auch instationäre Prozesse in energietechnischen Berechnungsprogrammen simuliert. Diese Prozessberechnungen erfordern eine schnelle und genaue Stoffwertberechnung. Die verfügbaren wissenschaftlichen Fundamentalgleichungen können die Zustandsgrößen innerhalb ihrer Messunsicherheit wiedergeben, sind jedoch mathematisch so aufwändig, dass sie für eine praktische Anwendung in aufwändigen Prozessberechnungen nicht geeignet sind. Deshalb kommen derzeit vereinfachte Berechnungsansätze, wie beispielsweise die Idealgas-Gleichung, für die Berechnung der thermodynamischen Zustandsgrößen zum Einsatz. Je nach Zustandsgebiet stellen sich dadurch Fehler in der Prozessberechnung ein. Die thermodynamischen Zustandsgrößen müssen in numerischen Prozesssimulationen stetig wiedergegeben werden. Weiterhin ist aufgrund der feinen Diskretisierung in den Simulationsmodellen die numerische Konsistenz zwischen Vorwärts- u. Rückwärtsfunktion von besonderer Bedeutung. Das heißt, dass das Ergebnis der Berechnung einer Zustandsgröße z=f(x 1,x 2 ) eingesetzt in die Rückwärtsfunktion x 1 =f(z,x 2 ) wieder möglichst exakt auf den zuvor vorgegebenen Wert von x 1 führen muss. Die genannten Anforderungen hinsichtlich Genauigkeit, Rechenzeit und numerischer Konsistenz können mit Spline-basierten Table-Look-up Verfahren erfüllt werden. Die Entwicklung neuer Stoffwertberechnungsalgorithmen mit Spline-Interpolation steht somit im Fokus dieses Projekts. Vorgestellt werden Algorithmen zur Stoffwertberechnung mit Spline-Interpolation und einige Beispiele für die Anwendung auf Arbeitsfluide der Energietechnik. Es kann gezeigt werden, dass die hier vorgestellten Algorithmen die genannten Anforderungen erfüllen können und im gesamten fluiden Zustandsgebiet anwendbar sind. Für die praktische Anwendung des Verfahrens wird die Software FluidSplines entwickelt. Die mithilfe dieser Software entwickelten Programmbibliotheken zur Stoffwertberechnung mit Spline-Interpolation werden derzeit in CFD- und energietechnischen Berechungsprogrammen getestet. Schlüsselwörter: Thermodynamik, Zustandsgrößen, Spline-Interpolation, Stoffwert-Berechnung 1 Einleitung Im Zuge der weltweiten Bemühungen zum Klimaschutz befinden sich eine ganze Reihe neuartiger Prozesse zur Elektroenergieerzeugung in der Entwicklung. Gegenwärtig wird besonders der Ausbau der regenerativen Energietechnik vorangetrieben. Da die Energiegewinnung in Wind- u. Solaranlagen starken zeitlichen Schwankungen unterliegt, müssen konventionelle Kraftwerke viel häufiger in ihrer Leistung geregelt werden. Die so notwendig gewordene instationäre Prozessführung muss schon in der Auslegung neuer energietechnischer Anlagen berücksichtigt werden. Zur Entwicklung von neuen energietechnischen Anlagen kommen Computerprogramme zum Einsatz, mit denen sich Anlagenkomponenten und ganze Kraftwerke mit mathematischen Modellen simulieren und optimieren lassen. Die nun notwendig gewordenen numerischen Simulationen instationärer Prozesse sind besonders hinsichtlich des Rechenzeitbedarfs extrem aufwändig. Die thermodynamischen Ei-

genschaften der verwendeten reinen Stoffe und Stoffgemische müssen dabei sehr genau, aber mit minimaler Rechenzeit, ermittelt werden. Verfügbar sind hochgenaue wissenschaftliche Gleichungen, sogenannte Fundamentalgleichungen, zur Berechnung der Stoffdaten, die jedoch mathematisch so aufwändig sind, dass ihre praktische Anwendung zur Prozessoptimierung und der Berechnung instationärer Prozesse aus Gründen der Rechenzeit nicht möglich ist. Deshalb werden bei der numerischen Simulation energietechnischer Anlagen sehr einfache und deshalb sehr ungenaue Näherungsmodelle genutzt. Im Rahmen dieser Arbeit werden geeignete Algorithmen und Werkzeuge für eine flexibel einsetzbare Stoffwertberechnung erarbeitet, mit denen thermodynamische Zustandsgrößen von reinen Stoffen und Stoffgemischen mit hoher Genauigkeit und gleichzeitig minimalem Rechenzeitbedarf ermittelt werden können. Die Bearbeitung erfolgt im Rahmen eines kooperativen Promotionsverfahrens mit der HS Zittau/Görlitz und der TU Dresden. Um den praktischen Anforderungen an schnelle Stoffwert-Berechnungsalgorithmen bestmöglich zu entsprechen, erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit den Industriepartnern Siemens Energy, Vattenfall Power Consult (VPC), STEAG Energy Services und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.v.. 2 Material und Methoden 2.1 Stand der bisherigen Entwicklung Um Zustandsgrößen mit hinreichender Genauigkeit und minimalem Rechenzeitaufwand berechnen zu können, wurden in der Vergangenheit verschiedene sogenannte Table-Look-up Verfahren entwickelt. Das Prinzip dieser Verfahren ist, dass zwischen Stützwerten die gesuchten Werte interpoliert werden. Dazu werden die Stützwerte mit den verfügbaren Fundamentalgleichungen im Voraus berechnet. Die so generierten Stützwerttabellen werden gespeichert und für die Stoffwertberechnung bereitgestellt. Der Vorteil dieser Verfahren ist, dass die Genauigkeit von der Anzahl der Stützwerte beeinflusst werden kann, wobei die Rechenzeit davon weitgehend unabhängig ist. Ein bekanntes Table-Look-up Verfahren ist die Tabular Taylor Series Expansion Method (TTSE) [1]. Dabei wird die Berechnung ausgehend von den Stützpunkten mit Taylor-Reihen vorgenommen, deren Koeffizienten in Stützdatentabellen gespeichert wurden. Die TTSE wurde im Jahr 2003 von der International Association for the Properties of Water and Steam (IAPWS) als Guideline [1] angenommen. Nachteil dieser Methode ist, dass sich Funktionen nicht stetig darstellen lassen. Da die in numerischen Prozessberechnungen verwendeten iterativen Algorithmen jedoch eine stetige Abbildung von Stoffwerten erfordern, hat sich die TTSE in der Praxis nicht durchsetzen können. 2.2 Berechnungsansatz Aus den erörterten Anforderungen und Erkenntnissen lässt sich der Schluss ziehen, dass Table-Look-up Verfahren für eine schnelle Stoffwertberechnung geeignet sind, sofern es gelingt, die Stoffwertfunktionen glatt und stetig wiederzugeben. Dabei soll die Stoffwertberechnung im Vergleich zu den wissenschaftlichen Fundamentalgleichungen mindestens einhundert Mal schneller sein. Weiterhin ist besonders bei

der Berechnung von instationären Prozessen die numerische Konsistenz der verwendeten Stoffwertfunktionen wichtig. Das heißt, dass das Ergebnis einer Berechnung z = z(x 1,x 2 ) eingesetzt in die sogenannte Rückwärtsfunktion x 1 = x 1 (z,x 2 ) wieder möglichst exakt auf den eingangs vorgegebenen Wert für x 1 führt. Im hier vorgestellten Projekt konnte bereits gezeigt werden, dass sich durch die Entwicklung eines Table-Look-up Verfahrens mit Spline-Interpolation die genannten Anforderungen erfüllen lassen. Die benötigten Stoffwertfunktionen können stetig und mit hoher Genauigkeit wiedergeben werden. Zudem wird zur Auswertung der verwendeten Polynome nur wenig Rechenzeit benötigt. Ein weiterer Vorteil der Methode ist, dass Spline-Polynome zweiten und dritten Grades nach den enthaltenen Variablen analytisch umstellbar sind. Die umgestellten Spline-Funktionen werden als inverse Spline-Funktionen bezeichnet. Spline-Funktion und inverse Spline-Funktion sind vollständig numerisch konsistent zueinander. Somit kann mit dem Einsatz von Spline- Funktionen auch den extremen Anforderungen der numerischen Simulation instationärer Prozesse entsprochen werden. 2.2.1 Erläuterungen zur Spline-Interpolation Als Spline bzw. Spline-Funktion bezeichnet man eine stückweise definierte Funktion, deren Teilfunktionen (Spline-Polynome) stetig ineinander übergehen. Spline- Funktionen lassen sich nicht nur für den eindimensionalen Fall, sondern auch mehrdimensional aufstellen. Man spricht dann von Produktinterpolation. Zur Bereitstellung thermodynamischer Zustandsgrößen werden eindimensionale Funktionen z = z(x), beispielsweise zur Beschreibung von Schmelz-, Siede- und Sublimationskurven, benötigt. Die Theorie zur eindimensionalen Spline-Interpolation ist weitgehend bekannt [2]. Den Schwerpunkt der bisherigen Untersuchungen in diesem Projekt bildeten zweidimensionale Funktionen z = z(x 1,x 2 ), die zur Beschreibung thermodynamischer Zustandsgrößen reiner Stoffe eingesetzt werden. Die Zustandsgrößen von Gemischen werden üblicherweise mit mehrdimensionalen Funktionen z = z(x 1,x 2,,x n ) berechnet. Im nachfolgenden Abschnitt wird die Entwicklung eines geeigneten Verfahrens zur zweidimensionalen Spline-Interpolation von thermodynamischen Zustandsgrößen näher erläutert. In ähnlicher Weise können auch Verfahren für die ein- bzw. mehrdimensionale Spline-Interpolation umgesetzt werden. 2.2.2 Zweidimensionale Spline-Interpolation thermodyn. Zustandsgrößen Die wichtigsten theoretischen Grundlagen zur zweidimensionalen Spline- Interpolation sind in [3] zusammengefasst. Die Forderungen nach Stetigkeit der Spline-Funktion, sowohl in ihren Funktionswerten als auch in ihren ersten Ableitungen, führen auf Polynome vom Grad zwei oder höher. Da die Rechenzeit möglichst gering sein soll, wurden zunächst bi-quadratische Spline-Polynome untersucht. Auch die Forderung nach numerischer Konsistenz zwischen Vorwärts- und Rückwärtsrechnung kann so erfüllt werden, da sich diese Polynome nach ihren Variablen explizit umstellen lassen. Das bi-quadratische Spline-Polynom für eine Zelle (i,j) hat die Form 3 3 SPL ij ijkl i j k 1 l 1 k 1 l 1, 2 1 1 2 2 z x x a x x x x 1. (1)

Die Spline-Polynome werden, wie in Bild 1 dargestellt, stückweise in rechteckigen Zellen definiert. Durch Transformation der Koordinaten und eine äquidistante Anordnung der Stützdatenpunkte wird der notwendige Suchalgorithmus vereinfacht und die benötigte Datenmenge minimiert. Um möglichst gute Formerhaltung der Splinefunktion und damit minimale Datenmengen zu erreichen, werden die Knotenstellen, zwischen denen die Polynome aufgestellt werden, so gewählt, dass sie zwischen den Stützstellen liegen. Diese Nebenbedingungen führen auf ein globales Verfahren, mit dem die geforderte Stetigkeit erreicht wird. Allerdings lässt sich dieses Verfahren nur anwenden, wenn der Interpolationsbereich eine rechteckige Kontur hat. Falls die zugrunde liegenden Zustandsgleichungen nicht direkt extrapoliert werden können, lassen sich geeignete Stützwerte außerhalb des Gültigkeitsbereiches durch Extrapolationstechniken, wie der Beibehaltung der Krümmung oder der Funktionsspiegelung, bestimmen. Alternativ kann auch ein lokales Spline-Interpolationsverfahren mit bikubischen Spline-Polynomen zur Anwendung kommen. x 2 1 j J j 1 j z SPL ij x, x 1 2 Bild 1: i i 1 1 i I x 1 Stützdatenraster mit äquidistanten Unterbereichen 2.3 FluidSplines Software zur Spline-basierten Stoffwertberechnung Zur praktischen Anwendung des in diesem Projekt zu entwickelnden Berechnungsverfahrens, aber auch für die notwendigen Untersuchungen desselben wird das Programmsystem FluidSplines als Hilfsmittel zur Stoffwertberechnung mit Spline-Interpolation entwickelt. Ausgehend von den aus der jeweiligen Prozessberechnung resultierenden Anforderungen soll mithilfe dieser Software eine geeignete Spline- Funktion erstellt werden. Dabei muss die Rasterdichte optimiert und damit die Anzahl der Stützdatenpunkte minimiert werden. Die als Ergebnis vorliegenden Stützwerttabellen mit Spline-Koeffizienten in Verbindung mit den Spline-Interpolationsalgorithmen werden als Stoffwertberechnungsmodule für die Prozessberechnung bereitgestellt. Damit wird eine flexible und schnelle Stoffwertberechnung ausgehend von den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Prozessmodellierung erreicht. Die zu interpolierende Funktion kann aus einer Reihe im Programm verfügbarer Funktionen ausgewählt werden. Die dafür notwendigen Stoffdaten werden aus den am Fachgebiet Technische Thermodynamik der Hochschule Zittau/Görlitz erstellten Stoffwert- Programmbibliotheken oder der am National Institute of Standards and Technology (USA) entwickelten REFPROP-Datenbank ermittelt. Die grafische Benutzeroberfläche von FluidSplines ermöglicht außerdem die Vorgabe des Gültigkeitsbereichs und der geforderten Genauigkeit. Weiterhin verfügt das Programm über Funktionen zur Verifizierung von Rechenzeitbedarf und Genauigkeit. Hierfür werden

die Ergebnisse der Spline-Funktion mit denen der Fundamentalgleichung miteinander verglichen und die Abweichungen grafisch dargestellt werden. 3 Ergebnisse Das hier vorgestellte Verfahren wurde für verschiedene Stoffe getestet. In energietechnischen Berechnungsprogrammen zur Simulation kraftwerkstechnischer Anlagen werden häufig Funktionen für thermodynamische Zustandsgrößen in Abhängigkeit des Drucks p und der Enthalpie h berechnet. Die gegenwärtig genutzten Fundamentalgleichungen liegen jedoch meist in physikalischer Form, also als Funktion von Temperatur und Dichte, vor. Um nun ausgehend von Druck und Enthalpie die entsprechende Temperatur berechnen zu können, muss die Lösung iterativ aus der Fundamentalgleichung bestimmt werden. Diese Vorgehensweise führt zu enorm hohen Rechenzeiten und macht die Optimierung von neuartigen Kraftwerksprozessen mit CO 2 -Abscheidung praktisch unmöglich. Mit dem vorgestellten Verfahren können die Rechenzeiten signifikant verkürzt werden. Höchste Genauigkeit bei der Berechnung der thermodynamischen Zustandsgrößen ist dabei dennoch gewährleistet. Beispielhaft werden im Folgenden Spline-Funktionen für Wasserdampf und CO 2 betrachtet. 3.1 Anwendung des Verfahrens am Beispiel von CO 2 Die Stoffwertberechnung mit Spline-Interpolation wird zunächst anhand der Funktion T(p,h) (Temperatur T aus Druck p und Enthalpie h) für CO 2 erläutert. Die aufzustellende Spline-Funktion T(p,h) soll im technisch besonders relevanten Gasgebiet von CO 2 gültig sein. Die notwendige Genauigkeit der Spline-Funktion soll durch eine maximale, relative Abweichung von T/T=1x10-5 von der zugrunde liegenden Fundamentalgleichung [4] festgelegt sein. Diese zulässige Abweichung ist kleiner als die Ungenauigkeit der Fundamentalgleichung selbst. Die Spline-Funktion T(p,h) wurde als bi-quadratischer Spline erzeugt. Dazu wurde ein p,h - Raster bestimmt, mit dem die geforderte Genauigkeit erreicht werden kann. Die Anzahl der Stützdatenpunkte ist dabei im Sinne der Datenmenge minimiert worden. Mit den in Abschnitt 2.2 vorgestellten Algorithmen wurden die benötigten Spline- Koeffizienten bestimmt. Aus diesen Daten ist der Quelltext für eine auf dem Computer anwendbare Funktion generiert worden. Der Rechenzeitvergleich zeigt, dass die Stoffwertberechnung mit Spline-Interpolation gegenüber der gängigen Fundamentalgleichung für CO 2 um einen Faktor von über 800-mal schneller ist. Weiterhin ist, ausgehend von der Spline-Funktion T(p,h), die inverse Spline-Funktion h(p,t) aufgestellt worden. Wie im Abschnitt 2.2 beschrieben, ist diese Funktion vollständig numerisch konsistent zu T(p,h). Gegenüber der Berechnung aus der Fundamentalgleichung ist die inverse Spline-Funktion h(p,t) über 280-mal schneller. 3.2 Anwendung des Verfahrens am Beispiel von Wasserdampf Um die hohen Rechenzeiten bei Verwendung wissenschaftlicher Fundamentalgleichungen zu vermeiden, sind für Wasser und Wasserdampf spezielle Rückwärtsgleichungen [5] von der IAPWS entwickelt worden, mit denen beispielsweise die Funktion T(p,h) explizit berechnet werden kann. Nachteilig wirkt sich dabei die Tatsache

aus, dass die Rückwärtsgleichung T(p,h) nur begrenzt numerisch konsistent zum aus der Fundamentalgleichung berechneten Zusammenhang h(p,t) ist. Dies führt zu Konvergenzproblemen in numerischen Simulationen instationärer Prozesse. Durch die Anwendung der Stoffwertberechnung mit Spline-Interpolation konnte die Rechenzeit gegenüber den hinsichtlich der Rechenzeit optimierten Rückwärtsgleichungen nochmals halbiert werden, wobei die vollständige numerische Konsistenz zwischen Vor- u. Rückwärtsfunktion gewährleistet wurde. 4 Schlussfolgerungen Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass die Stoffwertberechnung mit Spline- Interpolation ein geeignetes Verfahren ist, um thermodynamische Zustandsgrößen in aufwändigen Prozessberechnungen bereitzustellen. Das entwickelte Verfahren soll in der Berechnung neuer Energieumwandlungsprozesse insbesondere mit CO 2 - Abscheidung eingesetzt werden. Aufgrund der schnelleren Stoffwertalgorithmen wird es überhaupt erst möglich, solche Prozesse mit Stoffgemischen zu optimieren. Die bisherigen Ergebnisse wurden auf der 15th ICPWS (15th International Conference on the Properties of Water and Steam) [6] und der Konferenz 17th International Symposium on Thermophysical Properties in Boulder CO (USA) in Vorträgen vorgestellt. Der entwickelte Algorithmus kommt in energietechnischen Berechnungsprogrammen, u. a. in dem in Deutschland führenden Wärmeschaltbildprogramm EBSILON von STEAG Energy Services zum Einsatz. Weiterhin werden die entwickelten Algorithmen in der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt CFD- Software TRACE genutzt. Zum vorgestellten Verfahren wird eine IAPWS-Guideline als internationaler Standard zur Berechnung der Eigenschaften von Wasser und Wasserdampf mit Spline-Interpolation in energietechnischen Prozessmodellierungen erstellt. 5 Literatur 1. IAPWS. Guideline on the Tabular Taylor Series Expansion (TTSE) Method for Calculation of Thermodynamic Properties of Water and Steam Applied to IAPWS-95 as an Example 2003; Available from: http://www.iapws.org 2. Späth H. Eindimensionale Spline-Interpolations-Algorithmen, Oldenburg; 1990. 3. Späth H. Zweidimensionale Spline-Interpolations-Algorithmen, Oldenburg; 1991. 4. Span R, Wagner W. A New Equation of State for Carbon Dioxide Covering the Fluid Region from the Triple-Point Temperature to 1100 K at Pressures up to 800 MPa, J. Phys. Chem. Ref. Data 1996; 25(6):1509-87 5. Wagner W. The IAPWS Industrial Formulation 1997 for the Thermodynamic Properties of Water and Steam, J. Eng. Gas Turbines Power 2000; 122, 150-32 6. Kunick M., Kretzschmar HJ, Gampe U. Fast Calculation of Thermodynamic Properties of Water and Steam in Process Modelling using Spline Interpolation, Water, Steam, and Aqueous Solutions - Advances in Science and Technology for Power Generation, Proceedings of the 15th International Conference on the Properties of Water and Steam, VDI GET 2008; ISBN 978-3-931384-64-7.