IFA Sektion Rhein-Main-Neckar Frankfurt/Main, 13. Februar 2014 Deutsche DBA - Verhandlungsgrundlage Martin Kreienbaum
Entstehungsgeschichte Zunehmende steuerpolitische Bedeutung von DBA Forderungen nach mehr Transparenz in der deutschen Abkommenspolitik Erörterung im BT-Finanzausschuss und mit den Außensteuer-Referatsleitern der Länder Veröffentlichung am 18. April 2013 (Symposium) Deutsche und englische Sprachfassung im Internet http://www.bundesfinanzministerium.de/content/de/standardartik el/themen/steuern/internationales_steuerrecht/allgemeine_infor mationen/2013-05-06-verhandlungsgrundlage-dba.html 2
Zielsetzung Optimierung und Vereinheitlichung der deutschen Verhandlungsführung durch Formulierung eines einheitlichen Vertragsanspruchs Weitgehende Anlehnung an bisherige deutschen DBA-Politik auf Basis des OEDC MA Differenzierung zwischen Industriestaaten und Schwellen- /Entwicklungsländern Verhandlungsgrundlage nicht statisch, sondern dynamisch 3
Abkommenszweck: Titel & Präambel Titel des Abkommens: zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerverkürzung Präambel: von dem Wunsch geleitet, die beiderseitigen wirtschaftlichen Beziehungen weiter zu entwickeln, die Zusammenarbeit auf steuerlichem Gebiet zu vertiefen und eine wirksame und zutreffende Steuererhebung zu gewährleisten, in der Absicht, die jeweiligen Besteuerungsrechte gegenseitig so abzugrenzen, dass sowohl Doppelbesteuerungen wie auch Nichtbesteuerungen vermieden werden 4
Abkommenszweck: Titel & Präambel 5 Präambel ist Teil des Auslegungs- Zusammenhangs nach Art. 31 WÜRV DBA-Zweck: nicht nur Vermeidung von Doppelbesteuerung, sondern auch von (doppelter) Nichtbesteuerung Zweckerweiterung aufgrund inhaltlicher Erweiterung: Unterstützung und Sicherung einer effektiven Besteuerung Ausweitung des Informationsaustauschs von kleiner Klausel zum OECD-Standard: Übermittlung von Informationen, die für Besteuerung im ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich sind Beitreibungshilfe, Zustellungshilfe Rückfallklauseln
RäumlicherAnwendungsbereich Art. 3 VG Abs. 1 Nr. 1 VG auch maritime Anschlusszone, soweit Ausübung von Hoheitsbefugnissen zum Zweck der Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, oder zur Energieerzeugung unter Nutzung erneuerbarer Energieträger 6
Betriebsstättenbegriff Art. 5 VG wie Art. 5 OECD-Musterabkommen: Abs. 3 Bau-/Montageklausel: 12 Monate Ggfs. kürzere Frist z.b. ggü. Entwicklungsländern Ablehnung der ausweitenden Auslegung im OECD- Kommentar zum OECD-Musterabkommen 7
Authorized OECD Approach (AOA) Art. 7 VG Volle Umsetzung des AOA zur Zurechnung von Betriebsstättengewinnen 8 Neufassung entsprechend Art. 7 OECD-MA 2010 Abs. 2: Berücksichtigung von dealings, Funktionsanalyse entspr. OECD-Verrechnungspreis-RL (ausgeübte Funktionen, genutzte Wirtschaftsgüter, übernommene Risiken) Abs. 3: vermeidet Pflicht zur Gegenberichtigung bei vermeintlich unberechtigter Verrechnungspreis-Korrektur (Alternative in Tz. 68 des OECD-KOM zu Art. 7 OECD-MA); Durchführung eines Verständigungs-/Schiedsverfahrens Nicht alle Vertragspartner zur Umsetzung bereit Skepsis/Ablehnung (UN-MA), Umsetzungsstand (OECD-MS)
Personengesellschaften (ggf. Art. 7) Gesellschafter-Sondervergütungen (Art. 7) Aufnahme der deutschen Sonderklausel zur Umqualifizierung in Unternehmensgewinne wird nicht mehr allgemein angestrebt. Grund: gegenüber den meisten Staaten erhebliche Erschwerung der Verhandlungsführung, Risiko von Qualifikationskonflikten Aber: Verwendung bleibt weiterhin möglich, abhängig von verhandlungsökonomischer Abwägung, z.b. gegenüber Staaten mit vergleichbarer Rechtslage 9
Quellensteuerpolitik Art. 10 12 VG Dividenden: 5% bei Schachtelbeteiligungen von 10% 0% ausnahmsweise nach Interessenlage (nicht bei steuerbefreiten Gesellschaften) 15% bei Portfoliodividenden, REITs und Investmentvermögen Zinsen: 0 % (weil nur in Ausnahmefällen beschränkt steuerpflichtig) Ggf. höhere Sätze bei Entwicklungsländern Lizenzgebühren: 0 10 Ggf. höhere Sätze bei Entwicklungsländern
Abs. 6 Veräußerungsgewinne Art. 13 VG Sicherung der Vermeidung der Doppelbesteuerung in Fällen der Anwendung der Wegzugsbesteuerung gemäß 6 AStG 11
Abs. 3: Nichtselbständige Tätigkeit Art. 14 VG Besteuerung des im internationalen Verkehr eingesetzten Personals im Staat der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens Abs. 4 u. 5 Missbrauchsvermeidung Sicherung des Zusammenfallens von Besteuerung und Sozialversicherungsabgaben Berücksichtigung von Beiträgen an Altersvorsorgeeinrichtung im anderen Vertragsstaat 12
Künstler/Sportler Art. 16 VG Abs. 3 Einkünfte aus Überlassung von Übertragungsrechten oder anderweitiger Verwertung künstlerischer oder sportlicher Tätigkeit können im Tätigkeitsstaat besteuert werden Abs. 4 Vermeidung der Quellenbesteuerung im Tätigkeitsstaat, wenn der Aufenthalt aus öffentlichen oder gemeinnützigen Mitteln des anderen Staats gefördert wurde 13
Ruhegehälter/Renten Art. 17 VG 14 Abweichungen von reiner Ansässigkeitsbesteuerung Abs. 2 (Sozialversicherungs-Klausel) Besteuerungsrecht des Staates, auf dessen Sozialversicherungsrecht Leistungen beruhen Abs. 3 (Förderstaats-Klausel) Besteuerungsrecht für Leistungen, die auf länger als 15 Jahre steuerlich oder anders geförderten Beitragsleistungen beruhen Abs. 4 Entschädigungsleistungen Abs. 5 Unterhaltsleistungen
Öffentlicher Dienst Art. 18 VG Abs. 4 und 5 Einbeziehung weiterer öffentlicher Einrichtungen (Bundesbank) sowie bestimmter privatrechtlich organisierter, aber aus öffentlichen Haushalten finanzierter Einrichtungen (z.b. Goethe-Institut, DAAD, Auslandshandelskammern) 15
Gastprofessoren, Lehrer, Studenten Art. 19 VG Abs. 1 Gastprofessoren, Lehrer max. zweijährige Steuerbefreiung im Tätigkeitsstaat für Lehr- und Forschungstätigkeit Abs. 2 Studenten, Praktikanten, Lehrlinge Steuerbefreiung während eines Studien- oder Ausbildungsaufenthalts für Leistungen für Unterhalt, Studium oder Ausbildung, die aus Quellen außerhalb des Tätigkeitsstaats stammen 16
Vermeidung der Doppelbesteuerung Art. 22 VG Regel: Freistellung Schachtel-Dividenden bei unmittelbarer Mindestbeteiligung von 10 % am Kapital, außer bei Dividenden einer steuerbefreiten Gesellschaft oder bei im anderen Staat abzugsfähigen Dividenden, oder bei Zurechnung nach deutschem Recht zu Person, die keine in Deutschland ansässige Gesellschaft ist Betriebsstättengewinne Arbeitnehmereinkünfte Einkünfte aus unbeweglichen Vermögen 17
Vermeidung der Doppelbesteuerung Art. 22 VG Anrechnungsmethode bei: übrigen Dividenden Veräußerungsgewinnen aus Immobiliengesellschaften Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen Einkünfte von Künstlern und Sportlern aus im andern Staat persönlich ausgeübter Tätigkeit Sozialversicherungsleistungen Ruhegehältern, ähnlichen Vergütungen und Renten 18
Freistellung Art. 22 I Nr. 4 VG Aktivitätsklausel nur für bestimmte Aktivitäten Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Gegenständen, Aufsuchen und Gewinnung von Bodenschätzen, Bank und Versicherungsgeschäfte, Handel oder Erbringung von Dienstleistungen Substanz: Bestehen eines dem Geschäftszweck angemessenen eingerichteten Geschäftsbetriebs erforderlich 19
Art. 22 I Nr. 5 a) Qualifikationskonflikt-Klausel Anrechnung statt Freistellung wenn in den Vertragsstaaten Einkünfte oder Vermögen unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet werden und wenn auf Grund dieser unterschiedlichen Zuordnung die betreffenden Einkünfte oder Vermögenswerte doppelt besteuert oder nicht oder niedriger besteuert würden und sich im Fall doppelter Besteuerung dieser Konflikt nicht durch ein (Verständigungs-)Verfahren nach Artikel 24 Absatz 2 oder 3 regeln lässt 20
Art. 22 I Nr. 5 b) VG Subject-to-tax-Klausel Anrechnung statt Freistellung wenn der andere Vertragsstaat Einkünfte oder Einkunftsteile oder Vermögen oder Vermögensteile nach dem Abkommen besteuern kann, tatsächlich aber nicht besteuert; Erläuternde Protokollziffer 4: Einkünfte oder Einkunftsteile werden tatsächlich besteuert, wenn sie in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden, auf deren Grundlage die Steuer berechnet wird. Einkünfte oder Einkunftsteile werden nicht tatsächlich besteuert, wenn sie nicht steuerpflichtig sind oder von der Besteuerung ausgenommen werden. 21
Art. 22 I Nr. 5 c) VG Umschaltklausel Anrechnung statt Freistellung für Einkünfte oder Vermögenswerte, die die Bundesrepublik Deutschland nach Konsultation auf diplomatischem Weg dem anderen Vertragsstaat notifiziert hat, auf die sie die Steueranrechnung anzuwenden beabsichtigt. Keine materiellen Voraussetzungen (Forderung des BR-Finanzausschusses) Die Doppelbesteuerung wird für die notifizierten Einkünfte oder Vermögenswerte durch Steueranrechnung vom ersten Tag des Kalenderjahres vermieden, das dem Kalenderjahr folgt, in dem die Notifikation übermittelt wurde. 22
Verständigungsverfahren Art. 24 VG Abs. 5 Verbindliche Schiedsklausel Ausnahmen: Abs. 5 Nr. 3 Einigkeit beider zuständiger Behörden im Einzelfall, dass der Fall nicht zur Entscheidung durch ein Schiedsverfahren geeignet ist Abs. 5 Nr. 4 Anwendungsfall der EU Schiedskonvention 23
Informationsaustausch Art. 25 VG Umsetzung des OECD-Standards Verpflichtet zur Übermittlung auf Ersuchen von Informationen (einschl. Bankinformationen und Informationen über das Eigentum an jurist. Personen), die zur Besteuerung im ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich sind Ermöglicht als Rechtsgrundlage auch spontanen und automatischen Informationsaustausch Klarstellende Ergänzung des OECD.-Kommentars zu Art. 26 vom 17. Juli 2012 (Gruppenauskunftsersuchen) 24
Besonderheiten : Zweckerweiterungsklausel Informationsaustausch Art. 25 VG Art. 25 Abs. 2 Satz 4 6 Nutzung für andere Zwecke möglich nach vorheriger Zustimmung des übermittelnden Staates bei Gefahr im Verzug zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden dringenden Gefahr für Leben, körperliche Unversehrtheit oder persönliche Freiheit einer Person: Nutzung auch ohne vorherige Zustimmung; dann nachträgliche Einholung der Genehmigung, bei Verweigerung keine weitere Verwendung für anderen Zweck, Schadensersatzpflicht Datenschutzvorschriften im Protokoll zum Abkommen 25
Beitreibungshilfe Art. 26 VG Amtshilfe bei der Steuererhebung nach OECD-Muster Keine Beschränkung auf die in den Anwendungsbereich des DBA fallenden Steuern 26
Quellenbesteuerungsverfahren Art. 27 VG Klarstellung, dass der Quellenstaat zunächst den Steuerabzug an der Quelle nach seinem innerstaatlichen Steuerrecht vornehmen darf und die DBA-Ermäßigung im Rahmen eines Erstattungsverfahrens erfolgt Regeln für die Gewährung von DBA-Vorteilen an Investmentvermögen 27
Abkommensanwendung in besonderen Fällen Art. 28 VG Abkommensrechtliche Absicherung der Anwendung innerstaatlicher Vorschriften zur Verhinderung der Steuerumgehung oder Steuerhinterziehung (insbesondere Anti-Missbrauch- Vorschriften), der Anwendung der deutschen Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung bei Zwischengesellschaften und Steuerpflicht von Stiftern und Begünstigten von Familienstiftungen. 28