Saudi-Arabien: Instrumentalisierte Hilfe/Entwicklungshilfe als Außenpolitik von Jürgen Bellers und Thorsten Benner



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Transkript:

Saudi-Arabien: Instrumentalisierte Hilfe/Entwicklungshilfe als Außenpolitik von Jürgen Bellers und Thorsten Benner Erschienen in: Reinold E. Thiel (Hg.) Entwicklungspolitiken. 33 Geberprofile (Hamburg, Deutsches Übersee-Institut), S. 278-284. Saudi-Arabiens Entwicklungshilfe ist vor allem als Teil der außenpolitischen Scheckbuchdiplomatie des Königreichs zu sehen. Während des Ölbooms und des 2. Golfkriegs flossen reichlich Mittel in befreundete muslimische Staaten - vornehmlich in Form projektungebundener Finanzhilfen. Zwischenzeitlich erreichte die Entwicklungshilfe Saudi-Arabiens mit einem Anteil am Bruttosozialprodukt von bis zu 7 % weltweite Spitzenwerte. In den letzten Jahren ist jedoch als Folge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Königreichs ein drastischer Abfall auf ein Zehntel der früher gewährten Summe zu verzeichnen. Ziele Der zweite Golfkrieg 1990/91 hat es noch einmal deutlich unter Beweis gestellt: Saudi-Arabien kann sein Territorium (6mal größer als die Bundesrepublik) kaum aus eigener Kraft militärisch verteidigen. Dies ist sowohl auf die geringe Einwohnerzahl von knapp 17 Millionen als auch auf die kaum vorhandene militärische Tradition und das nur ansatzweise entwickelte industrielle Potential zurückzuführen. Damit ist eine Außenpolitik zu erklären, die - zumal nach dem Abbau der britischkolonialen Protektion - stark auf Konfliktvermeidung und Vermittlung angelegt ist. Vor allem durch ökonomische Diplomatie versucht Saudi- Arabien, Gefahren von der muslimischen Erbmonarchie fernzuhalten. Die Entwicklungshilfe ist als ein Instrument dieser Bemühungen zu verstehen. Das insbesondere durch die Ölpreiserhöhungen von 1973/4 und 1979 dem Land reichlich zufließende Kapital ging zu einem beachtlichen Teil in

die saudische Entwicklungshilfepolitik. Diese Hilfe wird überwiegend den nicht-revolutionär ausgerichteten muslimischen Staaten gewährt, die - im Gegensatz zu den revolutionären Regimen im Iran und in Lybien - Saudi- Arabien außenpolitisch nicht bedrohen und auch keine Gefahr für die konservativ-islamische Gesellschaftsordnung des Königreichs darstellen. Wenn auch die genannten innen- und außenpolitischen Aspekte als Motive für die saudische Entwicklungszusammenarbeit im Vordergrund stehen, so soll damit nicht gesagt werden, daß nicht auch die in der muslimischen Kultur verwurzelte Hilfsverpflichtung gegenüber Schwächeren eine Rolle spielt (vgl. Al-Farsy 1992: 300ff.). Organisation und Art der Hilfe Analog zu den übrigen Golfstaaten (vgl. den Beitrag von Matthias Knäpper und Georg Thanscheidt in diesem Band) lassen sich für Saudi- Arabien vier Säulen der Entwicklungszusammenarbeit ausmachen. Auf bilateraler Ebene muß man zwischen direkt durch das Finanzministerium gewährten Hilfen und der Projekthilfe seitens des staatlichen Saudi Fund for Development unterscheiden. Die multilaterale Entwicklungshilfe besteht in Beiträgen zu den regionalen arabischen Entwicklungsinstitutionen einerseits sowie Programmen von UNO und Weltbank andererseits. Die bilaterale Hilfe durch das Finanzministerium macht den weitaus größten Teil der saudischen Entwicklungshilfe aus. 1990 hatten die bilateralen Direkthilfen einen Anteil von über 90% an der Gesamthilfe, 1993 machten sie fast die gesamte Summe aus (vgl. OECD 1995: 110). Die Hilfe wird projektungebunden und in Zuschußform gewährt. Das ist auch der Grund dafür, daß Saudi-Arabien einen weit höheren Zuschußanteil als die OECD-Staaten aufweist. Von den 1993 ausgezahlten 541 Mio. US-Dollar bestanden je 200 Mio. US-Dollar in direkten Budgethilfen (Zahlungsbilanzzuschüsse) und in Öllieferungen. Der Rest setzte sich aus Nahrungsmittelhilfen o. ä. zusammen. Der Schwerpunkt der saudischen Entwicklungshilfe liegt also auf

kurzfristigen, nicht selten politisch motivierten Finanzhilfen. Eine langfristige Orientierung auf eine nachhaltige Entwicklung ist für den weit überwiegenden Teil der ODA nicht erkennbar. Für die weit weniger bedeutende bilaterale Projekthilfe ist der Saudi Fund for Development zuständig, der 1974 mit einem Kapital von 7290 Mio. US-Dollar gegründet wurde. Mittlerweile wurde das Kapital auf SRI 25.000 Mio. aufgestockt (vgl. Al-Farsy 1992: 302). Der Saudi Fund ist dem Finanzministerium zugeordnet; teilweise wird die Projekthilfe aber auch von anderen Ministerien verwaltet. Der Fund gewährt nur knapp die Hälfte seiner Zusagen als Zuschuß (1990: 45 %), den Rest als Kredit. In den letzten Jahren überwogen die Kreditrückzahlungen die vom Saudi Fund for Development gewährten Hilfen, so daß der Saudi Fund nicht aktiv zur ODA Saudi-Arabiens beitrug (vgl. OECD 1994:xx). Ein sechsköpfiges Direktorium leitet den Fund, der in begrenztem Umfang selbst in der Projektauswahl- und evaluation tätig ist, meist jedoch - mangels entsprechender administrativer Kapazitäten - auf Consultingunternehmen zurückgreifen muß. Bei den Projekten ist z. B. hinsichtlich der Auswahl von Zulieferern eine vergleichsweise große Nicht-Bindung festzustellen, was darauf zurückzuführen ist, daß Saudi- Arabien angesichts fehlender Industrien nicht auf die Auftragsvergabe an Betriebe im eigenen Land angewiesen ist. Vielmehr besteht es bei der Entwicklungsfinanzierung darauf, daß die Empfänger saudisch finanzierte Projekte möglichst breit ausschreiben, um kostengünstige Projektträger und/oder Consultants zu finden. Die Liste der in diesem Prozeß ermittelten möglichen Projektträger wird dann dem Fund zur Auswahl und endgültigen Entscheidung vorgelegt, die in enger Kooperation mir dem Empfängerland und unter Zuhilfenahme der Kompetenz des Consultants erfolgt. Um die Wirtschaft des jeweiligen Empfängerlandes zu fördern, wird soweit wie möglich auf Firmen vor Ort zurückgegriffen. Die Mittel werden vorrangig für Verkehrsprojekte (bis 1988 36 % der Gesamtsumme) und für sonstige Infrastrukturmaßnahmen vergeben. Etwa ein Viertel der Projekte sind dem landwirtschaftlichen Sektor (Bewässerungs- und Landgewinnungsprojekte, Bau von Staudämmen usw.) zugeordnet. Rund 15 % betreffen den Bereich Bildung und

Gesundheit, jeweils 10 % die Bereiche Energie sowie Industrie und Bergbau (vgl. Al-Farsy 1992: 302-305). Es ist eine gewisse Präferenz für kleinere Projekte festzustellen. Auf regionaler Ebene steuert Saudi-Arabien beträchtliche Beiträge zu den arabischen Entwicklungsorganisationen bei. Hier sind vor allem der OPEC Fund for International Development (Beitrag Saudi-Arabiens: 30 %), die Islamic Bank for Development (Beitrag: 25 %), der Arab Fund for Economic and Social Development (Beitrag: 22,9 %) zu nennen (zu den Angaben vgl. Al-Farsy 1992: 303). Der vom Golf-Kooperationsrat 1991 angekündigte Arab Development Fund hat bisher keine nennenswerten Aktivitäten zu verzeichnen. Da der Fonds nach dem Modell der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung auf Profitbasis arbeiten soll, ist es unwahrscheinlich, daß seine Leistungen als öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) anrechenbar sind (vgl. OECD 1991: 159). Zudem hat Saudi-Arabien auf multilateraler Ebene in der Vergangenheit zur Finanzierung von Programmen internationaler Organisationen beigetragen, so zur Finanzierung des IDA, IFAD, World Food Programme sowie von UNESCO und UNICEF. Umfang und regionale Verteilung Nach den Ölpreiserhöhungen 1973/4 und 1979 stieg die saudische Entwicklungshilfe stetig an. Während sie 1970 nur 172 Mio. $ betragen hatte, stieg sie bis 1975 auf 2699 Mio. US-$ an. Dies entsprach 7,6 % Prozent des Bruttosozialprodukts (BSP), ein vielfaches der Hilfe der OECD-Staaten. 1980 erreichte die saudische Entwicklungshilfe mit Leistungen im Umfang von 5682 Mio. US-$ ihren Höhepunkt. Der Verfall der Ölpreise führte in den achtziger Jahren zum graduellen Absinken der Entwicklungshilfe. 1989 etwa betrug der Umfang der Leistungen nur noch 1171 Mio. US- $, was knapp 1,5 % des BSP entsprach. 1990 kam es zu einem enormen Wiederanstieg der Auszahlungen auf das Dreifache des Vorjahres, was auf die Golfkrise zurückzuführen ist. Nach 1991 kam es zu einem dramatischen Absinken der Leistungen auf den niedrigsten

Stand seit Beginn der saudischen Entwicklungshilfe. So betrug der Umfang 1993 nur noch 539 Mio. US-$, was 0,43 % des BSP entspricht. Alle Daten sind jedoch mit Vorbehalt zu betrachten, da unbekannt ist, wieviel Unterstützungsleistungen zusätzlich durch das Königshaus gewährt werden. Mit diesen Mitteln werden vor allem religiöse und schulische Einrichtungen unterstützt. So wurde in den siebziger Jahren die Gründung einer islamischen Universität in Omdurman im Sudan voll finanziert. Die saudische Führung neigt auch dazu, die Überweisungen der ausländischen Arbeitnehmer in Saudi-Arabien an ihre Familien als eine Art Entwicklungshilfe zu betrachten. Dies galt bis zur Golfkrise vor allem für Jemen und die Palästinenser. Die Hilfe Saudi-Arabiens wird vorwiegend muslimischen Staaten gewährt, die - wie gezeigt - das Königreich innen- wie außenpolitisch (unter)stützen. Die Hilfe konzentriert sich stark auf den arabischen Raum. Ägypten steht gegenwärtig auf Platz eins, an dritter Stelle rangiert Syrien. Das zweitgrößte Empfängerland ist neuerdings die Türkei. Dies ist eine Konsequenz aus der türkischen Unterstützung Saudi-Arabiens in der Anti- Irak-Front im zweiten Golfkrieg. Von nebengeordneter Bedeutung sind Bangladesch sowie die Sahelzone. Lateinamerika ist kaum vertreten. Der Golfkrieg 1991 hat - wie bereits angedeutet - für starke Verschiebungen bei den Empfängerländern geführt. Von 1979-88 waren noch Jordanien mit 360 Mio. US-$ jährlich und der Sudan mit Krediten im Umfang von insgesamt 2,7 Mrd. US-$ sowie 1,35 Mrd. US-$ Beihilfe unterstützt worden. Durch ihre Unterstützung Iraks im zweiten Golfkrieg gehörten der Sudan und Jordanien neben Jemen zu den großen Verlierern. Zeitweise wurden auch die Zahlungen an die PLO eingestellt, um 1993 wieder aufgenommen zu werden. Zu den Gewinnern gehörte neben Syrien und der Türkei Ägypten. Am Beispiel Ägyptens läßt sich die politische Instrumentalisierung von saudischer Entwicklungshilfe gut nachvollziehen. Eigentlich ergänzen sich beide Länder optimal: Ägypten verfügt über eine große Bevölkerung, die Saudi-Arabien nicht hat; und Saudi-Arabien hat das Kapital, das Ägypten fehlt. In der Zeit der an Moskau angelehnten Politik Nassers

bestanden nichtsdestotrotz so gut wie keine Beziehungen, zumal beide Parteien direkt oder indirekt auf verschiedenen Seiten im Yemen-Krieg involviert waren. Nach dem israelisch-ägyptischen Krieg von 1967 kam es zu einer gewissen Annäherung. Saudi-Arabien gewährte nun militärische und zivile Finanzhilfen und trug auch mit zum Abbau der ägyptischen Auslandsschuld bei. Mit der West-Orientierung und Liberalisierung der ägyptischen Wirtschaft und Politik seit 1973 unter Sadat stieg die Hilfe nochmals erheblich an. Die Wünsche Sadats, daß die Ölstaaten einen Marshall-Plan für Ägypten in Höhe von 10-12 Milliarden Dollar auflegen sollten, wurden allerdings nicht erfüllt, wahrscheinlich deshalb, weil solche Unterstützungen die ägyptische Führung von der Notwendigkeit, die eigene Wirtschaft zu sanieren, entlastet hätte, was man verhindern wollte. Nach dem ägyptisch-israelischen Friedensvertrag kam es wieder zu einer Distanzierung, die sich auch in einem starken Rückgang der Entwicklungshilfeleistungen niederschlugen (hierfür sprangen die USA ein). Erst im Verlauf der achtziger Jahre normalisierten sich die Beziehungen wieder. Im Golfkrieg wurde Ägypten zum Verbündeten Saudi-Arabiens, das dies zunächst mit einem Schuldenerlaß von 4 Mrd. US-$ honorierte. 1990 war Ägypten zudem zum ersten Mal seit 1978 wieder das größte Empfängerland der Entwicklungshilfe mit rd. 2,3 Milliarden Dollar. Neuere Entwicklungen und Perspektiven Das dramatische Absinken der Leistungen nach 1991 ist eine Folge der finanziellen Krise des Königreichs. Für den zweiten Golfkrieg hat Saudi- Arabien insgesamt 60 Mrd. US-$ aufgewandt. Auch nach dem Krieg kamen enorme Rüstungsausgaben in Milliardenhöhe hinzu, da Saudi- Arabien für einen erneuten Ernstfall besser gerüstet sein will. Demgegenüber gehen die Einnahmen aus den Ölexporten stetig zurück - auch als Folge der im Golfkrieg gesteigerten Fördermengen. Dies führte zu einem Rückgang der Devisenreserven von 125 (1980) auf 5,6 Mrd. US- $ im Jahre 1993, zu gestiegenen Schulden und einer negativen Zahlungsbilanz. Somit konnte Saudi-Arabien seine herausragende Rolle

unter den nicht zur OECD gehörenden Geberländern nicht verteidigen. Dennoch wird die saudi-arabische Entwicklungshilfe auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, z. B. in der Unterstützung des Aufbaus eines palästinensischen Staates. So kann die stark außenpolitisch instrumentalisierte saudische Entwicklungshilfe einen Beitrag zum Friedensprozeß im Nahen Osten leisten, obwohl sie nur zum geringen Teil strengen entwicklungspolitischen Kriterien entspricht. Literatur: Die Informationslage ist schwierig, v. a. weil die saudi-arabische Regierung keine regelmäßigen Berichte zur Entwicklungszusammenarbeit vorlegt. Einzelne Informationen und Daten finden sich in den DAC-Berichten. Informationen über Saudi-Arabien liefern zudem das Nahost-Jahrbuch, Opladen sowie The Middle East and North Africa, London. Al-Farsy, Fouad: Neuzeit und Tradition. Das Beispiel Saudi-Arabien, Guernsey 1992. Koszinowski, Thomas (Hg.): Saudi-Arabien - Ölmacht und Entwicklungsland, Hamburg 1983. OECD (Hg.): Development Co-operation. Efforts and Policies of the Members of the Development Assistance Comittee 1994, Paris 1995 (und frühere Jahrgänge). Zu den Autoren: Dr. Jürgen Bellers ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität-GH Siegen. Veröffentlichungen u. a. zur deutschen Entwicklungs- und Außenwirtschaftspolitik sowie zu Fragen der europäischen Integration. Thorsten Benner studiert Politikwissenschaft, Geschichte, Wirtschaftswissenschaft und Soziologie an der Universität- GH Siegen.