Schwerbeh. Menschen - Ausgleichsabgabe Inhaltsübersicht 1. Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber 2. Beschäftigungspflichtige Arbeitgeber 2.1 Begriff des Arbeitgebers 2.2 Mindestzahl von Arbeitsplätzen 3. Erfüllung der Beschäftigungspflicht 4. Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht 5. Anrechnung schwerbehinderter Menschen auf die Pflichtquote 5.1 Anrechnung schwerbehinderter Menschen in Vollzeit 5.2 Anrechnung von schwerbehinderten Teilzeitbeschäftigten 5.3 Anrechnung von WfbM-Teilnehmern 5.4 Anrechnung des schwerbehinderten Arbeitgebers 5.5 Mehrfachanrechnung 5.5.1 Bei besonderen Eingliederungsschwierigkeiten 5.5.2 Bei Auszubildenden 5.5.3 Wegen der Art und Schwere der Behinderung 5.5.4 Bei Übernahme eines Auszubildenden 6. Ausgleichsabgabe 6.1 Höhe der Ausgleichsabgabe 6.2 Zahlung der Ausgleichsabgabe Information 1. Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber Nach 71 Abs. 1 SGB IX sind private und öffentliche Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen verpflichtet, auf wenigstens 5% der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Schwerbehinderte Frauen sind dabei besonders zu berücksichtigen. Abweichend von der generellen Pflichtquote von 5% privilegiert 71 Abs. 1 Satz 3 SGB IX Kleinbetriebe mit bis zu 40 bzw. 60 Beschäftigten. An der Verfassungsgemäßheit der Pflichtquote bestehen keine ernsthaften Zweifel unter den Gesichtspunkten des Verhältnismäßigkeitsprinzips, des Übermaßverbots sowie des allgemeinen Gleichheitssatzes (BVerwG vom 17.04.2003, NZA-RR 2004, 406). Die Beschäftigungspflicht ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Verstöße gegen die Beschäftigungspflicht können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden ( 155 Abs. 1 Nr.1 SGB IX ). Die Pflichtquote ist zu erfüllen, unabhängig davon, ob freie Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Der Arbeitgeber kann also nicht entgegenhalten, er verfüge nicht über genügend Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen. Der Gesetzgeber hat vielmehr unterstellt, dass Arbeitgeber mit mehr als 20 Arbeitsplätzen in der Lage sind, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Eine individuelle Dispensmöglichkeit von der Beschäftigungspflicht für einzelne Arbeitgeber besteht auch in Ausnahmefällen nicht. Die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers gibt dem einzelnen schwerbehinderten Menschen aber kein Recht auf Einstellung. Denn die Beschäftigungspflicht besteht lediglich im Verhältnis zum Staat als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (BAG vom 05.10.1995, DB 1996, 580). 1 2016 aok-business.de - PRO Online, 25.12.2016
Die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers besteht unabhängig davon, ob er die Möglichkeit hat, den schwerbehinderten Menschen überhaupt zu beschäftigen. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht mit Hinweis auf mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit von der Beschäftigungspflicht befreien. Die Beschäftigungspflicht besteht auch unabhängig davon, ob auf dem (regionalen) Arbeitsmarkt vermittelbare schwerbehinderte Bewerber zur Verfügung stehen. Gleiches gilt auch, wenn keine den Qualifikationsanforderungen entsprechenden schwerbehinderten Menschen zur Verfügung stehen. Der Arbeitgeber hat vielmehr geeignete Arbeitsplätze zu schaffen oder entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten. 2. Beschäftigungspflichtige Arbeitgeber Zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen sind alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen verpflichtet. 2.1 Begriff des Arbeitgebers Arbeitgeber ist, wer über Arbeitsplätze isv. 73 SGB IX verfügt, also Arbeitnehmer einschließlich der zur Berufsbildung Beschäftigten oder Beamte, Richter, Staatsanwälte usw. beschäftigt. Arbeitgeber ist auch der öffentliche Dienstherr. Arbeitgeber können natürliche Personen oder juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sein. Hierzu zählen insbesondere Aktiengesellschaften (AG), Offene Handelsgesellschaften (OHG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Kommanditgesellschaften (KG), Gesellschaften bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft), Genossenschaften, Stiftungen oder Vereine. Anknüpfungspunkt der Beschäftigungspflicht ist der "Arbeitgeber". Ob der Arbeitgeber einen Betrieb unterhält, ist grundsätzlich unerheblich. Entscheidend für die Beschäftigungspflicht ist nicht die Größe des Betriebes, sondern des Unternehmens (BVerwG vom 17.04.2003, NZA-RR 2004, 406). Bei der Berechnung der Pflichtquote sind alle Arbeitsplätze im Direktionsbereich ein und desselben Arbeitgeber zusammen zu fassen, unabhängig davon, ob die Arbeitsplätze über mehrere Betriebe bzw. Filialen verteilt sind (BVerwG vom 17.04.2003, NZA-RR 2004, 406). Die Pflichtquote kann also auch dadurch erfüllt werden, dass in dem einen Betrieb die Beschäftigungspflicht überschritten und in einem anderen Betrieb unterschritten wird (sog. Zusammenrechnungsprinzip). Ausländische Arbeitgeber sind beschäftigungspflichtig, soweit sie ihren Sitz im Inland haben. Keine Arbeitgeber sind die Auftraggeber von Heimarbeit. 2.2 Mindestzahl von Arbeitsplätzen Voraussetzung für die Beschäftigungspflicht ist das Vorhandensein von mindestens 20 Arbeitsplätzen isv. 73 SGB IX. Dabei werden sämtliche Arbeitsplätze desselben Arbeitgebers zusammengezählt, ganz gleich, auf wie viele Betriebe oder sonstige Arbeitsstätten sie verteilt sind. Unerheblich ist auch der Ort der Arbeitsplätze. Auch Außendienstmitarbeiter, Fernreisende oder Telearbeitsplätze gehören zu den Arbeitsplätzen. Arbeitsplätze im Privathaushalt des Arbeitgebers werden mit den betrieblichen Arbeitsplätzen addiert. Als Arbeitsplätze gelten nach 73 SGB IX alle Stellen, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer Berufsbildung Eingestellte beschäftigt werden. Auch Stellen, die mit schwerbehinderten Menschen besetzt sind, sind Arbeitsplätze und daher mitzuzählen. Nicht entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer, Beamte oder Richter tatsächlich tätig ist oder wegen Urlaub oder Krankheit nicht an seinem Arbeitsplatz ist. Unerheblich ist auch, ob die Personen im Betrieb selbst oder außerhalb des Betriebs, z.b. im Außendienst oder auf Montage tätig sind. Dies gilt aber dann nicht, wenn sich die Arbeitsplätze im Ausland befinden. Auch Hausangestellte (z.b. Köchin, Wirtschafterin) sind auf Arbeitsplätzen isv. 73 Abs. 1 SGB IX beschäftigt. Nach 73 Abs. 3 SGB IX gelten Stellen, auf denen Beschäftigte in geringem Umfang tätig sind, nicht als Arbeitsplätze. Gesetzgeberisches Ziel war es, dadurch die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber etwas zu begrenzen und Teilzeitbeschäftigung zu fördern. Nicht als Arbeitsplätze gelten Stellen, die nach der Natur der Arbeit oder den Parteivereinbarungen nur auf die Dauer von acht Wochen besetzt sind. Beispiele hierfür sind Urlaubs- und Krankheitsvertretungen oder eine befristete Einstellung für unter acht Wochen. Eine unter acht Wochen vereinbarte Probezeit fällt allerdings nicht unter 73 Abs. 3 SGB IX, da die Vertragsparteien regelmäßig das Beschäftigungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit fortsetzen wollen. 2 2016 aok-business.de - PRO Online, 25.12.2016
Stellen, auf denen Beschäftigte mit weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt werden, gelten nicht als Arbeitsplätze. Diese gilt auch im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung ( 28 SGB IX ) und bei der Altersteilzeit. Unter den Voraussetzungen des 75 Abs. 2 Satz 2 SGB IX kann auch ein in Teilzeit mit unter 18 Stunden wöchentlich beschäftigter schwerbehinderter Mensch von der Agentur für Arbeit auf die Pflichtquote angerechnet werden. Voraussetzung ist aber, dass die Teilzeitbeschäftigung wegen der Art und Schwere der Behinderung notwendig ist. Bei der Berechnung der Mindestzahl von Arbeitsplätzen und der Zahl der Arbeitsplätze, auf denen schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen sind, zählen Stellen, auf denen Auszubildende beschäftigt werden, nicht mit, 74 Abs. 1 SGB IX. Mit der dauerhaften Nichtberücksichtigung der Ausbildungsstellen sollte die Ausbildungsbereitschaft der Arbeitgeber gegenüber Schwerbehinderten und Nichtbehinderten gefördert werden. Praktikanten und Volontäre fallen nicht unter 74 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Auch Umschüler oder zur beruflichen Fortbildung Beschäftigte gehören nicht zu den Auszubildenden im Sinne von 74 Abs. 1 SGB IX. 3. Erfüllung der Beschäftigungspflicht Der Arbeitgeber erfüllt seine Beschäftigungspflicht dadurch, dass er einen schwerbehinderten Menschen, einen diesem Gleichgestellten oder sonstige anrechenbare Personen einstellt und beschäftigt. Nur schwerbehinderte Menschen, deren Schwerbehinderteneigenschaft durch das Versorgungsamt festgestellt wurde oder deren Schwerbehinderung offenkundig ist, können auf die Beschäftigungsquote angerechnet werden. Zu den sonstigen anrechenbaren Personen gehören u.a. die Inhaber eines Bergmannversorgungsscheins oder die in Heimarbeit Beschäftigten. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei, welche schwerbehinderten Menschen er einstellt. Er hat aber dabei die besonders schutzwürdigen Personen nach 72 SGB IX angemessen zu berücksichtigen. Die Pflicht zur Beschäftigung wird auch dadurch erfüllt, wenn ein Beschäftigter im Verlauf des Arbeits-/bzw. Dienstverhältnisses schwerbehindert und dennoch weiterbeschäftigt wird. Die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers umfasst nicht nur den Abschluss des Arbeitsvertrags, sondern auch die tatsächliche Beschäftigung. Die Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen kann auch durch eine Teilzeitbeschäftigung erfüllt werden. Die Mindestbeschäftigungsdauer, bei der noch ein schwerbehinderter Mensch auf die Pflichtquote angerechnet werden kann, ist 18 Stunden wöchentlich. Der Arbeitgeber erfüllt seine Beschäftigungspflicht auch dadurch, wenn er schwerbehinderte Menschen beschäftigt, die bereits das 65. Lebensjahr vollendet haben. 4. Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht, hat er die Ausgleichsabgabe nach 77 SGB IX zu zahlen. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe befreit aber nicht von der Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht schuldhaft nicht, kann ein Bußgeld nach 155 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX verhängt werden. 5. Anrechnung schwerbehinderter Menschen auf die Pflichtquote 5.1 Anrechnung schwerbehinderter Menschen in Vollzeit Nach 75 Abs. 1 SGB IX wird ein schwerbehinderter Mensch, der auf einem Arbeitsplatz im Sinne des 73 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 oder 4 SGB IX beschäftigt wird, auf einen Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Der persönliche Geltungsbereich von 75 Abs. 1 SGB IX umfasst sowohl schwerbehinderte Menschen als auch deren Gleichgestellte. Voraussetzung ist, dass die Schwerbehinderung förmlich festgestellt ist oder offensichtlich ist. Auch schwerbehinderte Menschen, die das 65. Lebensjahr überschritten haben, sind auf einen Pflichtplatz anzurechnen. 5.2 Anrechnung von schwerbehinderten Teilzeitbeschäftigten 3 2016 aok-business.de - PRO Online, 25.12.2016
Ein schwerbehinderter Mensch, der in Teilzeitbeschäftigung kürzer als betriebsüblich, aber nicht weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt wird, wird auf einen Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Schwerbehinderte Menschen, die über 18 Stunden wöchentlich in Teilzeit tätig sind, werden voll und nicht etwa nach Bruchteilen angerechnet. Bei Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf weniger als 18 Stunden infolge von Altersteilzeit gilt Entsprechendes. Wird ein schwerbehinderter Mensch weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt, lässt die Bundesagentur für Arbeit die Anrechnung auf einen dieser Pflichtarbeitsplätze zu, wenn die Teilzeitbeschäftigung wegen der Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist. Die Möglichkeit der Anrechnungszulassung besteht sowohl bei Begründung des Beschäftigungsverhältnisses als auch währenddessen. Der Antrag auf Zulassung der Anrechnung ist bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit formlos zu stellen. Zuständig ist die Agentur der Betriebsstätte oder bei arbeitslosen schwerbehinderten Menschen die Agentur für Arbeit am Wohnsitz. Antragsberechtigt sind sowohl der Arbeitgeber, der schwerbehinderte Mensch selbst oder das Integrationsamt. Die Agentur für Arbeit kann auch selbst die Anrechnung initiieren. Die Zulassung der Anrechnung ist der Agentur für Arbeit zu erteilen, wenn die Teilzeitbeschäftigung wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist. Ein Ermessensspielraum der Agentur für Arbeit besteht nicht. Es besteht also ein Anspruch auf Zulassung der Anrechnung, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Die Einführung von Kurzarbeit allein rechtfertigt keine Anrechnungszulassung. 5.3 Anrechnung von WfbM-Teilnehmern Nach 75 Abs. 2a SGB IX wird ein schwerbehinderter Mensch, der im Rahmen einer Maßnahme zur Förderung des Übergangs für behinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt wird, auch für diese Zeit auf die Zahl der Pflichtarbeitsplätze angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nur, wenn die Maßnahme erfolgreich ist und der schwerbehinderte Mensch in ein Arbeitsverhältnis übernommen wird. 5.4 Anrechnung des schwerbehinderten Arbeitgebers Ein schwerbehinderter Arbeitgeber wird nach 75 Abs. 3 SGB IX auf einen Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Arbeitgeber sind nur natürliche Personen, nicht aber juristische Personen oder eine Personengesamtheit. Auch die gesetzlichen Vertreter oder die Gesellschafter (z.b. einer OHG) sind nicht Arbeitgeber und daher nicht auf einen Pflichtplatz anzurechnen. Geschäftsführer einer GmbH sind nicht auf einen Pflichtplatz anzurechnen, wenn sie gleichzeitig Gesellschafter mit einem nicht unerheblichen Anteil sind (BVerwG v. 24.02.1994, NZA 1995, 428). 5.5 Mehrfachanrechnung In 76 SGB IX ist geregelt, in welchen Fällen eine Mehrfachanrechnung bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf die Pflichtquote möglich ist. 5.5.1 Bei besonderen Eingliederungsschwierigkeiten Die Bundesagentur für Arbeit kann nach 76 Abs. 1 SGB IX die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn dessen Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt. Die Mehrfachanrechnung ist begrenzt auf höchstens drei Pflichtplätze. In den meisten Fällen ist eine doppelte Anrechnung angemessen. Das Ausschöpfen der Anrechung auf drei Pflichtplätze ist nur unter besonderen Umständen zulässig. Der persönliche Geltungsbereich umfasst sowohl schwerbehinderte Menschen als auch deren Gleichgestellte. Die Mehrfachanrechnung ist möglich bei schwerbehinderten Menschen, die eingestellt werden, aber auch bei bereits im Betrieb tätigen schwerbehinderten Menschen, wenn es um den Erhalt es Arbeitsplatzes geht. Voraussetzung für die Mehrfachanrechnung ist, dass die Eingliederung des schwerbehinderten Menschen in das Arbeits- und Berufsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt. Die besonderen Schwierigkeiten können wegen der Art und Schwere der Behinderung, aber auch in dem Erfordernis der besonderen Ausstattung des 4 2016 aok-business.de - PRO Online, 25.12.2016
Arbeitsplatzes liegen. Die Gründe, die ein besonderes Eingliederungshindernis zur Folge haben, brauchen nicht auf der Schwerbehinderung zu beruhen; auch andere Gründe wie z.b. Alter oder die Art der Tätigkeit können eine Mehrfachanrechnung rechtfertigen. 5.5.2 Bei Auszubildenden Nach 76 Abs. 2 SGB IX wird ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Der persönliche Geltungsbereich umfasst sowohl schwerbehinderte Menschen als auch deren Gleichgestellte. Die Anrechnung erfolgt im Gegensatz zur der Mehrfachanrechnung nach 76 Abs. 1 SGB IX kraft Gesetzes. Unerheblich für die Mehrfachanrechnung nach 76 Abs. 2 Satz 1 ist, ob die Vermittlung in eine Ausbildung wegen der Art und Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. 5.5.3 Wegen der Art und Schwere der Behinderung Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung auf drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art und Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. 5.5.4 Bei Übernahme eines Auszubildenden Bei Übernahme in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis durch den ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung wird der schwerbehinderte Mensch im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet. Unerheblich ist, ob der Auszubildende bei dem Betrieb übernommen wird, bei dem er auch ausgebildet wurde. Tatbestandsvoraussetzung ist aber eine abgeschlossene Ausbildung. Die Anrechnung auf zwei Pflichtarbeitsplätze ist auf das erste Jahr der Beschäftigung beschränkt. Gemeint ist das Beschäftigungsjahr und nicht das Kalenderjahr. 6. Ausgleichsabgabe Solange Arbeitgeber die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen nicht beschäftigen, entrichten sie für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen monatlich eine Ausgleichsabgabe. 77 Abs. 1 SGB IX verpflichtet sowohl private als auch öffentliche Arbeitgeber zur Zahlung der Ausgleichsabgabe, wenn sie ihrer Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht nachkommen. Die Ausgleichsabgabe hat eine doppelte Funktion. Sie beinhaltet eine Ausgleichsfunktion und eine Antriebsfunktion. Die Ausgleichsfunktion besteht in der Kompensation der Kosten, die aufgrund der Nichtbeschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht entstehen. Ziel ist also ein Ausgleich zwischen Arbeitgebern, die ihrer Beschäftigungspflicht nachkommen und solchen, die ihr nicht nachkommen. Durch die Ausgleichszahlung sollen Arbeitgeber zudem angehalten werden, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen (Antriebsfunktion). Die Zahlung der Ausgleichsabgabe ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Die Ausgleichsabgabe ist keine Steuer. Das Bundesverfassungsgericht hat die Ausgleichsabgabe als verfassungsgemäß erachtet (BVerfG v. 26.05.1981, BVerfGE 57, 139). Verfassungsmäßige Zweifel an der durch das "Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter" vom 29.09.2000 eingefügten Staffelung der Höhe der Ausgleichsabgabe in Abhängigkeit von der Erfüllung der Pflichtquote, bestehen nicht. Bei der Ausgleichsabgabe handelt es sich um eine verfassungsrechtlich gerechtfertigte Berufsausübungsregelung (BVerfG vom 01.10.2004, BehindertenR 2004, 202). Die Ausgleichsabgabe ist unabhängig davon zu entrichten, ob dem Arbeitgeber ein Verschulden an der Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht tritt. Unerheblich ist auch, ob auf dem Arbeitsmarkt überhaupt schwerbehinderte Bewerber zur Verfügung stehen bzw. die Agentur für Arbeit schwerbehinderte Bewerber nachweisen kann. 6.1 Höhe der Ausgleichsabgabe Die Ausgleichsabgabe wird auf der Grundlage einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote ermittelt, indem aus den monatlichen Beschäftigungsdaten der Mittelwert der Beschäftigungsquote eines 5 2016 aok-business.de - PRO Online, 25.12.2016
Kalenderjahres ermittelt wird. Die Ausgleichsabgabe beträgt je Monat und unbesetzte Pflichtplatz 105 EUR bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 3 Prozent bis weniger als dem geltenden Pflichtsatz, 180 EUR bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 2 Prozent bis weniger als 3 Prozent, 260 EUR bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von weniger als 2 Prozent. Abweichend hiervon beträgt die Ausgleichsabgabe je Monat und unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen für Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich weniger als 40 zu berücksichtigenden Arbeitsplätzen bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als einem schwerbehinderten Menschen 105 EUR und für Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich weniger als 60 zu berücksichtigenden Arbeitsplätzen bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als zwei schwerbehinderten Menschen 105 EUR und bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als einem schwerbehinderten Menschen 180 EUR. 6.2 Zahlung der Ausgleichsabgabe Die Ausgleichsabgabe zahlt der Arbeitgeber jährlich zugleich mit der Erstattung der Anzeige nach 80 Abs. 2 SGB IX an das für seinen Sitz zuständige Integrationsamt. Die Pflicht zur Zahlung der Ausgleichsabgabe entsteht unmittelbar durch das Gesetz. Einer besonderen Festsetzung bedarf es nicht. Die Höhe der Zahlungsverpflichtung ist vom Arbeitgeber selbst zu ermitteln und die Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt abzuführen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Feststellungsbescheid haben keine aufschiebende Wirkung. Die Verjährungsfrist beträgt vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Anzeige nach 80 Abs. 2 SGB IX abgegeben hat. Siehe auch Schwerbeh. Menschen - Allgemeines Schwerbeh. Menschen - Schwerbehindertenvertretung 6 2016 aok-business.de - PRO Online, 25.12.2016