Lenk- und Ruhezeiten im Personen- und Güterverkehr: Vergleich der neuen Verordnung (EG) Nr. 561/ 2006 mit der alten Verordnung (EWG) Nr.

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Transkript:

Lenk- und Ruhezeiten im Personen- und Güterverkehr: Vergleich der neuen Verordnung (EG) Nr. 561/ 2006 mit der alten Verordnung (EWG) Nr. 3820/ 85 von Dipl.-Kfm. Christoph Manuel Meyer, Prof. Dr. Herbert Kopfer Lehrstuhl für Logistik Fachbereich Wirtschaftswissenschaft Universität Bremen 1 Einleitung Nachdem bereits im Jahr 2006 neue Bestimmungen für die Limitierung der Arbeitszeit von Kraftfahrern eingeführt wurden, ist am 11. April 2007 die neue Verordnung (EG) Nr. 561/ 2006 zur Regelung der Lenkzeiten, Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten für Fahrpersonal im Güter- und im Personenverkehr in Kraft getreten. Dieser neue Gesetzestext stößt bei den betroffenen Unternehmern weitgehend auf Kritik (vgl. bspw. die ZDF heute-nachrichten vom 11.04.2007 oder die Presseveröffentlichung des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer e.v. (bdo).). Die Neuerungen der EG-Verordnung Nr. 561/ 2006 im Vergleich zur EWG-Verordnung Nr. 3820/85 werden in diesem Beitrag analysiert. 2 Vergleich der Verordnungen Die beiden Verordnungen regeln einerseits die Lenkzeiten und andererseits die Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten für die Fahrer in Bezug auf unterschiedliche Zeithorizonte. Die betrachteten Zeithorizonte liegen innerhalb eines Tages, innerhalb einer Woche und wochenübergreifend. Im Folgenden werden die Verordnungen anhand der jeweiligen Regelungen bezüglich dieser Zeithorizonte analysiert und miteinander verglichen. Eine vergleichende Ü- bersicht über die Regelungen beider Verordnungen findet sich in Tabelle 1. 1

Vergleich der neuen VO (EG) Nr. 561/ 2006 mit der alten VO (EWG) Nr. 3820/ 85 alte VO (EWG) Nr. 3820/85 neue VO (EG) Nr. 561/2006 Tägliche Lenkzeit - maximal neun Stunden täglich - zwei Mal pro Woche ist eine Erhöhung auf zehn Stunden zulässig Wöchentliche Lenkzeit - keine ausdrückliche Festlegung; aber de facto - höchstens 56 Stunden pro Woche höchstens 56 Stunden zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten Pro Woche bis zu 74 Stunden möglich - mögliche Ausweitung: 90 Stunden in zwei aufeinander folgenden Wochen Lenkzeitunterbrechung - mindestens 45 Minuten nach 4,5 Stunden Lenkzeit - Aufteilung in drei 15- minütige Abschnitte zulässig. Regelmäßige tägliche Ruhezeit - mindestens elf Stunden - Aufteilung in zwei oder drei Abschnitte, wobei die gesamte Ruhezeit mindestens zwölf Stunden betragen muss, davon muss ein Abschnitt mindestens 8 Stunden lang sein. Reduzierte tägliche Ruhezeit - mind. neun Stunden - Reduktion ist drei Mal pro Woche zulässig, wenn bis zum Ende der folgenden Woche ausgeglichen wird Regelmäßige wöchentliche Ruhezeit - mindestens 45 Stunden - Eine wöchentliche Unterbrechung ist nach sechs Tageslenkzeiten einzulegen, spätestens nach Ende des sechsten Tages. - Ausnahmeregelung für den Personenverkehr: - Aufteilung in zwei Abschnitte zulässig mit zuerst mindestens 15 Minuten und dann mindestens 30 Minuten - Aufteilung in zwei Phasen zulässig, deren Summe mindestens zwölf Stunden beträgt: zunächst wenigstens drei Stunden, dann mindestens neun Stunden. - Reduktion ist drei Mal zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten zulässig - Ein Ausgleich ist nicht mehr erforderlich. - Die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit ist spätestens nach sechs 24-Stunden-Zeiträumen einzuhalten. - Keine Ausnahmeregelung für den Personen- 2

Reduzierte wöchentliche Ruhezeit Übertragung einer wöchentlichen Ruhezeit auf die Folgewoche möglich ( 12-Tage- Regel ) - mindestens 36 Stunden bei Aufenthalt am Standort des Fahrzeuges oder am Heimatort des Fahrers; 24 Stunden an auswärtigen Orten - Die Reduktion musste innerhalb von drei Wochen ausgeglichen werden. Mehrfahrerbetrieb - Innerhalb von 30 Stunden nach Ende einer täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit ist eine neue Ruhezeit von mindestens acht Stunden wahrzunehmen. Tabelle 1: Vergleich der alten und neuen Verordnung verkehr - mindestens 24 Stunden, wenn innerhalb von zwei Wochen zwei 45- stündige Ruhezeiten o- der eine Ruhezeit von 45 Stunden kombiniert mit einer mindestens 24- stündigen Unterbrechung wahrgenommen werden. - Ein Zeitausgleich soll innerhalb von drei Wochen erfolgen. - Innerhalb von 30 Stunden nach Ende einer täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit ist eine neue Ruhezeit einzulegen. Diese muss jedoch mindestens neun Stunden lang sein. 2.1 Regelungen der Lenkzeiten Es zeigt sich, dass die neue Verordnung gegenüber der alten Verordnung bezüglich der täglichen Lenkzeiten keine grundlegenden Neuerungen enthält. So beträgt die maximale tägliche Lenkzeit weiterhin neun Stunden mit der Möglichkeit, sie zweimal pro Woche auf zehn Stunden auszuweiten. Eine Woche wird in beiden Verordnungen als der Zeitraum zwischen Montag 0:00 Uhr und Sonntag 24:00 Uhr definiert. Die Beschränkung der maximalen wöchentlichen Lenkzeit auf 56 Stunden stellt eine Neuerung dar. Die ausdrückliche Erwähnung der 56 Stunden (vgl. Art. 6, Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006) gab es in der alten Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht in dieser Form, sodass theoretisch Lenkzeiten von bis zu 74 Stunden pro Woche möglich waren. Allerdings wurden solche Lenkdauern bereits durch die Richtlinie 2002/15/EG untersagt, in der die Arbeitszeiten von Kraftfahrern und somit auch ihre Lenkzeiten, die als Arbeitszeiten gewertet werden, auf maximal 60 Stunden pro Woche beschränkt wurden. Außerdem könnten die 74 Stunden nur unter Ausschöpfung aller Ausnahmeregeln (z.b. verkürzte Ruhezeiten und Weg- 3

fall des Sonntagsfahrverbots) und nur einmalig innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen erreicht werden, denn die Überschreitung der durchschnittlichen wöchentlichen Lenkzeiten mussten in der vorhergehenden Woche und der auf die Ausnahme-Woche folgenden Woche kompensiert werden. In der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 wird die maximale Lenkzeit zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten in Art. 6, Abs. 1 auf 56 Stunden festegelegt. Diese maximale Lenkzeit findet zwar nicht explizit Erwähnung, ergibt sich aber dadurch, dass nach höchstens sechs Tageslenkzeiten eine wöchentliche Ruhezeit einzulegen ist. Zusammen mit der Beschränkung der Tageslenkzeit auf neun Stunden und der zweimal pro Woche erlaubten Erweiterung der Lenkzeit auf 10 Stunden ergibt sich de facto eine Lenkzeit von maximal 56 Stunden zwischen zwei wöchentlichen Lenkzeiten. Nach alter und neuer Verordnung gilt, dass die wöchentlichen Lenkzeiten derart gestaltet werden müssen, dass die gesamte Lenkzeit von je zwei aufeinander folgenden Wochen 90 Stunden nicht überschreitet. Das bedeutet, dass eine Ausweitung der Wochenlenkzeit auf 56 Stunden laut Gesetzestext nur möglich ist, wenn die Lenkzeit der vorigen Woche nicht mehr als 34 Stunden betrug. Für die folgende Woche hat die Ausweitung der Lenkzeit darüber hinaus zur Folge, dass die Wochenlenkzeit ebenfalls nur maximal 34 Stunden betragen darf. Eine konstante Wochenlenkzeit von 45 Stunden erfüllt die wochenübergreifenden Anforderungen. Dies legt die Auffassung nahe, dass in den Augen des Gesetzgebers eine normale Arbeitswoche eine Lenkzeit von je neun Stunden an fünf Tagen pro Woche nicht überschreitet. 2.2 Regelungen der Lenkzeitunterbrechungen und der Ruhezeiten Bezüglich der Regelungen der Lenkzeitunterbrechungen und der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten ist die neue Verordnung der alten Verordnung nicht unähnlich. Weiterhin ist nach einer Lenkzeit von höchstens viereinhalb Stunden eine Lenkzeitunterbrechung von 45 Minuten einzulegen. Diese kann allerdings nicht mehr wie bisher in drei Abschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden, sondern nur noch in eine mindestens 15-minütige Unterbrechung, gefolgt von einer mindestens 30-minütigen Unterbrechung. Es ergeben sich also nur Änderungen bei der Struktur der Unterbrechung, jedoch nicht hinsichtlich ihrer Gesamtdauer. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Gestaltung der regelmäßigen täglichen Ruhezeiten. Diese betragen weiterhin mindestens elf Stunden. Bisher war jedoch das Einlegen einer täglichen Ruhezeit in bis zu drei Abschnitten möglich, wobei einer dieser Abschnitte eine Dauer von mindestens acht Stunden haben musste. Diese Aufteilung der regelmäßigen täglichen Ruhe- 4

zeit führte allerdings dazu, dass die gesamte Dauer der Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeweitet werden musste. Die neue Verordnung (EG) Nr. 561/2006 ermöglicht ebenfalls eine Aufteilung der regelmäßigen täglichen Ruhezeit, jedoch nur in zwei Abschnitte, wobei der erste Abschnitt mindestens drei und der zweite mindestens neun Stunden betragen muss. Insgesamt ergibt sich also auch hier eine Gesamtdauer von mindestens zwölf Stunden. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, die täglichen Ruhezeiten auf neun Stunden zu verkürzen (sog. reduzierte tägliche Ruhezeit ). Dies darf nach Art. 8, Abs. 1 der alten Verordnung dreimal pro Woche geschehen. Im Gegensatz dazu schreibt Art. 8, Abs. 4 der neuen Verordnung vor, dass zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten liegen dürfen. Die Konsequenz dieser abweichenden Formulierung besteht darin, dass nach der alten Verordnung alle fünf täglichen Ruhezeiten zwischen sechs aufeinander folgenden Tageslenkzeiten als verkürzte tägliche Ruhezeiten genommen werden konnten, wenn drei der sechs Tageslenkzeiten auf die alte Woche, also auf Freitag, Samstag und Sonntag, und die anderen drei Tageslenkzeiten auf Montag, Dienstag und Mittwoch der folgenden Woche entfielen. Dies ist nach der neuen Verordnung nicht mehr zulässig, da hier die Wochenbindung der Verkürzung aufgehoben wurde. Somit dürfen bei gleicher Lage der Tageslenkzeiten und der wöchentlichen Ruhepausen höchstens drei der fünf täglichen Ruhezeiten auf neun Stunden verkürzt werden. Auf das in Art. 8, Abs. 1 der alten Verordnung vorgesehene Ausgleichssystem für die Verkürzung der täglichen Ruhezeiten wird in der neuen Verordnung verzichtet. Beide Verordnungen schreiben das Einlegen wöchentlicher Ruhezeiten vor. Dabei beträgt die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit jeweils 45 Stunden. Die reduzierte wöchentliche Ruhezeit betrug nach der alten Verordnung mindestens 36 Stunden, wenn die Ruhezeit entweder am Standort des Fahrzeugs (Art. 8, Abs. 3) - gemeint ist der Zulassungsort des Fahrzeugs - oder am Heimatort des Fahrers eingelegt wird. Wurde die wöchentliche Ruhezeit nicht am Heimatort verbracht, so konnte sie auf bis zu 24 Stunden verkürzt werden. Die neue Verordnung sieht hingegen eine generelle verkürzte wöchentliche Ruhzeit von nur mindestens 24 Stunden Dauer unabhängig vom jeweiligen Standort des Fahrers vor. Nach der alten Verordnung war zwar eine wöchentliche Ruhezeit nach dem Ende von sechs Tageslenkzeiten einzulegen, konnte aber bis zum Ende des sechsten Tages verschoben werden, falls die Gesamtlenkzeit während diesen sechs Tagen nicht die Höchstdauer von sechs Tageslenkzeiten, also 56 Stunden, übersteigt. Somit entfiel die Bindung der Ruhezeiten an die Anzahl der Tageslenkzeiten unabhängig von ihrer Dauer. Es ergibt sich hier faktisch kein Unterschied zur neuen Regelung, die vorschreibt, dass eine wöchentliche Ruhezeit spätestens am Ende von sechs 24-Stunden- 5

Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit eingelegt werden muss. Auch bezüglich des Ausgleichs der verkürzten Ruhezeiten innerhalb von drei Wochen unterscheiden sich die Verordnungen nicht. Ein deutlicher Unterschied zwischen den Regelungen bezüglich der wöchentlichen Ruhezeiten beider Verordnungen ergibt sich durch den Wegfall der so genannten 12-Tage-Regel in der Verordnung (EG) Nr. 561/2006. Diese in Art. 6, Abs. 1, der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 festgehaltene Ausnahmeregelung erlaubte es Fahrern, die im grenzüberschreitenden Personenverkehr tätig sind, eine wöchentliche Ruhezeit erst am Ende des zwölften Tages nach dem Ende der vorangegangen wöchentlichen Ruhezeit einzulegen. Die wöchentliche Ruhezeit einer Woche konnte also nach Art. 8, Abs. 5, auf die darauf folgende Woche verschoben werden. Die neue Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sieht hingegen keine Ausnahmeregelung für den Personenverkehr vor. Diese Neuerung erlaubt es künftig nicht mehr, Busreisen mit einer mehr als sechstägigen Dauer mit nur einem Fahrer anzubieten, wenn dieser nicht mindestens eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden einlegt. Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.v. erwartet deshalb Preissteigerungen für Rundreisen mit dem Bus von zehn bis fünfzehn Prozent (vgl. Pressemitteilung des bdo). 2.3 Mehrfahrerbetrieb Von Mehrfahrerbetrieb spricht man, wenn auf einem Fahrzeug zwischen zwei täglichen oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit zwei oder mehr Fahrer eingesetzt werden, wobei die Anwesenheit von mindestens zwei Fahrern ab dem Ende der ersten Stunde der Fahrzeit vorgeschrieben ist. Im Mehrfahrerbetrieb beträgt nach beiden Verordnungen die maximale Zeitspanne, die zwischen zwei täglichen oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhepause liegen darf, 30 Stunden im Gegensatz zu 24 Stunden beim Betrieb des Fahrzeuges durch nur einen Fahrer. In der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 beträgt die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit der Fahrer, wie schon bei der Beschreibung der täglichen Ruhezeiten dargestellt, mindestens acht zusammenhängende Stunden, während sie nach der neuen Verordnung (EG) Nr. 561/2006 mit mindestens neun Stunden einzuplanen ist. 6

3 Fazit In diesem Beitrag wurden die Regelungen der neuen EG-Verordnung Nr. 561/2006 bezüglich der Lenkzeiten und Lenkzeitunterbrechungen sowie der Ruhezeiten für Fahrer des Personenund Güterverkehrs mit denen der alten Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 verglichen und die Neuerungen herausgearbeitet. Es zeigt sich, dass sich die Abweichungen der neuen Verordnung von der alten an vielen Stellen nur im Detail auswirken. Eine grundlegende Veränderung betrifft die Abschaffung der 12-Tage-Ausnahmeregel für den Personenverkehr, wodurch Unternehmen dieser Branche deutlich schlechter gestellt werden als durch die alte Verordnung. Im Weiteren ist für die betroffenen Unternehmen zu prüfen, inwieweit durch eine Anpassung ihres Angebots, z.b. durch die Verkürzung der Reisedauern oder durch das Einlegen einer 24-stündigen Ruhezeit für den Fahrer und die Reiseteilnehmer am Urlaubsort, die Auswirkungen der neuen Verordnung gemildert werden können. Literaturverzeichnis Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.v. (bdo): http://www.bdo-online.de/cms/index.html (Abrufdatum: 03.09.2007) Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 7