W a s ist Krebs? MÄRZ 2008 N 33 F O N D A T I O N L U X E M B O U R G E O I S E C O N T R E L E C A N C E R
Auf einen Blick Krebs hat viele Gesichter. Der Name ist ein Sammelbegriff für viele bösartige Erkrankungen, die - unbehandelt - alle eines gemeinsam haben: Zellen, die außer Kontrolle geraten, vermehren sich ungebremst, breiten sich im Körper aus und zerstören gesundes Gewebe und Organe. Noch etwas ist charakteristisch: Krebs ist (auch heute noch) wie keine andere Krankheit mit Angst oder Tod verknüpft. Information und Wissen können helfen, Angst abzubauen. Wie entsteht Krebs? Ist Krebs heilbar? Kann man etwas gegen Krebs machen? Auf den folgenden Seiten einige Basis- Informationen... Am Anfang war die Zelle... Alle Lebewesen, Menschen, Tiere und Pflanzen bestehen aus Zellen - so wie eine Mauer aus Ziegelsteinen gebaut ist. Ein erwachsener Mensch besteht aus rund 100 Billionen Zellen. Die Zellen sind nicht alle gleich, sie haben verschiedene Formen und Strukturen - je nach Organ und Aufgabe; so gibt es zum Beispiel Hautzellen, Leberzellen, Lungenzellen, Knochenzellen, weiße Blutkörperchen, usw. Zellen leben nicht ewig: die Zellen an der Körperoberfläche beispielsweise werden ständig abgenutzt und durch neue Hautzellen ersetzt. Verschiedene Zellen werden nicht erneuert: Gehirnzellen etwa müssen ein ganzes Leben lang ihre Funktion behalten. Die Erbsubstanz im Zellkern Jede Zelle enthält einen Zellkern, der sie organisiert: er verteilt alle Informationen und Kommandos - ähnlich wie bei einem Computer. Er bestimmt Form, Struktur und Aktivitäten der Zelle.
Über die Zellteilung... Im Zellkern selbst findet sich die Erbsubstanz, die auf mehrere Chromosomen verteilt ist. Die Erbsubstanz enthält sämtliche Informationen, die eine Zelle für ihre Funktionen, ihr Wachstum und ihre Zellteilung braucht. Die Gene befinden sich auf den Chromosomen und diese wiederum befinden sich im Zellkern. Die Gene sind die Träger der Erbinformationen. Der Mensch besitzt etwa 30.000 bis 40.000 verschiedene Gene. Alle Zellen eines Menschen haben die gleiche genetische Ausstattung, jede Zelle benutzt aus diesen ganzen Informationen jedoch nur gezielt die, die sie für ihre Aufgaben benötigt. Schätzung laut Human Genom Project Normale Zellen funktionieren übrigens nicht unabhängig: sie reagieren nicht nur auf die Signale des eigenen Zellkerns, sondern auch auf jene von benachbarten Zellen. Alle Lebewesen, auch der Mensch, beginnen ihr Leben als eine Zelle. Diese Zelle teilt sich in zwei, zwei Zellen werden vier, vier werden acht und so weiter, bis ein Mensch entsteht. Im Laufe des Lebens verändert sich der Körper fortwährend. Es gibt keinen Stopp in der Erneuerung und im Wachstum von Zellen. Normale Zellen verfügen über eine innere Uhr. Diese regelt die Steuerung des Zellzyklus: Teilung, Wachstum, Alterung und Sterben einer Zelle. Die Zellen, die geschädigt werden oder absterben, werden ersetzt. Ein Beispiel: Schneidest Du Dir in den Finger, werden viele neue Hautzellen in einem schnellen Rhythmus gebildet, bis die Wunde geheilt ist. Dieses normale Wachstum wird streng reguliert, das heiβt, es werden nur so viele Zellen gebildet wie notwendig sind. Wenn normale Zellen entarten Manchmal geht im Zellkern etwas schief, und die Zelle erhält eine falsche Information. Die Zelle teilt sich, aber aus ihr wird dann nicht mehr der spezifische Zelltyp. Zusätzlich teilt sie sich häufiger als sie es sollte. können nicht mehr ihre eigentliche Aufgabe erfüllen. Wenn die Ausgangszelle beispielsweise eine Lungenzelle war, ähneln die Krebszellen der Lungenzelle, erfüllen aber nicht mehr ihre Aufgabe als Teil des Atmungsapparats. Es bildet sich eine kleine Zellansammlung. Diese Zellen besitzen jetzt auch diesen Defekt, sie Die veränderten Zellen erfüllen nicht mehr ihre Aufgabe teilen sich völlig unkontrolliert weiter
Rettungssystem in unserem Körper Der Körper besitzt zahlreiche Schutzmechanismen gegen Krebs: diese funktionieren normalerweise so gut, dass sie die fehlerhafte Zelle erkennen und Fehler reparieren können. Diese komplexen Reparaturmechanismen können in kurzer Zeit Hunderte von Schäden an der Zelle reparieren. Können die Schutzmechanismen die Gesundheit der Zelle nicht wiederherstellen, springt normalerweise die sogenannte Apoptose ein, eine Art Selbstmordprogramm der Zelle. Das Ganze führt zwar zum Untergang der einzelnen Zelle, sichert aber den Fortbestand der Zellgemeinschaft, also des Körpers. Falls die geschädigten Zellen in der Lage sind, sich abzulösen, sich anderswo im Körper festzusetzen und über den Blut- oder Lymphweg an entfernte Stellen des Körpers zu wandern, spricht man von einem bösartigen Tumor oder Krebs. Wenn keine Behandlung erfolgt, bilden sich im Laufe der Zeit - nach dem gleichen Muster - neue Krebsgeschwülste (Metastasen) im Körper. Die Metastasen können tödlich sein, wenn sie lebenswichtige Organe schädigen, sodass diese ihre Funktion nicht mehr erfüllen können. Eine Krebszelle löst sich aus ihrem Zellverband (Anti-Zelladhäsion) dringt in das umliegende Gewebe ein (Invasion) geht im Körper auf Wanderschaft (Migration) Wenn das Rettungssystem versagt Leider sind die Schutzmechanismen gegen Gendefekte nicht immer optimal. Bei einer dieser Zellen kann es irgendwann doch zu einem weiteren Genschaden kommen, der dafür sorgt, dass die fehlerhaften Nachkommen bald die Oberhand gewinnen. So wächst von Zellgeneration zu Zellgeneration ein Tumor (=Masse von geschädigten Zellen) heran. Je älter der Mensch wird, desto unzuverlässiger arbeitet das Reparatursystem der Gene und desto instabiler sind seine Chromosomen. Auch deshalb treffen Krebsneuerkrankungen mehrheitlich ältere Menschen (3/4 der Krebsneuerkrankungen treffen Menschen über 60 Jahre). Falls die geschädigten Zellen nicht in der Lage sind, sich abzulösen und weiterzuwandern (sie also an ihrem bestehenden Platz bleiben), spricht man von einem gutartigen Tumor. Solche Tumore wachsen nicht über die Gewebegrenzen hinaus. Sie können sehr groß werden, aber bilden keine Metastasen. Für den Erkrankten stellen sie normalerweise keine Gefahr dar - auβer wenn sie die Funktion eines lebenswichtigen Organs beeinträchtigen.
Krebs = eine multifaktorielle Krankheit Krebs ist im weitesten Sinn eine genetische Erkrankung (nicht zu verwechseln mit erblicher Erkrankung!). Krebs entsteht durch Veränderungen von Genen, auch Mutationen genannt. Charakteristisch für Krebs ist es, dass ein einzelner Gendefekt nicht genügt, um Krebs entstehen zu lassen, sondern dass erst eine Kombination mehrerer Schäden die Krankheit auftreten lässt. Die Gen-Schäden können durch externe und / oder interne Risikofaktoren verursacht werden. Externe (=äuβere) Risikofaktoren sind zum Beispiel: - Giftstoffe im Tabakrauch - Fehlernährung - Alkoholkonsum - Sonnenstrahlung / UV-Licht - Radioaktivität - manche Chemikalien - Virusinfektionen (HPV, usw.) 1. Endogene (=innere) Faktoren sind: - erbliche Veranlagung ( genetische Prädisposition ) - direkte Vererbung. Dazu zwei Bemerkungen: Nach heutiger Kenntnis beruhen etwa 5% bis 10% aller Krebserkrankungen auf einer erblichen Veranlagung, d.h. nicht der Krebs selbst, wohl aber die Veranlagung dazu kann vererbt werden. Dies ist beispielsweise für den Dickdarmkrebs, den Brustkrebs oder den Eierstockkrebs bekannt. Eine erbliche Veranlagung kann (muss aber nicht) zu einem Ausbruch von Krebs führen. Erbliche Veranlagung heiβt: - Betroffene haben von ihren Eltern ein bereits geschädigtes Gen geerbt - oder es verbergen 2. sich Defekte in wichtigen Schutzgenen, die sie erben. - Solch ein geschädigtes Gen (Defekt) kann sich von Generation zu Generation weitervererben. - Dabei kann der Einzelne die Kapazitäten seiner angeborenen Gene überlasten oder zusätzlich schwächen. Wenn jemand beispielsweise weniger Glück mit seiner genetischen Ausstattung hat und die eigenen Reparaturkapazitäten noch zusätzlich durch das Rauchen massiv überlastet, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Krebs entsteht. Nur ganz wenige Krebsarten werden direkt von Eltern auf Kinder vererbt. Das gilt zum Beispiel für den sehr seltenen Fall eines Augentumors im Kindesalter ( Retinoblastom ). Bei Krebs spricht man auch von einer multifaktoriellen Krankheit, weil mehrere Faktoren zusammentreffen müssen.
Krebs vorbeugen An seiner genetischen Ausstattung kann man leider nichts ändern. Die beste Krebs-Vorbeugung deshalb: Versuchen, so viele externe Risikofaktoren wie möglich zu vermeiden oder möglichst viele Schutzfaktoren zu fördern. Die Hälfte der Krebserkrankungen sind vermeidbar, wenn man vor allem Folgendes beachtet: - nicht rauchen (denn Rauchen ist der bei weitestem gröβte Risikofaktor) - ausgewogene Ernährung - null Alkoholkonsum bei Jugendlichen - viel Bewegung - Schutz vor starken Sonnenstrahlen. aboutpixel.de pixelquelle.de Krebs früherkennen In der Regel gilt: Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, desto leichter lässt sie sich heilen. Einen allgemeinen Krebs-Test gibt es nicht, jedoch gibt es bestimmte Untersuchungen, die von den Experten (ab einem bestimmten Alter) empfohlen werden. Solche Krebsfrüherkennungsuntersuchungen (etwa Mammographie, Zellabstrich vom Gebärmutterhals, Darmspiegelung, Untersuchung von hautkrebsverdächtigen Veränderungen etc.) helfen dabei, einen sich entwickelnden Tumor rechtzeitig zu erkennen. comed luxembourg aboutpixel.de-broiler Man kann also seine Lebensumstände so gestalten, dass das persönliche Risiko an Krebs zu erkranken, gesenkt wird. Aber eine Garantie gegen eine Krebserkrankung gibt es nicht. Krebs kann auch gesundheitsbewusst lebende Menschen treffen. Die Vermeidung von Risikofaktoren, bzw. die Förderung der Schutzfaktoren hilft jedoch bei der Verringerung des persönlichen Krebsrisikos. 10 11
Krebs behandeln Das Ziel jeder Krebsbehandlung ist es, möglichst alle Krebszellen zu zerstören. Je länger ein Patient nach der Behandlung keinen Rückfall erleidet, desto größer sind seine Chancen auf eine dauerhafte Heilung. Stahl, Strahl und Medikamente - also Operation, Bestrahlung und Chemotherapie - sind die klassischen Therapie-Optionen gegen Krebs. Je nach Krebsart, Stadium und Gesundheitszustand des Patienten werden Operationen, Strahlen- oder Chemotherapie allein oder in Kombination eingesetzt. Mit der Strahlentherapie verbinden viele irrtümlich Radioaktivität. In Wirklichkeit kommen besonders energiereiche, sogenannte ionisierende Strahlen auf eine eng begrenzte Körperregion zum Einsatz. Die Strahlentherapie verursacht Schädigungen im Kern der Krebszelle. Dadurch kann sich die Krebszelle nicht mehr teilen - sie stirbt letztendlich ab. Im Zuge der Strahlentherapie werden auch die umliegenden gesunden Zellen geschädigt, aber diese gesunden Zellen können sich mit Hilfe eigener Reparaturmechanismen wieder schneller von den Schäden erholen. Die Chirurgie, also der operative Eingriff, ist besonders angebracht, wenn der Tumor noch klein und an einer Stelle abgekapselt ist. Ziel der Operation ist es, den Tumor vollständig zu entfernen. 12 13 Ganz allgemein kann man sagen: Bei Erwachsenen wird heute eine von zwei Krebserkrankungen geheilt, bei Kindern 90%. Je nach Krebsart, Stadium des Krebses, Alter und Allgemeinbefinden des / der Betroffenen variieren die Heilungschancen.
photocase.de Zu den medikamentösen Therapien zählen: Chemotherapie, Immuntherapie, Hormontherapie und neue Verfahren der Molekularbiologie. Diese basieren alle auf unterschiedlichen Wirkungsmechanismen. Die Chemotherapie beispielsweise hemmt das Wachstum aller Zellen, die sich schnell teilen. Zu diesen Zellen gehören nicht nur die Krebszellen, sondern auch Haar- und Schleimhautzellen, Blut- und Keimzellen. Deshalb sind zahlreiche, manchmal auch schwere Nebenwirkungen mit der Chemotherapie verbunden. Dazu zählen: Übelkeit und Brechreiz, Verlust der Kopfhaare, Müdigkeit, usw. Diese Nebenwirkungen sind jedoch vorübergehend. Zum Schluss Krebs ist eine nicht ganz einfach zu verstehende Erkrankung. In den letzten Jahrzehnten hat sich viel getan im Bereich der Krebsdiagnostik. So gibt es für einige Krebsarten gute Früherkennungsuntersuchungen. Auch die Behandlungsmethoden bei Krebs werden immer präziser und effizienter. Aber es muss weiterhin viel geforscht werden. Das wird auch getan. Wir können gespannt bleiben auf die Neuigkeiten. Was wir heute ziemlich gut wissen, ist: Die Hälfte aller Krebserkrankungen kann durch einen gesunden Lebensstil vermieden werden. Also machen wir uns (auch selbst!) an die Arbeit... 14 15
Wer / was ist eigentlich die Fondation Luxembourgeoise Contre le Cancer? Es ist die gröβte Krebshilfe-Organisation in Luxemburg. Sie entstand 1994 aus einer Privatinitiative heraus, ist unabhängig und neutral und finanziert sich zu 90% durch Spenden der Bevölkerung. Sie informiert (z.b. mit ihren Zeitschriften Info-Cancer und Insider, ihrer Internet- Seite www.cancer.lu sowie ihren Konferenzen und ihren Kampagnen) Sie hilft Patienten, die an Krebs erkrankt sind sowie deren Angehörigen (mit praktischer, sozialer und finanzieller Unterstützung) Sie unterstützt die Forschung (um die Krankheit zu bekämpfen und um die Behandlungsmethoden zu verbessern). aboutpixel@uwe Dreßler Konzept und Text: Fondation Luxembourgeoise Contre le Cancer. Alle Rechte vorbehalten. Fotos: Titel und Hintergründe Registre Morphologique des Tumeurs Luxembourg Layout/Grafik: Stefan Thelen, www.modelldesign-trier.de Luxembourg-1 Port payé P/S. 277 Absender: c/o Fondation Luxembourgeoise Contre le Cancer 209, route d Arlon L-1150 Luxembourg w w w. c a n c e r. l u e m a i l : f l c c @ p t. l u Te l. : 4 5 3 0 3 3 1