Risiko GroÄveranstaltungen Planung, Bewertung, Evakuierung und Rettungskonzepte

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Transkript:

Risiko GroÄveranstaltungen Planung, Bewertung, Evakuierung und Rettungskonzepte Vortrag auf der vfdb Jahrestagung in Berlin am 30.5.2011 Dr. Dirk Oberhagemann, vfdb e.v. Ref. 13 1. Einleitung SpÄtestens seit der Loveparade in Duisburg ist das Risiko von GroÅveranstaltungen in den Fokus der Betrachtungen gerçckt. Die vfdb koordiniert zu diesem Thema seit MÄrz 2009 ein Forschungsprojekt im Rahmen des Sicherheitsforschungsprogramms der Bundesregierung. Ziel des Projektes sind Planungsgrundlagen zur Verbesserung von Risikobewertungen, Evakuierungsmodellen und Rettungskonzepten. Zwei wichtige Punkte in einer GefÄhrdungsanalyse fçr GroÅveranstaltungen sind die Analysen der Personendichten und der PersonenstrÉme. Dabei sind beide Aspekte sowohl lokal fçr begrenzte RÄume als auch Çbergreifend fçr das gesamte VeranstaltungsgelÄnde zu betrachten. 2. Lokale Dichten und ihr GefÇhrdungspotential In Deutschland gibt es zwei genehmigte Personendichten. Dies sind auf der einen Seite die bekannten 2 Personen pro Quadratmeter aus der VersammlungsstÄttenverordnung und auf der anderen Seite acht StehplÄtze/m 2 in Bussen gemäå StraÅenverkehrs-Ordnung (StVO). Die Frage stellt sich nun nach der kritischen Personendichte, ab der eine akute GefÄhrdung von Personen nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Betrachtet werden soll zunächst die maximale Personendichte pro m 2. Nach Weidmann (1) hat ein ZentraleuropÄer einen Mindestplatzbedarf von 0,085 m 2. Dieser ergibt sich aus einer Projektion des menschlichen KÉrpers auf den Boden in Form einer Ellipse. Abb. 1: KÉrperproportionen nach Weidmann

Theoretisch ergibt sich hieraus ein Wert von 11,8 Pers./ m 2, wenn die nicht auffçllbaren ZwischenrÄume mitberechnet werden. Wenn diese ZwischenrÄume abgezogen werden und die GrundflÄche als Rechteck angenommen wird, so ergibt sich ein Platzbedarf von 0,11 m 2 und eine maximale Personendichte von 9,3 Pers./ m 2. Unter BerÇcksichtigung von Kleidung und FÇÅen erhéht sich der Platzbedarf auf 0,15 m 2 und die maximale Dichte sinkt auf 6,6 Pers./m 2. Die maximale mégliche Personendichte wird also zwischen 7 und 9 Pers./ m 2 liegen. FÇhrt man diese Berechnung jedoch fçr einen durchschnittlichen Japaner durch, so ergibt sich eine maximale Dichte von 9,2 Pers./ m 2 an Stelle 6,6. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden zahlreiche Bilddokumente von Veranstaltungen ausgewertet. BezÇglich der gemessenen Personendichten muss zwischen einer freiwilligen Dichte und einer erzwungenen Dichte unterschieden werden. Bei einer freiwilligen Dichte stehen die Personen auf einem bestimmten Raum ohne ÄuÅere Krafteinwirkungen eng zusammen. Hier liegen die maximal beobachteten Dichten zwischen 5 und 6 Pers./m 2. Eine durch ÄuÅere PersonendrÇcke erzwungene Personendichte von 6,2 Pers./m 2 wurde während der Loveparade in Dortmund im Bahnhof gemessen. Bei den durchgefçhrten Versuchen an der Landesfeuerwehrschule in Bruchsal zur Bestimmung von DrÇcken in Menschenmengen (2) wurden Personendichten bis zu 8,4 Pers./m 2 gemessen. Eine weitere ErhÉhung der Dichte war hier unter den vorgegebenen Bedingungen nicht méglich. Bei den Versuchen wurde auch bestimmt, ab welcher Personenmenge kein weiterer Druckanstieg an der SperrflÄche zu messen ist. Der Grenzbereich lag dabei zwischen 3 und 4 andrçckenden Personen in einer Reihe hintereinander. Diese Reihe hat bei den bestimmten hohen Personendichten eine LÄnge von ca. 1,2 Metern. Dies bedeutet auf der anderen Seite, dass in einem Kreis mit einem Radius von 1,2 Metern der maximal mégliche Druck entstehen kann, wobei die Ursache fçr die Druckentstehung von einer beliebigen Seite kommen kann. Anders ausgedrçckt heiåt das, dass in einem Kreis mit einer FlÄche von lediglich 4,5 m 2 und 38 Personen (Entspricht einer Dichte von 8,4 Pers./m 2 ) in der Mitte ein Druck von bis zu 15 bar entstehen kann. Der Grenzwert fçr eine kritische Personendichte liegt bei 6,0 Pers./ m 2, also im Ñbergangsbereich zwischen der freiwillig akzeptierten Dichte und der erzwungenen Dichte. Problematisch werden ab hier die

Freiheitsgrade der Personen, mit denen sie erzwungenen externen KrÄften ausweichen bzw. diese KrÄfte abfangen kénnen. Ab einer Dichte von 6,0 Pers./ m 2 sind Ausweichschritte und bewegungen kaum mehr méglich. Die Personen geben die entstehenden KrÄfte an benachbarte Personen weiter. Der Nachbar kann diese KrÄfte durch seine eigene InstabilitÄt verstärken. Dadurch entstehen Bereiche mit erhéhter Personendichte (Kompressionen), die als Welle sichtbar sich in der Menschenmenge mit einer DichteabhÄngigen Geschwindigkeit fortbewegen. Im gçnstigen Fall lésen sich diese Kompressionen in Bereichen mit niedriger Personendichte wieder schadlos auf. Das nachfolgende Bild erläutert eine solche StrÉmung in Menschenmengen. Es wurde während der Loveparade in Duisburg aufgenommen. Auf dem GelÄnde wurden die Floats zu einem bestimmten Zeitpunkt angehalten. Nach einer gewissen Zeitspanne verdichteten sich die Personenmengen um den Bereich der Floats. Als die Floats wieder anfuhren, mussten die Personen vor den Floats zur Seite ausweichen. Diese erzwungenen KrÄfte setzten sich als Wellenbewegung in den eng stehenden Besuchern fort. Abb. 2: Wellenbewegungen bei der Loveparade bearbeitet durch FhG-ICT Man erkennt die Wellenbewegung vom Wagen weg, die in diesem Fall von einer Wellenbewegung in entgegengesetzter Richtung begleitet wird. Die Personen zwischen den Druckwellen sind Scherspannungen ausgesetzt, die zum Sturz oder zu Atemproblemen fçhren kénnen. Diese Spannungen dauerten in dem Beispiel jedoch nur wenige Sekunden an.

Hierzu sollen an dieser Stelle noch einige physikalische Ñberlegungen von Herrn BlÄtte (3) eingefçgt werden. Der symbolisierte Mensch (Figur) ist in der RealitÄt kein starres Gebilde, sondern etwas in sich Bewegliches, das auch noch durch Interaktionen seine physikalischen Eigenschaften verändern kann. Ein Beispiel fçr diese intelligente VerÄnderung der Eigenschaft ist z.b. der Ausfallschritt nach vorne oder hinten oder eine Schwerpunktverlagerung durch Neigung des KÉrpers, um die auf den KÉrper wirkenden Momente aufzufangen. Diese Reaktionen sind aber nur dann méglich, wenn der Korpus oder die Beine ausreichend Raum haben, um die notwendigen Ausgleichsbewegungen auszufçhren. Die Asymmetrien bei der nun folgenden vereinfachten StabilitÄtsbetrachtung sollen vernachlässigt werden. Zwar sind die stabilisierenden Momente fçr eine Kraft von vorne geringer, weil der Schwerpunkt des KÉrpers näher an der Verse liegt und zur Seite etwas gréåer, weil noch etwas Bewegungsfreiheit fçr einen SeitwÄrtsschritt fçr die Beine bleibt. DafÇr gibt es statistische GrÉÅenunterschiede und unterschiedliche HÉhen fçr die angreifenden KrÄfte usw. Auch stehen die Figuren nicht aufgereiht, sondern sind in einem gewissen Winkel zueinander oder sind sogar um 180 Grad verdreht. Insofern kann angenommen werden, dass die im Einzelfall vorhandene Asymmetrie bei mehreren zufällig auf einer FlÄche stehenden Personen wieder ausgeglichen wird. Die Figur im beginnt zu kippen, wenn F*1.7 > G*0.2. (1.7 m angenommene SchulterhÉhe, 0.2 m angenommener Abstand des auf die Standebene projektierten Schwerpunktes zur FuÅspitze (Drehpunkt)). Beim 75kg Normmenschen wären das erstaunlich wenige 88N. Wenn die Figur kippt, verringert sich die notwendige Kraft zur Fortsetzung des Kippvorganges mit gréåer werdendem Kippwinkel, weil der projektierte Schwerpunkt an die FuÅspitze heranrçckt. Ab einem Kippwinkel von etwa tan α = 0,2/130 ( 9 10 â) fällt die Figur um, auch ohne ÄuÅere Kraft- Einwirkung.

Bei einem Kippwinkel, der Çber diesen kritischen Punkt hinausgeht, kann die Figur eine wachsende eigene Kraft auf ein Objekt (Wand, andere Figur) ausçben. Die relevante Kraft, die auf eine andere Figur ausgeçbt werden kann, ist etwa: F= G*cos α * sin α. Die kritischen 88 N fçr den Nachbarn bei unserem Normmenschen werden dann bei einem Winkel von etwa 15 Grad SchrÄgstellung erreicht. Das heiåt, stçnden alle in einer Reihe, wçrde nicht nur einer, sondern alle umfallen und dabei theoretisch etwa bis 45 Grad Neigung eine wachsende Kraft/Figur (bis 345N) ausçben kénnen (das berçhmte Spiel mit den Dominosteinen). Nun muss man in der RealitÄt allerdings einige EinschrÄnkungen machen, denn der reale Mensch ist nicht starr, er wird also bereits vor einem Winkel von 45 Grad einknicken. Auch Reibungseffekte bei den aneinanderreibenden Kleidern oder GrÉÅen und Gewichtsunterschiede usw. verändern das Ergebnis und es bedarf sicherlich noch einiger Forschungen und Ñberlegungen, um dieses sehr einfache Bild, der RealitÄt besser anzupassen. In der Praxis der GenehmigungsbehÉrden wird der sehr einfach abzuschätzende Begriff der Menschen pro Quadratmeter (Dichte) benutzt. Eine Dichte von weniger als 2 gilt als unbedenklich, eine die darçber ist, kann im Rahmen der Auslegung der VersammlungsstÄtte nicht genehmigt werden. Diese ErfahrungsgrÉÅe ist sicherlich auf der sicheren Seite, denn falls eine Figur umfallen sollte, dann ist dieses Ereignis wegen der Entkopplung zu den anderen Figuren folgenlos. Um eine AbschÄtzung Çber das physikalische Verhalten unterschiedlichen Dichten (Menschen/mä) zu bekommen, soll im Folgenden versucht werden, vom Verhalten der einzelnen Person auf das Verhalten eines mit Personen angefçllten Quadratmeters zu schlieåen und von dort aus auf eine gréåere FlÄche, um abzuschätzen, ab wann es fçr die in einem Verdichtungsgebiet befindlichen Personen gefährlich werden kann. Bei einer Personendichte von 2 Menschen /mä sind diese Menschen véllig entkoppelt. Diese FlÄchenbelegung hat keinerlei Auswirkung auf die FlÄche davor oder dahinter.

Bei einer Personendichte von 5 Menschen /mä bleibt noch ausreichend Raum zwischen den Menschen, um sich, wenn auch eingeschränkt, zu bewegen. Die Menschen kénnen z.b. durch einen Ausfallschritt oder und durch ein Ausweichen und ein Entgegenstemmen die auftretenden KrÄfte aufnehmen. Die Wirkung nach auåen ist noch Null, oder beschränkt dämpfend fçr von auåen einwirkende KrÄfte. Bei 6 Personen /mä kann ein Einzelner in der Gruppen sich durchaus noch bewegen und mit einer Schieflage ( Bild2) KrÄfte auf die Nachbarn ausçben. Allerdings wird mit zunehmender Dichte ein Auspendeln der auftreten KrÄfte unméglich, weil fast kein Bewegungsspielraum mehr fçr die einzelnen Personen bleibt. Der Ausfallschritt wird durch die Beine des Vorder-Seiten oder Hintermanns begrenzt. Wenn einer strauchelt, werden sich die KrÄfte der einzelnen Person, die ebenfalls straucheln, aufaddieren und die Kraft an die nächste FlÄche weitergegeben ( ca 100 N * 6 Personen = ca 500-600 N aus einem Quadratmeter. In diesem Beispiel sind 8 Personen auf dem Quadratmeter dargestellt. Durch Quetschen und SchrÄgstellen ist diese FlÄchenbelegung erreichbar. Theoretisch kénnen bis zu 8.2 Personen / m ä erzielt werden. Bei dieser Dichte stehen die Menschen stabil senkrecht. Durch Reibung an der Kleidung wird eine gewisse StabilitÄt erreicht. Allerdings kénnen dynamische Auswirkungen von auåen dieses in sich stabile Gebilde destabilisieren. Diese Dichten>= 8 Menschen /m ä werden allerdings nur erreicht, wenn Druck von auåen auf die Menschen einwirkt und ein Ausweichen durch ÄuÅere Begrenzungen nicht méglich ist.

Die kritische Dichte fçr einen sich dynamisch entwickelnden Kompressionsprozess liegt bei etwa 6 7 Menschen / mä. Nun ist die Wirkung eines einzigen Quadratmeters fçr eine Massenveranstaltung nicht dafçr ausschlaggebend, ob Menschen zu Schaden kommen oder gar getétet werden. Dazu mçssen Grenzbereiche Çberschritten werden, die etwa wie folgt abgeschätzt werden kénnen: a. Ersticken: Das Einatmen wird durch eine Muskelbewegung im Zwerchfell (das Zwerchfell wird nach unten gezogen) oder durch das Heben des Brustkorbes mechanisch initiiert. Verhindert ein ÄuÅerer Druck diese Muskelbewegungen, so kann der Mensch nicht mehr atmen. Nach drei Minuten wird das Gehirn irreversibel geschädigt, wenig später erfolgt der Exitus. Die Grenzbereiche fçr den noch ertragbaren Druck dçrften bei 2 3 kn / mä liegen. Das sind etwa 800 900N auf den Brustkorb. Nimmt man an, dass die einzelnen Vektoren der KrÄfte, die aus den FlÄchen resultieren nicht alle die gleiche Richtung haben, dann reichen 2 maximal 4mä an WirkflÄche aus, das sind etwa 10-12 Reihen an Menschen, um in der vordersten Reihe den potenziell tédlichen Druck aufzubauen. Dieser Druck mçsste dann Çber längere Zeit bestehen bleiben. b. Mechanische ZerstÉrung der Organe: Die dçrften unterhalb eines Wertes von 10kN eintreten. Dieser Wert wçrde theoretisch erreicht, wenn etwa 120 Menschenreihen hintereinander stehen und nach vorne drçcken. Risikominderung: a. Die vorhandenen FlÄchen mçssen in der Umgebung der zu erwartenden Attraktionen unterteilt werden. In den einzelnen Partitionen dçrfen die Dichten 5-6/ mä nicht Çberschritten werden. b. Die ZU- Und Abwege mçssen mit Schikanen versehen werden, um eine Addition der KrÄfte zu verhindern. Die Schikanen dçrfen nicht weiter als 10 m voneinander entfernt stehen.

3. Durchschnittliche Dichten auf einem VeranstaltungsgelÇnde Die maximale durchschnittliche Personendichte auf einem eingezäunten GelÄnde wird mit 2 Pers./ m 2 angenommen bzw. genehmigt. Diese Personendichte mag z.b. bei einem Public Viewing einen Platz relativ leer erscheinen lassen. Der Vorteil dieser Personendichte ist, dass StÉrungen im regulären Ablauf problemlos aufgenommen werden. So belegen z.b. Videos einer SchlÄgerei bei einem Public Viewing wie sich die Besucher nach auåen bewegen kénnen und sich in der Mitte ein leerer Kreis bildet. Die Besucherdichte kann ein solches AuseinanderstrÉmen ohne GefÄhrdung aufnehmen. ErhÉhungen der Dichte finden entweder an Attraktionen oder an Engstellen statt. An Attraktionen muss eine Dichte gréåer 6,0 Pers./ m 2 vermieden werden. An Engstellen kommt es zu Stausituationen wenn die Dichte des gehenden Besucherstroms 2,5 bis 3,0 Pers./ m 2 erreicht. Bei offenen Veranstaltungen wie z.b. Karneval, Kirmes, Volksfest oder Kieler Woche kann die durchschnittliche Dichte von 2 Pers./ m 2 Çberschritten werden. Bei der AbschÄtzung méglicher GefÄhrdungen kénnen Personenstromanalysen hilfreich sein. 4. Personenstromanalysen Personenstromanalysen sind Teil des Crowd Managements. Sie helfen dabei, mehr Çber die Besucherverteilung auf einem GelÄnde zu erfahren. Sie erméglichen auch, Ursachen fçr StÉrungen und UnregelmÄÅigkeiten zu entdecken. Letztendlich kann mit ihnen auch eine Aussage Çber das Besucherverhalten und die Besucherstruktur méglich sein. In dem Artikel werden verschiedene gemessenen BesucherstrÉme und mégliche RÇckschlÇsse vorgestellt. Um die wissenschaftliche Diskussion anzuregen, sind die Veranstaltungsbeschreibung und die gemessenen DatensÄtze unter http://www.vfdb.de/veroeffentlichungen.159.0.html abrufbar. 4.1. Einfache PersonenstrÉme Zur Verdeutlichung eines Personenstroms soll zunächst ein einfaches Beispiel dienen. Bei einem FuÅballstadion findet nach der Personenkontrolle durch Ordner eine Ticketkontrolle statt. Hierzu steckt der Besucher sein Ticket in einen Leseschlitz und das Drehkreuz wird freigegeben. Die Daten wurden im KÉlner Stadion aufgenommen. Der Besucher hat sein Ticket in der Hand und das Drehkreuz arbeitet automatisch. Daher ist von einem gleichmäåigen Durchlass auszugehen.

StÉrungen kénnen auftreten, wenn das Ticket nicht zur Hand ist oder ein Teil des technischen Systems versagt. In dem folgenden Diagramm ist der relativ konstante Personenfluss von 20 Personen pro Minute Çber einen kurzen Beobachtungszeitraum von 7 Minuten aufgezeigt. Abb. 3.: Personenstrom durch ein Drehkreuz. 4.2. PersonenstrÉme bei Veranstaltungsende Komplexere aber dennoch einfach strukturierte PersonenstrÉme finden zum Ende einer Veranstaltung statt. Diese Art der Veranstaltung kann in einer VersammlungsstÄtte stattfinden oder auf einem FreigelÄnde. Die Besucher zeigen während der Veranstaltung kein ausgeprägtes StrÉmungsverhalten, da das Ziel der Besucher die Beobachtung der Veranstaltung ist. Am Ende der Veranstaltung gehen die Besucher zu den Haltestellen des ãpnv oder zu den ParklÄtzen. Zu Beginn des AbstrÉmens bildet sich meistens eine Spitze im Personenstrom aus, die durch die schnell gehenden Besucher, die zuerst den Transportpunkt erreichen wollen, hervorgerufen wird. AnschlieÅend verläuft der Besucherstrom gleichmäåig und nimmt in der Summe ständig ab. Als Beispiel soll der Besucherstrom während der KÉlner Lichter im Jahr 2010 dienen. Betrachtet wurden die Besucher, die vom rechtsrheinischen frei zugänglichen GelÄnde in Richtung S-Bahnhof und Hauptbahnhof strémten. Die Aufnahmen wurden von der HohenzollernbrÇcke gemacht. Eine GelÄndebeschreibung ist in der Veranstaltungsbeschreibung enthalten.

Abb. 4.: Personenstrom beim Veranstaltungsende der KÉlner Lichter.. Beobachtet wurde Çber einen Zeitraum von 20 Minuten das AbstrÉmverhalten von ca. 5.000 Besuchern. AuffÄllig ist der starke Abfall nach 10 Minuten. Dies lässt sich durch die Belegung des GelÄndes erklären. Die stärkste Besucherdichte befand sich auf dem GelÄnde am sogenannten Tanzbrunnen, wo die Musikveranstaltungen stattfanden. Nachdem diese Besuchergruppe abgestrémt ist, sinkt der Personenstrom deutlich. Die Personenstromanalyse zeigt, dass es keine AuffÄlligkeiten gibt. Das AbstrÉmen vom GelÄnde verläuft reibungslos. 4.3. PersonenstrÉme mit Gegenstrom (Loveparade) Die komplexesten PersonenstrÉme kommen bei Veranstaltungen vor, bei denen die Besucher im Gegenstrom laufen kénnen. Die Mischung aus ankommenden und abwandernden Besuchern kann StÉrungen im StrÉmungsverhalten in beiden Richtungen aufzeigen. Mit der Personenstromanalyse sind Aussagen Çber die Besucherstruktur und das Besucherverhalten méglich.

Bei der Loveparade in Duisburg im Jahr 2010 wurden die Besucher vom Bahnhof ankommend auf einer Weststrecke und einer Oststrecke zum VeranstaltungsgelÄnde gefçhrt. Abb. 5: StrÉmungswege Loveparade. (Die linke Seite entspricht der Westseite) Ausgewertet wurde der Besucherstrom vom Westausgang des Bahnhofs in die Stadt. Hierzu liegen zwei Videoaufzeichnungen vor. Die erste Aufzeichnung betrifft den Zeitraum von 11:17 Uhr bis 13:55 Uhr in dem ca. 40.000 Personen die Messstrecke passierten und der Zeitraum von 14:41 Uhr bis 15:13 Uhr, in dem ca. 5.500 Personen die Messstrecke passierten.

Abb. 6.: Personenstrom vom Bahnhof in die Stadt. Erste Beobachtung. Der mittlere Personenstrom steigt vom Beginn der Messungen bis zum Veranstaltungsbeginn um 14:00 Uhr ständig an, wobei ab 12:45 ein ungefähr konstanter Wert erreicht wurde. Die kleineren Schwankungen sind sicherlich auf die Zugfrequenzen zurçckzufçhren. AuffÄllig sind die beiden EinbrÇche um 11:50 Uhr und um 13:40 Uhr, bei denen der Besucherstrom fçr ca. 5 Minuten halbiert wird. HierfÇr muss eine Ursache im System vorliegen, die allerdings nicht bekannt ist. Abb. 7.: Personenstrom vom Bahnhof in die Stadt. Zweite Beobachtung.

Deutlich sichtbar ist der relativ gleichmäåige Verlauf des Besucherstroms. AuffÄllig im Vergleich zum Besucherstrom aus der Abbildung 3 ist jedoch der wesentlich geringere durchschnittliche Wert. WÄhrend in der ersten Beobachtung der Mittelwert noch bei ca. 300 Personen pro Minute lag, liegt in dieser Beobachtung der Mittelwert bei ca. 175 Personen. Auch hierzu muss ein Grund vorliegen. Im Einsatztagebuch heiåt es hierzu um 14:40 Der Westteil des HBF ist total ÇberfÇllt. Ankommende GÄste werden vorläufig Çber den Ostteil aus dem HBF gefçhrt. Die Personenstromanalyse erkennt also externe Eingriffe und kann diese nachweisen. Die Besucher wurden anschlieåend durch einen Westtunnel und einen Osttunnel auf das VeranstaltungsgelÄnde gefçhrt. Die Tunnel waren jeweils am Eingang durch Einlassschleusen begrenzt, wobei grundsätzlich 16 Schleusen zur VerfÇgung standen aber ab 13:00 Uhr nur noch 6 Schleusen geéffnet waren. Abb. 8.: Personenstrom durch den Westtunnel zum VeranstaltungsgelÄnde Offensichtlich ist der abrupte Abbruch des Personenstroms um 15:50 mit der Errichtung der Polizeisperre. Aber auch vorher weist der Besucherstrom zahlreiche UnregelmÄÅigkeiten auf, die alle verschiedene Ursachen haben. Um14:47 fährt ein Polizeiwagen von der

Stadt zum GelÄnde. Die Durchfahrt fçhrt im Tunnel nicht zu Problemen, bedeutet aber das in dieser Zeit ca. 400. Besucher weniger den Tunnel passieren konnten. 400 Besucher bedeuten gleichzeitig einen héheren RÇckstau vor den Schleusen in der GrÉÅenordnung von ca. 200 m 2 (Bei angenommenen 2 Pers./ m 2 ). Der kurzfristige RÇckgang um 15:15 kann auf die Anordnung des Crowd Managers zurçckgehen, weitere Schleusen zu schlieåen. Allerdings war dieser Eingriff nur kurzfristig und mçndete in einer anschlieåenden Besucherspitze, da anscheinend nun die Schleusen durchbrochen wurden. Insgesamt ist die Besuchersteuerung sehr schwankend. Der Abstrom steigt kontinuierlich an. Abb. 9.: Personenstrom durch den Osttunnel zum VeranstaltungsgelÄnde Im Gegensatz zum Westtunnel ist der Besucherstrom im Osttunnel weitgehend konstant. Der Verlauf der gehenden Besucher steigt ebenfalls ständig an, wobei ein Spitzenwert um15:14 Uhr erreicht wird. Hier fand der Wachwechsel auf der Rampe statt. Die abfahrenden Fahrzeuge wurden von zahlreichen Besuchern zum Verlassen des GelÄndes genutzt, indem sie hinter den Fahrzeugen herliefen. Die Spitze ab 16:00 erklärt sich dadurch, dass die Besucher vom GelÄnde aus noch in den Osttunnel gehen konnten. Hier befand sich die Polizeisperre am Tunneleingang. Dementsprechend war im Tunnel ausreichend Platz fçr die gehenden Besucher vorhanden.

Abb. 10.: PersonenstrÉme durch die Tunnel zum VeranstaltungsgelÄnde. Vergleicht man die DatensÄtze aus den beiden Tunneln, so lässt sich sagen, dass die Ordner an den Einlassschleusen komplett unterschiedlich gearbeitet haben. Die Ostseite hat die Besucher gleichmäåig bei einem relativ geringen Besucherstrom eingelassen. Die Ordner auf der Westseite waren der Aufgabe kaum gewachsen. Ein gleichmäåiger Besucherstrom kam nie zustande. Betrachtet man die BesucherstrÉme vom Bahnhof Westseite und vom Tunneldurchgang Westseite, so muss man feststellen, dass fçr den gesamten Veranstaltungsraum also Bahnhof, Stadt, GelÄnde nie ein abgestimmtes Crowd Management oder Crowd Controll System existiert hat. Die BesucherstrÉme vom Bahnhof waren um 15:00 bereits gréåer als die BesucherstrÉme, die auf das GelÄnde gelassen wurden. Dies musste unweigerlich zu erheblichen Staus im Stadtbereich fçhren, die wiederrum mit Aggressionspotential und kritischen Situationen verbunden sind. 4.4. PersonenstrÉme mit Gegenstrom (Soester Kirmes 2011) Auf der Soester Allerheiligenkirmes wurden erstmals zwei aufeinanderfolgende Tage vom selben Beobachtungsstandort untersucht. Die Besonderheit ist, dass am ersten Beobachtungstag (Freitag) um 20:00 Uhr ein Feuerwerk stattfand. Es mçssten sich also

signifikante Unterschiede zum Samstag herausstellen, da hier der durch die zusätzliche Attraktion bedingte Gegenstrom entsprechend wegfiel. Abb. 11: PersonenstrÉme Soester Allerheilgenkirmes 5.11.2010 Der ankommende Besucherstrom resultiert Çberwiegend auf Besucher, die mit dem ãpnv anreisen. Am Bahnhof ist auch der zentrale Busbahnhof gelegen, den alle Busse aus der Umgebung von Soest anfahren. Das Feuerwerk findet hinter dem Bahnhof auf einem FreigelÄnde statt und kann vom Bereich um den Busbahnhof beobachtet werden. Der gesamte Beobachtungszeitraum umfasst 3,5 Stunden. Deutlich sichtbar ist der ansteigende Besucherstrom von 18:00 Uhr bis 19:30 Uhr, verursacht durch die Besucher, die vom KirmesgelÄnde Richtung Bahnhof und damit zum Feuerwerk strémen. Dieser Besucherstrom kommt ab 19:50 nahezu zum Erliegen. Entsprechend setzt um 20:30 Uhr, also mit Beendigung des Feuerwerks ein erhéhter Besucherstrom zum KirmesgelÄnde ein. Weiterhin sind ab 20:45 Uhr einige Spitzen bei den ankommenden Besuchern zu erkennen. Am Samstag, den 6.11.2010 war das Wetter weniger regnerisch und die Gesamtzahl der Besucher war deutlich erhéht. Als Prognose auf den Besucherverlauf wurde vorhergesagt, dass die StrÉme der kommenden und gehenden Besucher entsprechend jeweils anteilig gréåer werden und die beiden Feuerwerkspitzen vom Freitag wegfallen.

Das Ergebnis entsprach jedoch nicht der Prognose. Abb. 12.: PersonenstrÉme Soester Allerheilgenkirmes 5./6.11.2010. Bei den gehenden Besuchern zeigen sich keine Unterschiede im Personenstrom an den beiden Tagen. Das lässt einen RÇckschluss auf die Besucherstruktur zu. Die BesucherstrÉme wurden in der Zeit von 18:00 Uhr bis 21:30 Uhr gemessen. In dieser Zeit ist der Besucherstrom fçr beide Tage nahezu identisch. Bei der gehenden Besuchergruppe handelt es sich um Schaulustige, die eine geringere Verweilzeit aufweisen. Die Hauptgruppe der Kirmesbesucher bleibt Çber 5-6 Stunden und geht erst in den späten Abendstunden zurçck. Der Besucherstrom und damit die Besuchermenge der Schaulustigen ist an beiden Tagen konstant. Die erhéhte Besucherzahl geht ausschlieålich auf die Besuchergruppe mit einer hohen Verweilzeit zurçck. Bemerkenswert in dem Diagramm sind die annähernd identischen drei Spitzen in der Zeit von 20:45 Uhr bis 21:15. Die leichte Parallelverschiebung ist auf die héhere Personendichte und die damit verbundene geringere Personengeschwindigkeit zurçckzufçhren, da der Weg vom Bahnhof zum Beobachtungspunkt ca. 30 Minuten benétigt. Hierbei handelt es sich um ein hausgemachtes Problem durch den ãpnv. Zu diesen Zeitpunkten ist am Busbahnhof zufällig ein erhéhtes gleichzeitiges Eintreffen von Bussen zu verzeichnen. Die Folge sind Besucherspitzen auf dem GelÄnde, die teilweise an engeren Stellen zu

Stausituation im Besucherfluss fçhren. Durch eine Optimierung des Fahrplans kénnen diese vermieden werden. Schlussfolgerungen: Ab einer Personendichte von 6 Pers./ m 2 mçssen MaÅnahmen ergriffen werden, um die lokalen Dichten zu verringern. Die gemäå StraÅenverkehrs-Ordnung (StVO) zulässigen 8 Pers./ m 2 erhéhen das Risiko von KÉrperverletzungen deutlich. Bereits auf kleinen FlÄchen von ca. 4,5 m 2 PersonendrÇcke entstehen. kénnen maximale Bei PersonenstrÉmen muss ab einer Dichte von 2,5 3,0 Pers./ m 2 mit Staubildungen gerechnet werden. Detaillierte Personenstromanalysen erméglichen eine Prognose von Stausituationen und eine rechtzeitige Reaktion. Sie erméglichen RÇckschlÇsse auf die Art der Besuchergruppen. Sie dienen zur Analyse von UnregelmÄÅigkeiten im Veranstaltungsablauf und damit bei wiederkehrenden Veranstaltungen als Planungsinstrument. Das diesem Artikel zugrundeliegende Vorhaben Risiko GroÅveranstaltungen Planung, Bewertung, EVAkuierung und Rettungskonzepte - EVA wird mit Mitteln des Bundesministeriums fñr Bildung und Forschung im Sicherheitsforschungsprogramm der Bundesregierung (4) unter dem FÖrderkennzeichen 13N10300 im Bereich Schutz und Rettung von Menschen gefördert. Die Verantwortung fñr den Inhalt dieser VerÖffentlichung liegt beim Autor. 1. Ulrich Weidmann; Transporttechnik der FuÅgÄnger; Institut fçr Verkehrsplanung, Transporttechnik, StraÅen- und Eisenbahnbau ZÇrich; Schriftreihe des IVT Nr. 90; 2. ErgÄnzte Auflage; MÄrz 1993. 2. Dirk Oberhagemann, Jochen Neutz, Andreas KÉnig, Norbert Eisenreich, Franz Weller; Bestimmung der DrÇcke in Menschenmengen; vfdb-zeitschrift 59. Jahrgang Heft 4/2010; S. 204-205 3. Hans-Jochen BlÄtte, PersÉnliche Mitteilungen, 2011