Kompetenzzentrum Lungenemphysemtherapie Atemnot - zunächst nur bei Belastung, im weiteren Verlauf häufig auch im Ruhezustand - hartnäckiger Husten mit Auswurf, häufige Infektionen der Atemwege - alles Symptome, unter denen an Lungenemphysem erkrankte Patienten leiden. In unserem Kompetenzzentrum stehen den Betroffenen die neuesten Methoden der interventionellen Lungenemphysemtherapie zur Verfügung: Bronchoskopische Lungenvolumen-Reduktion durch Ventilimplantation in die Bronchien Bronchoskopische Lungenvolumen-Reduktion mit Coils (LVRC) Polymerische Lungenvolumen-Reduktion mit Schaum Mit einer an das jeweilige Krankheitsbild angepassten individualisierten Therapie verfolgen wir das Ziel, bei den Erkrankten eine nachhaltige Verringerung der Symptome und somit eine deutlich verbesserte Lebensqualität zu erreichen. Die Patienten dürfen sich hierbei auf unsere Erfahrung in der interventionellen Emphysemtherapie verlassen: Wir haben bislang bereits über 400 Coilbehandlungen, über 100 Ventilbehandlungen und 10 Behandlungen mit Schaum durchgeführt. Personalisierte Behandlung mit den neuesten Methoden der interventionellen Lungenemphysemtherapie Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als ein weltweit zunehmendes, bedeutsames Gesundheitsproblem eingeschätzt. Die COPD ist eine infolge des Einatmens von Schadstoffen bei individueller Veranlagung auftretende chronische Entzündung in den Atemwegen und in der Wand der Lungenbläschen. Der Entzündungszustand im Bereich der Lungenbläschen führt zum Lungenemphysem. Entsprechend kommt den Therapieoptionen des Lungenemphysems eine bedeutende Rolle zu. Was ist ein Lungenemphysem? Das Lungenemphysem ist ein irreversibler Verlust an Lungengewebe. Die Lungenemphysemerkrankung ist ein Endzustand. Medikamentöse Behandlungen sind nicht wirksam. Beim Lungengesunden ist die Lunge ein kleinwabiges elastisches Hohlorgan. In den sehr dünnen Wänden der kleinen Gewebezellen (= Lungenbläschen) verlaufen haardünne Blutgefäße. Aus diesen Blutgefäßen wird das Endprodukt des menschlichen Stoffwechsels, das Kohlendioxid, in die Lungenbläschen abgegeben. Aus den lufthaltigen Lungenbläschen wir das Brenngas des menschlichen Stoffwechsels, der Sauerstoff, in die Haargefäße aufgenommen und mit dem Blutkreislauf in die Körperorgane transportiert. Die Atemluft gelangt über Atemwege in die Lungenbläschen und verlässt die Lungenbläschen über die Atemwege wieder. Der Atemgastransport durch die Atemwege wird von dem Hauptatemmuskel, dem Zwerchfell bewirkt. Beim Einatmen wird durch die die Kontraktion der Zwerchfellmuskulatur eine 1
Sehnenplatte an der Lungenbasis nach unten bewegt, die Lunge dadurch gedehnt und so Atemluft über die Atemwege in die Lunge angesaugt. Beim Ausatmen tritt infolge der Erschlaffung der Atemmuskulatur des Zwerchfells die Sehnenplatte an der Lungenbasis wieder höher, die Lungenbläschen werden infolge ihrer Wandelastizität kleiner und Atemluft verlässt die Lunge über die Atemwege. Die Atemwege verzweigen sich wie die Äste eines Baumes und münden in die Lungenbläschen. Große Atemwege, wie die Luftröhre und die großen Bronchien, sind sehr wandstabile, starre Röhren mit Knorpelspangen. Die kleinen Atemwege haben keine stabile Wand. Es sind Weichteilschläuche, die inmitten der Lungenbläschen verlaufen. Die elastische Gewebespannung der Wände der Lungenbläschen hält die kleinen Atemwege offen und verhindert ihren Kollaps. Das Lungenemphysem entsteht durch eine chronische Entzündung in der Wand der Lungenbläschen, die dazu führt, dass die Wände der Lungenbläschen teilweise oder ganz durch eine entzündliche Selbstverdauung aufgelöst werden. Aus dem kleinwabigen Hohlorgan Lunge entsteht so ein großwabiges Hohlorgan. Die Oberfläche der Lungenbläschen für die Sauerstoffaufnahme in das Blut und die Kohlendioxidabgabe in die Lufträume der Lungenbläschen wird dadurch geringer. Die Gewebespannung mit der die Wände der Lungenbläschen die kleinen Atemwege offenhalten ist bei der Lungenemphysemerkrankung reduziert. Deshalb kollabieren die kleinen Atemwege beim Ausatemversuch. Die Atemluft bleibt dann in den Lungenbläschen gefangen. Der betroffene Patient kann nicht mehr ausatmen. Er hat das Gefühl an der eingeatmeten Luft zu ersticken. Dieser Zustand wird als Lungenüberblähung bezeichnet. Dem Kollaps der kleinen Atemewege kann durch inhalative Therapie nicht entgegengewirkt werden. Einzig Atemtechniken, wie z.b. die Atmung mit der Lippenbremse, die eine pneumatische Schienung der kleinen Atemwege bewirkt, können den Zustand der Lungenüberblähung reduzieren und sehr langsames Ausatmen in körperlicher Ruhe wieder ermöglichen. Alle Verfahren der bronchoskopischen Lungenvolumenreduktion haben das Ziel, stark emphysematös verändertes Lungengewebe nicht chirurgisch sondern minimal-invasiv mit bronchoskopischen Methoden auszuschalten, um der Restlunge wieder mehr Gewebespannung zu geben, und damit Lungenüberblähung zu reduzieren. Jedes Lungenemphysem ist so individuell wie der Patient, der daran erkrankt ist Deshalb muss vor der Auswahl einer geeigneten bronchoskopischen Behandlungsmethode das Lungenempyhsem des betroffenen Patienten genau beschrieben werden. Dabei sind folgende Fragen zu beantworten: 1. Liegt ein homogenes oder ein heterogenes Lungenemphysem vor? Bei einem homogenen Emphysem sind die Lungenlappen eines Lungenflügels gleichmäßig "emphysematös" verändert. Bei einem heterogenen Emphysem ist ein Lungenlappen eines Lungenflügels deutlich stärker emphysematös verändert als der/die benachbarte(n) Lungenlappen. 2. Haben die am stärksten emphysematös veränderten Lungenlappen noch eine Restmenge an Lungengewebe? 3. Gibt es Gewebebrücken (sog. Kollateralen) zwischen benachbarten Lungenlappen? 2
4. Wie groß ist die Lungenüberblähung? Hierzu wird bei einem Lungenfunktionstest gemessen, wie stark die Menge des nicht ausatembaren Lungenvolumens ( = Residualvolumen) vom individuellen Sollwert abweicht. Ein Residualvolumen von > 200% des individuellen Sollwertes ist eine schwere Lungenüberblähung. Das RV muss bei der Anwendung von bronchoskopischen Lungenvolumen-Reduktionsbehandlungen mindestens 150% vom Sollwert betragen, im Regelfall wird ein RV von > 200% vom Soll gefordert. 5. Wie stark ist die Durchblutung des potenziellen Behandlungslappens? Diese Frage kann mittels einer nuklearmedizinischen Durchblutungsmessung der Lungen (Perfusionsszintigrafie) beantwortet werden. In Abhängigkeit von den Eigenschaften eines individuellen Lungenemphysems kann dann die Auswahl der geeigneten Methode für eine Lungenvolumen-Reduktion getroffen werden. Neue Methoden der interventionellen Lungenemphysemtherapie Diese Methoden sind nichtchirurgische, endoskopische Behandlungen, die über die Atemwege im Regelfall in Narkose erfolgen. Alle Methoden haben das Ziel, die Lungenüberblähung zu reduzieren. Es handelt sich um Methoden, die aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Sicherheit und Wirksamkeit in Deutschland zur Anwendung am Menschen zugelassen sind. Wissenschaftliche Erfahrungen zur Wirksamkeit der Methoden über Zeiträume von vielen Jahren liegen noch nicht vor. Sie werden derzeit im Rahmen von sogenannten Registerstudien (systematische Langzeitbeobachtung von Patienten die im Rahmen der versorgungsmedizinsichen Routine behandelt werden) und im Rahmen von prospektiven (experimentellen) wissenschaftlichen Untersuchungen gesammelt. Wissenschaftliche Methodenvergleiche gibt es bisher nicht. All diese Methoden sind nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn die Lebensqualität des Patienten durch Atemnot in Ruhe oder durch tägliche Atemnot bei geringen körperlichen Belastungen eingeschränkt ist und alle anderen Behandlungemotheoden der Lungenempyhsemerkrankung wie Tabakentwöhnung, Physiotherapie und Langzeitsauerstofftherapie ausgeschöpft sind. Die Krankenkassen erstatten im Regelfall die Materialkosten für die Ventilmethode. Für die Coilmethode und die Schaummethode erstatten die Krankenkassen die Materialkosten nur dann, wenn das anwendende Krankenhaus hierzu mit den Kostenträgern eine Vereinbarung getroffen hat. Folgende Methoden der interventionellen Lungenemphysemtherapie stehen der Versorgungsmedizin in Deutschland aktuell zur Verfügung: 1. Ventile": Bronchoskopische Lungenvolumen-Reduktion durch Ventilimplantation in die Bronchien Diese Methode kommt nur beim heterogenen Emphysem zum Einsatz. Weiterhin müssen Kollateralen zwischen benachbarten Lungenlappen der behandelten Seite ausgeschlossen sein. Wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es nur zur Behandlung eines Lungenflügels, auch wenn beide Lungenflügel von der Emphysemerkrankung betroffen sind. Ventilbehandlungen können an Oberlappen und an Unterlappen erfolgen. Da in mindestens 50% aller Lungenemphysemfälle ein homogenes Lungenemphysem vorliegt und in ca. zwei Drittel aller Lungenemphysemerkrankungen sog. Kollateralen vorhanden sind, kommt die Ventilmethode nur für weniger als 20% der Lungenemphysempatienten in Betracht. 3
Bei der Ventilmethode werden alle Atemwege die zu dem stärker empyhsematös veränderten Lungenlappen eines Lungenflügels führen, durch Ventile verschlossen. Behandlungsziel ist der Kollaps (= Atelektase) des gesamten nachgeschalteten Lungenflügels. Die Methode ist reversibel: Die Ventile können wieder entfernt werden. Die Ventilmethode ist die älteste Methode unter den interventionellen Lungenempyhsemtherapieverfahren. Mögliche Komplikationen sind Entzündungszustände von Lunge und Atemwegen (sog. COPD Exazerbetionen) und ein Kollaps des gesamten Lungenflügels. 2. "Coils": Bronchoskopische Lungenvolumen-Reduktion mit Coils (LVRC) Diese Methode ist beim heterogenen und beim homogenen Lungenempyhsem gleich gut wirksam. Die Wirksamkeit ist unabhängig von Kollateralen zwischen benachbarten Lungenlappen. Die Methode kommt zur Behandlung von Ober- und Unterlappen zur Anwendung. Die Therapie ist grundsätzlich als Therapie beider Lungenflügel konzipiert und nur in dieser Anwendung wissenschaftlich untersucht. Die Methode ist nach unseren Erfahrungen reversibel. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Methode: Der oder die Ziellappen müssen noch Restgewebe enthalten, denn es soll Gewebe zusammengefaltet werden. Die Behandlung beider Lungen wird immer zweiseitig im Abstand von 6-8 Wochen durchgeführt. Bei der Coil-Methode werden in beide Lungenflügel jeweils 10 große Büroklammern für die Lunge aus Nitinol eingebracht. Dadurch kommt es zu umschriebenen Gewebekompressionszonen (Atelektasen). Die Umgebung dieser Kompressionszonen wird somit wieder unter Spannung gebracht, was zu einer Wiederherstellung von Gewebespannung führt und so dem Atemwegskollaps beim Ausatmen entgegenwirkt. Bei der Coilmethode soll die Funktion des behandelten Lungenlappens nicht ausgeschaltet sondern verbessert werden. Mögliche Komplikationen sind Entzündungszustände von Lunge und Atemwegen (sog. COPD Exazerbetionen) und ein Kollaps des gesamten Lungenflügels. 3. "Schaum": Polymerische Lungenvolumenreduktion Diese Methode kommt nur zur Therapie der Lungenoberlappen beim homogenen oder heterogenen Emphysem zu Anwendung. Voraussetzung ist, dass die Durchblutung eines Lungenoberlappens < 17% der Gesamtdurchblutung der Lungen beträgt. Die Schaum -Therapie ist eine beidseitige Therapie, die einseitig oder beidseitig erfolgt. Lungenentzündungen sind häufige und regelhaft auftretende Nebenwirkungen dieser Therapie. Bei der Schaumtherapie wird eine Substanz (ein polymerisierender amidierter Vinylalkohol) in zwei Bereiche (Subsegmente) eines Oberlappens eingebracht. Die kleinen Atemwege werden versiegelt, die Luft in den nachgeschalteten Lungenbläschen wird resorbiert und der Lungenbezirk kollabiert. Begleitend kommt es im Regelfall zu einer 1-3 Wochen anhaltenden Lungenentzündung die mit Cortison und Antibiotika behandelt werden muss. Diese Methode ist irreversibel. Patienten die neben dem Lungenemphysem eine bedeutsame Herzkranzgefäßerkrankung haben, kommen für die Schaummethode nicht in Betracht. 4
Ihr Ansprechpartner Prof. Dr. med. Martin Hetzel Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Internistische Intensivmedizin, Beatmungsmedizin und Allgemeine Innere Medizin Krankenhaus vom Roten Kreuz Bad Cannstatt GmbH Badstr. 35-37 70372 Stuttgart Kontakt: Sekretariat Dagmar Stickel Tel. 0711 5533 21111 Fax 0711 5533 1107 E-Mail: dagmar.stickel@sana.de 5