Redner zu nachfolgendem Tagesordnungspunkt

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Transkript:

Redner zu nachfolgendem Tagesordnungspunkt Zweite Vizepräsidentin Inge Aures Abg. Jürgen Mistol Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote Abg. Dr. Otmar Bernhard Abg. Klaus Adelt Abg. Thorsten Glauber

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 1 Zweite Vizepräsidentin Inge Aures: Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 a auf: Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (Drs. 17/1047) - Erste Lesung - Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragssteller begründet. Erster Redner ist Herr Kollege Mistol. Herr Staatssekretär, hören Sie bitte das Telefonieren auf, denn es ist Handyverbot. Außerdem ist es unhöflich. Sie haben schon telefoniert, als die Staatsministerin am Rednerpult war. Das macht man nicht, als Mann schon gar nicht. Jürgen Mistol (GRÜNE): Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär, mit unserem Gesetzentwurf zur Änderung der Bayerischen Bauordnung schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens stärken wir die kommunale Ebene, weil zukünftig dort entschieden werden soll, ob es eine Stellplatzverordnung für Autos überhaupt braucht. Zweitens senken wir die Kosten für den Wohnungsbau; das ist der entscheidende Punkt. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, mir ist bewusst, dass Sie eher zur Auto-Fraktion gehören. Doch auch zu Ihnen dürfte längst vorgedrungen sein, dass in unserer modernen Mobilitätsgesellschaft ein eigener Pkw immer mehr an Bedeutung verliert und weiter verlieren wird. Eine Studie, die f/21, die das "Büro für Zukunftsfragen" erarbeitet hat, geht noch weiter Zitat: "Der Automarkt in industrialisierten Ländern wie Deutschland ist gesättigt." So lautet die zentrale These. 48 % der Großstadtbewohner in Deutschland sind über

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 2 zeugt, dass Carsharing wichtiger wird. Das hat eine repräsentative Umfrage der BHW- Bausparkasse ergeben. Herr Kollege Huber, 60 % erwarten, dass in Zukunft mehr Abstellräume für Fahrräder als für Autos gebraucht werden. Wie Sie sehen, gibt es eine klare Tendenz hin zu weniger motorisiertem Individualverkehr. Gerade deshalb, weil Bayern ein Flächenstaat ist, gestaltet sich die Parksituation für Fahrräder, Motorräder und Autos in großen und kleinen Gemeinden, in Ballungsräumen und ländlichen Räumen sehr unterschiedlich. Daher ist die gesetzliche Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen gemäß Artikel 47 der Bayerischen Bauordnung, die übrigens auf die Reichsgaragenordnung von 1939 zurückgeht, im wahrsten Sinne des Wortes von anno dazumal. Es ist an der Zeit, die Bauordnung in dieser Hinsicht endlich einmal zu entstauben. Bislang ist darin geregelt, dass bauliche Anlagen, bei denen Zu- und Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, nur dann errichtet werden dürfen, wenn Stellplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind. (Zuruf von der CSU: Das ist gut so!) Was eine ausreichende Anzahl ist, wird in der Garagenstellverordnung umfassend geregelt, egal ob es sich um ein Einfamilienhaus, um einen Minigolfplatz, einen Friedhof oder eine Gaststätte handelt, Herr Kollege Ländner. Die erforderliche Anzahl an Stellplätzen muss vorhanden sein. Überall dort, wo gebaut wird, muss also der Nachweis erbracht werden, dass Autos dort oder in der näheren Umgebung tatsächlich parken können. Was im ländlichen Raum aufgrund der günstigeren Platzverhältnisse in der Regel problemlos umzusetzen ist, wird in Städten oft zu einem Problem, insbesondere beim städtebaulich gewollten Reihenhaus- und Geschosswohnungsbau. Zum Teil können Stellplätze gar nicht oder nur mit hohem Aufwand auf dem Grundstück geschaffen werden, weil der Platz nicht ausreicht. Oft ist die Herstellung von

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 3 Stellplätzen wirtschaftlich nicht zumutbar, oder das Grundstück kann durch die Parkplätze nicht mehr sinnvoll genutzt werden. Für diese Fälle wurde die Möglichkeit der sogenannten Stellplatzablöse geschaffen. Genau hier liegt der Hund begraben; denn gerade in wachsenden bayerischen Städten und ihren Umlandregionen verzichten immer mehr Menschen aus ökonomischen, aber auch aus ökologischen Gründen auf ein eigenes Kfz. Carsharing, ein gut ausgebauter ÖPNV oder ein Fahrrad machen geld- und platzfressende Stellplätze mehr und mehr überflüssig. Stattdessen führt ein Überangebot an Stellplätzen zu einer Subventionierung des Kfz- Verkehrs über die Wohnkosten. Diese Kosten sind nicht unerheblich. Bei Parkhäusern oder Tiefgaragenplätzen ist man schnell bei 10.000 Euro bis 25.000 Euro Baukosten pro Stellplatz. Auch die Ablösebeträge bewegen sich bei 6.000 Euro bis 13.000 Euro pro Stellplatz. Gleichzeitig beklagen viele Wohnungsbaugesellschaften bei den Stellplätzen einen erheblichen Leerstand. Beispielsweise läge bei der Städtischen Wohnungsgesellschaft GWG München die Miete bei 106 Euro pro Stellplatz, die erzielbare Miete aber nur bei 55 Euro. Der Rest muss über das Wohnen finanziert werden. Das verschärft die Situation in Städten mit knappem Wohnraum und steigenden Mieten zusehends. Gerade im geförderten Wohnungsbau ist es ein Ärgernis, dass die Wohnkosten durch Stellplätze in die Höhe getrieben werden, die gar nicht gebraucht werden. Viele Sozialmieter besitzen nicht einmal ein Auto. Gleiches gilt für die Bauvorhaben von Genossenschaften neuen Typs, in denen sich oft Menschen organisieren, die alles andere als autoaffin sind. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wir brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir erreichen, dass die gesetzliche Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen entfällt, sofern sie über die Bereitstellung von Behindertenstellplätzen bei öffentlich zugänglichen Gebäuden hinausgeht. Stattdes

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 4 sen wollen wir den Gemeinden die Möglichkeit geben, durch eigene Satzungen bedarfsorientiert Stellplatzpflichten zu begründen und inhaltlich auszugestalten. In diesem Rahmen soll wie bisher die Erhebung und Verwendung von Stellplatzablösebeiträgen ermöglicht werden. Gleichzeitig wollen wir durch eine Ausweitung der Verwendungsmöglichkeiten der Stellplatzablöse zur weiteren Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und zu einer Verkehrsberuhigung, insbesondere in Wohngebieten, beitragen. Mit dieser Regelung wird die kommunale Ebene gestärkt und ihr Gestaltungsspielraum erweitert. Hier kann Staatsminister Herrmann seinen vollmundigen Ankündigungen, den bayerischen Kommunen mehr Freiraum zu verschaffen, endlich einmal Taten folgen lassen. Dass unser Ansatz praktikabel ist, zeigt ein Blick über den Tellerrand, beispielsweise nach Hessen oder Brandenburg. Mit unserer Gesetzesinitiative verfolgen wir mehrere Ziele. Erstens. Wir wollen die Kosten beim Wohnungsbau vor allem im Interesse der Mieterinnen und Mieter spürbar mindern und zur Entschärfung der angespannten Situation auf dem bayerischen Wohnungsmarkt beitragen. Zweitens. Wir wollen dort, wo in der Regel ausreichend Platz vorhanden ist und Stellplatznachweise unnötig sind, also auf dem Land oder in Randlagen, das bauordnungsrechtliche Verwaltungsverfahren vereinfachen. Drittens. Wir wollen so eine individuelle Stadt- und Verkehrsplanung ermöglichen. Vor allem beenden wir damit die zwangsweise unterschwellige Subventionierung des Autoverkehrs. Stattdessen wollen wir autofreie oder zumindest verkehrsberuhigte Wohngebiete schaffen.

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 5 Das verbessert die Lebensqualität in unseren Städten enorm und entspricht dem stadtplanerischen Grundsatz "Innen- vor Außenentwicklung". Viertens. Wir wollen mit der Entscheidungskompetenz für kommunale Gremien eine öffentliche und transparente Entscheidung zu Stellplatzfragen herbeiführen. Dadurch können die betroffenen Grundstückseigentümer, Mieter und Unternehmen unter Einbeziehung der Öffentlichkeit vorab Mobilitätskonzepte diskutieren. Zudem werden mögliche Stellplatzablösen nicht mehr still und leise in den Kämmereien gehortet, sondern werden transparent verwaltet und sollen insbesondere zur Förderung von Alternativen zum Autoverkehr, also für den ÖPNV, für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr verwendet werden. Wie Sie sehen, Kolleginnen und Kollegen, bringt unser Gesetzentwurf eine Reihe von Vorteilen mit sich und entspricht ganz den Anforderungen an eine moderne Mobilitätsgesellschaft. Sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, noch nicht ganz überzeugt sein, freue ich mich schon auf lebendige Debatten im Ausschuss. Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Vielen Dank, Herr Kollege Mistol. Der nächste Redner ist Herr Dr. Bernhard von der CSU. Dr. Otmar Bernhard (CSU): Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Ausgangspunkt dieser Gesetzesinitiative der GRÜNEN ist zum einen, dass eine bedarfsorientierte Lösung für die Gemeinden geschaffen werden soll. Ich weiß nicht, ob Sie die jetzige Regelung einmal angeschaut haben. Danach haben die Kommunen längst die Möglichkeit, durch Satzung alles zu regeln. Sie können den Stellplatzbedarf auf null reduzieren oder erhöhen. Aus diesem Grund bräuchten wir Ihr Gesetz also wirklich nicht. Es ist aus meiner Sicht ein bürokratisches Monster; allein für Artikel 47 wenden Sie eine ganze, eng beschriebene Seite auf. Das entspringt Ihrer Regulierungswut. Sie haben immer noch nicht begriffen das geht vom Veggie-Day über null Promille bis zur Stellplatzabgabe -,

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 6 (Zuruf von den GRÜNEN) dass man nicht alles regulieren soll, wie Sie das hier tun. Das ist doch hypotroph! (Beifall bei der CSU) Eine ganze Seite! Also, Entschuldigung. Als zweiten Ansatzpunkt haben Sie das Carsharing und den angeblichen Umstand gewählt, dass der Pkw-Verkehr geringer wird. Ich lebe hier in München und stelle fest, dass er ständig mehr wird. Alle Prognosen zeigen, dass der Pkw-Verkehr weiter ansteigen wird, weil die Leute, die ein Fahrrad haben ich hab auch ein Fahrrad -, auch ein Auto haben. Darum ist die Annahme völlig irrig, der Pkw-Verkehr reduziere sich. Deshalb ist es weiterhin wichtig, den ruhenden Verkehr auf diese Art und Weise aus dem öffentlichen Verkehrsraum entfernen zu können. Im Übrigen ist auch die Kompetenzfrage zweifelhaft, insbesondere dort, wo Sie die Gemeinden ermächtigen wollen, hier eigene Entscheidungen im Einzelfall zu treffen. Das ist wohl kompetenzrechtlich überhaupt nicht möglich. Dann haben Sie über die Kosten gesprochen. Wenn ich einmal die Münchner Situation betrachte: Wir haben eine rot-grüne Stadtregierung gehabt, möglicherweise haben wir sie wieder. Wissen Sie, was die Kosten treibt? Dass die Landeshauptstadt München die Grundstücke zu Höchstpreisen verhökert, zu Preisen von 1.800 Euro pro Quadratmeter. (Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE)) Das treibt die Kosten in die Höhe, nicht der Stellplatz. (Beifall bei der CSU) Wir wollen den Grundsatz nicht aufgeben, dass ein Mindestmaß an Stellplätzen zur Verfügung gestellt wird, wenn gebaut wird. Sie gängeln auch die Gemeinden, indem

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 7 Sie alle möglichen Voraussetzungen schaffen, die die Gemeinden ermitteln sollen. Das ist wirklich bürokratisch bis zum Geht-nicht-mehr grad, dass Sie nicht noch vorschreiben, wann der Stellplatz gejätet werden muss. Das fehlt gerade noch. Aber ansonsten gängeln Sie die Gemeinden in einer Art und Weise, die wir wirklich nicht wollen. Die Praxis hat sich bewährt; das ist gar keine Frage. Die Kommunen, auf dem Land oder hier, haben die Möglichkeit, maßgeschneidert das zu verfügen, was aus der Sicht der jeweiligen Gemeinde notwendig und vernünftig ist. Wir brauchen keine neue Regelung. Auch das Thema Stellplätze für Behinderte ist längst geregelt; denn wenn Sie neu bauen, müssen Sie nach der einschlägigen DIN-Norm Stellplätze für Behinderte vorsehen. Was Sie hier fordern, gibt es alles bereits. Auch das Verbot der Zweckentfremdung ist überhaupt nicht notwendig; denn wenn jemand einen Stellplatz vermietet, wird das Ziel erreicht, dass ein Pkw dem ruhenden Verkehr auf der Straße entzogen wird. Wo ist das Problem? Wenn er ihn verkauft, kann die Bauaufsichtsbehörde anordnen, dass er einen neuen Stellplatz zur Verfügung stellen muss. Kein Problem dazu brauchen wir keine Regelung. Problematisch ist auch, dass Sie fordern, die Erteilung der Baugenehmigung von der Bezahlung dieser Stellplatzablöse abhängig zu machen, falls diese Möglichkeit gewählt wird. Das halten wir auch nicht für vernünftig. Sie haben vorhin gesagt, man solle die Stellplatzablöse auch für den ÖPNV verwenden können. Das ist die geltende Rechtslage. Daran, ob man sie für den Fußgängerverkehr verwenden soll, habe ich meine Zweifel; denn Ziel der Garagen- und Stellplatzverordnung ist, dass man Autos dem Straßenraum entzieht. Das ist aber bei Fußgängern nicht notwendig. Also, diese Regelung braucht man auch nicht.

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 8 Insofern können wir Ihnen leider keine Hoffnung machen, dass wir dieses ich sag es nochmal bürokratische Monster unterstützen. Das, was wir jetzt als Rechtslage haben, reicht völlig aus, hat sich bewährt, und das sollten wir auch so belassen. (Beifall bei der CSU) Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Vielen Dank, Herr Dr. Bernhard. - Nächster Redner ist der Kollege Klaus Adelt von der SPD. Klaus Adelt (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte das Ganze unter dem Blickwinkel der Praktikabilität sehen. Die Bayerische Bauordnung gilt für ganz Bayern, von Abenberg bis nach Zwiesel. Wenn wir einmal damit beginnen, dass eine Gemeinde keine Stellplätze und keine Ablöse fordert, dann ist die Nachbargemeinde im Rahmen des Kommunalkannibalismus auch gefordert, keine Stellplätze zu verlangen. Was ist die Folge, wenn ich keinen Stellplatz schaffen muss, sei es beim Bau eines Einfamilienwohnhauses, wo zwei Stellplätze gefordert werden, oder beim Bau von Mehrfamilienwohnhäusern, wo noch mehr gefordert werden? Eine zunehmende Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsraumes. Ich stelle mein Auto da ab, wo Platz ist, wo keine Verbotsschilder stehen. Das hat zur Folge, dass die öffentliche Straßenreinigung zunehmend schwieriger wird. Schon jetzt sorgen geparkte Fahrzeuge auf den Straßen für Schwierigkeiten bei der Schneeräumung. In Oberfranken sagt man: Oft ist das Schneeschoren schon gar nicht mehr möglich. Eine weitere Folge wäre, dass der Omnibusverkehr im ÖPNV dadurch erheblich behindert wird. Sicherlich gibt es zunehmend mehr Radfahrer und immer mehr Carsharing. Aber gerade auf dem flachen Land und in kleineren Städten ist das eher die Ausnahme. - Zur Ablöse kann man nur sagen: Wenn es keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen gibt, ist auch keine Ablöse möglich. Hier haben die Gemeinden bereits jetzt die Möglichkeit, gestaltend zu wirken, nämlich durch die Höhe der Ablösebeträge. Sie sind sehr variabel.

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 9 Ich habe auch Zweifel daran, dass der Wohnraum durch die Abschaffung der Stellplatzpflicht wesentlich billiger wird.ich glaube eher, dass die Investoren ihren Kostenvorteil für sich in Anspruch nehmen und diesen nicht über billigere Mieten weitergeben. Kollege Mistol, Sie haben eben davon gesprochen, dass es jetzt schon leere Stellplätze gibt. Das liegt nicht daran, dass keine Fahrzeuge vorhanden sind, sondern dass es billiger ist, die Fahrzeuge im öffentlichen Verkehrsraum zu parken. (Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE)) Wer sich einmal die Dauerparker auf dem Parkplatz des Ungerer-Parks anschaut, weiß, was Sache ist. Bereits jetzt können Städte und Gemeinden über die Gestaltungssatzungen lenkend einwirken. Ich glaube nicht, dass sich durch Ihren Entwurf etwas ändert. Selbst wenn es oftmals bei der Festlegung der Anzahl der Stellplätze zu Problemen kommt, beispielsweise wenn ein Wohnraum als Gewerbe umgenutzt wird, hat sich das Gesetz doch im Großen und Ganzen bewährt. Die SPD-Fraktion lehnt diese Gesetzesänderung ab, gemäß dem Motto: Lasst das Gesetz so, wie es ist. (Beifall bei der SPD) Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Als letzter Redner hat sich Herr Kollege Thorsten Glauber von den FREIEN WÄHLERN zu Wort gemeldet. Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Klaus Adelt hat ein Bürgermeister gesprochen, der die kommunale Selbstverwaltung als hohes Gut ansieht. Wir FREIE WÄHLER setzen ebenfalls auf die kommunale Selbstverwaltung. All das, was wir im Bayerischen Landtag nicht regeln müssen, sollten wir auch nicht regeln. Das sollten wir den Kommunen überlassen. Artikel 47 der

15. Plenum, 08.04.2014 Bayerischer Landtag 17. Wahlperiode 10 Bayerischen Bauordnung bietet die Möglichkeit, den Kommunen über eine Mustersatzung oder eine Musterordnung die Anzahl der Stellplätze vorzugeben. Die Kommunen können jederzeit selbst Satzungen schaffen. Ich selbst bin Mitglied eines Gemeinderates einer kleinen Gemeinde des Landkreises Forchheim. In unserer Gemeinde gibt es eine sehr strenge Stellplatzsatzung. Diese haben wir uns auferlegt. Die Bürgerinnen und Bürger akzeptieren das. Auf diese Weise ist es genau so, wie Klaus Adelt gesagt hat: Die Fahrzeuge stehen nicht im öffentlichen Raum, sondern auf privatem Grund. Letztendlich wird der öffentliche Raum von den Fahrzeugen freigehalten. Wir FREIE WÄHLER setzen ganz klar auf die kommunale Selbstverwaltung. Das brauchen wir hier in diesem Hause nicht zu regeln. Das empfehle ich auch den Kollegen der GRÜNEN. Ich weiß nicht, ob Ihr Bürgermeister Benedikt Bisping in Lauf besonders glücklich darüber wäre, wenn der Landtag das regelt. Ihre Landräte werden sich sehr darüber freuen, wenn Sie es hier im Landtag besser wissen als die kommunale Selbstverwaltung. (Widerspruch bei den GRÜNEN) An die kommunale Selbstverwaltung soll nicht herangegangen werden. Außerdem soll Artikel 47 der Bayerischen Bauordnung nicht verändert werden, sondern so bleiben. Alles bleibt, wie es ist. Das ist gut so. (Beifall bei den FREIEN WÄHLERN) Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.